2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 24

Schillers Flucht von Stuttgart 24


Wie sehr verdienen Sie alle Seligkeiten des Lebens, und wie viele
kennen Sie noch nicht! -- Auch um einen Freund mußte ich Sie
betrügen! Doch nein! Sie haben ihn niemals verloren und werden ihn
auch niemals verlieren.
 
Vielleicht wünschen Sie mit meiner Lage bekannt zu sein. Was sich
in einem Briefe sagen läßt, sollen Sie erfahren.
 
Noch bin ich hier, und nur auf mich kommt es an, ob ich nach
Verfluß meines Jahres, nämlich am 1. September, meinen Kontrakt
verlängern will oder nicht. Man rechnet aber indes schon ganz
darauf, daß ich hier bleiben werde, und meine gegenwärtigen
Umstände zwingen mich beinahe auf längere Zeit zu kontrahieren, als
ich vielleicht sonst würde getan haben. Das Theater hat mir für
dieses Jahr in allem 500 Gulden Fixum gegeben, wobei ich aber auf
die jedesmalige Einnahme einer Vorstellung meiner Stücke Verzicht
tun mußte. Meine Stücke bleiben mir frei zu verkaufen. Aber Sie
glauben nicht, mein Bester, wie wenig Geld 600 bis 800 Gulden in
Mannheim, und vorzüglich im theatralischen Zirkel ist -- wie wenig
Segen, möchte ich sagen, in diesem Geld ist -- welche Summen nur
auf Kleidung, Wohnung und gewisse Ehrenausgaben gehen, welche ich
in meiner Lage nicht ganz vermeiden kann. Gott weiß, ich habe mein
Leben hier nicht genossen, und noch einmal soviel als an jedem
andern Orte verschwendet. Allein und getrennt! -- Ungeachtet meiner
vielen Bekanntschaften, dennoch einsam und ohne Führung, muß ich
mich durch meine Ökonomie hindurchkämpfen, zum Unglück mit allem
versehen, was zu unnötigen Verschwendungen reizen kann. Tausend
kleine Bekümmernisse, Sorgen, Entwürfe, die mir ohne Aufhören
vorschweben, zerstreuen meinen Geist, zerstreuen alle dichterischen
Träume, und legen Blei an jeden Flug der Begeisterung. Hätte ich
jemand, der mir diesen Teil der Unruhe abnähme, und mit warmer,
herzlicher Teilnehmung sich um mich beschäftigte, ganz könnte ich
wiederum Mensch und Dichter sein, ganz der Freundschaft und den
Musen leben. Jetzt bin ich auch auf dem Wege dazu.
 
Den ganzen Winter hindurch verließ mich das kalte Fieber nicht
ganz. Durch Diät und China zwang ich zwar jeden neuen Anfall,
aber die schlimme hiesige Luft, worin ich noch Neuling war, und
meine von Gram gedrückte Seele machten ihn bald wiederkommen.
Bester Freund! ich bin hier noch nicht glücklich gewesen, und fast
verzweifle ich, ob ich je in der Welt wieder darauf Anspruch machen
kann. Halten Sie es für kein leeres Geschwätz, wenn ich gestehe,
daß mein Aufenthalt in Bauerbach bis jetzt mein seligster gewesen,
der vielleicht nie wieder kommen wird.
 
Vorige Woche war ich zu Frankfurt, Grosmann zu besuchen und einige
Stücke da spielen zu sehen, worin zwei Mannheimer Schauspieler,
Beil und Iffland, Gastrollen spielten. Grosmann bewirtete mich
unter andern auch mit Kabale und Liebe. (Nicht wahr, jetzt zürnen
Sie wieder, daß ich noch den Mut habe, dieses Stück vor Ihnen
zu nennen, da ich Ihnen auch nicht einmal ein Exemplar davon
geschickt. Werden Sie mir vergeben, wenn ich Ihnen sage, daß nicht
nur dieses Stück, sondern auch die beiden andern für Sie schon
zurückgelegt waren, daß ich fest entschlossen war, sie Ihnen selbst
nach der hiesigen Vorstellung zu bringen, wovon mich eine traurige
Notwendigkeit abhielt, und daß ich das aufgegeben habe, als ich bei
Schwan erfuhr, Sie hätten das Stück schon kommen lassen?) Hier zu
Mannheim wurde es mit aller Vollkommenheit, deren die Schauspieler
fähig waren, unter lautem Beifall und den heftigsten Bewegungen der
Zuschauer gegeben.
 
Sie hätte ich dabei gewünscht -- den Fiesco verstand das Publikum
nicht. Republikanische Freiheit ist hierzulande ein Schall ohne
Bedeutung, ein leerer Name -- in den Adern der Pfälzer fließt kein
römisches Blut. Aber zu Berlin wurde es vierzehnmal innerhalb drei
Wochen gefordert und gespielt. Auch zu Frankfurt fand man Geschmack
daran. Die Mannheimer sagen, das Stück wäre viel zu gelehrt für sie.
 
