2015년 4월 6일 월요일

Gestalten der Wildnis 11

Gestalten der Wildnis 11



Der Bär war überrascht und erschrak beim Anblick des schwarzen
Unwetters, das auf ihn niederging. Er war kein besonders großer
Bär, aber sie war eine besonders große Elen-Kuh. Falls er imstande
war, nachzudenken -- eine Frage, in der die Gelehrten sich scharf
widersprechen -- dann überlegte er vielleicht, daß dieser Hügel keine
besonders glückliche Gegend für ihn war. Zu viele Mütter und kaum
genug Pilze. Jedenfalls beschloß er, eiligst zu verschwinden. Und
diesen großen Entschluß führte er so geschwind aus, daß es ihm gelang,
einen gewaltigen Abstand hinter sein Hinterteil und diese furchtbar
schmetternden Hufe zu legen. Da empfand er, daß er sich mit einiger
Berechtigung Glück wünschen dürfe.
 
Die Luchsin hatte aus ihrem hohen Versteck den wilden Angriff
der Elen-Kuh auf den Bären beobachtet, und ihre blassen, runden
Augen standen in Flammen. Unhörbar verließ sie ihr Versteck -- das
schwache Opfer ließ keinen Schrei hören. Viel zu erfahren, viel zu
geschickt im Töten war die Luchsin! Sie wünschte keinen Kampf, der
die Aufmerksamkeit der Mutter von der Verfolgung des Bären abzog. So
verließ das unglückliche Kalb dies Leben, dem es eben erst seine Augen
geöffnet hatte und wußte nicht, wie ihm geschah. Die Luchsin schleppte
ihre widerstandslose, aber noch zitternde Beute eilig den Felsen
hinauf. So rasch wie irgend denkbar mußte sie das Kälbchen aus dem
Bereich seiner Mutter bringen.
 
Für ein Tier ihres Gewichts, nicht mehr als vierzig armselige
Pfund, war die Luchsin bewundernswert stark, und dabei war sie
leidenschaftlich in ihrem Entschluß. Dies Beutestück würde es ihr
möglich machen, im Bau zu bleiben, bis die Jungen die Zeit der völligen
Hülflosigkeit überwunden hatten. Nichts konnte sie mehr in die Ferne
locken. Aber trotz aller verzweifelten Anstrengungen war das armselige
Kälbchen mit seinen langen, schleppenden Beinen so unhandlich, daß sie
nur gefährlich langsam über die brüchigen Felsen klettern konnte.
 
Als die Elen-Kuh erfaßt hatte, daß der Bär ihr entronnen war, machte
sie eilends kehrt. Das leichte Moos flog unter ihren gespaltenen
Vorderhufen, so schnell eilte sie zu ihrem Kalb zurück. Dann fiel sie
in einen schlendernden Trott, dachte nichts Böses mehr und war stolz
darauf, den Feind so tapfer vertrieben zu haben. Da war das Junge nicht
mehr auf seinem Platz! Einen gewaltigen Satz tat sie vorwärts, ihre
lodernden Augen suchten die ganze Fläche des Hügels ab, und da sah sie
mit einem Blick nach der Höhe, was geschehen war!
 
[Illustration]
 
Als diese schwarze Rachegestalt donnernd auf sie zutobte, strengte die
Luchsin sich verzweifelt an, ihre Beute in Sicherheit zu bringen. Der
Abhang war an dieser Stelle so steil, daß ein Elen ihn kaum erklettern
konnte. Aber die verzweifelte Mutter schnellte sich dennoch empor, und
ihre vorgeworfenen Hufe trommelten zu beiden Seiten des toten Kälbchens
auf die Felsen. Im Augenblick verzagt, ließ die Luchsin ihre Beute
fahren und duckte sich mit bösem Fauchen. Dann sah sie, daß der Gegner
zu kurz gesprungen war, stieß wieder vor und senkte die Zähne aufs neue
in die Gurgel des Opfers.
 
Von ihrem wilden Sprung war die Mutter heftig auf die Keulen
zurückgefallen. Ohne den Stoß zu beachten, nahm sie einen neuen Anlauf,
und dann ging's abermals zum Angriff. Diesmal war sie weniger ungestüm,
und die Luchsin, die über die Schulter des Kälbchens nach ihr äugte,
war ohne Angst. Aber in Wirklichkeit war die weiße alte Elen-Kuh nie
so gefährlich wie gerade jetzt. Sie, die schon so manches Lebensjahr,
so manche Gefahr triumphierend überstanden hatte, sie wußte, wie ihre
Kraft am besten zu brauchen war. Und bei dem ersten Sprung schon hatte
sie gesehen, daß ihrem Jungen nicht mehr zu helfen war. Rache war
alles, woran sie denken konnte!
 
Bei diesem Angriff stemmte sie die beiden Hinterbeine ein und prallte
in einem wundervoll berechneten Stoß vor. Die Luchsin wurde völlig
überrumpelt. Nahe daran, das Gleichgewicht zu verlieren, klammerte
sie sich mit aller Kraft auf ihren Stützpunkt, in wütendem Zorn, mit
zitternden Ohren. Diesmal hatte sie sich gänzlich verrechnet. In
der nächsten Sekunde schon traf sie die Wucht eines der stampfenden
Vorderhufe, trieb ihren Kopf zwischen die Schultern -- und da torkelte
ihr zäher Körper, kraft- und willenlos über das tote Kälbchen hin.
 
Abermals fiel die Elen-Kuh zurück, denn es war ihr auf dem festen
Abhang nicht möglich, festen Fuß zu fassen, dann wiederholte sie den
wundervollen Sprung. Diesmal stampfte sie die beiden Körper ineinander
und ließ sie den Abhang hinunterkollern. Klar und unerbittlich in ihrer
Wut, fegte sie das Opfer sorgfältig zur Seite, trampelte seine Reste in
die Erde.
 
Als die Rache ganz vollzogen war, kehrte sie um, beschnüffelte
minutenlang zärtlich ihr Junges, und aus ihrer zottigen Kehle kamen
tiefe Schmerzenslaute. Stundenlang stand sie noch so, das Haupt
gesenkt, bewegungslos, bis der letzte Sonnenschein dahin war und der
Wald im tiefen Schwarz lag. Dann ging der Mond auf, warf sein weißes
Licht über die Baumspitzen und breitete sich wie eine blasse Hand über
den Felsen, bis er das traurig-grausame Schauspiel am Fuße des Hügels
beleuchtete. Da war es, als verstünde die Elen-Kuh plötzlich, daß das
Geschick sich unerbittlich vollzogen hatte. Sie hob das schwere Haupt,
sog die Nachtluft mit vollen Lungen ein, und lautlos verschwand sie in
den Zedern.
 
Ein oder zwei Stunden später pürschte sich vorsichtig der Bär wieder
heran. Erst versteckt, hatte er seine letzte Gegnerin abziehen
sehen, mit einem Ausdruck, als würde sie in diesem Forst nie wieder
erscheinen. Hocherstaunt kam er jetzt angetrottet, um eine Erklärung
für dies Wunder zu suchen. