2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 25

Schillers Flucht von Stuttgart 25


Zu dieser bangen, qualvollen Lage gesellte sich dann auch noch das
kalte Fieber, welches besonders im Entstehen alle Martern des Tantalus
mit sich führte. Denn der brennendste Durst, der heißeste Hunger durfte
nicht genugsam gestillt werden, um die Krankheit nicht zu unterhalten.
Die Hilfe dagegen, nur in Brechmitteln und Chinarinde bestehend,
schwächte den Magen ebensosehr, als sie ihn belästigte; und wenn nichts
mehr helfen wollte, mußte man wohl den Rat des Arztes befolgen und
so viele Chinapulver, als man sonst in 24 Stunden hätte gebrauchen
sollen, zwei Stunden vor dem Eintritte des Fiebers auf einmal nehmen,
was freilich oft half, aber ein solches Toben des Magens veranlaßte,
daß man glaubte vergehen zu müssen, und was auf lange Jahre hinaus die
übelsten Folgen zurückließ.
 
Möge der Leser, wenn er sich an den Schönheiten von Fiesco und Kabale
und Liebe ergötzt oder in den herrlichen Szenen von Don Carlos seine
Gefühle schwelgen läßt, doch nie vergessen, daß unter so drückenden,
beugenden Umständen die obigen Stücke verändert und der erste Akt des
letztern gedichtet wurde; alsdann erst wieder den Göttersohn bewundern,
der unter so vielen Übeln seinen Geist immer tätig erhielt und an der
heiligen Flamme nährte, die nicht von der Erde, sondern von oben her
leuchtet.
 
Man wird es begreiflich finden, daß der Augenzeuge dieser Lage, der
Freund des Dichters, es später nie mehr über sich gewinnen konnte,
eines dieser drei Stücke vorstellen zu sehen. So oft er den Versuch
dazu machte, so mußte er dennoch sich bei dem ersten Auftritte schon
entfernen, weil ihn ein Schmerz, eine Wehmut befiel, die sich nur im
Freien stillen konnten.
 
Deutschland! Deutschland! Du darfst dich deiner großen Söhne nicht
rühmen, denn du tatest nichts für sie; du überließest sie dem Zufall
und gabst ihr geistiges Eigentum jedem Preis, der sie auf offener
Straße darum berauben wollte. Nur der eignen Kraft, dem eignen Mute
der einzelnen, nicht deinem Schutze, nicht deiner Fürsorge hast du es
beizumessen, wenn andere Völker dich um deine großen Geister beneiden
und sich an ihrem Licht entzünden.
 
Wie wahrhaft sagt Schiller:
 
»Kein Augustisch Alter blühte,
Keines Mediceers Güte
Lächelte der deutschen Kunst;
Sie ward nicht gepflegt vom Ruhme,
Sie entfaltete die Blume
Nicht am Strahl der Fürstengunst.
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Rühmend darf's der Deutsche sagen,
Höher darf das Herz ihm schlagen:
+Selbst+ erschuf er sich den Wert.«
 
Wolle man diesen Ausbruch einer gerechten Klage verzeihen, die sich
immer wieder erneuert, so oft diese trüben Tage des -- jetzt so hoch
gefeierten -- Dichters der Erinnerung vorschweben.
 
Die Äußerung in obigem Briefe, »daß sein Aufenthalt in Bauerbach bis
jetzt sein seligster gewesen,« war ganz seinen damaligen Umständen
angemessen. Dort, in diesem stillen Ort, in Gesellschaft und unter dem
Schutz einer wohlwollenden Freundin, hatte er keine Sorgen, durfte sich
um die Bedürfnisse des Lebens nicht bekümmern, brauchte kein Geld, weil
die Gelegenheit zu Ausgaben fehlte, und konnte um so ungestörter seinen
Träumen nachhängen, als ihm zarte Achtsamkeit und Pflege jede Mahnung
an die Kleinigkeiten des Tages ersparten. Diese Ruhe, dieser behagliche
Zustand war ihm so unvergeßlich, daß er nach Versicherung seiner
Schwester noch nach vielen Jahren die damalige Zeit als die schönste
und glücklichste seines Lebens rühmte; »daß er sich über tausend kleine
Sorgen, Bekümmernisse, Entwürfe, die ihm ohne Aufhören vorschwebten,
und seinen Geist, seine dichterischen Träume zerstreuten usw.« gegen
Herrn Reinwald beklagte, kam daher, daß er in einer Gesellschaft, die
jeden Augenblick Forderungen an ihn machte, leben mußte und lästige
Frager, Besucher oder Amtsgeschäfte nicht zurückweisen durfte.
 
Ihm mußte alles Störungen verursachen, da er wachend und träumend für
nichts und in nichts als theatralischen Dichtungen lebte, in diesen
wie in seinem eigentlichen Elemente sich befand, sie immerwährend
ordnend, niederschreiben zu wollen schien und dennoch bei der Menge
sich ihm darbietender Gegenstände zu keiner Entscheidung gelangen
konnte. Schon in Stuttgart hatte er sich vorgenommen, Konradin von
Schwaben zu bearbeiten; später wurde er von Baron Dalberg aufgefordert,
den Don Carlos dafür zu nehmen. Während er sich noch in Mannheim mit
der Geschichte Spaniens recht vertraut zu machen suchte, glaubte er
es leichter, einen ganz eignen Plan zu erfinden, der bald diese,
bald jene, aber immer eine tragische Entwicklung haben sollte.
Endlich glaubte er einen solchen festhalten zu müssen, in welchem
die Erscheinung eines Gespenstes die Entscheidung herbeiführte, und
beschäftigte sich so gänzlich damit, daß er schon anfing, seine
Gedanken niederzuschreiben. Aber er gab den Plan wieder auf, indem es
ihm unter der Würde des Dramas und eines wahren Dichters schien, die
größte Wirkung einer Schreckgestalt schuldig sein zu sollen.
 
Er machte die richtige Unterscheidung, daß ihm das Beispiel
Shakespeares, der in Cäsar und Macbeth einen Geist erscheinen läßt,
hierin nicht rechtfertigen könne, indem dieser nur als eine Nebensache
angewendet worden, die weder auf die Handlung selbst noch auf deren
Ausgang den mindesten Einfluß ausübe.
 
Diese Unentschlossenheit in der Wahl, dieses immerwährende Ausspinnen
einer verwickelten Gegebenheit ermüdete ihn aber weit mehr, als wenn er
die wirkliche Ausarbeitung begonnen hätte.
 
Jedoch er konnte nicht anders. Es war seiner Natur ganz entgegen, an
irgend etwas nur oberflächlich zu denken. Alles sollte erschöpft,
alles zu Ende gebracht werden. Daher beschäftigten sich seine Gedanken
so lange mit einem Plane, bis er entweder die Hoffnung, einen
wirkungsvollen Ausgang herbeizuführen, verlor, oder bis seine Kräfte
ermüdeten, und er dann, um diese nicht ganz abzuspannen, auf etwas
anderes überging. Seine Erregbarkeit für dichterische Gegenstände ging
ins Unglaubliche. Er war dafür gleichsam eine immer glühende, nur mit
leichter Asche bedeckte Kohle. Ein Hauch, und sie sprühte Funken.
 
Der Leichtigkeit gemäß, mit welcher er Pläne zu Dramen schnell
entwerfen konnte, hätte er einer der fruchtbarsten Schriftsteller für
die Bühne werden können, aber wenn es an das Niederschreiben kam, da
erlaubte sein tiefes Gefühl der Feder keine Eile. So wie er jede Sache
in ihrem ganzen Umfang erfaßte, so sollte sie auch durch Worte nicht
nur auf das deutlichste, sondern auch auf das schönste dargestellt
werden. Daher das Erschöpfende, Volle, Satte und Runde seiner Ausdrücke
und Wendungen, welche die Gedanken ebenso wie das Gefühl aufregen und
sich dem empfänglichen Gemüt einprägen.
 
