2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 15

Schillers Flucht von Stuttgart 15


Euer Exzellenz
 
wahrster Verehrer
 
Friedr. Schiller.«
 
Vorstehender am 29. oder 30. September[3] geschriebener Brief wurde an
Herrn Meier überschickt und dieser in einer Beilage, nachdem ihm der
Inhalt desselben bekannt gemacht worden, ersucht, sowohl die Antwort
des Baron Dalberg entgegenzunehmen, als auch selbe nach Frankfurt zu
senden, wo man sie von der Post abholen wolle.
 
Diese Darstellung seiner Umstände kostete Schillern eine
außerordentliche Überwindung. Denn nichts kann den edlen, stolzen
Mann tiefer beugen, als wenn er um solche Hilfe ansprechen muß, die
das tägliche Bedürfnis betrifft, die ihm dem Gemeinen, Niedrigen
gleichstellt und für die der Reiche selten seine Hand öffnet. Aber
die Bezahlung der 200 fl. nach Stuttgart war so dringend, daß der
Ausdruck in seinem Briefe: »Ich darf es Ihnen gestehen, daß mir das
mehr Sorge macht, als wie ich mich selbst durch die Welt schleppen
soll -- Ich habe solange keine Ruhe, bis ich mich von der Seite
gereinigt habe,« die ernstlichste Wahrheit ausdrückte. Um die Pein,
welche diese -- wohl manchem sehr unbedeutend scheinende -- Summe von
200 fl. dem edelmütigen Jüngling verursachte, zu erklären, sowie zur
Warnung für angehende Dichter oder Schriftsteller, sei eine kurze
Auseinandersetzung erlaubt.
 
Schon oben ist erwähnt worden, daß Schiller die Räuber auf seine
Kosten drucken lassen und das Geld dazu borgen mußte. Dieses Borgen
konnte aber nicht bei dem Darleiher selbst geschehen, sondern es
verwendete sich, wie es gewöhnlich geschieht, eine dritte Person dabei,
welche die Bezahlung verbürgte. Auch bei dem Druck der Anthologie
mußte nachbezahlt werden, wodurch denn nebst anderthalbjährigen
Zinsen eine Summe, die ursprünglich kaum 150 fl. betrug, sich auf
200 anhäufte. Solange Schiller in Stuttgart war, konnte er leicht
den Rückzahlungstermin verlängern, da man an seinen Eltern, obwohl
sie nicht reich waren, doch im schlimmsten Fall einige Sicherheit
vermutete. Da jedoch durch den Befehl des Herzogs das Herausgeben
dichterischer Werke Schillern auf das strengste verboten war und er
sich nur durch solche Arbeiten seine ärmliche Besoldung von jährlichen
180 fl. zu vergrößern wußte, so mußte wohl eine solche Verlegenheit zu
dem Entschlusse, Stuttgart zu verlassen, viel beitragen, und er hatte
auch in diesem Sinne vollkommen recht, wo er anführt: »Die Räuber
kosteten mich Familie und Vaterland.« Nach der Abreise Schillers konnte
sich der Darleiher nur an die Zwischenperson halten, und diese, da sie
zur Zahlung unvermögend war, konnte in den Fall geraten, verhaftet
zu werden, was dann demjenigen, der die Ursache davon war, das Herz
zernagen mußte. Seine ganze Hoffnung war nun auf den Baron Dalberg
gerichtet, und daß dieser, der ihm früher so viele Versicherungen
seiner Teilnahme gegeben, ihn schon darum aus dieser Verlegenheit
befreien würde, weil er den Wert der erbetenen Hilfe in dem Manuskripte
von Fiesco schon in Händen hatte, konnte nicht im mindesten bezweifelt
werden. Überdies war Baron Dalberg nicht nur sehr reich, sondern hatte
auch wegen des häufigen Verkehrs mit Dichtern und Schriftstellern
durch die Artigkeit seines Benehmens gegen sie (was bei diesen Herren
für eine sehr schwere Münze gilt) den Ruf eines wahren Gönners und
Beschützers der schönen Wissenschaften und Künste sich erworben.
 
