2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 18

Schillers Flucht von Stuttgart 18



Um jedoch den Leser zu versichern, daß die Mitglieder des
Theaterausschusses, denen Fiesco zur Prüfung vorgelegt worden, die
Meinung ihres Chefs nicht völlig teilten, werde schon jetzt das Votum
eines derselben, das Schiller ein Jahr später in dem Protokoll des
Theaters fand, angeführt.
 
»Obwohl dieses Stück für das Theater noch einiges zu wünschen
lasse, auch der Schluß desselben nicht die gehörige Wirkung zu
versprechen scheine, so sei dennoch die Schönheit und Wahrheit der
Dichtung von so ausgezeichneter Größe, daß die Intendanz hiemit
ersucht werde, dem Verfasser als Beweis der Anerkennung seiner
außerordentlichen Verdienste eine Gratifikation von acht Louisdor
verabfolgen zu lassen.«
 
Unterzeichnet war: Iffland.
 
Allein Se. Exzellenz Freiherr von Dalberg konnten diesem Gutachten,
das noch heute Iffland die größte Ehre bringt, ihren Beifall nicht
schenken, sondern entließen den Dichter eben so leer in Börse und
Hoffnung aus Mannheim, wie er vor zwei Monaten daselbst angekommen war.
 
Das nächste, das einzige und letzte, was nun zu tun war, unternahm
Schiller sogleich, indem er zu Herrn Schwan ging und ihm Fiesco für
den Druck anbot. Herr Schwan, der als Gelehrter und Buchhändler den
Ruf eines vortrefflichen Mannes mit vollem Rechte genoß, übernahm
dieses Stück mit großer Bereitwilligkeit und bedauerte nur, als er
es durchlesen, daß er die vortreffliche Dichtung nicht höher als den
gedruckten Bogen mit einem Louisdor honorieren könne, da ihm durch die
überall lauernden Nachdrucker kein anderer Gewinn übrig bleibe, als den
er von dem ersten Verkauf ziehe.
 
Was Schillern aber unter allen diesen Widerwärtigkeiten am
schmerzlichsten fiel, war der Gedanke, daß er seinen Freund S. in
sein böses Schicksal mit verflochten, indem dieser all das Geld, das
er zu der vorgehabten Reise nach Hamburg hätte verwenden sollen, in
der Hoffnung, daß der Dichter in Mannheim reichliche Unterstützung
finden müsse, aufgeopfert hatte, und nun an keinen Ersatz zu denken
war. Schon im August hätte S. nach Wien reisen sollen, wo ihn eine
Aufnahme erwartete, die ihn zwar jeder Sorge für seine Bedürfnisse
überhoben, aber in seiner Kunst nicht weiter gefördert hätte. Er zog es
also vor, seine jungen Jahre nicht müßig zu vergeuden, sondern lieber
nach Hamburg zu gehen, um, wenn es auch mit den größten Entbehrungen
geschehen müßte, sich in der Musik so viel als möglich auszubilden;
worin ihm auch Schiller, dem er diese Sache schon früher vertraut
hatte, vollkommen beistimmte. Nun konnte S. weder in den einen noch
in den andern Ort gelangen, indem seine Mutter nicht wohlhabend genug
war, um ihm sogleich wieder neue Hilfe zukommen zu lassen. Nach allen
Meinungen schien es das beste zu sein, daß er vorderhand in Mannheim
bleibe, weil noch mehrere Mitglieder der kurfürstlichen Kapelle
daselbst wohnten, deren Unterricht oder Beispiel er benützen konnte,
wozu die Herren Schwan, Meier und seine Freunde alles beizutragen
versprachen. S. ergab sich in das, was vorläufig nicht zu ändern war,
viel williger, als daß er jetzt schon in die Stadt ziehen und Schillern
noch acht bis zehn Tage in Oggersheim allein lassen sollte. Allein es
mußte sein. Beide hatten sich aufgezehrt; im Gasthof war es zu teuer,
und ihre Not war schon so groß geworden, daß der Dichter seine Uhr
verkaufen mußte, um nicht zu vieles schuldig zu bleiben. Die letzten
vierzehn Tage mußte man aber dennoch auf Borg leben, wo man dann auf
der schwarzen Wirtstafel recht säuberlich mit Kreide geschrieben sehen
konnte, was die Herren Schmidt und Wolf täglich verbraucht hatten.
 
