2015년 10월 18일 일요일

Schillers Flucht von Stuttgart 8

Schillers Flucht von Stuttgart 8


War der strenge Verweis und das Mißfallen seines Fürsten, das er auf
eine so zufällige und ganz unschuldige Art sich zugezogen, schon im
höchsten Grad unangenehm für Schiller, so mußte der harte Befehl --
sich bloß auf seinen Beruf als Arzt und auf die Stadt, worin er lebte,
einschränken zu sollen -- noch schmerzlicher für ihn sein, indem es
ihm unmöglich fiel, den Hang, welchen er für die Dichtung hatte, zu
unterdrücken und sich in einer Wissenschaft auszuzeichnen, die er nur
aus Furcht vor der Ungnade des Herzogs ergriffen und der er seine
Lieblingsneigung, den ersten Vorsatz seiner Kinderjahre aufgeopfert
hatte. Durch das Verbot, sich in irgend eine Verbindung mit dem Ausland
einzulassen, war ihm jede Möglichkeit zur Verbesserung seiner Umstände
abgeschnitten, und selbst die kleinlichsten Sorgen, die härtesten
Entsagungen hätten es nicht bewirken können, mit einer so geringen
Besoldung auszureichen. Das Versprechen, welches der Herzog bei der
Aufnahme Schillers in die Akademie seinen Eltern gegeben hatte, war so
wenig erfüllt worden, daß sein Gehalt als Regimentsarzt kaum demjenigen
eines Pfarrvikars gleich kam und durch den Aufwand für Equipierung, für
standesmäßiges Erscheinen beinahe auf nichts herab gebracht wurde.
 
Was aber gewöhnliche Menschen niederbeugt, was ihnen Geist und Glieder
erschlafft, hebt den Mut der Starken, der Kraftvollen nur um so höher.
Noch in den Jünglingsjahren bewährte sich jetzt Schiller als einen
Mann, der sich durch keine Widerwärtigkeiten aus seiner Bahn bringen
läßt, sondern rastlos das vorgesteckte Ziel verfolgt. Anstatt sich
in nutzlosen Klagen auszulassen, arbeitete er nur um desto eifriger
an seinem Fiesco, den er als einen neuen Hebel zur Sprengung seines
Gefängnisses betrachtete und in dessen Ausarbeitung er all das Wilde,
Rohe, was ihm bei den Räubern zum Vorwurf gemacht wurde, zu vermeiden
suchte.
 
Eine widerliche Unterbrechung seiner dramatischen Arbeiten wurde durch
die Dissertation veranlaßt, welche er in diesem Frühjahr einreichen
mußte, um auf der hohen Karlsschule (welchen Titel nun die ehemalige
Militärakademie erhalten hatte) den Grad eines Doktors der Medizin
zu erhalten. Dieser Förmlichkeit konnte er sich schon darum nicht
entziehen, weil der Herzog seine neue Universität mit eifersüchtiger
Liebe pflegte und darauf besonders sah, daß diejenigen, welche er
erziehen lassen, vor den Augen der Welt sich als der Anstalt vollkommen
würdig zeigen sollten. Auch war Schiller, was seine Studien betraf,
einer der hervorstechendsten Zöglinge in der Akademie, weswegen er
nicht nur von seinem Fürsten, sondern auch von seinen Lehrern, wie
schon oben erwähnt, vorzüglich gelobt und geachtet wurde.
 
Überdies würde es dem Herzog weit mehr als seinem Zögling unangenehm
gewesen sein, wenn der junge Arzt bloß darum, weil er den Doktorhut
nicht genommen, von den Kollegen seiner Kunst Schwierigkeiten oder
weniger Achtung erfahren hätte.
 
