2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 11

Schillers Flucht von Stuttgart 11


Welch ein Vergnügen war es während dieser Beschäftigung für ihn, seinem
jungen Freund einen Monolog oder einige Szenen, die er in der vorigen
Nacht ausgearbeitet, vorlesen und sich über Abänderungen oder die
weitere Ausführung besprechen zu können! Wie erheiterten sich seine von
Schlaflosigkeit erhitzten Augen, wenn er erzählte, um wie viel er schon
weiter gerückt sei, und wie er hoffen dürfe, sein Trauerspiel weit
früher als er anfangs dachte, beendigt zu haben. Je geräuschvoller die
Außenwelt war, um so mehr zog er sich in sein Inneres zurück, indem er
an allem dem, was damals der Seltenheit wegen jedermann beschäftigte,
nicht den geringsten Anteil nahm. Denn schon zu Anfang des Monats
August wurden nicht nur in Stuttgart, Hohenheim, Ludwigsburg, auf
der Solitüde etc., sondern auch in der ganzen Umgegend die größten
Vorbereitungen zu dem feierlichen Empfang des Großfürsten von Rußland
(nachmaligen Kaisers Paul) und seiner Gemahlin gemacht. Die Einwohner
Württembergs waren stolz darauf, in der künftigen Kaiserin aller Reußen
eine Nichte ihres Herzogs bewillkommnen zu können, die sie um so mehr
liebten, als ihre Erscheinung Erinnerungen an ihre erhabenen Eltern
hervorrief, die jedem württembergischen Herzen um so tiefer eingegraben
blieben, als sie solche aus Scheu vor ihrem Regenten nicht zu zeigen
wagen durften, und auch bei der verehrten Tochter die Gerüchte es
zweifelhaft ließen, ob ihre Güte des Herzens, die Eigenschaften ihres
Geistes oder ihre einnehmende Schönheit den Vorzug verdiene.
 
In der ersten Hälfte des Septembers trafen die hohen Reisenden zu
Stuttgart ein, denen schon einige Tage früher die meisten benachbarten
Fürsten und eine außerordentliche Menge Fremder vorausgeeilt waren,
um den Festlichkeiten, welche für die allerhöchsten Gäste bereitet
wurden, beiwohnen und die Prachtliebe des Herzogs wie nicht minder den
Geschmack, mit dem er alles anzuordnen wußte, bewundern zu können.
Die mit den schönsten, seltensten Pferden angefüllten Marställe sowie
die dazu gehörigen Equipagen, boten Gelegenheit zu Auffahrten, die
man damals wohl schwerlich irgendwo anders mit so großem Aufwand und
so vielem Glanze sehen konnte. Aber wirklich ungeheuer groß waren
die Anstalten, vermöge welcher man aus den vielen Jagdrevieren des
Landes eine Anzahl von beinahe sechstausend Hirschen in einen nahe bei
der Solitüde liegenden Wald zusammengetrieben hatte, die von einer
Menge Bauern am Durchbrechen verhindert wurden, und zu welchem Zweck
auch in der Nacht der ganze Umkreis des Waldes durch eine enge Kette
von Wachtfeuern erleuchtet war. Nicht leicht konnte dem Großfürsten
in einem andern Staat eine solche Anzahl von Wild beisammen gezeigt
werden, und um das Vergnügen der Jagd zu erhöhen, waren die edlen Tiere
bestimmt, eine steile Anhöhe hinaufgejagt und gezwungen zu werden,
sich in einen See zu stürzen, in welchem sie, aus einem eigens dazu
erbauten Lusthause, nach Bequemlichkeit erlegt werden konnten.
 
In dem Gewirr und der Unruhe, welche solche Vorkehrungen bei den
Städtern immer hervorbringen, blieb unser Dichter ganz auf sich
eingeschränkt und hatte zu Anfang des Septembers sein Trauerspiel so
weit gebracht, daß er es beinahe für vollendet halten durfte, indem
er die Auslassungen, die Abänderungen, welche etwa die Aufführung
erheischen sollte, auf eine ruhigere Zeit aufsparte und um so eher in
wenigen Tagen damit zu Ende zu kommen hoffte, als er schon während der
Arbeit an das Nötige hierüber gedacht.
 
