2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 26

Schillers Flucht von Stuttgart 26



Allein wie lange würde dieses gedauert haben? -- Jedes Geschlecht
sieht Ähnliches entstehen, und jedes erlebt auch dessen Untergang.
Sein Gebiet war ausschließend die Dichtkunst. Hier war er Held, hier
war er Herrscher; hier fühlte er seine unbezwinglichen Kräfte, und nur
durch diese konnte er sich ein Reich errichten, das nie zerstört und
dessen Grenze wohl schwerlich von jemand überschritten wird. Dieser
Antrag hatte jedoch die gute Folge, daß er seinem bisherigen Wanken
ein Ende machte und Schiller sich ernstlich entschloß, alles andere
vorläufig nicht mehr zu beachten, sondern seine ganze Zeit Don Carlos
zu widmen. Von diesem hatte er schon mehrere Szenen entworfen, auch
den Gang des Stückes so ausgedacht, daß er zwar der Geschichte nicht
ganz widerspräche, doch aber der Charakter Philipps etwas gemildert
erscheine. Überdenkt man den Inhalt seiner drei ersten Trauerspiele,
so wird man die längere Überlegung des Dichters sowie sein Zaudern,
sich schnell an diese Arbeit zu wagen, sehr begreiflich finden. Im Don
Carlos hatte er Charaktere zu schildern, die sich in der allerhöchsten
Sphäre bewegten, die nicht nur den größten Einfluß auf ihre Zeit
ausübten, sondern auch der Menschheit die tiefsten Wunden schlugen.
Wäre es nur darum zu tun gewesen, die handelnden Personen als Tyrannen,
als blutdürstige Henker zu zeichnen, so wäre die Schwierigkeit für
ihn sehr gering gewesen. Aber er mußte, oder wollte wenigstens, die
verabscheuungswürdigsten Menschen mit derselben Larve, die sie im
Leben und besonders an Philipps Hofe trugen, getreu darstellen, ihre
folgenden Handlungen andeuten und das Ganze dennoch auf eine solche
Art stellen, daß es ein höchst anziehendes Schauspiel, aber keinem
Zuschauer widerlich wäre. Seine Gespräche verbreiteten sich nicht
allein über den Plan selbst, sondern auch über die ganz neue Art von
Sprache, die er dabei gebrauchen müsse. Er wollte sie mit all dem Fluß
und Wohllaut ausstatten, für welche er ein so äußerst empfindliches
Gefühl hatte. Er glaubte daher auch, daß hierzu Jamben der Würde der
Handlung sowie der Personen am angemessensten sein würden. Im Anfange
machte ihm dieses einige Schwierigkeit, indem er seit zwei vollen
Jahren durchaus nichts mehr in gebundener Rede geschrieben hatte. Jetzt
mußte er seine Ausdrücke rhythmisch ordnen; er mußte, um die Jamben
fließend zu machen, versuchen, schon rhythmisch zu denken. Wie aber nur
erst eine Szene in dieses Versmaß eingekleidet war, da fand er selbst,
daß dieses nicht nur das passendste für das Drama sei, sondern, da es
auch gemeine Gedanken heraushebe, um so viel mehr das Erhabene und die
Schönheit der Ausdrücke veredeln mußte. Seine Freude, sein Vergnügen
über den guten Erfolg erhöhten seine Lust am Leben, an der Arbeit,
und er sah mit Ungeduld der Abendstunde entgegen, in welcher er S.
dasjenige, was er den Tag über fertig gebracht hatte, vorlesen konnte.
Dieser kannte schon früher keinen höhern Genuß als die prachtvolle, so
vieles in sich fassende und dennoch so glatt dahinrollende Prosa seines
Freundes. Nun aber mußte sein Gefühl sich in Entzücken verwandeln, als
er Gedanken und Ausdrücke wie folgende:
 
»Ich stand dabei, als in Toledos Mauern
Der stolze Karl die Huldigung empfing,
Als graue Fürsten zu dem Handkuß wankten,
Und jetzt in einem -- einem Niederfall
Sechs Königreiche ihm zu Füßen lagen.
Ich stand und sah das junge, stolze Blut
In seine Wangen steigen, seinen Busen
Von fürstlichen Entschlüssen wallen, sah
Sein trunknes Aug' durch die Versammlung fliegen
In Wollust brechen -- Prinz -- und dieses Aug'
Sprach laut: Ich bin gesättigt.«
 
nach den Gesetzen der Tonkunst aussprechen hörte.
 