Daß Schiller selbst gegen diese Ehre im höchsten Grad gleichgültig
war, äußerte er oft und stark genug gegen seine Freunde, und wer daran
noch zweifeln könnte, findet seine unverhohlene Äußerung hierüber
in dem Brief an Baron Dalberg vom 1. April 1782, wo er sagt: »Meine
gegenwärtige Lage nötigt mich den Gradum eines Doktors der Medizin
in der hiesigen Karlsschule anzunehmen, und zu diesem Ende muß ich
eine medizinische Dissertation schreiben, und in das Gebiet meiner
Handwerkswissenschaft noch einmal zurückstreifen. Freilich werde ich
von dem milden Himmelsstrich des Pindus einen verdrießlichen Sprung
in den Norden einer trockenen, terminologischen Kunst machen müssen;
allein, was sein muß zieht nicht erst die Laune und Lieblingsneigung zu
Rat. Vielleicht umarme ich dann meine Muse um so feuriger, je länger
ich von ihr geschieden war; vielleicht finde ich dann im Schoß der
schönen Kunst eine süße Indemnität für den fakultistischen Schweiß.«
 
(Sollte ein Arzt diese Äußerungen verdammen wollen, so möge er sich
erinnern, daß es in Schillers Gedicht »Die Teilung der Erde« nur der
Dichter ausschließend ist, zu welchem Jupiter sagt:
 
Willst du in meinem Himmel mit mir leben,
So oft du kommst, er soll dir offen sein.)
 
Mittlerweile wurden in Mannheim die Räuber sehr oft mit demselben
Zulauf, mit dem gleichen Beifall wie das erste Mal gegeben, und es war
nichts natürlicher, als daß der Ruf von der ungeheuren Wirkung dieses
Stücks sowie von der meisterhaften Darstellung desselben auch nach
Stuttgart gelangte und dort in den meisten Gesellschaften, besonders
aber in den Umgebungen des Dichters vielen Stoff zum Sprechen gab. Man
darf sich daher auch nicht wundern, daß Schiller den öftern Wünschen
und dringenden Bitten einiger Freundinnen und Freunde nachgab, eine
kurze Reise des Herzogs zu benützen und während dessen Abwesenheit,
ohne Urlaub zu nehmen, mit ihnen nach Mannheim zu gehen und daselbst
im Wiedersehen seines Schauspiels seinen eignen Genuß durch das
Mitgefühl seiner Reisegefährten zu erhöhen. Schiller willigte nur zu
gern ein und schrieb nach Mannheim, um die Aufführung der Räuber auf
einen bestimmten Tag zu erbitten, was ihm auch von der Intendanz sehr
leicht gewährt wurde. Aber bei der Anschauung dessen, was er mit seinen
ersten, jugendlichen Kräften schon geleistet, war auch der Gedanke
unabweislich, wie vieles, wie großes er noch würde leisten können, wenn
diese Kräfte nicht eingeengt oder gefesselt wären, sondern freien,
ungemessenen Spielraum erhalten könnten. Eine Idee, die durch seine
enthusiastischen Begleiter um so mehr angefeuert und unterhalten wurde,
je tiefer die Eindrücke waren, welche die erschütternden Szenen bei
ihnen zurückgelassen hatten.
 
Bei seiner ersten heimlichen Reise hatte er nur die einzige Sorge,
daß sie verschwiegen bleiben möchte. Auf die zweite nahm er schon
außer dieser Sorge das beschränkende Verbot mit, seine dichterischen
Arbeiten bekannt zu machen, nebst dem strengen Befehl, sich das Ausland
als für ihn gar nicht vorhanden denken zu müssen. Er kam daher auch
äußerst mißmutig und niedergeschlagen wieder nach Stuttgart zurück,
ebenso verstimmt durch die Betrachtungen über sein Verhältnis als
leidend durch die Krankheit, welche er mitbrachte. (Diese Krankheit,
welche durch ganz Europa wanderte, bestand in einem außerordentlich
heftigen Schnupfen und Katarrh, den man russische Grippe oder Influenza
nannte und der so schnell ansteckend war, daß der Verfasser dieses,
als er Schillern einige Stunden nach dessen Ankunft umarmt hatte, nach
wenigen Minuten schon von Fieberschauern befallen wurde, die so stark
waren, daß er sogleich nach Hause eilen mußte.)
 
