2015년 7월 22일 수요일

A German Reader with Practical Exercises 4

A German Reader with Practical Exercises 4



Kann wohl sein, Herr, kann wohl sein,« sagte der Mann, »ich will
deshalb auch lieber heimgehen. Guten Abend, Herr!«
 
»Guten Abend und glückliche Reise!« sprach der Ratsherr.
 
Der Arme ging anfangs langsam dahin, aber je weiter er kam, desto
schneller wurde sein Schritt, bis er zuletzt förmlich lief und
schweißtriefend vor seiner Lehmhütte anlangte.
 
Seine Frau saß mittlerweile am Herd und wartete auf ihn. Auf dem Herd
stand ein Topf voll Kartoffeln, die kochten schon, aber der Mann wollte
nicht kommen, und der Frau wurde angst. Endlich jedoch hörte sie
draußen Schritte, die Tür ging auf, und atemlos stürzte er herein.
 
»Nun setz’ dich und iß erst, dann erzähle!« sagte sie.
 
»Jetzt essen?« erwiderte er. »Dazu haben wir keine Zeit. Hole mir
Spaten und Laterne, dann komm mit und hilf mir graben!«
 
Obgleich die arme Frau fast befürchtete, ihr Mann sei von Sinnen, so
tat sie doch, was er ihr befohlen hatte, und in nicht gar langer Zeit
fanden die beiden Schatzgräber unter dem Birnbaum einen irdenen Topf
voll Geld!
 
An dem Kreuzwege wurde bald darauf ein neues, freundliches Häuschen
gebaut. Die Bewohner hatten nicht nur ihr gutes Brot, sondern halfen
auch andern Leuten gern, wenn es not tat. Im Hause aber stand auf dem
Schrank der irdene Topf mit einer Schrift daran, die weder der Mann
noch die Frau lesen konnte.
 
Da wurde es wieder einmal Herbst. Es hatte stark geregnet, und die Wege
waren grundlos geworden. Ein holländischer Pfarrer trat ins Haus und
fragte die guten Leute, ob er sich ein wenig bei ihnen ausruhen dürfe.
Sein Wagen, sagte er, stecke nicht weit davon in dem weichen Lehmboden,
und es werde wohl eine Stunde dauern, bis der Kutscher weiterfahren
könne.
 
Der Herr Pastor wurde natürlich gebeten, den Ehrenplatz am Herde
einzunehmen. Er ließ sich in den großen Lehnstuhl nieder und streckte
die kalten Füße gegen das Herdfeuer. Wie er nun so dasaß, fiel ihm der
irdene Topf oben auf dem Schrank in die Augen, und er fragte, was daran
geschrieben stehe. Die Leute erzählten ihm, der Topf sei ein altes
Erbstück, doch die Schrift könnten sie nicht lesen.
 
Der Pfarrer trat an den Schrank, besah das Gefäß von rechts und von
links und sagte: »Nun, lesen kann ich die Schrift wohl: ‚Unter diesem
Topf steht noch ein größerer‘: was das aber bedeutet, weiß ich auch
nicht.«
 
Der Mann und die Frau sahen einander an, als wenn sie sagen wollten:
»Wir aber wissen’s jetzt«; doch ließen sie den Pfarrer nichts merken.
 
Mittlerweile war der Kutscher gekommen und meldete dem Pfarrer, er
könne nun weiterfahren, der Wagen stehe vor der Tür, und damit nahm der
fremde Herr Abschied.
 
Am Abend desselben Tages hoben Mann und Frau noch den zweiten und
größeren Schatz, und auch damit haben sie in den Zeiten, wo das Land
unter der Herrschaft Napoleons seufzte, recht viel Gutes getan.
 
/T. Kerkhoff./
 
 
Der Zwerg und die Gerstenähre.
 
Ein reicher Bauer stand in seiner Scheune und schaute zufriedenen
Herzens an, was ihm der Sommer und der Herbst gebracht hatten. Bis zum
hohen Giebel hinauf war alles voll goldener Garben, und draußen auf dem
Felde standen noch Hunderte, so reich war die Ernte gewesen. Dazu war
das Stroh so lang und die Ähren so voll wie seit Jahren nicht.
 
Als er nun so dastand und an das Dreschen im Winter dachte, wie auch
an die schweren Säcke Korn, die er dem Müller in der Stadt verkaufen
wollte, und an die vielen blanken Taler, die er dafür nach Hause
bringen würde, da raschelte etwas ganz leise in einem Haufen Stroh, der
neben ihm lag. Der Bauer glaubte, es sei eine Maus, und faßte schon
seinen Stock fester, um sie totzuschlagen. Allein wie verwunderte er
sich, als statt der Maus eine kleine Gestalt aus dem Stroh hervortrat,
die freilich nicht viel größer war, aber auf zwei Beinen ging und ein
rotes Käppchen auf dem Kopfe trug! Dieses lüftete der kleine Wicht gar
höflich und sprach mit feiner Stimme: »Herr Bauer, ich habe eine große
Bitte an Euch.«
 
»Nun, was willst du denn, kleiner Mann?« fragte der.
 
»Wolltet Ihr wohl die Güte haben,« sprach der Zwerg, »mir täglich um
diese Zeit eine Gerstenähre zu schenken? Es soll nicht zu Eurem Schaden
sein.«
 
Der Bauer, der wohl wußte, daß man gegen solch kleines Volk freundlich
sein muß, sprach: »Gewiß, das soll geschehen. Kommt nur immer um die
Mittagsstunde her, dann gebe ich Euch gern, was Ihr begehrt.«
 
Damit trat er ein wenig beiseite, zog aus einer der Garben eine schöne
Gerstenähre hervor und reichte sie dem Männlein. Das wandte sich mit
nachdenklicher Miene gegen den Haufen Stroh, aus dem es hervorgekommen
war, und sprach: »Ihr habt diesen großen Berg vor unsere Höhle
geschoben. Wenn er da liegenbleibt, so kann ich mit Eurer freundlichen
Gabe nicht in unsere Wohnung zurück.«
 
»Ist es weiter nichts?« sagte der Bauer und schob mit dem Fuß das Stroh
beiseite. Es zeigte sich nun unten an der Wand eine Öffnung so groß
wie ein Mauseloch. Das Wichtlein lüftete wieder sein Käppchen, dankte
dem Bauer, nahm die schwere Gerstenähre auf die Schulter und schleppte
seine Last unter lautem Schnaufen davon. Den langen Halm in das Loch
hineinzubringen, war ihm keine leichte Arbeit, und es dauerte wohl eine
halbe Minute, bis der letzte Zipfel in der Öffnung verschwunden war.
 
Der Bauer ging von nun an alle Mittage in die Scheune und gab dem Zwerg
seine Gerstenähre, und von dieser Zeit an gedieh sein Vieh auf eine
wunderbare Weise, obgleich es weniger Futter und Pflege verlangte als
sonst. Es war eine wahre Lust, die runden, fetten Schweine anzuschauen,
die kaum aus den Augen sehen konnten und sich nur mit Mühe an den
Futtertrog schleppten. Solch blanke Kühe wie auf seinem Hofe fand man
weit und breit nicht. Sie gaben die fetteste Milch, und die Butter
verkaufte die Bäuerin zu den allerhöchsten Preisen. Auch die Pferde,
die doch täglich nur einige Handvoll Hafer und ein wenig Heu bekamen,
waren glatt und schön und zogen Pflug und Wagen doppelt so gut als
früher. Ähnlich ging es mit den Hühnern: sie legten fast das ganze Jahr
hindurch, und manchmal sogar Eier mit zwei Dottern darin.
 
Dies alles gefiel dem Bauer und der Bäuerin gar wohl, und da sie recht
gut wußten, wem sie den Segen zu verdanken hatten, so priesen sie das
Zwerglein alle Tage und reichten ihm gern die gewohnte Gabe.
 
Eines Tages im Winter aber, als es draußen Stein und Bein fror, saß der
Bauer allzu behaglich in seinem Lehnstuhl am warmen Ofen und wartete
auf das Mittagessen. Jedesmal, wenn die Tür aufging, roch er schon sein
Lieblingsgericht, nämlich Schweinsbraten mit Äpfeln und Pflaumen, und
da wollte er natürlich nicht gern in die eisige Winterkälte hinaus,
bloß um dem Kleinen in der Scheune seine Gerstenähre zu geben. Er rief
deshalb einen seiner Knechte herbei und sagte ihm, was er tun solle.
 
Dieser, ein vorwitziger Mensch, hatte schon lange gewünscht,
das seltsame Männchen zu sehen, von dem man sich im Dorfe die
wunderlichsten Dinge erzählte. Und als er nun dem Wichtlein den Halm
reichte, kitzelte er es ein wenig damit unter der Nase, so daß es ein
possierliches Gesicht machte und anfing zu niesen. Darüber wollte sich
der Knecht totlachen. Als aber der Zwerg sich mühte, die Gerstenähre in
das Loch hineinzuschleppen, rief der grobe Kerl: »Nun seht doch, wie
das kleine Ding zieht und zerrt, als ob der Halm ein Baum wäre!« Kurz,
er verhöhnte das Männlein auf alle Weise. Dieses aber ward im Gesicht
so blutrot wie seine Mütze und warf zornige Blicke um sich.
 
Am andern Tage, als der Bauer wieder selbst kam, um dem Wichtlein die
Ähre zu geben, wartete er vergebens: es erschien niemand. Er rief es
mit schmeichlerischen Worten und gab ihm die schönsten Namen, allein
alles war umsonst. Auch am folgenden Mittag kam es nicht. Das Männlein
war und blieb verschwunden.
 
Von nun ab ging alles auf dem Hofe den Krebsgang. Die Pferde, Kühe und
Schweine fraßen ganze Berge von Futter auf, waren aber immer hungrig
und wurden immer magerer. Den Pferden konnte der Bauer seinen Hut auf
die Hüftknochen hängen, wenn er gewollt hätte, und ziehen wollten sie
gar nicht mehr, weder Pflug noch Wagen. Die Kühe gaben nur noch die
dünnste, blauste Milch, und an Verkauf von Butter war nicht mehr zu
denken. Die Schweine rannten magerer als Windhunde unter den Eichbäumen
umher, und die Hühner kriegten den Pips und legten Windeier, oder wenn
sie einmal ein ordentliches Ei legten, so fraßen sie es selbst auf.
 
Wie oft hat der Bauer bereut, daß er damals nicht selbst hinausgegangen
ist, um dem Zwerglein die gewohnte Gerstenähre zu reichen! Aber die
Reue kam zu spät. Er hat denn auch schließlich all sein Hab und Gut mit
großem Schaden verkauft und ist ins Ausland gezogen.
 
/Heinrich Seidel./
 
[Illustration: /Der Zwerg und die Gerstenähre./]
 
 
Die teuren Eier.
 
In Kleve ritt einmal ein reicher holländischer Kaufmann in einem
Gasthof ein und bestellte sich zwölf gekochte Eier. Als sie ihm aber
gebracht wurden, konnte er sie nicht verzehren, weil eben ein Eilbote
eintraf und ihn in einer dringenden Angelegenheit heimberief. Also
verließ er sogleich das Haus, sprang wieder auf sein Pferd und ritt
fort, ohne die Eier bezahlt zu haben.
 
Zehn Jahre später jedoch kehrte der Kaufmann wieder in demselben
Gasthof ein. Da sagte er zu dem Wirt: »Ich schulde Euch noch das Geld
für die Eier, die Ihr mir vor zehn Jahren kochen ließet. Wie groß ist
die Summe?«
 
»Ja,« sagte der Wirt, »die werden Euch teuer genug zu stehen kommen,
Herr.«
 
»Nun,« meinte der Kaufmann, »ich werde doch wohl ein Dutzend Eier
bezahlen können!«
 
»Das ist eben die Frage«, entgegnete der Wirt. »Aber Ihr werdet ja
sehen. Kommt nur morgen aufs Gericht, denn ich habe Euch längst
verklagt.«
 
Der Kaufmann weigerte sich auch nicht. Und als sie nun am nächsten
Morgen vor den Richter kamen, rechnete ihm der Wirt vor, aus den zwölf
Eiern würden zwölf Küchlein gekommen sein, und die Küchlein würden
wieder Eier gelegt haben, aus welchen wieder Küchlein gekommen sein
würden, und so fort, zehn ganze Jahre lang, was zuletzt eine ungeheure
Summe ausmachte. »Auf dieser Summe aber«, fügte er hinzu, »muß ich
durchaus bestehen«, und der Richter verurteilte den Kaufmann auch wirklich dazu, sie zu zahlen.

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