2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 21

Schillers Flucht von Stuttgart 21


Was Schiller aber von dieser Reise abhielt, war die Sirenenstimme, die
sich von dem Theater zu Mannheim wieder vernehmen ließ und die seine
Nerven so sehr in Schwingung versetzte, daß er ihren Lockungen nicht
widerstehen konnte und alles andere von sich abwehrte. Denn schon im
März 1783, also kaum drei Monate später, nachdem der Dichter sieben
Wochen vergeblich in Oggersheim aufgehalten und auf eine äußerst harte
Weise entlassen worden war, schrieb ihm Baron Dalberg wieder, um sich
nach seinen theatralischen Arbeiten zu erkundigen, und zwar in solchen
Ausdrücken, daß Schiller an Herrn Meier in Mannheim schrieb: »es müsse
ein dramatische Unglück in Mannheim vorgegangen sein, weil er von Baron
Dalberg einen Brief erhalten, dessen annähernde Ausdrücke ihn auf diese
Vermutung brächten.«
 
Dieser Schluß war jedoch nur insofern richtig, als Baron Dalberg, der
sich sehr gern mit Umänderungen von Theaterstücken beschäftigte, und
damals gerade Lanassa und Julius Cäsar von Shakespeare unter der Schere
hatte, wohl fühlen mochte, daß Schiller zu solchen Arbeiten nicht ganz
ungeeignet sein dürfte. Auch geschah es oft, daß die Mitglieder des
Theaterausschusses von Fiesco sowie von dem bürgerlichen Trauerspiele
Luise Millerin sprachen, dessen ganzer Plan S. bekannt war und den
dieser, da ihn kein Versprechen zur Geheimhaltung verpflichtete, so
umständlich als lebhaft auseinandersetzte.
 
Am wahrscheinlichsten bleibt jedoch, daß sich Baron Dalberg der
frühern Versprechungen und gegebenen Hoffnungen erinnerte, die er
Schillern gemacht, und welche diesen zu seinem verzweifelten Schritte
verleitet. Jetzt, nachdem der Herzog von Württemberg nicht die mindeste
Vorkehrung zur Habhaftwerdung des Flüchtlings getroffen, konnte mit
voller Sicherheit und ohne sich im mindesten bloß zu stellen, demselben
Genugtuung gegeben, die öfters mahnenden Wünsche der Schauspieler
erfüllt, sowie durch Anstellung eines solchen Dichters der Bühne ein
Glanz erteilt werden, der sie über alle andern von Deutschland erhob,
und von welcher der größte Teil ihres Ruhmes auf deren Intendanten
zurückstrahlen mußte.
 
Möge nun dieser oder jener Beweggrund den Brief des Baron Dalberg an
Schillern veranlaßt haben, so ist es, zur Rechtfertigung des letztern,
von der größten Wichtigkeit zu zeigen, daß er auch jetzt wieder, wie
im Jahre 1781 angelockt, ja gewissermaßen zur Veränderung seines
Aufenthaltes aufgefordert worden, ohne daß er es gesucht oder sich
deshalb beworben hätte. Der anteilnehmende Leser möge diesen Umstand
um so weniger übersehen, weil es zur unparteiischen Beurteilung des
Schicksals und Benehmens des Dichters unumgänglich notwendig ist zu
wissen, durch wen und durch was er zu nachteiligen Schritten verleitet
worden. Nachfolgendes ist die Antwort (S. Schillers Briefe an Freiherrn
von Dalberg S. 80), welche auf die Anfrage erteilt wurde.
 
S.-Meiningen, den 3. April 1783.
 
Euer Exzellenz verzeihen, daß Sie meine Antwort auf Ihre gnädige
Zuschrift erst so spät erhalten -- -- -- --
 
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
 
Daß Euer Exzellenz mich auch in der Entfernung noch in gnädigem
Andenken tragen, kann mir nicht anders als schmeichelhaft sein. Sie
wünschen zu hören, wie ich lebe?
 
Wenn Verbannung der Sorgen, Befriedigung der Lieblingsneigung,
und einige Freunde von Geschmack einen Menschen glücklich machen
können, so kann ich mich rühmen, es zu sein.
 
