2015년 7월 22일 수요일

A German Reader with Practical Exercises 8

A German Reader with Practical Exercises 8



Die Stiefel, denen diese Rede galt, gehörten dem Schreiber. Er hatte
sie ausgezogen und an die Wand gestellt, denn in der Amtsstube trug
er lieber ein Paar weiche Schlappschuhe an den Füßen. Bei der Rede
des unzufriedenen Stiefelknechts machten beide Stiefel lange Schäfte,
gerade wie die Menschen bei anzüglichen Reden anderer Leute lange
Gesichter zu machen pflegen.
 
Da stieß der Stiefel des rechten Beines den Stiefel des linken Beines
an und sprach: »Hast du’s gehört, Bruder? Der dumme Stiefelknecht
nennt uns Herren und meint, wir hätten’s gut, weil er nicht weiß,
wie gut er selber daran ist. Der Lump hat den leichtesten Dienst von
uns allen. Aber wir, wir werden den ganzen Tag durch dick und dünn
gejagt. Im Sommer ersticken wir fast vor Staub, im Winter frieren wir
steif im Schnee, und wenn’s regnet, ersaufen wir fast. Und dann --
ach! das Pflaster und all die scharfen Steine, die auch kein Erbarmen
kennen! Ich möchte nur wissen, wieviel Haut sie mir heute schon wieder
abgekratzt haben, denn ich glaube wahrhaftig, ich bin jetzt unten
beinah durchsichtig geworden. Es ist ein mühseliges Leben, wenn man
immer den Diener spielen muß.«
 
Der Stiefelknecht horchte auf.
 
»Bruder,« sprach jetzt der Stiefel vom linken Bein zu dem Stiefel vom
rechten Bein, »das ewige Treten wollte ich mir noch gefallen lassen,
aber das Rumpeln mit der Bürste am Abend oder am frühen Morgen, das
verdrießt mich am meisten. Ich möchte bloß wissen, warum wir bei
all unserm Elend auch noch glänzen sollen. Da hat’s unser Herr, der
Schreiber, gut. Dort sitzt er bequem auf seinem Bock und schreibt. Wenn
ich doch auch ein Schreiber wäre!«
 
»Das meine ich auch«, seufzte der Stiefelknecht.
 
Der Schreiber spritzte seine Feder aus, reckte sich ein wenig und
seufzte: »Gottlob, daß wieder ein Tag vorbei ist! So ein Schreiber hat
doch das jämmerlichste Leben. Was ist er anders als ein armseliger
Federknecht? Da lob’ ich mir’s, wenn man sein eigener Herr ist, wie der
Amtmann. Der arbeitet nur, wenn er Lust hat, und wird alle Tage dicker.
Ich habe die Plackerei satt. Ja, wäre ich doch auch Amtmann!«
 
Er zog seufzend die Stiefel an und steckte die Schlappschuhe in die
Tasche seines fadenscheinigen Rockes. Da trat der Herr Amtmann ein und
sagte brummig: »Du kannst nach Hause gehen, es ist Feierabend. Du weißt
gar nicht, wie gut du’s hast.«
 
»Der höhnt auch noch«, dachte der Schreiber, machte einen ungeschickten
Bückling und ging, und die Stiefel knarrten.
 
Der Amtmann ging in seine Wohnstube zurück. Weil er aber die Tür offen
stehen ließ, konnte der Stiefelknecht alles hören, was darin vorging,
und bald hörte er auch den Amtmann im tiefsten Baß brummen: »Da läuft
er hin, der lockere Schreiber. /Das/ Volk hat’s gut! Nun setzt er
sich zu einem Glase Bier und schmaucht in aller Ruhe seine Pfeife. Und
ich? Bis morgen soll die Arbeit fertig sein. Da liegt sie, noch kaum
angefangen. Was nur der Herr Minister denkt! Immer mehr Arbeit und
keinen Heller Zulage! Der Geier hole solchen Dienst! Ach, wenn ich doch
mein eigener Herr wäre! Ja, ja, der Minister hat gut befehlen.«
 
»Sonderbar!« dachte der Stiefelknecht. »Der Dicke klagt auch.«
 
Da pochte es an der Tür. »Herein!« rief der Amtmann. Es war sein
Hausarzt.
 
»Gut, daß Sie kommen, Herr Doktor«, sagte der Amtmann. »Ich befinde
mich gar nicht wohl und muß noch die Nacht hindurch arbeiten. O der
Dienst, der Dienst!«
 
Der Doktor befühlte des Amtmanns Puls und besah ihm die Zunge; dann
sagte er: »Legen Sie sich schlafen, bester Freund! Ihnen fehlt weiter
nichts als Ruhe.«
 
»Jawohl, schlafen!« brummte der Amtmann. »Doktorchen, Sie haben’s gut.
Sie sind Ihr eigener Herr.«
 
Der Doktor hielt sich den Bauch vor Lachen und rief: »Ich mein eigener
Herr? Aller Welt Diener bin ich. Tag und Nacht läßt man mir keine
Ruhe. Glauben Sie mir, lieber Freund, der Arzt ist die geplagteste
aller Kreaturen. Ja, wenn ich mein eigener Herr wäre! So viele Kranke
es in der Stadt gibt, so viele Herren habe ich, und Herrinnen dazu, und
ich sage Ihnen, gerade die Herrinnen verstehen’s am besten, mich zu
quälen!«
 
Der Doktor ging, und der Stiefelknecht dachte: »Wieder ein Knecht mehr.
Ich bekomme viel Gesellschaft.«
 
Da klopfte es wieder, und der Herr Minister trat herein und
entschuldigte sich höflich, daß er noch so spät komme.
 
»Endlich mal ein wirklicher Herr!« dachte der Stiefelknecht bei sich.
 
»Mein lieber Herr Amtmann,« sprach der Minister, »schaffen Sie mir
gefälligst bis morgen früh die Schriftstücke, welche auf diesem
Bogen hier verzeichnet stehen; ich brauche sie notwendig. Ich komme
eben vom Fürsten; er ist in der übelsten Laune, und ich habe einen
schweren Stand mit ihm gehabt. Am liebsten hätte ich sogleich mein
Abschiedsgesuch eingereicht, dann wäre ich mein eigener Herr.«
 
Bei diesen Worten horchte der Stiefelknecht hoch auf.
 
»Aber es geht nicht«, fuhr der Minister fort. »Ich darf den Fürsten,
meinen allergnädigsten Herrn, nicht im Stich lassen.«
 
»Was ist denn geschehen?« fragte der Amtmann erschrocken.
 
»Ach!« seufzte der Minister, »wir sollen Geld schaffen, viel Geld, und
alle Kassen sind doch leer. Glauben Sie mir, kein Mensch hat’s so sauer
wie ein Minister!«
 
»Aber wozu brauchen wir denn Geld?« fragte der Amtmann. »Sollen wir
etwa Zulage erhalten?«
 
»Zulage?!« rief der Minister. »Nein, sicher nicht! Eher könnte es
Abzüge geben! Der Krieg ist vor den Toren, das Heer wird auf den
Kriegsfuß gesetzt, und dazu braucht der Fürst Geld, Geld und wiederum
Geld! Der arme Herr hat keine ruhige Stunde mehr, die Sorgen lassen ihn
nicht schlafen. Kurz, es ist eine böse Zeit.«
 
Der Minister seufzte, der Amtmann seufzte auch; der Stiefelknecht aber
seufzte nicht. Er hatte alles mit angehört und lachte nun in sich
hinein: »Knechte, lauter Knechte! Nicht einmal der Landesfürst ist sein
eigener Herr!«
 
Und von dieser Stunde an war der Stiefelknecht mit seinem bescheidenen
Lose zufrieden und diente den Herren Stiefeln als geduldiger Knecht.
 
/Julius Sturm./
 
 
Die Wunderlampe.
 
Bei den Bauern oben in den Bergen wurden wir Schneider für die langen
Winterabende zumeist mit Spanlicht bedient. Das war ein ehrliches,
gesundes Licht und uns lieber als Kerzenlicht.
 
Wenn wir den ganzen, langen Abend bei solchen Unschlittschwänzlein
nadeln sollten, von denen volle zwölf auf ein Pfund gingen, da sagte
mein guter Meister manchmal: »Hausfrau, das ewige Lämplein in der
Kirche ist mir lieber als dein Licht da.« Dann antwortete die Hausfrau
wohl: »Meine Gießform ist leider nicht größer«, denn sie goß die Kerzen
selber.
 
Beim Kaufmann jedoch brannten wir größere Kerzen, von denen acht oder
sogar nur sechs auf ein Pfund gingen. Die gaben freilich einen helleren
Schein, das heißt, wenn sie ordentlich geschneuzt wurden; trotzdem
besorgten wir alle feineren Arbeiten beim lieben Tagesschein und
verschoben die gröberen Sachen auf das Kerzenlicht.
 
Einmal nun im Advent arbeiteten wir beim Kaufmann. Dieser kehrte
spätabends von Graz heim. Als er uns um das matte Kerzenlicht kauern
und lugen sah, klopfte er den Schnee von den Schuhen, blinzelte uns an
und sagte: »Na, Schneider, heut’ hab’ ich was heimgebracht für euch!«
 
Und als die Waren ausgepackt wurden, da kam eine stattliche Öllampe zum
Vorschein und ein langes Rohr aus Glas dazu und ein grüner Papierschirm
und ein Zwilchstreifen und ein kleines, feuchtes Fäßlein.
 
»Was du alles für Sachen hast!« sagte mein Meister.
 
»Das alles miteinander«, berichtete der Kaufmann, »gehört zu dem neuen
Licht, das aus Amerika gekommen ist -- das Petroleum. Es brennt so
hell wie der Tag. Wirst es schon sehen!«
 
Er füllte die Lampe aus dem Fäßlein und zog den Zwilchstreifen durch
das glänzende Ding mit der eichelförmigen, geschlitzten Kapsel. Dann
setzte er die Bestandteile zusammen, zündete das hervorstehende Ende
des Dochtes an, stülpte das bauchige Glasrohr darüber, daß wir meinten,
so nahe an der Flamme müsse es gewiß zerspringen -- und »Nun«, sagte
er, »sollt ihr einmal sehen!«
 
Und wir sahen es. Es war ein gar trübes Licht, das mit seinem
schwarzen, stinkenden Rauch sogleich das Glasrohr schwärzte. Der
Kaufmann drehte an dem feinen Schräublein den Docht weiter hinauf, da
rauchte es noch mehr. Er drehte ihn tiefer nieder, da wurde es finster,
und als wir zu lachen begannen, knurrte er: »Na, mir scheint, dieser
Lampenhändler hat mich sauber angeschmiert! Aber ich hab’s doch selber
gesehen in der Stadt, wie das Zeug wunderschön brennt!«
 
»Versuchen wir’s einmal«, sagte mein Meister, »und tun das Glasröhrlein
ganz weg!« Aber sogleich riß er seine Finger mit einem hellen Aufschrei
davon. Als dann das Glas mittels eines Lappens entfernt war, brannte
die Flamme noch viel trüber, und das Kerzenlicht daneben zuckte nicht
ohne Schadenfreude hin und her.
 
Nachdem wir mit der Lampe noch allerlei versucht hatten und die Stube
endlich voll Rauch geworden war, schalt der Hausherr auf die höllische
Flamme und blies sie aus. Die Kerze brannte nun mit stiller Würde
fort, und mein Meister sagte: »Ja, ja, das sind die Ganzgescheiten
heutzutag’! Bisweilen schmiert man sie halt doch an! Die alten Leut’
sind auch keine Esel gewesen.«
 
»Was ist denn das für ein Öl, das Petroleum?« fragte der Geselle.
 
»Es soll aus der Erde herausrinnen«, erklärte der Kaufmann.
 
»Ja so!« rief der Geselle. »Dann wird’s freilich nichts taugen, dann
ist’s das helle Wasser.«
 
»Sei mir still, ich mag nichts mehr davon hören!« sagte der Kaufmann
und stellte die Lampe in den Winkel.
 
Nun vergingen zwei Tage. Da kam der Thomastag, und mein Meister und der
Hausherr gingen noch vor Tagesanbruch zur Frühmesse. Ich saß allein bei
der Kerze und schneiderte. Bald trat die junge Viehmagd herein, die
vorhin im Stalle die Kühe gemolken hatte, und setzte sich an meinen
Tisch, um an ihr Christtagskleid ein seidenes Schleiflein zu nähen. Da wollten wir doch gar zu gern noch einmal die neue Lampe anzünden, da niemand mehr im Hause war, der es uns verwehrt hätte.

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