Eine vortreffliche Frau habe ich zu Frankfurt kennen lernen --
sie ist Ihre Freundin -- die Madame Albrecht. Gleich in den ersten
Stunden ketteten wir uns fest und innig aneinander; unsre Seelen
verstanden sich. Ich freue mich und bin stolz, daß sie mich liebt,
und daß meine Bekanntschaft sie vielleicht glücklich machen kann.
Ein Herz, ganz zur Teilnahme geschaffen, über den Kleinigkeitsgeist
der gewöhnlichen Zirkel erhaben, voll edlen, reinen Gefühls für
Wahrheit und Tugend, und selbst da noch verehrungswert, wo man ihr
Geschlecht sonst nicht findet. Ich verspreche mir göttliche Tage in
ihrer nähern Gesellschaft. Auch ist sie eine gefühlvolle Dichterin!
Nur, mein bester, schreiben Sie ihr, über ihre Lieblingsidee zu
siegen, und vom Theater zu gehen. Sie hat sehr gute Anlagen zur
Schauspielerin, das ist wahr, aber sie wird solche bei keiner
solchen Truppe ausbilden, sie wird mit Gefahr ihres Herzens, ihres
schönen und einzigen Herzens, auf dieser Bahn nicht einmal große
Schritte tun -- und täte sie diese auch, schreiben Sie ihr, daß der
größte theatralische Ruhm, der Name einer Clairon und Yates mit
ihrem Herzen zu teuer bezahlt sein würde. Mir zu Gefallen, mein
Teuerster, schreiben Sie ihr das mit allem Nachdruck, mit allem
männlichen Ernst. Ich habe es schon getan, und unsere vereinigten
Bitten retten der Menschheit vielleicht eine schöne Seele, wenn wir
sie auch um eine große Aktrice bestehlen.
 
Von Ihnen, mein Liebster, wurde langes und breites gesprochen.
Madame Albrecht und ich waren unerschöpflich in der Bewunderung
Ihres Geistes und Ihres mir noch schätzbareren Herzens. Könnten wir
uns in einen Zirkel von mehreren Menschen dieser Art vereinigen,
und in diesem engern Kreise der Philosophie und dem Genusse der
schönen Natur leben, welche göttliche Idee! -- Auch der Doktor ist
ein lieber, schätzbarer Freund von mir. Sein ganzes Wesen erinnerte
mich an Sie, und wie teuer ist mir alles, wie bald hat es meine
Liebe weg, was mich an Sie erinnert.
 
Noch immer trage ich mich mit dem Lieblingsgedanken, zurückgezogen
von der großen Welt, in philosophischer Stille mir selbst, meinen
Freunden und einer glücklichen Weisheit zu leben, und wer weiß
ob das Schicksal, das mich bisher unbarmherzig genug herumwarf,
mir nicht auf einmal eine solche Seligkeit gewähren wird. In dem
lärmendsten Gewühl, mitten unter den Berauschungen des Lebens,
die man sonst Glückseligkeit zu nennen pflegt, waren mir doch
immer jene Augenblicke die süßesten, wo ich in mein stilles Selbst
zurückkehrte und in dem heitern Gefilde meiner schwärmerischen
Träume herumwandelte, und hie und da eine Blume pflückte. -- Meine
Bedürfnisse in der großen Welt sind vielfach und unerschöpflich,
wie mein Ehrgeiz, aber wie sehr schrumpft dieser neben meiner
Leidenschaft zur stillern Freude zusammen.
 
Es kann geschehen, daß ich zur Aufnahme des hiesigen Theaters ein
periodisches, dramaturgisches Werk unternehme, worin alle Aufsätze,
welche mittelbar oder unmittelbar an das Geschlecht des Dramas oder
an die Kritik desselben grenzen, Platz haben sollen. Wollen Sie,
mein Bester, einiges in diesem Fach ausarbeiten, so werden Sie
sich nicht nur ein Verdienst um mich erwerben, sondern auch alle
Vorteile für Ihre Börse davon ziehen, die man Ihnen verschaffen
kann, denn vielleicht verlegt und bezahlt die kurfürstliche
Theaterkasse das Buch. Schreiben Sie mir Ihre Entschließung darüber.
 
Daß ich Mitglied der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft und also
jetzt pfälz'scher Untertan bin, wissen Sie ohne Zweifel.
 
Den Einschluß überschicken (oder überbringen) Sie an Frau von
Wolzogen, und fahren Sie fort, Ihren Freund zu lieben, der unter
allen Verhältnissen des Lebens ewig der Ihrige bleiben wird
 
Fried. Schiller.
 
Wer es tadeln wollte, daß vorstehender Brief seinem ganzen Inhalte nach
mitgeteilt worden, der möge erwägen, daß er ein sehr wichtiger Beitrag
zur Kenntnis der Denkungsart und der häuslichen Verhältnisse Schillers
ist, und daß ein Zeugnis, welches jemand von sich selbst ablegt, um
vieles bedeutender sein muß, als was andere ausgesprochen. Ungerechnet
die feine Art, mit welcher er den von ihm vernachlässigten Freund
wieder zu gewinnen suchte, zieht er auch diejenigen, welche glauben,
sein Aufenthalt in Mannheim wäre so angenehm gewesen, aus einem großen
Irrtum.
 
Mehrere Stellen dieses Briefes, als die Klagen über sein häusliches
Leben -- über das Unzulängliche seiner Einnahme -- seine Zerstreuung
und schwärmerischen Träumereien -- die Sehnsucht nach Bauerbach usw.
fordern hier um so mehr einige Erläuterungen, als er ein viel zu
bedeutender Mensch war, um solche Umstände übergehen zu können, und
weil hierüber ein Zeuge berichten kann, dem nichts verborgen oder
verhehlt wurde.
 
Ist es für einen jungen Mann, der nicht Vermögen genug besitzt, um
sich eigne Bedienung halten zu können, eine beinahe unmögliche Sache,
seine Kleidung, Wäsche, Bücher, Schriften usw. dergestalt in Ordnung
zu halten, daß keine Verwirrung entstehe, so ist dieses bei Dichtern,
Künstlern, Gelehrten oder überhaupt denjenigen, die bloß allein mit
ihrer Einbildungskraft arbeiten, und den Eingebungen ihres Geistes
folgen müssen, noch weit weniger der Fall.
 
Je umfassender nun ein Genie, je höher seine Kraft, sein Wollen, seine

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