E. E. scheinen, ungeachtet meines kürzlich mißlungenen Versuchs,
noch einiges Zutrauen zu meiner dramatischen Feder zu haben. Ich
wünschte nichts, als solches zu verdienen; weil ich mich aber der
Gefahr, Ihre Erwartung zu hintergehen, nicht neuerdings aussetzen
möchte, so nehme ich mir die Freiheit, Ihnen einiges von dem Stück
vorauszusagen.
 
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
 
Wenn diese Fehler, die ich E. E. mit Absicht vorhersage, für
die Bühne nichts Anstößiges haben, so glaube ich, daß Sie mit
dem übrigen zufrieden sein werden. Fallen sie aber bei der
Vorstellung zu sehr auf, so wird alles übrige, wenn es auch noch
so vortrefflich wäre, für Ihren Endzweck unbrauchbar sein und ich
werde es besser zurückbehalten. -- --
 
~Dr.~ Schiller.
 
Wer diesen Brief gegen die früheren vergleicht, dem muß die kalte
geschraubte Sprache desselben auffallen, indem darin durchaus nichts
ist, woraus zu schließen wäre, Schiller bewerbe sich wieder um den
Schutz des Baron Dalberg. Eher noch sind Vorwürfe gegen diesen nicht
undeutlich ausgesprochen, denn die Schilderung der Unabhängigkeit und
des Glücks, welches der Dichter jetzt genieße, scheint absichtlich als
Gegensatz angeführt zu sein.
 
Ungeachtet alles dessen wurde der Briefwechsel fortgesetzt, und
Schiller konnte der süßtönenden Stimme um so weniger widerstehen, als
nach seinen Begriffen die Schaubühne sowie die Arbeiten für dieselbe
einen Einfluß und eine Wichtigkeit hatten, die durch keine andere
Kunst oder Wissenschaft bewirkt werden könne. Und bei der ersten Bühne
Deutschlands sollte er nun Dichter, Lenker eines reinen, veredelten
Geschmackes werden! Jetzt wäre der Zeitpunkt eingetreten, wo er seine
Ideale, die Geschöpfe seiner Einbildungskraft lebend, handelnd der
gespannten Aufmerksamkeit einer Menge von Zuschauern vorführen könnte!
Und diese so lang ersehnte Gelegenheit sollte er zurückweisen?
 
Zu viel wäre dieses gefordert! Er mußte dem Anerbieten entsprechen und
traf auch in den ersten Tagen des Septembers 1783,[5] nur von Herrn
Meier und dessen Frau erwartet, in Mannheim ein.
 
Seinem zurückgelassenen Freunde S. wurde absichtlich von der ganzen
Unterhandlung nichts gesagt, weil er sich (da sein eignes Glück durch
den unnützen Aufenthalt in Oggersheim gestört worden) schon zu oft
gegen das Versprechen und Verlocken geäußert und das Verfahren gegen
den unglücklich gemachten Dichter bei seinem wahren Namen benannt hatte.
 
Auch wurde ihm durch dieses Verheimlichen eine Überraschung bereitet,
die vollkommen gelang. Denn als er zur gewöhnlichen Stunde bei Herrn
Meier eintrat, konnte er kaum seinen Augen glauben, daß es der in
weiter Entfernung vermeinte Schiller sei, welcher mit der heitersten
Miene und dem blühendsten Aussehen ihm entgegentrat.
 
Nach den herzlichsten Umarmungen und nachdem die eiligsten Fragen
beantwortet waren, kündigte Schiller seinem Freund an, daß er von
Baron Dalberg als Theaterdichter nach Mannheim berufen worden und
als solcher mit einer Besoldung von 300, sage: dreihundert, Gulden
Reichswährung nächstens sein Amt antreten werde. Seine Zufriedenheit
über diese Anstellung sprach aus jedem Wort, aus jedem Blick, und er
mochte sich wohl denselben Himmel in der Wirklichkeit dabei denken, der
auf dem Theater oft so täuschend dargestellt wird.[6]
 
Unter dem ruhigen Genuß seiner Freunde und der Schaubühne -- unter
einer Menge von Plänen und Besprechungen über seine künftigen Arbeiten
vergingen mehrere Wochen, und ehe er noch an den Abänderungen des
Fiesco oder der Luise Millerin etwas angefangen hatte, überfiel ihn das
kalte Fieber, welches ihn anfänglich zu allem untüchtig machte.
 