Schiller äußerte sich gegen einen seiner jüngern Freunde, dem er völlig
vertrauen durfte, ganz unverhohlen, mit welchem Widerwillen er sich
Stuttgart genähert habe -- wie ihm hier nun alles doppelt lästig und
peinlich sein müsse, indem er in Mannheim eine so glänzende Aufnahme
erfahren, wo hingegen er hier kaum beachtet werde und nur unter Druck
und Verboten leben könne -- daß ihm nicht nur von seinen Bewunderern,
sondern von Baron Dalberg selbst die Hoffnung gemacht worden, ihn ganz
nach Mannheim ziehen zu wollen, und er nicht zweifle, es werde alles
mögliche angewendet werden, um ihn von seinen Fesseln zu befreien.
Sollte dieses nicht gelingen, so werde er notgedrungen, wolle er anders
hier nicht zugrunde gehen, einen verzweifelten Schritt tun müssen. Er
nahm sich vor, sowie er nur den Kopf wieder beisammen habe, sogleich
nach Mannheim zu schreiben, damit unverweilt alles geschehe, was seine
Erlösung bewirken könne. Es ist ein Glück für den Verfasser, daß Baron
Dalberg alle Briefe von Schiller an ihn so sorgfältig aufgehoben, und
daß sie durch den Druck bekannt geworden sind, indem sonst manches, was
jetzt und in der Folge vorkommt, als Anschuldigung oder bloße Meinung
erklärt, und unser Dichter weit weniger gerechtfertigt werden könne,
als es nun durch diese Beweise möglich ist. Der folgende Brief ist der
erste Beleg hierzu.
 
Stuttgart, den 4. Junius 1782.
 
»Ich habe das Vergnügen, das ich zu Mannheim in vollen Zügen genoß,
seit meiner Hieherkunft durch die epidemische Krankheit gebüßt,
welche mich zu meinem unaussprechlichen Verdruß bis heute gänzlich
unfähig gemacht hat, E. E. für so viele Achtung und Höflichkeit
meine wärmste Danksagung zu bezeigen. Und noch bereue ich beinahe
die glücklichste Reise meines Lebens, die mich durch einen höchst
widrigen Kontrast meines Vaterlandes mit Mannheim schon so weit
verleidet hat, daß mir Stuttgart und alle schwäbischen Szenen
unerträglich und ekelhaft werden. Unglücklicher kann bald niemand
sein als ich. Ich habe Gefühl genug für meine traurige Situation,
vielleicht auch Selbstgefühl genug für das Verdienst eines bessern
Schicksals, und für beides nur -- eine Aussicht.
 
Darf ich mich Ihnen in die Arme werfen, vortrefflicher Mann? Ich
weiß wie schnell sich Ihr edelmütiges Herz entzündet, wenn Mitleid
und Menschenliebe es auffordern; ich weiß wie stark Ihr Mut ist,
eine schöne Tat zu unternehmen, und wie warm Ihr Eifer, sie zu
vollenden. Meine neuen Freunde in Mannheim, von denen Sie angebetet
werden, haben es mir mit Enthusiasmus vorhergesagt; aber es war
diese Versicherung nicht nötig; ich habe selbst, da ich das Glück
hatte, eine Ihrer Stunden für mich zu nutzen, in Ihrem offenen
Anblick weit mehr gelesen. Dieses macht mich nun auch so dreist,
mich Ihnen ganz zu geben, mein ganzes Schicksal in Ihre Hände zu
liefern und von Ihnen das Glück meines Lebens zu erwarten. Noch bin
ich wenig oder nichts. In diesem Norden des Geschmacks werde ich
ewig niemals gedeihen, wenn mich sonst glücklichere Sterne und ein
griechisches Klima zum wahren Dichter erwärmen würden.
 
Brauche ich mehr zu sagen, um von Dalberg alle Unterstützung zu
erwarten?
 
E. Exz. haben mir alle Hoffnung dazu gemacht, und ich werde den
Händedruck, der Ihren Verspruch versiegelte, ewig fühlen; wenn Eure
Exzellenz diese drei Ideen goutieren und in einem Schreiben an den
Herzog Gebrauch davon machen, so stehe ich ziemlich für den Erfolg.
 
Und nun wiederhole ich mit brennendem Herzen die Bitte, die Seele
dieses ganzen Briefs. Könnten E. E. in das Innere meines Gemütes
sehen, welche Empfindungen es durchwühlen, könnte ich Ihnen mit
Farben schildern, wie sehr mein Geist unter dem Verdrießlichen
meiner Lage sich sträubt -- Sie würden -- ja ich weiß gewiß -- Sie
würden eine Hilfe nicht verzögern, die durch einen oder zwei Briefe
an den Herzog geschehen kann.
 
Nochmals werfe ich mich in Ihre Arme und wünsche nichts anderes,

댓글 없음: