2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 22

Schillers Flucht von Stuttgart 22


Nun mußte aber das ganze Stück ins Reine und in der genauen Folge
geschrieben werden, wozu, da man diese beschwerliche Arbeit nicht von
ihm verlangen konnte, ein Regiments-Furier vorgeschlagen wurde, der
eine sehr deutliche und hübsche Handschrift hatte. Da so vieles aus
der ersten Bearbeitung gestrichen, zwischen hinein abgeändert oder
ganz neu eingelegt war, so durfte die Anordnung dem Abschreiber nicht
überlassen bleiben, sondern mußte ihm in die Feder gesagt werden.
 
In den ersten Stunden fühlte sich der Verfasser sehr behaglich, indem
er nach Bequemlichkeit bald sitzend, bald auf und nieder gehend
vorsagen konnte. Als aber der Mann weggegangen war, wie entsetzte sich
Schiller, als er seinen ihm so wert gewordenen Helden Fiesco in Viesgo,
die liebliche Leonore in Leohnohre, Calcagna in Kallkahnia verwandelt
und in den übrigen Eigennamen falsche Buchstaben, sowie die meisten
Worte der gewohnten Rechtschreibung entgegen fand.
 
Seine Klagen hierüber waren ebenso bitter als auf eine Art
ausgesprochen, die zum Lachen reizte, indem er gar nicht begreifen
konnte, daß jemand, der so schöne Buchstaben mache, nicht auch jedes
Wort richtig sollte schreiben können.
 
Noch einmal, nachdem er den Mann vorher alle Namen ordentlich hatte
aufzeichnen lassen, versuchte er es wieder vorzusagen. Als er aber
dennoch fand, daß Fiesco jetzt mit einem F, und später mit einem
V anfing, da verlor er die Geduld so gänzlich, daß er, um diese
Augenmarter nicht länger aushalten zu müssen, sich entschloß, selbst
das ganze Stück ins reine zu schreiben. Er war so fleißig dabei,
daß solches in der Mitte Dezembers dem Baron Dalberg überreicht
werden konnte. Zufrieden mit seiner in den verflossenen zwei Monaten
bewiesenen Tätigkeit konnte der kranke Dichter allerdings sein,
obwohl diese, da er nur die vom Fieber freien Tage und die Nächte
benützen konnte, seine Kräfte sehr abspannte und sein sonst immer
heiteres Gemüt sich öfters verdüsterte. Aber nicht allein eine solche
Anstrengung war geeignet, jede muntere Laune zu verscheuchen, auch
sein übriges Verhältnis, das in Beziehung des Einkommens im grellsten
Widerspruch mit seinen früheren Erwartungen stand, mußte ihn schon
darum zum Mißvergnügen reizen, weil ihm dieses in den Briefen von
seiner Familie sehr bemerklich gemacht wurde. Besonders war der Vater
sehr unzufrieden, seinen Sohn in einem so ungewissen, nichts dauernd
zeigenden Zustand zu wissen, und er glaubte ihn nur dann für die
Zukunft geborgen, wenn er wieder Arzt und unter dem Schutze des Herzogs
wäre. Das Herz der Mutter, konnte es ruhig schlagen, wenn sie ihren
Liebling in seiner Gesundheit, in seinem häuslichen Wesen, in seinen
Sitten -- die sie bei dem Theater sich zügellos denken mochte -- im
höchsten Grade gefährdet glaubte? Auch die älteste Schwester vereinigte
ihre Wünsche mit denen der Eltern und veranlaßte folgende Erwiderung
des Bruders.
 
Mannheim, am Neujahr 84.
 
Meine teuerste Schwester!
 
Ich bekomme gestern Deinen Brief, und da ich über meine
Nachlässigkeit, Dir zu antworten, etwas ernsthaft nachdenke, so
mache ich mir die bittersten Vorwürfe von der Welt. Glaube mir,
meine Beste, es ist keine Verschlimmerung meines Herzens; denn so
sehr auch Schicksale den Charakter verändern können, so bin doch
ich mir immerdar gleich geblieben -- es ist ebensowenig Mangel an
Aufmerksamkeit und Wärme für Dich; denn Dein künftiges Los hat
schon oft meine einsamen Stunden beschäftigt, und wie oft warst
Du nicht die Heldin in meinen dichterischen Träumen! -- Es ist
die entsetzliche Zerstreuung, in der ich von Stunde zu Stunde
herumgeworfen werde, es ist zugleich auch eine gewisse Beschämung,
daß ich meine Entwürfe über das Glück der Meinigen und über Deins
insbesondere bis jetzt so wenig habe zur Ausführung bringen können.
Wie viel bleiben doch unsere Taten unseren Hoffnungen schuldig!
und wie oft spottet ein unerklärbares Verhängnis unseres besten
Willens --
 
Also unsere gute Mutter kränkelt noch immer? Sehr gern glaube ich
es, daß ein schleichender Gram ihrer Gesundheit entgegen arbeitet,
und daß Medikamente vielleicht gar nichts tun -- aber Du irrst
Dich, meine gute Schwester, wenn Du ihre Besserung von meiner
Gegenwart hoffst. Unsere liebe Mutter nährt sich gleichsam von
beständiger Sorge. Wenn sie auf einer Seite keine mehr findet, so
sucht sie sie mühsam auf einer andern auf. Wie oft haben wir alle
uns das ins Ohr gesagt! Ich bitte Dich auch, ihr es in meinem Namen
zu wiederholen. Ich spreche ganz allein als Arzt -- denn daß eine
solche Gemütsart das Schicksal selbst nicht verbessern, daß sie
mit einer Resignation auf die Vorsicht durchaus nicht bestehen
könne, wird unser guter Vater ihr öfter und besser gesagt haben.
Dein Zufall ficht mich wirklich nicht wenig an. Ich erinnere mich,
daß du ihn mehrmals gehabt hast, und bin der Meinung, daß eine
Lebensart mit starker Leibesbewegung, neben einer verdünnenden Diät
ihn am besten hemmen werde. Nimm zuweilen eine Portion Salpeter mit
Weinstein, und trinke auf das Frühjahr die Molken.
 
Du äußerst in Deinem Brief den Wunsch, mich auf der Solitüde
im Schoße der Meinigen zu sehen, und wiederholst den ehmaligen
Vorschlag des lieben Papas, beim Herzog um meine freie Wiederkehr
in mein Vaterland einzukommen. Ich kann Dir nichts darauf
antworten, Liebste, als daß meine Ehre entsetzlich leidet, wenn
ich ohne Konnexion mit einem andern Fürsten, ohne Charakter und
dauernde Versorgung, nach meiner einmal geschehenen gewaltsamen
Entfernung aus Württemberg, mich wieder da blicken lasse. Daß
der Papa den Namen zu dieser Bitte hergibt, nützt mir wenig,
denn jedermann würde doch mich als die Triebfeder anklagen, und
jedermann wird, so lang ich nicht beweisen kann, daß ich den Herzog
von Württemberg nicht mehr brauche, in einer (mittelbar oder
unmittelbar, das ist eins) erbettelten Wiederkehr ein Verlangen, in
Württemberg unterzukommen, vermuten.
 
Schwester, überdenke die Umstände aufmerksam; denn das Glück Deines
Bruders kann durch eine Übereilung in dieser Sache einen ewigen
Stoß leiden. Ein großer Teil von Deutschland weiß von meinen
Verhältnissen gegen euern Herzog und von der Art meiner Entfernung.
Man hat sich für mich auf Unkosten des Herzogs interessiert -- wie
entsetzlich würde die Achtung des Publikums (und diese entscheidet
doch mein ganzes zukünftige Glück), wie sehr würde meine Ehre durch
den Verdacht sinken, daß ich diese Zurückkunft gesucht -- daß meine
Umstände mich meinen ehmaligen Schritt zu bereuen gezwungen, daß
ich diese Versorgung, die mir in der großen Welt fehlgeschlagen,
aufs neue in meinem Vaterlande suche. Die offene edle Kühnheit, die
ich bei meiner gewaltsamen Entfernung gezeigt habe, würde den Namen
einer kindischen Übereilung, einer dummen Brutalität bekommen, wenn
ich sie nicht behaupte. Liebe zu den Meinigen, Sehnsucht nach dem
Vaterland entschuldigt vielleicht im Herzen eines oder des andern
redlichen Mannes, aber die Welt nimmt auf das keine Rücksicht.
Übrigens kann ich nicht verhindern, wenn der Papa es dennoch tut --
nur dieses sage ich Dir, Schwester, daß ich, im Fall es der Herzog
erlauben würde, dennoch mich nicht bälder im Württembergischen
blicken lasse, als bis ich wenigstens einen Charakter habe, woran
ich eifrig arbeiten will; im Fall er es aber nicht zugibt, mich
nicht werde enthalten können, den mir dadurch zugefügten Affront
durch offenbare Sottisen gegen ihn zu rächen. Nunmehr weißt Du
genug, um vernünftig in dieser Sache zu raten.
 
Schließlich wünsche ich Dir und Euch allen von ganzem Herzen ein
glückliche Schicksal im 1784sten Jahr; und gebe der Himmel, daß wir
alle Fehler der vorigen in diesem wieder gut machen, geb' es Gott,
daß das Glück sein Versäumnis in den vergangenen Jahren in dem
jetzigen einbringe.
 
Ewig Dein treuer Bruder
 
Friedrich S.
 
Wahrlich, ein Beweis, wie er als Sohn, Bruder und Mann dachte, läßt
sich durch nichts so offen, kräftig und schön als durch diesen Brief
darstellen, dessen Inhalt um so schätzbarer ist, da er im größten
Vertrauen geschrieben wurde und sich keine Ursache finden konnte,
einen Gedanken anders auszudrücken als ganz so, wie er entstand. Denn
diese Anhänglichkeit, diese kindliche und brüderliche Liebe war nebst
dem stolzen Gefühl für Ehre und Erwerbung eines berühmten Namens der
mächtigste Sporn für ihn, um durch sein Talent das Glück der Seinigen
ebenso gewiß als sein eignes zu befördern. Schon in Stuttgart, noch
eh' er den Entschluß zu entfliehen gefaßt hatte, war dieses sehr oft
der Inhalt seiner vertrauten Gespräche, so wie es auch, da er die
Unmöglichkeit einsah, diesen Wunsch in seinen drückenden Verhältnissen
verwirklichen zu können, ein Grund mehr wurde, sich eigenmächtig zu
entfernen. Auf das treueste schildert er zehn Jahre später seine
damaligen Erwartungen in dem Gedicht: Die Ideale
 
»Wie sprang, von kühnem Mut beflügelt,
Beglückt in seines Traumes Wahn,
Von keiner Sorge noch gezügelt,
Der Jüngling in des Lebens Bahn!
Bis an des Äthers bleichste Sterne
Erhob ihn der Entwürfe Flug,
Nichts war so hoch und nichts so ferne,
Wohin ihr Flügel ihn nicht trug.
 
Wie leicht ward er dahin getragen,
Was war dem Glücklichen zu schwer!
Wie tanzte vor des Lebens Wagen
Die luftige Begleitung her!
Die Liebe mit dem süßen Lohne,

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