Der Sommer dieses Jahres 1783 zeichnete sich durch eine ungewöhnliche
Hitze aus, durch welche aus dem mit Morast und stehendem Wasser
gefüllten Festungsgraben eine so faule, verdorbene Luft entwickelt
wurde, daß kaum die Hälfte der Einwohner von diesem Übel verschont
blieb. Auch verursachte die dumpfe Luft in dieser Festung, deren hohe
Wälle jeden Zug, jede Strömung eines Windes verhinderten, bei allen
Krankheiten gefährlichere Folgen als sonst, und der Tod beraubte in
der Mitte des Oktobers Schiller eines Freundes, der ihm um so werter
geworden, je mehr er Gelegenheit gehabt hatte, dessen edles, offenes
Gemüt kennen zu lernen. Der Theaterregisseur, Herr Meier, dessen schon
so oft erwähnt worden, starb an einer anfangs unbedeutend scheinenden
Krankheit, wodurch nicht nur seiner Frau und seinen Freunden, sondern
auch seinen Kunstgenossen sowie der Schaubühne selbst ein sehr lang
gefühlter Verlust verursacht wurde. Denn nicht allein war er als Mensch
höchst achtungswert, er war auch ein in Ekhofs Schule gebildeter, sehr
bedeutender Künstler, der in den meisten, vorzüglich aber in sanften
Rollen nichts zu wünschen übrig ließ. Zur Rechtfertigung der ärztlichen
Kenntnisse Schillers darf hier versichert werden, daß er die schlimmen
Folgen der Mittel, welche der Theaterarzt verordnet hatte, voraussagte.
 
Wenn schon das Wechselfieber den tätigen, kühnen Geist des Dichters
lähmte, so waren die Einwendungen, welche man gegen sein zweites
Trauerspiel machte und die er beseitigen sollte, noch weniger geeignet,
seine Einbildungskraft aufzuregen.
 
Die Bahn, die er sich in seinen Arbeiten für die Bühne vorgezeichnet
hatte, war ganz neu und ungewöhnlich, daher es den Schauspielern,
die meistens nur bürgerliche oder sogenannte Konversationsstücke
aufzuführen gewohnt waren, sehr schwer und mühsam wurde, die Ausdrücke
des Dichters so zu geben, wie er sie schrieb, und in welche sich, ohne
deren Sinn zu stören oder ins Gemeine herabzuziehen, durchaus nichts
aus der Umgangssprache einflicken ließ. Daß bei den Räubern derlei
Einwendungen weniger gemacht wurden, davon war der überwältigende
Stoff sowie die ergreifende Wirkung, welche die meisten Szenen
hervorbrachten, die Ursache. Besonders eiferte letzteres jeden
Mitwirkenden an, alle Kräfte beisammen zu halten, um auch in den
unbedeutend scheinenden Teilen keine Störung zu verursachen, damit
das Werk so, wie es aus der dichterischen Kraft entsprungen, ein
erstaunungswürdiges Ganzes bliebe.
 
Bei Fiesco war der Inhalt schon an sich selbst kälter. Die schlauen
Verwicklungen erwärmten nicht; die langen Monologe, so meisterhaft sie
auch waren, konnten nicht mit Begeisterung aufgefaßt und gesprochen
werden, indem sich größtenteils nur der Ehrgeiz darin malte und zu
fürchten war, daß die Zuschauer ohne Teilnahme bleiben würden. Man
gestand nicht gern, daß die Anstrengung des Darstellers mit dem zu
erwartenden Beifall nicht im Verhältnis stehen möchte, weil erstere zu
groß und letzterer zu gering sein würde.
 
Am meisten wurde gegen den Schluß eingewendet, weil er weder den
ersten Schauspielern noch dem Publikum Genüge leisten könne und eine
Empfindung zurücklassen müsse, welche den Anteil, den man an dem
Vorhergehenden des Stückes genommen, bedeutend schwächen würde.
   

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