2015년 10월 18일 일요일

Schillers Flucht von Stuttgart 4

Schillers Flucht von Stuttgart 4


Obwohl ihn der Vater sehr liebte, so war er doch wegen eines Fehlers,
durch den die sparsamen Eltern oft nicht wenig in Verlegenheit gesetzt
wurden, hart und strenge gegen ihn. Der Sohn hatte nämlich denselben
unwiderstehlichen Hang, hilfreich zu sein, welchen er später in Wilhelm
Tell mit den wenigen Worten: »Ich hab' getan, was ich nicht lassen
konnte,« so treffend schildert.
 
Nicht nur verschenkte er an seine Kameraden dasjenige, über was
er frei verfügen konnte, sondern er gab auch den ärmeren Bücher,
Kleidungsstücke, ja sogar von seinem Bette.
 
Hierin war die älteste Schwester, die gleichen Hang hatte, seine
Vertraute, und über diese, da sie, um den jüngern Bruder zu schützen,
sich als Mitschuldige bekannte, ergingen nun gleichfalls Strafworte und
sehr fühlbare Züchtigungen.
 
Da die Mutter sehr sanft war, so ersannen die beiden Geschwister ein
Mittel, der Strenge des Vaters zu entgehen. Hatten sie so gefehlt, daß
sie Schläge befürchten mußten, so gingen sie zur Mutter, bekannten ihr
Vergehen und baten, daß sie die Strafe an ihnen vollziehe, damit der
Vater im Zorne nicht zu hart mit ihnen verfahren möchte.
 
So scharf aber auch öfters die zu große Freigebigkeit des Sohnes von
dem Vater geahndet wurde, so wenig verkannte dieser dennoch die übrigen
seltenen Eigenschaften des Knaben. Er liebte ihn nicht nur wegen seiner
Begierde, etwas zu lernen, und wegen der Fähigkeit, das Erlernte zu
behalten, sondern besonders auch wegen seines biegsamen, zartfühlenden
Gemütes.
 
Da sich bei dem Sohne die Neigung zum geistlichen Stande so auffallend
und anhaltend aussprach, so war ihm der Vater um so weniger hierin
entgegen, da dieser Stand in Württemberg sehr hoch geschätzt wurde,
auch viele seiner Stellen ebenso ehrenvoll als einträglich waren.
 
Als die Familie 1766 nach Ludwigsburg ziehen mußte, wurde der junge
Schiller sogleich in die Vorbereitungsschulen geschickt, wo er neben
dem Lateinischen und Griechischen auch Hebräisch -- als zu dem
gewählten Beruf unerläßlich -- erlernen mußte.
 
In den Jahren 1769--72 war er viermal in Stuttgart, um sich in den
vorläufigen Kenntnissen zur Theologie prüfen zu lassen, und bestand
jederzeit sehr gut. Sein Fleiß konnte nur wenige Zeit durch körperliche
Schwäche, welche durch das schnelle Wachsen veranlaßt wurde,
unterbrochen werden; denn wie seine Gesundheit kräftiger wurde, brachte
er das Versäumte mit solchem Eifer ein und lag so anhaltend über seinen
Büchern, daß ihm der Lehrer befehlen mußte, hierin Maß zu halten,
indem er sonst an Geist und Körper Schaden leiden würde. Teilnehmend,
wohlwollend und gefällig für die Wünsche seiner Mitschüler, konnte
er sich den jugendlichen Spielen leicht hingeben und in Gesellschaft
das mitmachen, was er allein wohl unterlassen hätte. Bei einer
solchen Gelegenheit, kurz vor dem Zeitpunkt, wo er in der Kirche sein
Glaubensbekenntnis öffentlich ablegen sollte, sah ihn einst die fromme
Mutter, und ihre Vorwürfe über seinen Mutwillen machten so vielen
Eindruck auf ihn, daß er noch vor der Konfirmation seine Empfindungen
zum erstenmal in Gedichten aussprach, die religiösen Inhalts waren.
 
Je näher die Zeit heranrückte, in welcher er in eines der
Vorbereitungsinstitute aufgenommen werden sollte, welche Jünglingen,
noch ehe sie die Universität beziehen konnten, gewidmet waren, mit um
so größerm Eifer ergab er sich nun seinen Studien.
 
Ohne Zweifel würde die Welt an Schillern einen Theologen erhalten
haben, der durch bilderreiche Beredsamkeit, eingreifende Sprache, Tiefe
der Philosophie und deren richtige Anwendung auf die Religion Epoche
gemacht und alles Bisherige übertroffen haben würde, wenn nicht seine
Laufbahn gewaltsam unterbrochen und er zum Erlernen von Wissenschaften
genötigt worden wäre, für die er entweder gar keinen Sinn hatte oder
denen er nur durch die höchste Selbstüberwindung einigen Geschmack
abgewinnen konnte.
 
Der Herzog von Württemberg hatte nämlich schon im Jahr 1770 auf seinem
Lustschlosse Solitüde eine militärische Pflanzschule errichtet, die
so guten Fortgang hatte, daß die Lehrgegenstände, welche anfänglich
nur auf die schönen Künste beschränkt waren, bei anwachsender Zahl der
Zöglinge auch auf die Wissenschaften ausgedehnt wurden.
 
Um die fähigsten jungen Leute kennen zu lernen, wurde von Zeit zu Zeit
bei den Lehrern Nachfrage gehalten, und diese empfahlen 1772 unter
andern guten Schülern auch den Sohn des Hauptmanns Schiller als den
vorzüglichsten von allen. Sogleich machte der Herzog dem Vater den
Antrag, seinen Sohn in die Pflanzschule aufzunehmen, auf fürstliche
Kosten unterrichten und in allem freihalten lassen zu wollen.
 
Dieses großmütige Anerbieten, das manchem so willkommen war,
verursachte aber in der ganzen Schillerschen Familie die größte
Bestürzung, indem es nicht nur den so oft besprochenen Plan aller
vereitelte, sondern auch dem Sohn jede Hoffnung raubte, sich als
Redner, als Schriftsteller und geistlicher Dichter einst auszeichnen zu
können.
 
Weil jedoch damals für die Theologie in dieser Anstalt noch kein
Lehrstuhl war, auch der junge Schiller schon alle Vorbereitungsstudien
für diesen Stand gemacht hatte, so versuchte der Vater diese Gnade
durch eine freimütige Vorstellung abzuwenden, die auch so guten Erfolg
hatte, daß der Herzog selbst erklärte, auf diese Art könne er in der
Akademie ihn nicht versorgen. Einige Zeitlang schien der Fürst den
jungen Schiller vergessen zu haben. Aber ganz unvermutet stellte er
noch zweimal an den Vater das Begehren, seinen Sohn in die Akademie zu
geben, wo ihm die Wahl des Studiums freigelassen würde und er ihn bei
seinem Austritt besser versorgen wolle, als es im geistlichen Stande
möglich wäre.
 
Die Freunde der Familie sowie diese selbst sahen nur zu gut, was zu
befürchten wäre, wenn dem dreimaligen Verlangen des Herzogs, das man
nun als einen Befehl annehmen mußte, nicht Folge geleistet würde,
und mit zerrissenem Gemüt fügte sich endlich auch der Sohn, um seine
Eltern, die kein anderes Einkommen hatten, als was die Stelle des
Vaters abwarf, keiner Gefahr auszusetzen.
 
Man mußte also den Ausspruch des Gebieters erfüllen und konnte sich
für das Aufgeben so lange genährter Wünsche nur dadurch einigermaßen
für entschädigt halten, daß die weitere Erziehung des Jünglings keine
großen Unkosten verursachen und eine besonders gute Anstellung in
herzoglichen Diensten ihm einst gewiß sein würde.
 
Was noch weiter zur Beruhigung der Mutter und Schwestern beitrug, war
die Nähe des Institutes; die Gewißheit, den Sohn und Bruder jeden
Sonntag sprechen zu können; dann die große Sorgfalt, welche man für
die Gesundheit der Zöglinge anwendete, und die vertrauliche, sehr oft
väterliche Herablassung des Herzogs gegen dieselben, durch welche die
strenge Disziplin um vieles gemildert wurde.
 
Mißmutigen Herzens verließ der vierzehnjährige Schiller 1773 das
väterliche Haus, um in die Pflanzschule aufgenommen zu werden, und
wählte zu seinem Hauptstudium die Rechtswissenschaft, weil von dieser
allein eine den Wünschen seiner Eltern entsprechende Versorgung einst
zu hoffen war. Aber sein feuriger, schwärmerischer Geist fand in diesem
Fache so wenig Befriedigung, daß er es sich nicht verwehren konnte, dem
Bekenntnis, welches jeder Zögling über seinen Charakter, seine Tugenden
und Fehler jährlich aufsetzen mußte, schon das erste Mal die Erklärung
beizufügen: »Er würde sich weit glücklicher schätzen, wenn er seinem
Vaterland als Gottesgelehrter dienen könnte.«
 
Auf diesen ebenso schön als bescheiden ausgesprochenen Wunsch wurde
jedoch keine Rücksicht genommen. Das Studium der Rechtswissenschaft
mußte fortgesetzt werden und wurde auch mit allem Fleiß und Eifer von
ihm betrieben. Aber nach Verlauf eines Jahres beschied der Herzog den
Vater Schillers wieder zu sich, um ihm zu sagen: »daß, weil gar zu
viele junge Leute in der Akademie Jura studierten, seinem Sohne eine so
gute Anstellung bei seinem Austritt nicht werden könne, wie er selbst
gewünscht hätte. Der junge Mensch müsse Medizin studieren, wo er ihn
dann mit der Zeit sehr vorteilhaft versorgen wolle.«
 
Ein neuer Kampf für den Jüngling! Neue Unruhe für seine Eltern und
Geschwister! Schon einmal hatte der zartfühlende Sohn aus Rücksicht
für seine Angehörigen die Neigung zu einem Stande aufgeopfert, den ihm
die Vorsehung ganz eigentlich bestimmt zu haben schien. Jetzt sollte er
ein zweites Opfer bringen. Er sollte, nachdem er ein volles Jahr der
Rechtswissenschaft gewidmet, ein anderes Fach ergreifen, gegen das er
die gleiche Abneigung wie gegen das zuerst erwählte an den Tag legte.
Jedoch der beugsame, kindliche Sinn, der ihn auch später in allen
Vorfällen seines Lebens nie verließ, machte ihm diesen schweren Schritt
möglich, und er unterwarf sich dem, was man über ihn bestimmt hatte.
 
Für den Vater war es zugleich nicht wenig lästig, daß er die
zahlreichen, zum Rechtsstudium erforderlichen Werke ganz unnützerweise
angeschafft hatte und nun für das neue Fach noch viel größere Ausgaben
machen mußte, indem nur den gänzlich Unvermögenden die nötigen Bücher
von der Akademie verabfolgt wurden.
 
Als der junge Schiller in die Klasse der Mediziner übertreten mußte,
war er in seinem sechzehnten Jahre, und so ungern er auch die neue
Wissenschaft ergriff, indem er nicht hoffen konnte, sich jemals
recht innig mit ihr zu befreunden, so fand er sie doch nach kurzer
Zeit um vieles anziehender, als er sich vorgestellt hatte; denn die
verschiedenen Teile derselben, so trocken auch ihre Einleitung sein
mochte, behandelten doch alle ohne Ausnahme die lebendige Natur
und versprachen ihm einst bei dem Menschen neue Aufschlüsse über
die Wechselwirkung des Körperlichen und des Geistigen aufeinander.
Sein schon von Jugend auf sehr starker Hang zum Forschen, zum
tiefen Nachdenken, wurde durch die Hoffnung angefeuert, hier einst
Entdeckungen machen zu können, die seinen Vorgängern entschlüpft
wären, oder daß es ihm vielleicht gelingen würde, die in so großer
Menge zerstreuten Einzelheiten auf wenige allgemeine Resultate
zurückzuführen. Aber bei allen diesen reizenden Vorahnungen und
ungeachtet der vorgeschriebenen Ordnung, die auch sehr streng gehalten
werden mußte, benutzte er doch jede freie Minute, um sich mit der
Geschichte, der Dichtkunst oder den Schriften zu beschäftigen, welche
den Geist, das Gemüt oder den Witz anregen, und vermied solche,
bei denen der kalte, überlegende Verstand ganz allein in Anspruch
genommen wird. Unter den Dichtern war es Klopstock, der sein Gefühl,
das noch immer am liebsten bei den ernsten, erhabenen Gegenständen
der Religion verweilte, am meisten befriedigte. Seinen eignen Genuß
an diesen Werken suchte er auch seiner ältesten Schwester wenigstens
in dem Maße zu verschaffen, als es durch briefliche Mitteilung in
Erklärung der schönsten und schwersten Stellen möglich war. In seiner
jugendlichen Unschuld, den hohen Stand noch gar nicht ahnend, zu
dem ihn die Vorsehung erwählt und mit allen ihren göttlichen Gaben

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