2015년 10월 19일 월요일

Schillers Flucht von Stuttgart 27

Schillers Flucht von Stuttgart 27


Ehre demjenigen, der einem aus drückenden Lebensverhältnissen befreiten
Talente seine Achtung und Aufmerksamkeit beweist! Aber die größte
Ehre sei dem, welcher einem hohen Geiste die Hindernisse wegräumt,
die seinem freien Wirken sich entgegenstellen, und der nicht seinen
Überfluß, sondern sein Notwendiges mit ihm teilt. Der Eifer und
die Tätigkeit Schillers schienen durch den Briefwechsel mit den
neuen Freunden einen lebhaften Schwung erhalten zu haben, denn er
arbeitete nun ohne Rast an Don Carlos und an dem ersten Hefte seiner
Monatsschrift. Eine angenehme Zerstreuung verschaffte ihm der Besuch
seiner ältesten Schwester, welche, von Herrn Reinwald begleitet, auf
kurze Zeit nach Mannheim kam. Die blühende, kräftige Jungfrau schien
entschlossen, ihr künftiges Schicksal mit einem Manne zu teilen, dessen
geringe Einkünfte und wankende Gesundheit wenig Freude zu versprechen
schienen. Jedoch waren ihre Gründe dazu so edler Art, daß sie auch
in der Folge es nie bereute, das Herz ihrem Verstande und einem
vortrefflichen Gatten geopfert zu haben. Nicht lange nach der Schwester
Abreise wählte Herr von Kalb, damals Offizier in französischen
Diensten, wo er die Feldzüge des nordamerikanischen Befreiungskrieges
mitgemacht und sich dabei sehr ausgezeichnet hatte, mit seiner Gemahlin
und Schwägerin seinen Aufenthalt zu Mannheim. Schiller lernte sogleich
diese in jedem Betracht edle Familie kennen, in welcher Frau von
Kalb durch ihren richtigen Verstand und feine Geistesbildung sich
besonders auszeichnete. Für den Dichter war der Umgang mit diesen
seltenen Menschen ebenso wichtig als erheiternd, indem kein Gegenstand
der Literatur sich fand, mit welchem diese Dame nicht vertraut gewesen
wäre, oder irgend eine Weltbegebenheit, bei deren Beurteilung man das
Umfassende, Scharfsinnige und die klaren Ansichten ihres Gemahls nicht
hätte bewundern müssen.
 
Die Musik verschaffte S. das noch stets in Andenken erhaltene Glück,
Frau von Kalb mehrmals in der Woche zu sehen und, da sie eben in der
Dichtung eines Romans begriffen war, auch über andere Gegenstände
mit ihr zu sprechen. Es war nichts natürlicher, als daß sehr oft von
Schiller und seinen Arbeiten die Rede war, von denen aber S. den
Don Carlos, den der Dichter jetzt unter der Feder habe, weit über
alles früher Geleistete setzte. Die Neugierde der Frau v. K. wurde
durch die begeisterten Lobeserhebungen auf das höchste gespannt. Sie
ersuchte Schillern einigemal, ihr doch etwas davon lesen zu lassen.
Allein dieser wollte erst noch einige Szenen fertig machen, dann ins
Reine schreiben und, um jede Schönheit gehörig herauszuheben, selbst
vorlesen. Frau v. K. fügte sich um so eher in diesen Aufschub, weil sie
hoffte, daß einige weitere Szenen ihr Vergnügen erhöhen müßten und sie
auch davon den schönsten Genuß sich versprach, die ihr mit so vielem
Enthusiasmus angerühmte prachtvolle Sprache aus des Dichters eignem
Munde zu vernehmen. Dieser brachte endlich eines Nachmittags seinen Don
Carlos zu der in der größten Erwartung harrenden Frau und las ihr den
fertigen Teil des ersten Aktes vor. Lauschend heftete die Zuhörerin
ihre Blicke auf den mit Pathos und Begeisterung deklamierenden
Verfasser, ohne durch das leichteste Zeichen ihre Empfindung erraten zu
lassen. Als dieser geendigt hatte, fragte er mit der unbefangensten,
freundlichsten Miene: »Nun, gnädige Frau! wie gefällt es Ihnen?« Diese
suchte auf die schonendste Art einer bestimmten Antwort auszuweichen.
Als aber wiederholt um die aufrichtige Meinung über den Wert dieser
Arbeit gebeten wurde, brach Frau v. K. in lautes Lachen aus und sagte:
»Lieber Schiller! das ist das Allerschlechteste, was Sie noch gemacht
haben.« -- »Nein! das ist zu arg!« erwiderte dieser, warf seine
Schrift voll Ärger auf den Tisch, nahm Hut und Stock und entfernte
sich augenblicklich. Kaum war er aus der Tür, als Frau v. K. nach dem
Papiere griff und zu lesen anfing. Sie hatte die erste Seite noch
nicht geendigt, als sie sogleich dem Bedienten schellte. »Geschwind,
geschwind lauf' Er zu Herrn Schiller: ich lasse ihn um Verzeihung
bitten, ich hätte mich geirrt, es sei das Allerschönste, was er noch
geschrieben habe, er solle doch ja sogleich wieder zu mir kommen.« Der
Auftrag wurde ebenso schnell als genau ausgerichtet. Allein Schiller
gab der Bitte kein Gehör, sondern kam erst den folgenden Tag zu der
feinsinnigen Frau, die zwar ihr erstes Urteil sehr willig zurücknahm,
ihm aber auch erklärte, daß seine Dichtungen durch die heftige,
stürmische Art, mit welcher er sie vorlese, unausbleiblich verlieren
müßten.
 
Als Kabale und Liebe wieder aufgeführt wurde, hatte Schiller die
Aufmerksamkeit, den Namen des Hofmarschalls umschaffen zu wollen.
Allein Herr und Frau von Kalb dachten viel zu groß, um sich durch
einen erdichteten Namen irren zu lassen, und widersetzten sich einer
Abänderung aus dem sehr richtigen Grunde, daß ein anderer Name als der
frühere die Vermutung herbeiführen müsse, als sei der vorherige auf
jemand aus ihrer Familie abgesehen gewesen.
 
Der Umgang mit diesen wahrhaft edlen, vortrefflichen Menschen nebst
dem Briefwechsel mit den Freunden in Leipzig verschafften dem
Dichter zwar viele erheiternde Stunden, konnten aber dennoch seine
häuslichen Verhältnisse und seine schwankende, unbestimmte Stellung
nicht verbessern, sondern er mußte in so beunruhigenden Umständen
auch den Herbst nebst dem Anfange des Winters noch ebenso wie bisher
zubringen, obwohl er sich mit Sachen beschäftigte, welche nur der ganz
sorgenfreien Laune an den Tag zu fördern möglich sind.
 
Endlich zu Anfang des Jahres 1785[9] verbreitete sich in Mannheim das
Gerücht, der regierende Herzog von Weimar werde auf einen Besuch zu
der landgräflichen Familie nach Darmstadt kommen. Schiller, von seinem
eignen Verlangen ebensosehr als von Herrn und Frau Kalb angeeifert,
wünschte nichts so sehnlich, als bei dieser aus den feinsten Kennern
des wahrhaft Schönen bestehenden Zusammenkunft sich als denjenigen
zeigen zu dürfen, der wohl würdig wäre, dem schönen Bunde in Weimar
beigesellt zu werden, welcher den Namen seines hohen Beschützers auf
die späteste Nachwelt übertragen würde. Die Güte, die Herablassung
nebst aufrichtiger Anerkennung großer Eigenschaften waren von dem
Herzoge von Weimar ebenso zu erwarten, als das zuvorkommende Benehmen
der Frau Landgräfin gegen jeden ausgezeichneten Künstler oder Dichter
sich schon so oft gezeigt hatte. Der Ruf von dem hohen Werte der
theatralischen Arbeiten Schillers war keinem Deutschen unbekannt,
daher die Empfehlungsbriefe von Herrn und Frau von Kalb nebst denen
von Baron Dalberg an die nächste Umgebung der fürstlichen Personen mit
freundlichster Berücksichtigung aufgenommen wurden.
 
Schillers wichtigste Angelegenheit war, seinen Don Carlos in demjenigen
Kreise bekannt zu machen, für den er eigentlich gedichtet schien.
Hatte er darin die richtigste Ansicht getroffen, die würdigste
Sprache gewählt, so durfte er nicht allein den ungeteilten Beifall
der hohen Gesellschaft, sondern auch die wichtigste Entscheidung für
seine Zukunft erwarten. Sein Wunsch, Don Carlos selbst vorzulesen,
wurde mit fürstlichem Wohlwollen gewährt und diese majestätische
Dichtung mit so entschiedenem Anteil aufgenommen, daß es bei einer
folgenden Unterredung mit dem Herzoge von Schiller nur einer leisen
Bitte bedurfte, um von demselben eine öffentliche Anerkennung seines
außerordentlichen Geistes zu erhalten.
 
Schiller kehrte als Rat des Herzogs von Weimar nach Mannheim zurück.
 