Der arme Dichter erhielt für Fiesco gerade so viel, um besagte
Kreidenstriche auslöschen zu lassen, um einige unentbehrliche Sachen
für den Winter anzuschaffen und um seine Reise bis Bauerbach ohne
Furcht vor neuem Mangel bestreiten zu können. Der Antritt dieser Reise
war auf den letzten November bestimmt. Da Schiller mit dem Postwagen
über Frankfurt, Gelnhausen usw. nach Meiningen gehen, sich aber auf
der Post in Mannheim nicht zeigen wollte, so kam Herr Meier mit ihm
überein, ihn mit S. und einigen Freunden in Oggersheim abzuholen und
von da nach Worms zu bringen, wo er dann den nächsten Tag mit dem
Postwagen abfahren könne.
 
An dem bestimmten Tage fuhren die Freunde nach Oggersheim, wo sie
Schiller gerade beschäftigt fanden, seine wenige Wäsche, seine
Kleidungsstücke, einige Bücher und Schriften in einen großen
Mantelsack zu packen. Bei einer Flasche Wein, die er reichen ließ,
wurde alles besprochen, was ihn über die Zukunft beruhigen oder
seine Munterkeit befördern könnte. Allein bei ihm war dies gar nicht
so nötig, als wohl bei den meisten Menschen, denen ihre Hoffnungen
fehlschlagen, der Fall ist. Nur die Erwartung, die Ungewißheit einer
Sache hatte für sein Gemüt etwas Unangenehmes, Beunruhigendes. Sowie
aber einmal die Entscheidung eingetreten war, zeigte er all den Mut,
den ein wackerer Mann braucht, um Herr über sich zu bleiben. Er übte
-- was wenige Dichter tun -- seine ausgesprochenen Grundsätze redlich
aus und befolgte den Vorsatz des Karl Moor »die Qual erlahme an meinem
Stolze« bei Umständen, in welchen jeden andern die Kraft verlassen
hätte.
 
Von Oggersheim brach die Gesellschaft bei einer starken Kälte und
tiefliegendem Schnee nach Worms auf, wo sie gerade noch zur rechten
Zeit ankam, um in dem Posthause, wo sie abgestiegen waren, von
einer wandernden Truppe Ariadne auf Naxos spielen zu sehen. Daß die
Aufführung ebenso ärmlich als lächerlich sein mußte, ergibt sich schon
daraus, daß an dem Schiffe, welches den Theseus abzuholen erschien,
zwei Kanonen gemalt waren, und daß der Donner, durch welchen Ariadne
vom Felsen geschleudert wird, mittels eines Sackes voll Kartoffeln, die
man in einen großen Zuber ausschüttete, hervorgebracht wurde. Meier
und seine Freunde fanden hier eine reiche Ernte für ihre Lust alles
zu belachen und zu verspotten. Schiller aber sah mit ernstem, tiefem
Blick und so ganz in sich verloren auf das Theater, als ob er nie etwas
Ähnliches gesehen hätte oder es zum letztenmal sehen sollte. Auch nach
beendigtem Melodram konnten die Bemerkungen der andern ihm kaum ein
Lächeln entlocken; denn man sah es ihm an, daß er nicht gerne aus der
Stimmung trete, die sich seiner bemächtigt hatte.
 
Das Nachtessen, bei dem auch Liebfrauenmilch nicht fehlte, machte ihn
jedoch etwas heiterer, so daß man endlich ganz wohlgemut aufbrechen
konnte, um nach Mannheim zurückzukehren und dem allen wert gewordenen
Dichter das Lebewohl zu sagen. Meier und die andern schieden sehr
unbefangen und redselig.
 
Allein was konnten Schiller und sein Freund sich sagen? -- Kein Wort
kam über ihre Lippen -- keine Umarmung wurde gewechselt; aber ein
starker, lang dauernder Händedruck war bedeutender als alles, was sie
hätten aussprechen können!
 
Die zahlreich verflossenen Jahre konnten jedoch bei dem Freunde die
wehmütige Erinnerung an diesen Abschied nicht auslöschen; und noch
heute erfüllt es ihn mit Trauer, wenn er an den Augenblick zurückdenkt,
in welchem er ein wahrhaft königliches Herz, Deutschland edelsten
Dichter, allein und im Unglück hatte zurücklassen müssen!
 