Unter den angekommenen Fremden befand sich auch Baron Dalberg, der
einige Tage früher, als die Festlichkeiten ihren Anfang nahmen,
eintraf, sowie die Gattin des Regisseurs Meier vom Mannheimer Theater,
die aus Stuttgart gebürtig war. Schiller machte dem Baron Dalberg
seinen Besuch, ohne von seinem Vorhaben das geringste zu erwähnen.
Ebenso verschlossen blieb er gegen Madame Meier, die er öfter sah. Die
Ursachen dieses Schweigens waren keine anderen, als weil der Vorsatz,
etwas zu wagen, viel zu stark und die Hoffnung auf einen glücklichen
Erfolg -- wenn er seine Bitten in diesem Tumult von Festivitäten
und Vergnügen an seinen Fürsten gelangen lasse -- viel zu groß bei
ihm geworden war, als daß er sich der widerlichen Empfindung hätte
aussetzen mögen, durch Zweifel belästigt oder durch Beweise eines
ungewissen Erfolges widerlegt zu werden.
 
Was den Freiherrn von Dalberg insbesondere betraf, so vermutete
Schiller, daß seiner dringenden Vorstellungen ungeachtet nur darum
keine Verwendung für ihn geschehen, weil er noch in herzoglichen
Diensten stehe. Käme aber das Schlimmste, daß er diese Dienste
verlassen müßte, so wäre es ganz unmöglich, daß Baron Dalberg nach den
vielen Versicherungen der aufrichtigsten Teilnahme und der größten
Bereitwilligkeit, seine Wünsche zu gewähren, ihn ohne Hilfe und
Unterstützung lassen würde. Im Gegenteil hegte er die gewisse Hoffnung,
daß er dann als Theaterdichter in Mannheim angestellt und somit ein
Ziel erreichen würde, welches er als das glücklichste und für ihn
passendste anerkannte.
 
Madame Meier als aufrichtige, wahrheitsliebende Landsmännin hätte zwar
die Äußerungen der Schmeichelei, der Güte, des Wohlwollens, womit
Schiller bei seiner letzten Anwesenheit in Mannheim überschüttet
worden, sehr leicht in den Dunst und Nebel, aus dem sie bestanden,
auflösen können, aber sie hätte dann die schönsten Träume, die
sehnlichsten Wünsche des jungen Mannes zerstört und ihn wieder an die
Klippe zurückgeworfen, die ihn zu zerschellen drohte. Das Beharren
in dem jetzigen Zustande ließ allerdings den Regimentsdoktor, wie er
vorher war, zernichtete aber den Dichter. Das Wagnis des Losreißens
eröffnete Aussichten, die, auch nur zum Teil erfüllt, gegen den frühern
Zwang gehalten, die Wonne eines Paradieses erwarten ließen.
 
Aber die Zeit verfloß. Nur wenige Tage waren noch übrig, welche so
geräuschvoll und unruhig sein konnten, daß man unbemerkt eine Reise
hätte antreten können. Schiller ging mit seinem Freund und Mad. Meier
auf die Solitüde, um seine Eltern und Schwestern noch einmal zu sehen,
besonders aber von seiner Mutter, die jetzt von allem auf das genaueste
unterrichtet war, Abschied zu nehmen und sie zu beruhigen. Der in der
lachendsten Gegend fortlaufende Weg dahin wurde zu Fuß gemacht, welches
die Gelegenheit bieten sollte, um von Mad. Meier unvermerkt alles
erfahren zu können, was die innere Beschaffenheit des Theaters oder
die Hoffnungen des Dichters betraf. Da aber alles dahin Einschlagende
nur oberflächlich berührt wurde, auch ernsthaftere Fragen aus Furcht,
erraten zu werden, nicht wohl gestellt werden konnten, so blieb die
Zukunft in derselben Dämmerung wie bisher, und es war nichts übrig,
als sich auf das Glück zu verlassen.
 
Bei dem Eintritt in die Wohnung von Schillers Eltern befand sich nur
die Mutter und die älteste Schwester gegenwärtig. So freundlich auch
die Hausfrau die Fremden empfing, so war es ihr doch nicht möglich,
sich so zu bemeistern, daß S. die Unruhe nicht aufgefallen wäre,
mit der sie ihn anblickte und oft zu reden versuchte, ohne ein Wort
hervorbringen zu können. Glücklicherweise trat bald der Vater Schillers
ein, der durch Aufzählung der Festlichkeiten, welche auf der Solitüde
gehalten werden sollten, die Aufmerksamkeit so ganz an sich zog, daß
sich der Sohn unvermerkt mit der Mutter entfernen und seine Freunde der
Unterhaltung mit dem Vater überlassen konnte.
 
Es war mir auffallend, bei diesem kleinen, untersetzten Mann außer
einer sehr schönen, großen Stirne wenig Ähnlichkeit mit seinen Sohne
wahrnehmen zu können und auch in der klaren, bestimmten, durchaus
scharfverständigen Sprache den Schwung und die milde Wärme zu
vermissen, womit sein Sohn als Dichter und Philosoph jeden Gegenstand
des Gespräches zu beleben und zu erheben wußte.
 
Nach einer Stunde kehrte Schiller zur Gesellschaft zurück, aber -- ohne
seine Mutter. Wie hätte diese sich zeigen können! Konnte und durfte sie
auch den vorhabenden Schritt als eine Notwehr ansehen, durch die er
sein Dichtertalent, sein künftiges Glück sichern und vielleicht einer
unverschuldeten Einkerkerung vorbeugen wollte, so mußte es ihr doch das
Herz zermalmen, ihren einzigen Sohn auf immer verlieren zu müssen, und
zwar aus Ursachen, die so unbedeutend waren, daß sie nach den damaligen
Ansichten in jedem andern Staat ohne besondere Folgen geblieben wären.
Und dieser Sohn, in welchem sie beinahe ihr ganzes Selbst erblickte,
der schon an der mütterlichen Brust die sanfte Gemütsart, die milde
Denkweise eingesogen zu haben schien -- er hatte ihr von jeher nichts
als Freude gewährt; sie sah ihn mit all den Eigenschaften begabt,
die sie so oft, so inbrünstig von der Gottheit für ihn erfleht hatte!
Und nun! -- -- -- -- -- -- -- -- -- Wie schmerzhaft das Lebewohl von
beiden ausgesprochen worden sein mußte, ersah man an den Gesichtszügen
des Sohnes, sowie an seinen feuchten, geröteten Augen. Er suchte diese
einem gewöhnlichen, ihn oft befallenden Übel zuzuschreiben und konnte
erst auf dem Wege nach Stuttgart durch die zerstreuenden Gespräche der
Gesellschaft wieder zu einiger Munterkeit gelangen.
 
Auf der Solitüde erfuhr man, daß daselbst am 17. September die große
Hirschjagd, Schauspiel und eine allgemeine, prächtige Beleuchtung
stattfinden solle. Zu Hause angelangt, wurde zwischen Schiller und
S. alles, was ihre Reise betraf, noch um so eifriger besprochen, als
keine Zeit mehr zu verlieren war, da die Festlichkeiten bald zu Ende
sein würden. Als man auch erfahren, welchen Tag Schillers Regiment
die Wachen nicht zu besetzen habe, er folglich unter den Stadttoren
Soldaten treffen werde, denen er nicht so genau wie seinen alten
Grenadieren bekannt sei, so wurde die Abreise auf den 17. September
abends um neun Uhr festgesetzt.[1]
 
Die bürgerliche Kleidung, welche sich Schiller hatte machen lassen,
seine Wäsche, die Werke von Haller, Shakespeare etc. etc., noch einige
andere Dichter wurden nach und nach von S. weggebracht, so daß für die
spätern Stunden nur wenig mehr zu tun übrigblieb. Am letzten Vormittag
sollte nach der Abrede um zehn Uhr alles bereit sein, was von Schiller
noch wegzubringen war, und S. fand sich mit der Minute ein. Allein er
fand nicht das mindeste hergerichtet. Denn nachdem Schiller um acht
Uhr in der Frühe von seinem letzten Besuch in dem Lazarett zu Hause
gekehrt war, fielen ihm bei dem Zusammensuchen seiner Bücher die Oden
von Klopstock in die Hände, unter denen eine ihn schon oft besonders
angezogen und aufs neue so aufregte, daß er sogleich -- jetzt in einem
so entscheidenden Augenblick! -- ein Gegenstück dichtete. Ungeachtet
alles Drängens, alles Antreibens zur Eile mußte S. dennoch zuerst
die Ode und dann das Gegenstück anhören, welchem letzterem -- gewiß
weniger aus Vorliebe für seinen begeisterten Freund -- der Schönheit
der Sprache und Bestimmtheit der Bilder wegen, S. einen entschiedenen
Vorzug gab. Eine geraume Zeit verging, ehe der Dichter von seinem
Gegenstand abgelenkt, wieder auf unsere Welt, auf den heutigen Tag zu
der fliehenden Minute zurückgebracht werden konnte. Ja es erforderte
öfteres Fragen, ob nichts vergessen sei, sowie mehrmaliges Erinnern,
daß nichts zurückgelassen werde. Erst am Nachmittag aber konnte alles
in Ordnung gebracht werden, und abends neun Uhr kam Schiller in die
Wohnung von S. mit einem Paar alten Pistolen unter seinem Kleide.
 
Diejenige, welche noch einen ganzen Hahn, aber keinen Feuerstein hatte,
wurde in den Koffer gelegt; die andere, mit zerbrochenem Schloß, in den
Wagen getan. Daß aber beide nur mit frommen Wünschen für Sicherheit
und glückliches                          

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