Wie glücklich, wie erhaben waren solche Stunden, in welchen der hohe
Meister sein Werk einem reinen, warmen Sinne vorlegen und den tiefen,
unverfälschten Eindruck gewahren konnte, den es in dem Gemüte des
begeisterten Jünglings hervorbrachte. Jeder Vers wurde als trefflich,
jedes Wort, jeder Ausdruck als erschöpfend anerkannt, denn es war auch
alles groß, alles schön, jeder Gedanke voll Adel. Er konnte ja nichts
Gemeines hervorbringen. Der enthusiastische Freund beschwor Schillern,
bei ähnlichen Gegenständen sich doch gewiß nie mehr zur Prosa
herabzulassen, indem er selbst wahrnehmen müsse, wie viele Wirkung
schon die ersten Versuche erregten.
 
Nun arbeitete er sehr fleißig an diesem Trauerspiel, übte sich aber
auch zugleich, um seine Einbildungskraft zeitweise ausruhen zu lassen,
in der französischen Sprache, die ihm seit zwei Jahren fremd geworden
war, und welche er sowohl zum Lesen von Racine, Corneille, Diderot
usw. als auch zum Übersetzen sich wieder geläufig machen wollte. Zu
letzterem bewog ihn besonders, seit das Projekt einer Dramaturgie
rückgängig geworden, der Vorsatz, eine Monatschrift herauszugeben,
welche zwar vorzüglich theatralischen Arbeiten und Beurteilungen
gewidmet sein sollte, von der aber auch andere Sachen, die für die
Lesewelt anziehend sein könnten, nicht ausgeschlossen wären. Das
Sammeln der Materialien für mehrere Hefte, das Ausarbeiten derselben,
welches in Mannheim, da er noch keinen Mitarbeiter hatte, ganz auf ihm
lastete, beschäftigte ihn oft bis tief in die Nacht, erhöhte aber auch
seinen Mut, weil er daraus größere Vorteile als durch Stücke für die
Bühne zu ziehen hoffen durfte. Während dieser Anstrengungen, in denen
er sich nur wenige Ruhe gönnte und wo er alles zu ergreifen suchte, um
sein Leben nur einigermaßen von Sorgen frei zu halten, wurde er an eine
Verpflichtung gemahnt, die er noch in Stuttgart eingegangen, und an die
er nur mit Bangigkeit denken konnte.
 
Es ist aus seinem Briefe aus Frankfurt an Baron Dalberg ersichtlich,
daß er diesen auf die edelste, rührendste Art um einen Vorschuß von 200
Gulden gebeten, damit er die dringendsten Schulden, die seine schnelle
Entfernung zu bezahlen ihm unmöglich machte, damit tilgen könne. Er
sagt dabei: »Ich darf es Ihnen gestehen, daß mir das mehr Sorgen macht,
als wie ich mich selbst durch die Welt schleppen soll. Ich habe so
lange keine Ruhe, bis ich mich von der Seite gereinigt habe.«
 
Diese für einen reichen Mann so leicht zu erfüllende Bitte wurde
ihm aber nicht gewährt, sondern er wurde durch erregte Hoffnungen
veranlaßt, seine wenige Barschaft in Oggersheim vollends aufzuzehren.
Auch seine folgenden Verhältnisse gestatteten ihm nicht, die gemachten
Versprechungen zu halten und mit deren Erfüllung eine Last von sich
abzuwälzen, die für sein wohlwollendes, für die Ehre sehr empfindliches
Gemüt die drückendste seines früheren und späteren Lebens war. Beinahe
zwei Jahre schon war die Geduld der Gläubiger hingehalten worden; er
durfte also die Meinung hegen, daß dieses vielleicht noch länger der
Fall sein könnte. Allein zu seinem nicht geringen Schrecken kam es
anders. Die Person, welche sich für ihn auf obige Summe verbürgt hatte,
wurde so sehr von den Darleihern gedrängt, daß sie aus Stuttgart nach
Mannheim entfloh. Man setzte ihr nach, erreichte sie dort und hielt sie
gefangen.
 
Um sie für jetzt und für die Zukunft zu retten, blieb kein anderes
Mittel, als ihr die 200 Gulden zu erstatten, für welche sie sich
verbürgt hatte. Aber woher sollte diese für den, der keine andere
Sicherheit als die Früchte seiner Feder leisten konnte, sehr bedeutende
Summe aufgebracht werden? Von daher, wo er schon zweimal vergeblich
Hilfe suchte, durfte er keine gewärtigen. Auch wollte er sich, da die
ganze Sache ein Geheimnis bleiben sollte, nur jemand vertrauen, von
dessen Verschwiegenheit er versichert sein konnte. Glücklicherweise
war er mit einem sehr achtungswerten Manne, dem Baumeister Herrn Anton
Hölzel, bei welchem S. wohnte, nicht nur bekannt, sondern wurde von
ihm auch außerordentlich hochgeachtet, und dieser, so wenig er auf
Reichtum oder Wohlhabenheit Anspruch machen konnte, scheute kein Opfer,
um die verlangte Hilfe zu verschaffen, damit er aus einer Verlegenheit
befreit würde, die von höchst nachteiligen Folgen für ihn hätte sein
können. Es wäre vielleicht möglich gewesen, daß seine Eltern diesen
Betrag erlegt oder wenigstens Bürgschaft dafür geleistet hätten, aber
um dieses einzuleiten war die Zeit zu kurz. Um Rat zu schaffen, durfte
kein Augenblick verloren werden. Und dann war auch sein Stolz zu groß,
um seine gefährliche Lage dem Vater zu enthüllen, welcher seine Flucht
sowohl als auch seine ungewissen Verhältnisse bisher immer mißbilligt
hatte.
 
Dieser höchst unangenehme Vorfall machte auf den gepeinigten Dichter
einen um so tieferen Eindruck, als jetzt durchaus nicht mehr abzusehen
war, wie oder in welcher Zeit eine Rettung aus seinen Geldnöten möglich
sein würde. In dem für ihn so fatalen Mannheim war keine Erlösung aus
den Sorgen zu hoffen; denn bei so geringen Einkünften mußten sich seine
Umstände immer tiefer und endlich auf einen solchen Grad verschlimmern,
daß ihm zuletzt kein anderes Mittel zu Gebote gestanden hätte, als sich
heimlich zu entfernen. Aber wohin??? -- -- -- dies war eine Frage, auf
die keine Antwort sich finden ließ.
 
Wie aber oft das dichteste, schwärzeste Gewölk sich plötzlich öffnet,
um einen erquickenden Strahl der Sonne durchzulassen, oder auch der
schwere Arm des Schicksals über den harten Prüfungsschlägen selbst
ermüdet, so geschah es hier, und der erste Schritt, um Deutschland
seinen edelsten Dichter zu erhalten, wurde nicht von seiner Umgebung,
die täglicher Zeuge seines großen Charakters war, auch nicht von denen,
die von den Früchten seines Geistes Vorteile zogen, sondern von solchen
Menschen getan, deren Dasein ihm gar nicht bekannt war. Ganz unerwartet
nämlich erhielt er durch den Postwagen[8] ein Päckchen, in welchem
vier Bildnisse, mit farbigen Stiften auf Gips gezeichnet, nebst einer
gestickten Brieftasche mit Schreiben sich befanden, welch letztere von
der wärmsten, tiefsten Verehrung gegen seine großartigen Arbeiten sowie
von der richtigen Würdigung seines außerordentlichen Dichtergeistes
zeugten.
 
Wie wohltuend der Eindruck gewesen, den diese schöne Überraschung
auf Schiller machte, dies kann selbst der Augenzeuge nicht gehörig
beschreiben. Obwohl er auch hierüber sich ebenso auf die edelste,
männlichste Art wie über alles äußerte, so zeigte dennoch seine
vermehrte Heiterkeit fast in höherem Grade als seine Gespräche, wie
erfreulich es ihm sei, in weiter Ferne von gebildeten Menschen erkannt,
hochgeachtet und wegen seiner Leistungen geliebt zu werden; daß diese
aus einem Gesichtspunkt angesehen würden, welcher ihn hoch über seine
Zeit stellte -- daß, wenn auch die meisten, welche ihn umgaben, stumm
blieben und nur Kälte zeigten, es noch an manchen Orten Herzen geben
könne, die für ähnliche Gefühle wie das seinige schlügen -- daß er,
seiner bittern, düstern Verhältnisse ungeachtet, sich durch eine solche
Anerkennung weit höher als durch Reichtümer belohnt finde.
 
Hätten doch Herr Körner, seine Braut, deren Schwester und Professor
Huber, von denen dies die Abbildungen waren, sehen können, wie
glücklich diese Aufmerksamkeit Schillern machte, welche Ruhe,
welche Zufriedenheit dadurch in sein ganzes Wesen kam, wie es ihm

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