Die außerordentlich strenge Kälte, welche in den ersten Tagen des
Dezembers herrschte, ließ um so weniger für den Dichter eine angenehme
Reise erwarten, da er ohne schützende Kleidung, nur mit einem leichten
Überrocke versehen, einige Tage und Nächte auf dem Postwagen zubringen
mußte, dessen (damaliger) Schneckengang selbst in einer bessern
Jahreszeit die Stunden zu Tagen ausdehnte.
 
Seine Freunde beklagten ihn sehr, und ihre zu spät erwachte
Gutmütigkeit erinnerte sich jetzt an manches Entbehrliche, womit ihm
die rauhe Witterung weniger empfindlich hätte gemacht werden können;
und je mehr die Mittel hierzu sich fanden, um so ernstlicher wurde
bedauert, daß man nicht früher daran gedacht oder deshalb gemahnt
worden.
 
Ebenso natürlich war es auch, daß dieselben Menschen, welchen die
Versprechungen, die Schillern gemacht worden, bekannt waren, und
die ihm die Hoffnung, daß sie erfüllt würden, ganz unbezweifelt
darstellten, jetzt auch ihren scharfen Tadel über seine Flucht äußerten
und solche für ebenso leichtsinnig als unbegreiflich erklärten.
 
Daß er, um dem bisher erlittenen, unerträglichen Zwange zu entgehen,
das Äußerste gewagt -- daß er durchaus nicht Arzt, sondern Dichter
sein wollte -- daß er, um sich dem so reizend scheinenden Stande mit
ganzer Kraft widmen zu können, eine sehr kümmerliche Besoldung aufgeben
konnte, schien ebenso unüberlegt, als es wenige Kenntnis der Welt und
ihrer Verhältnisse anzeigte.
 
Man berechnete sorgfältig den Reichtum berühmter Ärzte und verglich
damit die Einkünfte deutscher Dichter, die, wenn sie auch den größten
Ruhm sich erworben, dennoch in einer Lage waren, welche man wahrhaft
ärmlich nennen konnte.
 
Auch fürchtete man, daß die Erwartungen, die Schiller durch sein erstes
Schauspiel erregt, viel zu groß wären, als daß er dieselben durch
nachfolgende Werke befriedigen oder seine Kräfte in gleicher Höhe
erhalten könnte.
 
Der einzige, aber auch sehr warme Verteidiger unseres Dichters war
Iffland, der, den Beruf zum Schauspieler in sich fühlend, in noch
jungen Jahren bloß mit etlichen Talern in der Tasche und nur mit den am
Leibe tragenden Kleidungsstücken versehen, seinem wohlhabenden Vater
entfloh, um sich zu Ekhof zu begeben und in dessen Schule zu bilden.
Iffland allein wußte die Lage Schillers gehörig zu würdigen, indem er
aus eigner Erfahrung beurteilen konnte, wie unerträglich es ist, ein
hervorstechendes, angebornes Talent unterdrücken, die herrlichsten
Gaben vermodern lassen zu müssen und nur das gemeine Alltägliche tun zu
sollen, oder gar durch Zwang zu dessen Ausübung angehalten zu werden.
Nicht nur gab er dem mutigen Entschlusse Schillers seinen völligen
Beifall, sondern machte auch mit dem ihm reichlich zu Gebote stehenden
Witze den Kleinmut derer lächerlich, die es für ein Unglück halten,
einige Meilen zu Fuß reisen zu müssen oder zur gewohnten Stunde keinen
wohlbesetzten Tisch zu finden. Seine treffenden Bemerkungen ließen die
Verhältnisse des Dichters in einem mehr heiteren Lichte erscheinen.
Vorläufig konnte man sich insofern beruhigen, als er doch auf einige
Zeit wenigstens gegen Mangel oder Verfolgungen gesichert war.
 
Nur wurde nicht mit Unrecht bezweifelt, ob seine dramatischen Arbeiten
in gänzlicher Abgeschiedenheit gefördert werden könnten, oder ob sein
Geist, von allem erheiternden Umgang abgeschnitten und bei Entbehrung
der nötigen Bücher, nicht in kurzer Zeit abgestumpft würde. Sein tiefes
Gefühl, seine frische, jugendliche Kraft ließen letzteres zwar nicht so
bald befürchten; indessen vereinigten sich doch alle Wünsche dahin, daß
ein glücklicher Zufall eintreten und für ihn die günstigsten Umstände
herbeiführen möchte.

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