2015년 10월 18일 일요일

Schillers Flucht von Stuttgart 9

Schillers Flucht von Stuttgart 9


Wünsche ich (und auch meinetwegen) sehr, daß Sie meinen
Aufenthalt beim Nationaltheater zu Mannheim auf einen gewissen
beliebigen Termin festsetzen (der dann nach Ihrem Befehl verlängert
werden kann), nach dessen Verfluß ich wieder meinem Herzog gehörte.
So sieht es mehr einer Reise, als einer völligen Entschwäbung (wenn
ich das Wort brauchen darf) gleich, und fällt auch so hart nicht
auf. Wenn ich nur einmal hinweg bin, man wird froh sein, wenn ich
selbst nicht mehr anmahne.
 
3) Würde es höchst notwendig sein, zu berühren, daß mir Mittel
gemacht werden sollten, zu Mannheim zu praktizieren und meine
medizinischen Übungen da fortzusetzen. Dieser Artikel ist
vorzüglich nötig, damit man mich nicht, unter dem Vorwand für mein
Wohl zu sorgen, kujoniere und weniger fortlasse.«
 
Alles, was auch ein Augen- oder Ohrenzeuge erzählen könnte, wäre nicht
imstande, die traurigen Empfindungen des armen Jünglings über seine
beklemmende Lage stärker und wahrer zu schildern, als er es selbst in
diesem Briefe getan.
 
Daß er die Bitte nicht aufs Geratewohl, sondern durch Aufmunterung von
Leuten getan, die ihre Gewährung für sehr leicht und unfehlbar hielten,
erhellt aus der Stelle: »ich weiß, wie stark Ihr Mut ist, eine schöne
Tat zu unternehmen, und wie warm Ihr Eifer ist, sie zu vollenden. Meine
neuen Freunde in Mannheim haben es mir mit Enthusiasmus vorhergesagt
etc. etc.« und die folgende: »E. Exz. haben mir alle Hoffnung dazu
gemacht, und ich werde den Händedruck, der Ihren Verspruch besiegelte,
ewig fühlen etc.« beweist auf das deutlichste, daß Baron Dalberg selbst
ihm das Wort gab, sich für ihn bei seinem Fürsten zu verwenden.
 
Die drei Vorschläge, welche in der Beilage enthalten sind, waren ganz
auf die genaue Kenntnis vom Charakter des Herzogs berechnet, indem
er einen sehr verzeihlichen Stolz darein setzte, daß durch seine
Fürsorge und Leitung schon so viele talentvolle Jünglinge aus seiner
Akademie hervorgegangen, und er auch ein sehr großer Liebhaber des
Theaters, so wie einer der feinsten Kenner seiner Zeit war, der es
schon darum nicht ungern sehen konnte, wenn sich unter seinen Zöglingen
gute Dichter fanden, weil alle Jahre am Geburtsfeste der Gräfin von
Hohenheim (später Gemahlin des Herzogs) Gelegenheitsstücke mit großer
Feierlichkeit und dem größten Aufwande gegeben wurden, bei welchen
sowohl das Gedicht als auch die Musik von Eleven verfaßt waren.
 
Der dritte Punkt beweist weit mehr für die wahrhaft väterliche Sorge,
welche der Herzog für das Wohl derer hatte, die er erziehen ließ,
als alles, was man dafür anführen könnte, und es läßt sich nicht im
geringsten zweifeln, daß wenn Baron Dalberg unter den ihm angezeigten
Bedingungen versucht hätte, den jungen Dichter von Stuttgart nach
Mannheim zu ziehen, sein Fürst ohne Anstand -- gewiß aber mit der
Anempfehlung, für Schiller alle Sorge zu tragen -- das Gesuch bewilligt
haben würde.
 
Schiller nährte anfangs die besten Hoffnungen, daß er nun bald aus
seiner verdrießlichen Lage befreit sein würde. Als aber nach Verlauf
mehrerer Wochen nichts geschah, war es ihm um so schmerzlicher, seine
dringende, flehende Bitte umsonst getan zu haben und sich ohne alle
äußere Hilfe zu sehen. Allein, er ließ dessenungeachtet den Mut nicht
sinken, sondern arbeitete nur um so eifriger an seinem Fiesco, was
allein imstande war, ihn wenigstens zeitweise seinen Zustand vergessen
zu machen. Aber die Freundinnen des Dichters hatten nicht vergessen,
daß sie in seiner Gesellschaft zu Mannheim die Räuber hatten aufführen
sehen, und konnten dem Drange nicht widerstehen, die Wirkung dieses
Trauerspiels sowie das Verdienst der dortigen Schauspieler auch andern
nach Würden zu schildern. Unter dem Siegel des Geheimnisses erfuhr es
die halbe Stadt, erfuhr es auch der General Augé und endlich -- der
Herzog selbst. Dieser wurde im höchsten Grad über die Vermessenheit
seines ehemaligen Lieblings aufgebracht, daß er sich, ohne Urlaub zu
nehmen, mehrere Tage entfernt und seinen Lazarettdienst vernachlässigt
habe. Er ließ ihn vor sich kommen, gab ihm die strengsten Verweise
darüber, daß er sich dem ausdrücklichen Verbote zuwider aufs neue
mit dem Auslande eingelassen und befahl ihm, augenblicklich auf die
Hauptwache zu gehen, seinen Degen abzugeben und dort vierzehn Tage im
Arrest zu bleiben.
 
Obwohl die verhängte Strafe für die Übertretung des herzoglichen
Befehls ganz der militärischen Ordnung gemäß und nichts weniger als
zu streng war, so wurde Schiller davon dennoch in seinem Innersten
verwundet, und zwar nicht darum, weil ihm solche zu hart schien,
sondern weil er jetzt überzeugt sein mußte, daß jede Aussicht in eine
bessere Zukunft für ihn verloren und er nun eigentlich nichts anderes
als ein Gefangener sei, der seine vorgeschriebene Arbeit verrichten
müsse.
 
In der Tat konnte sein Verhältnis von seinen Freunden nicht anders
als im höchste Grade traurig und verzweifelt beurteilt werden, weil
an eine Milderung oder Zurücknahme der Befehle des Herzogs um so
weniger zu denken war, je mehr man ihn als Selbstherrscher kannte und
je seltener die Fälle waren, wo er von seinem ausgesprochenen Willen
hätte abgelenkt werden können. Was man auch raten oder erfinden mochte,
war unbrauchbar, untunlich, weil der fürstliche Machtspruch allem ein
unübersteigliches Hindernis entgegensetzte.
 
Wäre es aber auch Schillern möglich gewesen, seinen außerordentlichen
Hang zur Dichtung zu bekämpfen und sich ganz der Arzneikunde zu widmen,
so hätte es mehrere Jahre bedurft, um sich einen Ruf zu erwerben, der
ihn von dem Gemeinen, Alltäglichen unterschieden hätte. Auch fühlte
er es so sehr, wie unnütz die ernstlichsten Vorsätze, sein angebornes
Talent zu unterdrücken, sein würden, daß er lieber alle Entbehrungen,
alle Strafen sich hätte gefallen lassen, wenn ihm nur die Erlaubnis
geblieben wäre, den Reichtum seines Geistes in der Welt auszubreiten,
und sich denjenigen anzureihen, deren Name von der Mit- und Nachwelt
nur in Bewunderung und Verehrung genannt wird.
 
So wenig Vorteil Gold, Perlen und Diamanten in einer menschenleeren
Wüste bringen, so wenig konnte ihm die köstlichste Gabe des Himmels
nützen, wenn er sie nicht gebrauchen durfte, wenn er bei ihrer
Anwendung Strafe befürchten mußte. Ja diese Göttergabe konnte ihm nur
zur Qual, zur wirklichen Marter werden, weil alles was er dachte,
was er empfand, nur darauf Bezug hatte und es ihm die schmerzlichste
Überwindung gekostet haben würde, Ideen dieser Art abzuwehren.
 
Der Weihrauch, den man in öffentlichen Blättern ihm über sein erstes
Schauspiel, über seine ersten Gedichte gestreut, die schmeichelhaften
Zuschriften eines Wielands und anderer, die Lobeserhebungen derjenigen,
von deren gesundem Urteil er überzeugt war, besonders aber sein eignes
Bewußtsein hatten ihn seinen Wert schätzen gelehrt, und er hätte
lieber sein Leben verloren als dasjenige, was sein eigentliches ganzes
Wesen ausmachte, brach liegen zu lassen, oder den Lorbeerkranz des
Dichters den Beschäftigungen des Arztes aufzuopfern.
 
