2015년 7월 22일 수요일

A German Reader with Practical Exercises 6

A German Reader with Practical Exercises 6


Was war das für eine Seele?«
 
Der Alte stockte. Endlich sprach er scheu: »Es war die Seele einer
bitterbösen Frau, und weil sie mir das Leben zur Hölle gemacht, bevor
sie im See ertrank, so wollte ich sie noch eine Weile in dem Topf
zappeln lassen.«
 
Der Stadtherr schauderte. Der alte Müller aber erhob sich von seinem
Sitz, legte den Finger auf den Mund und ging ins Haus.
 
Jetzt erschien auf der Türschwelle ein hübsches blondgezöpftes Mädchen
mit weißer Schürze und meldete, die Fische seien angerichtet. »Gelt,«
setzte sie hinzu, »der Großvater hat Euch allerhand närrisches Zeug
erzählt? Der Arme ist vor zwei Jahren in das Mühlenwehr geraten und mit
knapper Not herausgezogen worden. Seit der Zeit ist es hier« -- sie
tippte mit dem Finger auf die Stirn -- »nicht ganz richtig mit ihm,
aber er tut niemandem etwas zuleide.«
 
Darauf führte sie den hungrigen Gast in das Haus, und dieser labte sich
an den blaugesottenen Forellen und an dem kühlen Landwein, den ihm die
Schöne einschenkte. Der alte Müller kam nicht mehr zum Vorschein.
 
Als der Fremde im nächsten Sommer wieder in der Seebachmühle vorsprach,
trug das blonde Mädchen ein schwarzes Gewand: sie trauerte um den
Großvater, der im Obersee ertrunken war.
 
»In der letzten Zeit«, sprach sie mit nassen Augen, »war er ganz
verwirrt und redete immer von seiner Schwiegermutter, die er erlösen
müsse. -- -- -- Gott sei seiner armen Seele gnädig!«
 
/Rudolf Baumbach./
 
 
Der arme Musikant und sein Kollege.
 
Im Prater, dem großen öffentlichen Park der alten Kaiserstadt Wien,
wurde an einem herrlichen Sommertage ein Volksfest gefeiert, zu dem
sich Tausende von geputzten und fröhlichen Menschen eingefunden
hatten. Hier und da sah man aber auch schlecht gekleidete Bettler,
Orgelmänner, Harfenspieler, Geiger und andere verschämte Arme, die auf
milde Gaben von ihren glücklicheren Mitmenschen hofften und in der Tat
manchen Kreuzer davontrugen. Nur einem war es noch nicht gelungen, die
Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich zu lenken, obgleich er sich
die größte Mühe zu geben schien: das war ein alter grauköpfiger Geiger.
 
Schon lange stand er im Schatten eines hohen, breiten Baumes und
fiedelte tüchtig drauf los. Die rechte Hand, die den Bogen führte,
hatte nur drei Finger. Sein Gesicht war durch eine tiefe Narbe
entstellt. Das eine Bein war vom Knie herab von Holz. Um seine
Schultern hing ein abgetragener Soldatenmantel. Kurz, alles
kennzeichnete ihn als Invaliden, und wer ihn kannte, der wußte auch,
daß er im Jahre 1809 tapfer mitgefochten hatte in der Schlacht bei
Aspern, wo Erzherzog Karl den bis dahin unbesiegten Napoleon schlug.
 
Freilich genoß der Alte eine kleine Pension; da diese aber nicht zu
seinem Lebensunterhalt genügte, so hatte er sich auf die Musik verlegt,
die er sozusagen von seinem Vater ererbt hatte, denn der war ein Böhme
gewesen, und die Böhmen sind ja alle von Natur musikalisch.
 
Vor unserm Geiger, der sich manchmal zur Stütze an den Baumstamm
lehnte, saß aufrecht und mit des Invaliden Hut im Maule sein treuer
Pudel, um etwaige hingeworfene Geldstücke einzusammeln. Bis zur späten
Nachmittagstunde jedoch war der Hut noch ganz leer, und wenn es so
weiterging, mußten Herr und Hund sich ohne Abendbrot schlafen legen.
 
Da trat aus der vorbeiwogenden Menge ein fein gekleideter Herr hervor,
der den Alten schon eine Zeitlang beobachtet hatte, drückte ihm ein
Goldstück in die Hand und sprach freundlich, aber in gebrochenem
Deutsch: »Leiht mir doch Eure Geige auf ein Stündchen! Ihr seid schon
müde, und ich bin noch frisch.«
 
Mit einem Blick des Dankes reichte der Geiger sein Instrument dem
Fremden, denn was dieser wollte, konnte er sich wohl denken. Auch
war die Geige keine von den schlechtesten, und nachdem der Herr sie
ordentlich gestimmt hatte, klang sie fast glockenrein.
 
»Jetzt, Kollege,« sprach er endlich, »will ich den Leuten eins
aufspielen, und Ihr mögt das Geld annehmen.« Damit fing er an zu
spielen, daß der Alte neugierig die Geige betrachtete und meinte, es
sei seine eigene gar nicht mehr, so hell und voll, so freudig und dann
wieder so traurig und klagend quollen die Töne aus ihr hervor.
 
Nun blieben auch die Vorübergehenden stehen und wunderten sich des
seltsamen Schauspiels. Selbst die Kutschen der Vornehmen hielten an,
und bald regnete es nicht nur Kupfer, sondern auch Silber und Gold in
den Hut, so daß der Pudel ihn nicht mehr halten konnte und vor Ärger
oder Vergnügen zu knurren begann.
 
»Macht den Hut leer!« riefen die Leute dem Invaliden zu. »Er wird
leicht noch einmal voll.« Das tat der Alte denn auch, und richtig! bald
mußte er ihn zum zweiten Male in den Sack leeren, in welchem er seine
Violine zu tragen pflegte.
 
Der Fremde aber stand da mit leuchtenden Augen vor der ungeheuren
Menschenmasse und entzückte mit seinem Spiel aller Herzen. Ein Bravo
folgte dem andern, und keiner wich vom Platze.
 
Als nun aber des Invaliden Kollege schließlich in die Melodie der
österreichischen Nationalhymne »Gott erhalte Franz, den Kaiser!«
überging, da flogen Hüte und Mützen von den Köpfen, und ein jeder sang
das Lied bis zu Ende mit. Rasch gab der Unbekannte dann die Geige dem
Alten zurück und verschwand, ehe dieser ihm noch ein Wort des Dankes
sagen konnte.
 
»Wer war das?« rief das Volk.
 
Da trat ein Herr vor und sagte: »Ich kenne ihn wohl, es war der
berühmte Alexander Boucher, der hier seine Kunst im Dienste der
Barmherzigkeit übte. Laßt uns aber auch seinem edlen Beispiel folgen!«
 
Damit nahm er seinen eigenen Hut, ging herum und sammelte noch einmal,
und aufs neue flogen die Geldstücke hinein. Dann rief er laut: »Boucher
lebe hoch!« »Hoch! hoch! hoch!« rief das Volk, und der alte Musikant,
dem die Tränen in den Augen standen, faltete die Hände und sprach ein
inbrünstiges Gebet für seinen Kollegen.
 
/W. O. von Horn./
 
 
Das Gegengeschenk.
 
Ein großer Herr hatte sich einmal im Walde verirrt und kam gegen Abend
an die Hütte eines armen Köhlers. Der war selbst über Land, und die
Frau kannte den gnädigen Herrn nicht, doch beherbergte sie ihn, so gut
sie konnte, setzte ihm von ihren besten Erdäpfeln vor und sagte, er
müsse leider auf dem Heuboden schlafen, denn es sei nur ein einziges
Bett im Hause.
 
Da nun aber der große Herr auch großen Hunger mitgebracht hatte und
todmüde war, so schmeckten ihm die Erdäpfel so gut wie die frischesten
Eidotter, und auf dem duftenden Heu schlief er besser als auf den
weichsten Daunen. Das rühmte er denn auch gegen die Frau, als er sich
am nächsten Morgen wieder auf den Weg machen wollte, und schenkte ihr
dabei ein Goldstück, welches sie zum Andenken behalten solle.
 
Sobald der Köhler heimkehrte, erzählte ihm seine Frau von dem vornehmen
Gast und zeigte ihm das Geschenk. Aus der Beschreibung, die sie ihm
von dem hohen Herrn machte, schloß der Köhler ganz richtig, daß es der
Fürst des Landes gewesen war, und sagte: »Es freut mich ungemein, daß
ihm die Erdäpfel wie Eidotter geschmeckt haben, doch ein Wunder ist es
nicht, denn bessere wachsen nirgends auf der Welt als hier in unserm
sandigen Waldboden. Allein ein Goldstück für ein bescheidenes Abendbrot
und eine Nacht auf dem Heuboden, das ist allzuviel! Ich will mich
nächster Tage aufmachen und dem Fürsten einen ordentlichen Korbvoll
Erdäpfel bringen; er wird sie wohl nicht ausschlagen.«
 
Es dauerte keine acht Tage, so stand auch der Köhler in seinem
Sonntagsrock und mit dem Korb in der Hand vor dem fürstlichen Schloß
und begehrte Einlaß. Anfangs wollten ihn die Schildwachen und Lakaien
nicht durchlassen; er kehrte sich aber wenig daran und sagte, sie
sollten dem Fürsten nur melden, daß er ja nichts von ihm begehre,
sondern etwas bringe, und wer etwas bringe, der sei doch überall
willkommen.
 
So kam er denn auch wirklich in den Audienzsaal und sprach: »Gnädiger
Herr, Ihr habt neulich bei mir zu Hause geherbergt und eine Schüssel
Erdäpfel nebst einem Nachtlager auf dem Heu mit einem Dukaten bezahlt.
Das war zuviel, obschon Ihr ein großer Herr seid. Darum bringe ich Euch
noch ein Körbchen von den Erdäpfeln, die Euch wie frische Eidotter
geschmeckt haben. Mögen sie Euch wohl bekommen, und wenn Ihr wieder
einmal bei uns einkehrt, so stehen Euch noch mehr zu Diensten.«
 
Die Einfalt und Herzlichkeit des guten Mannes gefielen dem Fürsten gar
sehr, und weil er auch gerade bei guter Laune war, schenkte er ihm
einen Hof mit dreißig Acker Land.
 
Nun hatte aber der Köhler einen reichen Bruder, der neidisch und
habsüchtig war. Als dieser von dem Glück des Köhlers hörte, dachte
er: »Das könnte mir auch blühen. Ich hab’ ein Pferd, das dem Fürsten
gefällt; doch meinte er neulich, als ich sechzig Dukaten dafür
forderte, es sei ihm zu teuer. Jetzt geh’ ich hin und schenk’ es
ihm, denn hat er dem Bruder einen Hof mit dreißig Acker Land für ein
Körbchen Erdäpfel geschenkt, so wird mir gewiß noch ein viel größeres
Gegengeschenk zuteil.«
 
Da nahm er das Pferd aus dem Stall und führte es stracks vor das
fürstliche Schloß, ließ seinen Knecht damit halten und drängte sich
geradeswegs durch die Schildwachen und Lakaien in das Audienzzimmer.
 
»Fürstliche Gnaden,« sagte er, »ich weiß, daß Euch mein Pferd neulich
in die Augen gestochen hat. Für Geld hab’ ich es damals nicht lassen
wollen, aber seid jetzt so gnädig und nehmt es zum Geschenk von mir an!
Es steht schon draußen vor dem Schloß und ist ein so stattliches Tier,
wie Ihr kaum eins in Eurem Marstall habt.«
 
Der Fürst merkte sogleich, wo der Hase hüpfte, und dachte bei sich:
»Warte nur, du Gaudieb, dich will ich bezahlen!«
 
»Ich nehme Euer Pferd von Herzen gern an, lieber Mann,« sprach er,
»obgleich ich kaum weiß, was ich Euch dafür zum Gegengeschenk geben
soll. Doch es fällt mir eben ein, daß ich ein Körbchen Erdäpfel stehen
habe, die wie frische Eidotter schmecken und mir einen Hof mit dreißig
Acker Land gekostet haben. Damit ist Euer Pferd reichlich bezahlt, ich
hätte es ja neulich für sechzig Dukaten haben können.«
 
Darauf ließ der schlaue Herr dem Manne das Körbchen mit Erdäpfeln
reichen und entließ ihn in Gnaden. Das Pferd aber ward in den fürstlichen Marstall geführt.

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