Goethe und Werther 8
Goethe an Kestner.
_prs._ W. d. 4. Oct. 72.
Ich habs ja gesagt, wenn das Zeug Lotten so gut gefällt, als es ihr
steht, so wird unser Geschmack gelobt. Noch schick ichs nicht, denn
gegen den blauen Ausschlag hab ich einzuwenden, dass er zu hart ist
dass er gar nicht steht. Entweder das grüne das hier beyliegt oder
Paille -- und das letzte wäre mir am liebsten weil ich schon geweissagt
habe Lotte wird einmal das gelbe lieben wie sies Rothe ietzt liebt.
und da wär mirs angenehm es introduzirt zu haben. Schreiben Sie mir
die Entschliessung. Nur kein Blau. Wenn sie zwischen zärtlichen
Abschiedsträhnen, auch an mich denken kann so sagen Sie ihr ich
sey noch hundertmal bey ihr. Dorthel Brandt ist fleissig erwähnt
worden, auch Merkens Frau hat davon hören müssen. Sie sollen nur bald
nach Friedberg kommen oder ich komme nach W. Grüßen Sie mir die
schwarz-Augige. Uebrigens ist Wetzlar ganz ausgestorben für mich.
Meinen lieben Bubens viel Grüsse. Viel Glück Hansen, und Ernsten gute
Besserung. Dem Hrn. Amtmann empfelen Sie mich.
Goethe.
13.
Goethe an Kestner.
_prs._ W. 7. Oct. 72. (Frfrt.) Dienstags (6. Oct. 72.)
Morgen früh geht ab Cattun und gelehrte Zeitung, und für die Bubens
Bilder, dass iedes was habe. Unsere Spektakels mit den Pfaffen
werden täglich grösser. Sie prostituiren sich immer mehr und wir
rencheriren drauf. Wollte ich sässe noch zu Lottens Füssen, und die
Jungen krabbelten auf mir herum. Wie stehts im teutschen Haus, ist
noch fried und einigkeit unter den Leuten. Lebt die Dorthel noch
immer so fort. Wär ich jetzt in Wetzlar ich hätte der Lotte was zu
vertrauen, wovon Sie nichts wissen dürfen. Adieu lieber Kestner,
grüßen sie mir die Dorthel -- den braven Kielmannsegg auch. Ists denn
wahr daß ihr noch hundert Jahr in Wetzlar bleibt man sagt im Publiko,
die Vis. (Visitation) ginge wieder bald zusammen endigte mit denen
_Suspensis_, drauf rückte die zweyte Klasse ein, und Hannover
bleibt da! -- Es ist nicht des Reichs dass michs kümmert. Geben Sie die
4 fl. für Zeitung Bornen. Er soll auf Ordre sie bewahren.
Goethe.
14.
Goethe an Lotte.
_prs._ W. 9. Oct. 72.
Dank Ihrem guten Geist goldne Lotte, der sie trieb mir eine unerwartete
Freude zu machen, und wenn er so schwarz wäre wie das Schicksaal, Danck
ihm. heut eh ich zu Tisch ging, grüsst ich ihr bild herzlich, und bey
Tisch -- ich wunderte mich über den seltsamen Brief, brach ihn auf
und steckt ihn weg. O liebe Lotte seit ich sie das erstemal sah, wie
ist das alles so anders, es ist noch eben diese Blütenfarbe am Band,
doch verschossner kommt mirs vor, als im Wagen, ist auch natürlich.
Danck ihrem Herzen dass Sie mir noch so ein Geschenck machen können,
ich wollt aber auch in die finstersten Hölen meines Verdrusses -- Nein
Lotte Sie bleiben mir, dafür geb ihnen der reiche im Himmel seiner
schönsten früchte, und wem er sie auf Erden versagt dem lass er droben
im Paradiese wo kühle Bäche fliessen zwischen Palmbäumen und Früchte
drüber hängen wie Gold -- indessen wollt ich wäre auf eine Stunde bey
Ihnen.
* * * * *
Noch was, eh ich zu Bette gehe, unsre beyden Verliebten,[8] sind auf
dem Gipfel der Glückseeligkeit. Der Vater ist unter höchst billigen
Bedingungen zufrieden, und es hängt nun von Nebenbestimmungen ab.
Gleichfalls liebe Lotte! Gute Nacht.
15.
Goethe an Kestner.
_prs._ W. d. 11. Oct. 72. Sonnabends.
Schreiben sie mir doch gleich wie sich die Nachrichten von Goué
konfirmiren.[9] Ich ehre auch solche Taht, und bejammere die Menschheit
und lass alle --kerle von Philistern Tobacksrauchs Betrachtungen drüber
machen, und sagen: ~Da habt ihr's~. Ich hoffe nie meinen Freunden
mit einer solchen Nachricht beschweerlich zu werden.
Unser Kattun, (sintemal auch der ins große Rad der Dinge gehört) Ist
noch nicht ankommen. das wundert mich. Er ist gestern vor acht Tage,
oder Dienstags vor acht Tage von hier abgangen. Es ist eine Rolle
Cattun, Bilder und Zeitungen. Mein Bedienter ist eben auf die Post zu
fragen ob er etwa hier liegen blieben ist.
Es war noch ein Zufall dabey. In benanndter Rolle sind nur zwey Ellen
-- Die dritte Kriegen Sie durch Bornen.
Wie hundertmal denck ich und Träum ich von vergangenen Scenen. Lotte,
meine Jungens. Wir sind doch nur zwölf Stunden auseinander.
* * * * *
Sie versichern hier auf der fahrenden Post, daß die Rolle gestern als
freytag acht Tage, nach Wetzlar abgegangen. Seyn Sie so gütig sich
gleich zu erkundigen. Sie kommt im Krachbein an.
16.
Goethe an Kestner.
_prs._ W. 22. Oct. 72 von Franckfurt.
Hier ein Paar Blätter Goldeswerth. Kielmannseggen grüsst mir, sie
werden ihn freuen. Der iunge Falck war gestern bey mir, ein muntrer
iunger Mensch, wie ich sie liebe. Heute werd ich mit ihm spazieren
gehn, und ihm Schlossern bekanndt machen.
Und Lotte -- wenn ich ans friedberger Tohr komme ist mirs als müsst ich
zu euch. Mir liegt schweer auf der Seele dass ich im Zank mit Sophien
weggangen binn, ich hoffe sie hats vergessen und vergeben, wo nicht so
bitt ich sie drum. Schreiben Sie doch wie ich ihr stehe. Und Ammalgen
wie lebt das. Von Gottern bitt ich sie nähere deutlichere Nachricht,
Ihre Briefstelle von ihm ist zu mystisch. Diese paar herrliche Tage
haben wir Herbst gemacht. Und mehr an Lotten gedacht als sie an mich in
einem Vierteljahr. Doch hoff ich mit der Zeit auch dieser Plage los zu
werden.
17.
Goethe an Kestner.
_prs._ Wetzl. 28. Oct. 72.
Hier ist abermal Zeitung. Danck Ihnen für alle guten Nachrichten. Und
Lotte oder Sie wer zuerst nach Atspach kommt wird in meinem Nahmen auch
den lieben Leuten Glück wünschen. Wenn ihr wüsstet wie oft ich bey euch
binn und wie noch -- Manchmal steigt mir ein Zweifel auf und ich denke
mir Lotten _en_ Pannier, wie sie all sind -- doch bald fällt sie
mir wieder im blaugestreiften Nachtjack ein, und ihrer _Ingenuen_
Güte die sie allein hat, und dann hoff ich in ihrer Seele nicht unter
der grosen unbedeutenden Anzahl verlohren zu gehn. Falcken hab ich
nicht wieder gesehen. Die Wirbel der Gesellschafftlichkeit hatten
ihn verschlungen. Grüsen Sie mir Kielmannseggen viel. Ich wollte ihn
an seinem Krankenbette besuchen. Der dritte Urteiler ist von denen
Elenden die verdamdt sind in Finsterniss des Eigendünkels ihr leben
zu verschleppen. Adieu Besorgungen sollen gemacht werden. Gotter ist
ein schielender Mensch. Pfuy über die Stelle seines Briefs. Das ist
eckelhafte unbedeutende Zweydeutigkeit. Sein gutes Herz -- Ja die guten
Herzen! Ich kenn das Pack auch.
18.
Goethe an Kestner.
Der unglückliche Jerusalem. Die Nachricht war mir schröcklich und
unerwartet, es war grässlich zum angenehmsten Geschenck der Liebe diese
Nachricht zur Beylage. Der unglückliche. Aber die Teufel, welches
sind die schändlichen Menschen die nichts geniessen denn Spreu der
Eitelkeit, und Götzenlust in ihrem Herzen haben, und Götzendienst
predigen, und hemmen gute Natur, und übertreiben und verderben die
Kräffte, sind schuld an diesem Unglück an unserm Unglück. hohle sie
der Teufel ihr Bruder. Wenn der verfluchte Pfaff.... nicht schuld ist,
so verzeih mirs Gott, dass ich ihm wünsche er möge den Hals brechen
wie Eli. Der arme iunge! wenn ich zurückkam vom Spaziergang und er mir
begegnete hinaus im Mondschein, sagt ich er ist verliebt. Lotte muss
sich noch errinnern daß ich drüber lächelte. Gott weis die Einsamkeit
hat sein Herz untergraben, und -- seit sieben iahren[10] kenn ich die
Gestalt, ich habe wenig mit ihm geredt, bey meiner Abreise nahm ich ihm
ein Buch mit das will ich behalten und sein gedenken so lang ich lebe.
Dank euch ihr Kinder alle, das ist heilsamer herrlicher Trost, wenn ich
euer Andenken seh, und eure Freude. Es war doch gut dass es so zusammen
kam, leben und Todt, Trauer und freud. Wie anders wie anders als wie
sich Goué solte erschossen haben. Lebt wohl Grüsst Lotten tausendmal.
Wie glücklich seyd ihr.
19.
Aus Kestners Tagebuche.
Goethe's Reise nach Wetzlar betr.
d. 6. Nov. 1772. Abends kamen zwey meiner Freunde aus Frankfurt an, der
Rath Schlosser und Doctor Goethe; Ersterer wegen Geschäften, Letzterer
um seine Freunde zu sehen.
d. 10. Nov. 1772. Schlosser und Goethe sind diesen Morgen nach
Frankfurt zurückgereiset. Wir sind fast immer beysammen gewesen,
welches mich etwas in meinen Geschäften zurückgesetzt hat.
20.Goethe's Schwester an Kestner.
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