2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 14

Schillers Flucht von Stuttgart 14


Er hielt nun das, was er zu tun habe, für so gewiß entschieden, daß er
nicht mehr an seinen General schrieb, sondern dem Rate seiner Freunde
folgte, sich auf einige Wochen zu entfernen, indem es doch möglich
wäre, daß seine Auslieferung von der pfälzischen Regierung verlangt
würde, weil er auf Kosten des Herzogs in der Akademie erzogen worden
und auch, da er Uniform getragen, einigermaßen zum Militärstande
gerechnet werden könne. Geschähe in einigen Wochen nichts gegen ihn, so
wäre man beinahe versichert, seine Entweichung sei vergessen oder der
Herzog werde seiner gewöhnlichen Großmut gemäß nicht weiter nach ihm
fragen.
 
Da auch Baron Dalberg noch immer in Stuttgart verweilte und seine
Rückkehr ungewiß blieb, folglich für die Bestimmung Schillers nichts
getan werden konnte, so wurde nach einem Aufenthalt von sechs
oder sieben Tagen die Reise über Darmstadt nach Frankfurt am Main
beschlossen, wo auch die weiteren Nachrichten von Haus oder von
Mannheim abgewartet werden konnten.
 
Aber diese Reise mußte zu Fuß gemacht werden; denn das kleine Kapital,
das jeder von Stuttgart mit sich nehmen konnte, war durch die Herreise,
durch das Verweilen in Mannheim so herab geschwunden, daß es bei der
größten Sparsamkeit nur noch zehn oder zwölf Tage ausreichen konnte.
Für Schiller war es wohl nicht tunlich, sich bei seinen Eltern um
Hilfe zu bewerben; denn seinem Vater durfte er nicht schreiben, um
ihn keinem Verdachte bloßzustellen, und seiner Mutter wollte er nicht
den Kummer machen, sie wissen zu lassen, daß er jetzt schon Mangel
leide, da sie gewiß geglaubt, er würde einem sehr behaglichen Zustand
entgegengehen. Es schrieb daher S. an seine Mutter, ihm vorläufig, aber
so bald als möglich dreißig Gulden auf dem Postwagen nach Frankfurt zu
schicken, weil Schiller in Mannheim nichts bezogen habe, beide nur noch
auf einige Tage mit Geld versehen seien und er den Freund in diesen
Umständen unmöglich verlassen könne.
 
Nach dem herzlichsten Abschied von Herrn und Madame Meier und nur
mit dem Unentbehrlichsten in den Taschen gingen die Reisenden nach
Tisch über die Neckarbrücke von Mannheim ab, schlugen den Weg nach
Sandhofen ein, blieben in einem Dorf über Nacht und gingen den andern
Tag durch die herrliche, rechts mit Burgruinen prangende Bergstraße
nach Darmstadt, wo sie abends gegen sechs Uhr eintrafen. Sehr ermüdet
von dem ungewohnten, zwölfstündigen Marsch begaben sie sich in
einen Gasthof und waren sehr froh, nach einem guten Abendessen in
reinlichen Betten ausruhen und sich durch Schlaf erholen zu können.
Letzteres sollte ihnen aber nicht zu teil werden; denn aus dem tiefsten
Schlafe wurden sie durch ein so lärmendes, fürchterliches Trommeln
aufgeschreckt, daß man glauben mußte, es sei ein sehr heftiges Feuer
ausgebrochen. Sie horchten, als das schreckliche Getöse sich entfernt
hatte, ob man nicht reiten, fahren oder schreien höre; sie öffneten
die Fenster, ob sich keine Helle von Flammen zeige, aber alles blieb
ruhig, und wenn es nur einer allein gehört hätte, würde er sich endlich
selbst überredet haben, es sei ein Traum gewesen. Am Morgen erkundigten
sie sich bei dem Wirt, was das außerordentlich starke Trommeln in der
Stadt zu bedeuten gehabt, und erfuhren mit Erstaunen, daß dieses jede
Nacht mit dem Schlag zwölf Uhr so wäre. Es sei die Reveille!
 
Des Morgens fühlte sich Schiller etwas unpäßlich, bestand aber doch
darauf, den sechs Stunden langen Weg nach Frankfurt noch heute zu
gehen, damit er alsogleich nach Mannheim schreiben und sich die
indessen an ihn eingelaufenen Briefe schicken lassen könne.
 
Es war ein sehr schöner, heiterer Morgen, als die Reisenden ihre
ermüdeten Füße wieder in Gang zu bringen versuchten und den Weg
antraten. Langsam schritten sie vorwärts, rasteten aber schon nach
einer Stunde, um sich in einem Dorfe mit etwas Kirschengeist, in Wasser
geschüttet, abzukühlen und zu stärken. Zu Mittag kehrten sie wieder
ein, weniger wegen des Essens, als daß Schiller, der sehr müde war,
sich etwas ausruhen könne. Allein es war in dem Wirtshause zu lärmend,
die Leute zu roh, als daß es über eine halbe Stunde auszuhalten
gewesen wäre. Man machte sich also noch einmal auf, um Frankfurt in
einigen Stunden zu erreichen, welches aber die Mattigkeit Schillers
kaum zuzulassen schien; denn er ging immer langsamer, mit jeder Minute
vermehrte sich seine Blässe, und als man in ein Wäldchen gelangte, in
welchem seitwärts eine Stelle ausgehauen war, erklärte er, außerstande
zu sein noch weiter zu gehen, sondern versuchen zu wollen, ob er sich
nach einigen Stunden Ruhe wenigstens so weit erhole, um heute noch die
Stadt erreichen zu können. Er legte sich unter ein schattiges Gebüsch
ins Gras nieder, um zu schlafen, und S. setzte sich auf den abgehauenen
Stamm eines Baumes, ängstlich und bange nach dem armen Freund
hinschauend, der nun doppelt unglücklich war.
 
In welcher Sorge und Unruhe der Wachende die Zeit zugebracht,
während der Kranke schlief, kann nur derjenige allein fühlen, der
die Freundschaft nicht bloß durch den Austausch gegenseitiger
Gefälligkeiten, sondern auch durch das wirkliche mit Leiden und mit
Tragen aller Widerwärtigkeiten kennt. Und hier mußte die innigste
Teilnahme um so größer sein, da sie einem Jüngling galt, der in allem
das reinste Gemüt, den höchsten Adel der Seele kund gab und all
das Erhabene und Schöne schon im voraus ahnen ließ, das er später
so groß und herrlich entfaltete. Auch in seinen gehärmten, düstern
Zügen ließ sich noch der stolze Mut wahrnehmen, mit dem er gegen ein
hartes, unverdientes Schicksal zu kämpfen suchte, und die wechselnde
Gesichtsfarbe verriet, was ihn, auch seiner unbewußt, beschäftige.
Das Ruheplätzchen lag für den Schlafenden so günstig, daß nur links
ein Fußsteig vorbeiführte, der aber während zwei Stunden von niemand
betreten wurde. Erst nach Verlauf dieser Zeit zeigte sich plötzlich
ein Offizier in blaßblauer Uniform mit gelben Aufschlägen, dessen
überhöflicher Ausruf: »Ah! hier ruht man sich aus!« einen der in
Frankfurt liegenden Werber vermuten ließ. Er näherte sich mit der
Frage: »Wer sind die Herren?« worauf S. etwas laut und barsch
antwortete: »Reisende.«
 
Schiller erwachte, richtete sich schnell auf und maß den Fremden mit
scharfem, verwundertem Blick, der sich nun auch, da er wohl merken
mochte, daß hier für ihn nichts zu angeln sei, ohne weiter ein Wort zu
sprechen, entfernte.
 
Auf die schnelle Frage von S., wie geht's, wie ist Ihnen? erfolgte
zu seiner großen Beruhigung die Antwort: »Mir ist etwas besser, ich
glaube, daß wir unsern Marsch wieder antreten können.« Er stand auf,
durch den Schlaf soweit gestärkt, daß er, anfangs zwar langsam, aber
doch ohne Beschwerde fortgehen konnte. Außerhalb des Wäldchens traf
man auf einige Leute, welche die Entfernung der Stadt noch auf eine
kleine Stunde angaben. Diese Nachricht belebte den Mut, es wurde etwas
schneller gegangen, und ganz unvermutet zeigte sich das altertümlich
gebaute, merkwürdige Frankfurt, in welches man auch noch vor der
Dämmerung eintrat.
 
Teils aus nötiger Sparsamkeit, teils auch, wenn Nachforschungen
geschehen sollten, um so leichter verborgen zu sein, wurde die
Wohnung in der Vorstadt Sachsenhausen bei einem Wirte der Mainbrücke
gegenüber gewählt und mit demselben sogleich der Betrag für Zimmer und
Verköstigung auf den Tag bedungen, damit man genau wisse, wie lange der
geringe Geldvorrat noch ausreichen würde.
 
Die Gewißheit, hier genugsam verborgen zu sein, die vergönnte Ruhe und
ein erquickender Schlaf gaben Schillern die nötigen Kräfte, daß er des
andern Tages einige Briefe nach Mannheim schreiben konnte. Unter diesen
befand sich auch derjenige an Baron Dalberg, der sich in obengenannter
Sammlung Seite 71 befindet. Gern würde der Verfasser dieses dem Leser
einen kleinen Schmerz ersparen, aber er muß es wissen, und bei diesem
außerordentlichen, jetzt beinahe vergötterten Dichter, wiederholt
bestätigt sehen, daß in Deutschland keinem großen Mann in seiner
Jugend auf Rosen gebettet wird; daß -- ist er nicht schon durch die
Eltern mit Glücksgütern gesegnet -- er die rauhesten, mit verwundenden
Dornen belegten Wege betreten muß, und selten, leider äußerst selten,
eine freundliche Hand sich findet, um ihm die Bahn gangbarer, um
seiner Brust das Atmen leichter zu machen. Man überschlage den Brief
nicht; denn er wurde mit gepreßtem Gemüt und nicht mit trockenen Augen
geschrieben.
 
»Eure Exzellenz werden von meinen Freunden zu Mannheim meine Lage
bis zu Ihrer Ankunft, die ich leider nicht mehr abwarten konnte,
erfahren haben. Sobald ich Ihnen sage, ich bin auf der Flucht,
sobald hab' ich mein ganzes Schicksal geschildert. Aber noch kommt
das Schlimmste dazu. Ich habe die nötigen Hilfsmittel nicht, die
mich in den Stand setzten, meinem Mißgeschick Trotz zu bieten.
Ich habe mich von Stuttgart meiner Sicherheit wegen schnell und
zur Zeit des Großfürsten losreißen müssen. Dadurch habe ich meine
bisherigen ökonomischen Verhältnisse plötzlich durchrissen und
nicht alle Schulden berichtigen können. Meine Hoffnung war auf
meinen Aufenthalt zu Mannheim gesetzt; dort hoffte ich, von E. E.
unterstützt, durch mein Schauspiel mich nicht nur schuldenfrei,
sondern auch überhaupt in bessere Umstände zu setzen. Dies ward
durch meinen notwendigen plötzlichen Aufbruch hintertrieben. Ich
ging leer hinweg, leer in Börse und Hoffnung. Es könnte mich
schamrot machen, daß ich Ihnen solche Geständnisse tun muß; aber
ich weiß, es erniedrigt mich nicht. Traurig genug, daß ich auch an
mir die gehässige Wahrheit bestätigt sehen muß, die jedem freien
Schwaben Wachstum und Vollendung abspricht.[2]
 
»Wenn meine bisherige Handlungsart, wenn alles das, woraus E. E.
meinen Charakter erkennen, Ihnen ein Zutrauen gegen meine Ehrliebe
einflößen kann, so erlauben Sie mir, Sie freimütig um Unterstützung
zu bitten. So höchst notwendig ich jetzt des Ertrags bedarf, den
ich von meinem Fiesco erwartete, so wenig kann ich ihn vor drei
Wochen theaterfertig liefern, weil mein Herz so lange beklemmt war,
weil das Gefühl meines Zustandes mich gänzlich von dichterischen
Träumen zurückriß. Wenn ich ihn aber bis auf besagte Zeit nicht nur
fertig, sondern, wie ich auch hoffen kann, würdig verspreche, so
nehme ich mir daraus den Mut, Euer Exzellenz um gütigsten Vorschuß
des mir dadurch zufallenden Preises gehorsamst zu bitten, weil ich
jetzt vielleicht mehr als sonst durch mein ganzes Leben dessen
benötigt bin. Ich hätte ungefähr noch 200 fl. nach Stuttgart zu
bezahlen. Ich darf es Ihnen gestehen, daß mir das mehr Sorge macht,
als wie ich mich selbst durch die Welt schleppen soll. Ich habe so
lange keine Ruhe, bis ich mich von der Seite gereinigt habe.
 
»Dann wird mein Reisemagazin in acht Tagen erschöpft sein. Noch

댓글 없음: