2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 23

Schillers Flucht von Stuttgart 23



Noch während der Umarbeitung des Fiesco wurde es eingeleitet, daß
Schiller in die deutsche Gesellschaft zu Mannheim, von welcher
Baron Dalberg Präsident war, aufgenommen werden solle. Außer der in
Deutschland so sehr gesuchten Ehre eines Titels hatte der Eintritt
in diese Gesellschaft wenigstens den Vorteil, daß sie sich des
unmittelbaren kurfürstlichen Schutzes erfreute, wodurch denn der
Dichter, im Fall er noch von dem Herzog von Württemberg angefochten
worden wäre, wenigstens einigen Schutz hätte erwarten dürfen. Zu seinem
Eintritt schrieb er die kleine Abhandlung: »Was kann eine gute stehende
Schaubühne wirken?« welche noch immer die Mühe verlohnt, sie aufs
neue durchzulesen, um den Zweck des Theaters überhaupt und auch die
Ansichten des Verfassers über die Wirkung desselben kennen zu lernen.
 
Einige Monate nach dieser Aufnahme faßte er den Plan, eine Dramaturgie
herauszugeben, um durch diese die Mannheimer Bühne als Muster für ganz
Deutschland bilden, auch sich zugleich einen größern Wirkungskreis
erwerben zu können. Anfangs glaubte man, daß es am besten sein würde,
die Aufsätze den Jahrbüchern der deutschen Gesellschaft einzuverleiben.
Jedoch der ganze, so eifrig gefaßte und so vielversprechende Vorsatz
scheiterte, indem diese Jahrbücher, die nur ernste, trockene
Forschungen enthielten, durch Berichte über ein so flüchtiges Ding, wie
das Theater zu sein scheint, profaniert geworden wären, und weil die
Theaterkasse die von dem Dichter verlangte jährliche Schadloshaltung
von 50 Dukaten nicht zu leisten vermochte. (Das Nähere hierüber findet
sich in den Briefen an Baron Dalberg S. 104, 124.) Endlich in der Mitte
Januars 1784 wurde das republikanische Schauspiel Fiesco aufgeführt,
dessen durch Unlenksamkeit der Statisten veranlaßten häufigen Proben
dem Verfasser manchen Ärger, viele Zerstreuung und öfters auch
Aufheiterung verschafften. Es war alles, was die schwachen Kräfte des
Theaters vermochten, angewendet worden, um das Äußerliche des Stücks
mit Pracht auszustellen; ebenso wurden auch die Hauptrollen, Fiesco
durch Böck, Verrina durch Iffland, der Mohr durch Beil, vortrefflich
dargestellt, und manche Szenen erregten sowohl für den Dichter als
für die Schauspieler bei den Zuschauern die lauteste Bewunderung.
Aber für das Ganze konnte sich die Mehrheit nicht erwärmen; denn eine
Verschwörung in den damals so ruhigen Zeiten war zu fremdartig, der
Gang der Handlung viel zu regelmäßig, und was vorzüglich erkältete,
war, daß man bei dem Fiesco ähnliche Erschütterungen wie bei den
Räubern erwartet hatte.
 
Dichter, Künstler, deren erstes Werk schon etwas Großes,
Außerordentliches darstellt, und dessen Bearbeitung in gleicher
Höhe mit dem Inhalt sich findet, können selten die Erwartungen in
demjenigen, was sie in der nächsten Folge liefern, ganz befriedigen,
indem die Anzahl derer ganz unglaublich gering ist, die ein Kunstwerk
ganz allein für sich, ohne Beziehung oder Vergleichung mit anderm
zu würdigen verstehen. Mit seltener Ausnahme hat jeder Zuhörer oder
Zuschauer seinen eignen Maßstab, mit dem er alles mißt, und wenn auch
nur eine Linie über oder unter der als richtig erkannten Länge ist, es
auch sogleich als untüchtig verwirft. Besonders werden die Werke der
Einbildungskraft weit mehr nach dem Gefühl, das sie zu erregen fähig
sind, als mit dem Verstande beurteilt, und alle Leistungen, welche das
erste im hohen Grad ansprechen -- mögen sie übrigens noch so fehlerhaft
sein -- werden der Menge weit mehr zusagen als solche, bei denen der
Verstand, die schöne weise Verteilung, die freie Beherrschung des
Stoffes, den großen Meister andeutet. Daher hatte Wieland vollkommen
recht, als er in seinem ersten Brief an Schiller schrieb: »er hätte mit
den Räubern nicht anfangen, sondern endigen sollen.«
 
Wir werden weiter unten erfahren, welcher Ursache es der Dichter
beigemessen, daß Fiesco in Mannheim die gehoffte Wirkung nicht hatte.
 
Nach einigen Wochen Erholung begann er die Umarbeitung von Luise
Millerin, bei welcher er wenig hinzuzufügen brauchte, wohl aber
vieles ganz weglassen mußte. Schien ihm nun auch dieses ganze
bürgerliche Trauerspiel ziemlich mangelhaft angelegt, so ließ sich
doch an den Szenen, die den meisten Anteil zu erregen versprachen,
nichts mehr ändern; sondern er mußte sich begnügen, die hohe Sprache
herabzustimmen, hier einige Züge zu mildern und wieder andere ganz
zu verwischen. Manche Auftritte, und zwar nicht die unbedeutendsten,
gründen sich auf Sagen, die damals verbreitet waren, und deren
Anführung viele Seiten ausfüllen würde. Der Dichter glaubte solche hier
an den schicklichen Platz stellen zu sollen und gab sich nur Mühe,
alles so einzukleiden, daß weder Ort noch Person leicht zu erraten
waren, damit nicht üble Folgen für ihn daraus entstünden.
 
Während dieser Umarbeitung brachte Iffland sein Verbrechen aus Ehrsucht
auf die Bühne.
 
Er war so artig, es Schillern vor der Aufführung einzuhändigen und ihm
zu überlassen, welche Benennung dieses Familienstück führen solle, und
dem der bezeichnende Name, den es noch heute führt, erteilt wurde.
Der außerordentliche Beifall, den dieses Stück erhielt, machte die
Freunde Schillers nicht wenig besorgt, daß dadurch seine Luise Millerin
in den Schatten gestellt werde, denn niemand erinnerte sich, daß ein
bürgerliches Schauspiel jemals so vielen Eindruck hervorgebracht hätte.
Letzteres durfte jedoch meistens der Darstellung beigemessen werden,
die so lebendig, der ganzen Handlung so angemessen war und in allen
Teilen so rund von statten ging, daß man den innern Gehalt ganz vergaß
und, von der Begeisterung des Publikums mit fortgerissen, sich willig
täuschen ließ.
 
Nicht lange nachher kam die Vorstellung des neuen Trauerspiels unseres
Dichters an die Reihe, welchem Iffland, dem es vorher übergeben wurde,
die Aufschrift »Kabale und Liebe« erteilte. Um der Aufführung recht
ungestört beiwohnen zu können, hatte Schiller eine Loge bestanden und
seinen Freund S. zu sich dahin eingeladen.
 
Ruhig, heiter, aber in sich gekehrt und nur wenige Worte wechselnd,
erwartete er das Aufrauschen des Vorhanges. Aber als nun die Handlung
begann -- wer vermöchte den tiefen, erwartenden Blick -- das Spiel der
unteren gegen die Oberlippe -- das Zusammenziehen der Augenbrauen, wenn
etwas nicht nach Wunsch gesprochen wurde -- den Blitz der Augen, wenn
auf Wirkung berechnete Stellen diese auch hervorbrachten -- wer könnte
dies beschreiben! -- Während des ganzen ersten Aufzuges entschlüpfte
ihm kein Wort, und nur bei dem Schlusse desselben wurde ein »es geht
gut« gehört.
 
Der zweite Akt wurde sehr lebhaft und vorzüglich der Schluß desselben
mit so vielem Feuer und ergreifender Wahrheit dargestellt, daß,
nachdem der Vorhang schon niedergelassen war, alle Zuschauer auf eine
damals ganz ungewöhnliche Weise sich erhoben und in stürmisches,
einmütiges Beifallrufen und Klatschen ausbrachen. Der Dichter
wurde so sehr davon überrascht, daß er aufstand und sich gegen das
Publikum verbeugte. In seinen Mienen, in der edlen, stolzen Haltung
zeigte sich das Bewußtsein, sich selbst genug getan zu haben, sowie
die Zufriedenheit darüber, daß seine Verdienste anerkannt und mit
Auszeichnung beehrt würden.
 
Solche Augenblicke, in welchen das aufgeregte Gefühl eines bedeutenden
Menschen sich plötzlich ganz unverhohlen und natürlich äußert, sollte
man durch eine treue Zeichnung festhalten können; dies würde einen
Charakter leichter und bestimmter durchschauen lassen, als in Worten zu
beschreiben möglich ist.
 
Die ungewöhnlich günstige Aufnahme dieses Trauerspieles war den
Freunden Schillers beinahe ebenso erfreulich, als ihm selbst, indem
sie, da seiner Arbeit nicht nur von Kennern, sondern auch von dem
Publikum ein entschiedener Vorzug vor andern ähnlicher Art gegeben
wurde, hoffen durften, daß er durch neue Werke, nicht wie bisher nur
Ehre und Beifall, sondern auch solche Vorteile gewinnen werde, die
seine Verhältnisse des Lebens befriedigender gestalten könnten. Der
Theaterdirektion konnte es gleichfalls willkommen sein, daß in den
verflossenen zwei Jahren auch zwei solche Stücke von ihm geliefert
worden, deren Wert sich für eine lange Zukunft verbürgen ließ; und
konnte er, wie es auch den Anschein hatte, so fortfahren, so war seine
geringe Besoldung sehr gut angelegt.
 
In der Berauschung, die ein öffentlicher, mit Begeisterung geäußerter
Beifall immer zur Folge hat, konnte er jedoch die Nachricht der
Schwester (S. vorstehenden Brief), daß die Mutter aus Sehnsucht nach
ihm kränklich sei, nicht vergessen, und erlaubte es früher -- nachdem
keine seiner Erwartungen erfüllt war -- sein Stolz nicht, seiner
Mutter sich zu zeigen, so war dieser durch den Titel eines Mitgliedes
der kurpfälz'schen deutschen Gesellschaft, wie durch den überraschenden
Erfolg seiner zwei letzten Stücke, insoweit wenigstens befriedigt,
daß er mit gerechtem Selbstgefühl seinen Angehörigen vor Augen treten
durfte. Er entschloß sich daher, in Bretten, einem außerhalb der
württemberg'schen Grenze liegenden Städtchen, mit seiner Mutter und
ältesten Schwester zusammen zu kommen, und wenige Tage nach der ersten
Aufführung von Kabale und Liebe begab er sich zu Pferd dahin.[7]
 
Wäre es möglich, das tiefempfindende, sorgenvolle Gemüt der Mutter, und
die Wehmut, mit der sie ihren, nun aus seinem Vaterlande wie von seinen
Eltern verbannten Liebling an die Brust drückte, die Lebhaftigkeit,
den männlichen Verstand der Schwester, das zarte, weiche, sich immer
edel und schön aussprechende Herz des Sohnes gehörig zu schildern,
so wäre dieses wohl eines der anziehendsten Gemälde, die sich in dem
Leben eines solchen Dichters und einer so seltenen Familie darbieten
können. Es muß der Einbildungskraft des Lesers überlassen bleiben,
diese Szene, nebst dem nach kurzem Aufenthalte gewaltsamen Losreißen
dreier vortrefflicher Menschen, die das von zitternden Lippen gepreßte
Lebewohl! für lange, lange Zeit ausgesprochen glauben mußten, sich
teilnehmend ausmalen zu können.
 
Es war ganz natürlich, daß der Wunsch des Vaters wie der Mutter, dem
Sohn auf das angelegentlichste empfohlen wurde, sich doch um eine
sichere, dauernde Anstellung zu bewerben, damit seine eigenmächtige
Entfernung gerechtfertigt und sein Glück dauerhaft begründet sein möge.
Allein mit allem guten Willen hierzu konnte er eine solche Veränderung
nicht sogleich herbeiführen, und es blieb vorläufig nichts zu tun, als
mit dem festen Vorsatz nach Mannheim zurückzukehren, durch neue sich
auszeichnende Arbeiten seinem Schicksal eine bessere Wendung zu geben.
Er glaubte, daß dieses ein Schritt dazu wäre, wenn er in Gesellschaft
von Iffland und Beil, die zu Ende Aprils von Grosmann in Frankfurt auf
Gastvorstellungen eingeladen waren, die Reise dahin machte, und dadurch
den Kreis seiner Verehrer und Freunde erweiterte.
 
Bei seinem Aufenthalt daselbst wurde Verbrechen aus Ehrsucht wie auch
Kabale und Liebe gegeben. Seine Äußerungen über die Verschiedenheit der
Frankfurter gegen die Mannheimer Bühne sowie über die Mitglieder von
beiden, finden sich in seinen Briefen an Baron Dalberg.
 
Daß sich in Frankfurt diejenigen, welche Sinn für höhere Poesie hatten,
an den Dichter drängten, der in so jungen Jahren schon so viele Beweise
der Überlegenheit seine

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