Solche Dichter, denen ihre Gaben nur sparsam zugemessen worden, sind
um vieles mehr entschlossen. Kaum ist ein Gegenstand gefunden, so wird
schon die Feder eingetaucht, damit die Arbeit schnell fertig werde.
Schnell werden auch Vorteile damit erreicht, aber --
 
»der Ruhm mit seiner Sternenkrone«
 
kann nie auf einem solchen Haupte verweilen. Während Schiller noch
immer unentschlossen blieb, welche Handlung er zu einem neuen
Trauerspiele wählen solle, war schon das Frühjahr verflossen, und
Baron Dalberg vernahm weder von ihm selbst noch von andern, daß er
sich für einen Stoff entschieden habe, wodurch denn die Hoffnung
verschwand, in diesem Jahre noch ein neues Stück von ihm auf der
Bühne zu sehen. Konnte dieses nicht geliefert werden, so war die
Besoldung des Theaterdichters für nichts ausgegeben, was der magern
Kasse nicht anders als schmerzlich sein konnte. Um nun Schillern zur
Arbeit anzutreiben, oder wenn dieses nicht gelingen sollte, auf eine
gute Art wieder loszubringen, beredete Baron Dalberg einen Bekannten
desselben, seinen Hausarzt, den Hofrat Mai, jenem zu raten, das Studium
der Arzneikunde wieder zu ergreifen; was eigentlich so viel heißen
sollte, diese Feder, aus welcher schon die trefflichsten Gedichte und
drei Trauerspiele geflossen, welche alle anderen der damaligen Zeit
übertrafen, und noch heute nach fünfzig Jahren auf allen deutschen
Bühnen gegeben werden, wegzuwerfen, und dafür eine solche zu nehmen,
mit welcher bloß Rezepte ausgefertigt werden könnten.
 
Kaum eine Viertelstunde nachdem Hr. Mai fort war, trat S. zu dem
Dichter ein, der ihm mit argloser, gutmütiger Freude den gemachten
Vorschlag berichtete und denselben -- wenn ihm auf einige Jahre
Unterstützung zu teil würde -- als das einzige Rettungsmittel aus
seinem sich täglich mehr verwirrenden Zustand ansah. Er entschloß sich,
alsogleich an Baron Dalberg zu schreiben, und obwohl ihm vorausgesagt
war, daß nur eine hofmäßige, ausweichende Antwort darauf erfolgen
würde, so ließ sich sein edles, reines Herz, das andere nur nach der
eignen Weise beurteilte, doch nicht abhalten, eine Bitte zu tun, die
zu seinem eignen Besten, sowie zur Ehre des deutschen Namens unerfüllt
blieb.
 
Was hätte auch die Welt, was Schiller dabei gewonnen, wenn derjenige,
den er als seinen hohen Gönner achtete, einige hundert Gulden daran
gewagt hätte, damit der Dichter wieder in einen Arzt, das heißt
in einen solchen Mann umgewandelt würde, der alles, was er bisher
geschaffen, vergäße -- der den Boden, welcher schon so herrliche,
prachtvolle Früchte getragen, wieder versumpfen ließe, um sein
tägliches Brot sicherer als bisher erwerben zu können. Auch wären die
Anstrengungen von neuen zwei Jahren um so gewisser vergeblich gewesen,
da er sich wohl nie zu dem ängstlichen Fleiße, zu einer in das kleinste
eingehenden Teilnahme hätte herablassen mögen, ohne die ein ausübender
Arzt gar nicht gedacht werden und ohne welche er nicht die geringsten
Vorteile für sein Glück erwarten darf. Wahrscheinlicherweise hätte er
sich in das Philosophische der Medizin geworfen; vielleicht -- wozu
er nur zu viele Anlage hatte -- hätte er ein ganz neues System der Heilkunde aufgestellt.   

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