Konnte dieses einsilbige Wörtchen den Verdiensten des schon damals
alles überragenden Dichters auch keinen neuen Glanz verleihen, so hatte
es wenigstens für die Gegenwart dennoch die Wirkung eines Talismans;
denn seine Verhältnisse, von denen sich nur die traurigste Wendung
erwarten ließ, gestalteten sich von nun an um vieles beruhigender, ja
sie erhielten dadurch einen Anhaltspunkt, der bis jetzt nur ersehnt,
aber nicht erreicht werden konnte. Das Verlangen der Eltern, er möchte
durch eine dauernde Versorgung einem Fürsten angehören, schien erfüllt,
seinen in Stuttgart zurückgelassenen Tadlern wurde bewiesen, daß seine
Talente im Auslande weit größere Würdigung als in Württemberg gefunden
und auch solche, die gegen seine Arbeiten gleichgültig geworden waren,
mußten für ihn höhere Achtung gewinnen, da er von einem so vollgültigen
Richter würdig befunden wurde, dem schönsten Geisterverein, welchen
Deutschland jemalen aufzuweisen hatte, für immer anzugehören.
 
Ohne daß Schiller es ahnte oder zu wissen schien, hatte dieser kleine
Beisatz zu seinem Namen dennoch einen sehr großen Einfluß auf ihn.
Sein Betragen wurde freier, bestimmter. Dieser Titel hatte in ihm
die Gewißheit erweckt, sich ein neues besseres Vaterland erwerben
zu können. Die Beurteilungen des Theaters wurden kälter, schärfer
ausgesprochen, als früher geschah. Seine Tätigkeit war wie neu belebt;
auch arbeitete er jetzt mit um so mehr Freude, je näher eine günstige
Veränderung seines ihm bisher nur Unheil bringenden Aufenthaltes zu
hoffen war.
 
Aber auch der Theaterdichter wurde von dem Herrn Rat nun mit ganz
andern Augen angesehen, weil jener nie aus der begonnenen Bahn treten,
weil er immer dieselbe Last tragen muß, wohingegen dieser, von Stufe
zu Stufe immer höher steigend, seinen Ehrenkreis erweitern kann.
Vorzüglich aus letzterer Ursache schloß er, daß sein Verbleiben in
Mannheim ihm nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich sein müsse,
weil es ihm nicht die geringste Verbesserung darbieten könne. Er
leitete deshalb nicht nur mit seinen Leipziger Freunden, sondern auch
mit Herrn Schwan das Nötige ein, um seinen bisherigen Aufenthalt im
Anfange des Frühjahres zu verlassen. Gegen das Theater selbst war er
um so gleichgültiger geworden, weil es keine seiner Erwartungen ganz
erfüllt hatte; zum Teil aber auch, weil der größte Teil der Mitglieder
ihn jetzt schmähte und erbost auf ihn war. Dieser fast allgemeine
Haß war durch die Beurteilungen (in dem ersten Hefte der Rheinischen
Thalia) der Darstellung einiger Stücke veranlaßt, in welchen mehrere
Mitglieder, die früher an vieles Lob von ihm gewöhnt waren, sehr
hart mitgenommen wurden. Diese Kritiken mußten um so mehr auffallen,
als damals eine Zeitung oder ein Journal sehr selten über einzelne
Schauspieler etwas erwähnte und diese ohnehin es mit den meisten
Künstlern gemein haben, sich für vollkommen oder unfehlbar zu achten.
Zu Anfang des März 1785 wurde alles von ihm veranstaltet, um Mannheim
bald verlassen zu können, welches, durch erhaltene Wechsel aus Leipzig
erleichtert, zu Ende des Monats auch wirklich ausgeführt wurde. Den
Abend vor seiner Abreise, welche bei Anbruch des kommenden Tages vor
sich gehen sollte, brachte S. bis gegen Mitternacht bei ihm zu. Die
vergangenen zwei Jahre, welche auf eine sehr unangenehme Weise von ihm
verlebt waren, berührte er nur insofern, als sie in ihm die traurige
Überzeugung hervorgebracht, daß in Deutschland, wo (1785) das Eigentum
des Schriftsteller wie des Verlegers jedem preisgegeben, ja als
vogelfrei erklärt sei, und bei der geringen Teilnahme höherer Stände
an den Erzeugnissen der deutschen Literatur ein Dichter, würde er auch
alle andern der verflossenen oder gegenwärtigen Zeit übertreffen, ohne
einen besoldeten Nebenverdienst, ohne bedeutende Unterstützung, bloß
durch die Früchte seines Talents unmöglich ein solches Einkommen sich
verschaffen könne, als einem fleißigen Handwerksmanne mit mäßigen
Fähigkeiten dieses gelingen müsse. Er war sich bewußt, alles getan zu
haben, was seine Kräfte vermochten, ohne daß es ihm gelungen wäre, das
wenige zu erwerben, was zur größten Notwendigkeit des Lebens gezählt
wird, noch wenig                         

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