Am empfindlichsten hielt er sich aber dadurch gekränkt, daß ihm durch
dieses Machtgebot das Recht des allergeringsten Untertans -- von
seinen Naturgaben freien Gebrauch machen zu können, wenn er sie nicht
zum Nachteil des Staates oder der Gesetze desselben anwende -- jetzt
gänzlich benommen war, ohne daß ihm bewiesen worden wäre, dieses Recht
aus Mißbrauch verwirkt zu haben.
 
Die Übertretung der Militärdisziplin hatte er durch strengen Verhaft
gebüßt; was über diesen noch gegen ihn verhängt worden, hielt er für
eine zu harte Strafe.
 
Auf der Stelle würde er seinen Abschied gefordert haben, wenn nicht
sein Vater in herzoglichen Diensten gestanden, er selbst nicht auf
Kosten des Fürsten in der Akademie nicht nur erzogen, sondern auch mit
vorzüglicher Güte und Auszeichnung behandelt worden wäre, so daß voraus
zu schließen war, es würde statt einer Entlassung nur der Vorwurf der
größten Undankbarkeit und eine noch zwangvollere Aufsicht erfolgen. Um
jedoch nichts unversucht zu lassen, was seine Entfernung von Stuttgart
auf dem der Ordnung gemäßen Wege bewirken könnte, schrieb er noch
einmal an Baron Dalberg und bat ihn aufs neue um seine Verwendung bei
dem Herzog. Er sagt in seinem Brief: »Dieses einzige kann ich Ihnen
für ganz gewiß sagen, daß in etlichen Monaten, wenn ich in dieser Zeit
nicht das Glück habe zu Ihnen zu kommen, keine Aussicht mehr da ist,
daß ich jemals bei Ihnen leben kann. Ich werde alsdann gezwungen sein
einen Schritt zu tun, der mir unmöglich machen würde in Mannheim zu
bleiben.«
 
Schiller glaubte nicht mit Unrecht, daß Baron Dalberg um so leichter
für ihn einschreiten könnte, als der pfälzische und württembergische
Hof im besten Vernehmen standen, auch der Herzog schon einigemal
den italienischen Hofpoeten von Mannheim hatte kommen lassen, um bei
Aufführung der für das Stuttgarter Hoftheater von ihm gedichteten
Opern gegenwärtig zu sein. Ebenso konnte man auch vermuten, daß das
Verbot, welches Schillern wegen der Verbindung mit dem Ausland betraf,
größtenteils daher kam, weil bei Aufführung der Räuber das deutsche
Theater in Stuttgart übergangen und dieses Stück ohne Vorwissen, ohne
Anfrage bei dem Fürsten auf der Mannheimer Bühne zuerst gegeben worden
war.
 
Aus diesem sowie aus den angegebenen Gründen konnte der bedrängte
Dichter um so zuverlässiger einen günstigen Erfolg seiner Bitten
erwarten, indem der Rang den Baron Dalberg als Geheimrat,
Ober-Silberkämmerling, Vize-Kammerpräsident und Theaterintendant Sr.
kurfürstlichen Durchlaucht zu Pfalzbayern bekleidete, dem Herzog
Rücksichten auferlegt hätte, die bei jedem andern, der sich in
Stuttgart für diese Sache hätte verwenden wollen, nicht stattfinden
konnten.
 
Noch einige Zeit gab sich Schiller den besten Hoffnungen hin, indem
er glaubte, daß Baron Dalberg um so gewisser das gegebene Versprechen
erfüllen würde, je deutlicher ihm zu verstehen gegeben worden, daß
das Äußerste werde geschehen müssen, wenn keine Vermittlung eintrete.
Als aber nach Verfluß von vierzehn Tagen nichts für ihn geschah und
er nun überzeugt war, daß von daher, wo die Hilfe am leichtesten,
der gute Erfolg am gewissesten schien, kein Beistand zu erwarten
sei, verwandelte sich sein sonst so heiterer Sinn in finstere, trübe
Laune; was ihn sonst auf das lebhafteste aufregte, ließ ihn kalt und
gleichgültig; selbst seine Jugendfreunde, die sonst immer auf den
herzlichsten Willkomm rechnen durften, wurden ihm mit Ausnahme sehr
weniger beinahe zuwider.
 
Sein Fiesco konnte bei dieser Stimmung nur sehr langsam weiter rücken.
Auch war es leicht vorauszusehen, daß, wenn dieser Zustand noch
lange oder gar für immer hätte dauern sollen, er nicht nur für jede
Geistesbeschäftigung verloren sein, sondern auch seine Gesundheit, die

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