Da Schiller durch obiges Schreiben die schwerste Last von seinem Herzen
abgewälzt hatte, gewann er zum Teil auch seine frühere Heiterkeit
wieder. Sein Auge wurde feuriger, seine Gespräche belebter, seine
Gedanken, bisher immer mit seinem Zustande beschäftigt, wendeten sich
jetzt auch auf andere Gegenstände. Ein Spaziergang, der des Nachmittags
über die Mainbrücke durch Frankfurt nach der Post gemacht wurde,
um die Briefe nach Mannheim abzugeben, zerstreute ihn, da er das
kaufmännische Gewühl, die ineinander greifende Tätigkeit so vieler hier
zum erstenmal sah. Auf dem Heimwege übersah man von der Mainbrücke
das tätige Treiben der abgehenden und ankommenden, der ein- und
auszuladenden Schiffe, nebst einem Teil von Frankfurt, Sachsenhausen,
sowie den gelblichen Mainstrom, in dessen Oberfläche sich der heiterste
Abendhimmel spiegelte. Lauter Gegenstände, die das Gemüt wieder hoben
und Bemerkungen hervorriefen, die um so anziehender waren, als seine
überströmende Einbildungskraft dem geringsten Gegenstand Bedeutung gab
und die kleinste Nähe an die weiteste Entfernung zu knüpfen wußte.
Diese Zerstreuung hatte auf die Gesundheit Schillers so wohltätig
eingewirkt, daß er wieder einige Eßlust bekam, die ihm seit zwei
Tagen gänzlich fehlte, und sich mit Lebhaftigkeit über dichterische
Pläne unterhalten konnte. Sein ganzes Wesen war so angelegt, sein
Körperliches dem Geistigen so untergeordnet, daß ihn solche Gedanken
nie verließen und er ohne Unterlaß von allen Musen umschwebt schien.
Auch hatte er kaum das leichte Nachtessen geendet, als sich aus seinem
Schweigen, aus seinen aufwärts gerichteten Blicken wahrnehmen ließ, daß
er über etwas Ungewöhnlichem brüte. Schon auf dem Wege von Mannheim
bis Sandhofen und von da nach Darmstadt ließ sich bemerken, daß sein
Inneres weniger mit seiner gegenwärtigen Lage als mit einem neuen
Entwurfe beschäftigt sei; denn er war so sehr in sich verloren, daß
ihn selbst in der mit Recht so berühmten Bergstraße sein Reisegefährte
auf jede reizende Ansicht aufmerksam machen mußte. Nun, zwischen vier
Wänden, überließ er sich um so behaglicher seiner Einbildungskraft, als
diese jetzt durch nichts abgelenkt wurde und er ungestört sich bewegen
oder ruhen konnte. In solchen Stunden war er wie durch einen Krampf
ganz in sich zurückgezogen und für die Außenwelt gar nicht vorhanden;
daher auch sein Freund ihn durch nichts beunruhigte, sondern mit einer
Art heiliger Scheu sich so still als möglich verhielt. Der nächste
Vormittag wurde dazu verwendet, um die in der Geschichte Deutschlands
so merkwürdige Stadt etwas sorgfältiger als gestern geschehen konnte,
zu besehen und auch einige Buchläden zu besuchen. In dem ersten
derselben erkundigte sich Schiller, ob das berüchtigte Schauspiel
die Räuber guten Absatz finde und was das Publikum darüber urteile?
Die Nachricht über das erste fiel so günstig aus und die Meinung der
großen Welt wurde so außerordentlich schmeichelhaft geschildert, daß
der Autor sich überraschen ließ und, ungeachtet er als Doktor Ritter
vorgestellt worden, dem Buchhändler nicht verbergen konnte, daß er,
der gegenwärtig das Vergnügen habe mit ihm zu sprechen, der Verfasser
davon sei. Aus den erstaunten, den Dichter messenden Blicken des Mannes
ließ sich leicht abnehmen, wie unglaublich es ihm vorkommen müsse, daß
der so sanft und freundlich aussehende Jüngling so etwas geschrieben
haben könne. Indes verbarg er seine Zweifel, indem er durch mancherlei
Wendungen das vorhin ausgesprochene Urteil, welches man so ziemlich als
das allgemeine annehmen konnte, wiederholte. Für Schiller war jedoch
dieser Auftritt sehr erheiternd; denn in einem solchen Zustande wie
er damals war, konnte auf sein bekümmertes Gemüt nichts so angenehmen
Eindruck haben als die Anerkennung seines Talentes und die Gewißheit
der Wirkung, von der alle seine Leser ergriffen worden.
 
Zu Haus angelangt, überließ sich Schiller aufs neue seinen
dichterischen Eingebungen und brachte den Nachmittag und Abend im Auf-
und Niedergehen oder im Schreiben einiger Zeilen hin. Zum Sprechen
gelangte er erst nach dem Abendessen, wo er dann auch seinem Gefährten
erklärte, was für eine Arbeit ihn jetzt beschäftige.
 
Da man allgemein glaubt, daß bei dem Empfangen und an das Lichtbringen
der Geisteskinder gute oder schlimme Umstände ebenso vielen Einfluß
wie bei den leiblichen äußern, so sei dem Leser schon jetzt vertraut,
daß Schiller seit der Abreise von Mannheim mit der Idee umging, ein
bürgerliches Trauerspiel zu dichten, und er schon soweit im Plan
desselben vorgerückt war, daß die Hauptmomente hell und bestimmt vor
seinem Geiste standen.
 
Dieses Trauerspiel, das wir jetzt unter dem Namen Kabale und Liebe
kennen, welches aber ursprünglich Luise Millerin hätte benannt werden
sollen, wollte er mehr als einen Versuch unternehmen, ob er sich auch
in die bürgerliche Sphäre herablassen könne, als daß er sich öfters
oder gar für immer dieser Gattung hätte widmen wollen. Er dachte so
eifrig darüber nach, daß in den nächsten vierzehn Tagen schon ein
bedeutender Teil der Auftritte niedergeschrieben war.
 
Am nächsten Morgen fragten die Reisenden auf der Post nach, ob keine
Briefe für sie angelangt wären? Aber der Gang war fruchtlos, und da die
Witterung trübe und regnerisch war, so mußte die Zuflucht wieder zur
Stube genommen werden. Am Nachmittag wurde auf der Post noch einmal
angefragt, aber ebenso vergeblich wie in der Frühe.
 
Diese Verspätung deutete S. um so mehr als ein gutes Zeichen, indem
der angesuchte Betrag entweder durch Wechsel oder durch den Postwagen
übermacht werden müsse, was dann notwendig einige Tage mehr erfordern
könne als ein bloßer Brief. Er war seiner Sache so gewiß, daß er
Schillern ersuchte, ihm seine in Mannheim zurückgelassenen Sachen
nach Frankfurt zu schicken, weil er dann, sowie die Hilfe von Baron
Dalberg eintreffe, seine Mutter ersuchen wolle, ihm außer dem, was er
jetzt schon besitze, noch mehr zu senden, damit er von hier aus die
Reise nach Hamburg fortsetzen könne. Schiller sagte dieses sehr gern
zu und versprach noch weiter, ihm auch von Meier sowie von seinen
andern Freunden Empfehlungsbriefe zu verschaffen, indem ein junger
Tonkünstler nie zu viele Bekanntschaften haben könne. Diese Hoffnungen,
die von beiden Seiten noch durch viele Zutaten verschönert wurden,
erheiterten den durch eine bessere Witterung begünstigten Spaziergang
und störten auch abends die Phantasie des Dichters so wenig, daß er
sich derselben, im Zimmer auf und ab gehend, mehrere Stunden ganz
ruhig überließ.
 
Den nächsten Morgen gingen die Reisenden schon um neun Uhr aus, um die
vielleicht in der Nacht an sie eingelaufenen Briefe abzuholen, die
auch zu ihrer großen Freude wirklich eingetroffen waren. Sie eilten
so schnell als möglich nach Haus, um den Inhalt derselben ungestört
besprechen zu können, und waren kaum an der Tür ihrer Wohnung, als
Schiller schon das an ~Dr.~ Ritter überschriebene Paket erbrochen
hatte. Er fand mehrere Briefe von seinen Freunden in Stuttgart, die
sehr vieles über das außerordentliche Aufsehen meldeten, das sein
Verschwinden veranlaßt habe, ihm die größte Vorsicht wegen seines
Aufenthalts anrieten, aber doch nicht das mindeste aussprachen, woraus
sich auf feindselige Absichten des Herzogs hätte schließen lassen. Alle
diese Briefe wurden gemeinschaftlich gelesen, weil ihr Inhalt beide
betraf und allerdings geeignet war, sie einzuschüchtern. Allein da sie
in Sachsenhausen geborgen waren, so beruhigten sie sich um so leichter,
da sie in dem Schreiben des Herrn Meier der angenehmsten Nachricht
entgegen sahen. Schiller las dieses für sich allein und blickte dann
gedankenvoll durch das Fenster, welches die Aussicht auf die Mainbrücke
hatte. Er sprach lange kein Wort, und es ließ sich nur aus seinen
verdüsterten Augen, aus der veränderten Gesichtsfarbe schließen, daß
Herr Meier nichts Erfreuliches gemeldet habe. Nur nach und nach kam es
zur Sprache, daß Baron Dalberg keinen Vorschuß leiste, weil Fiesco in
dieser Gestalt für das Theater nicht brauchbar sei; daß die Umarbeitung
er 

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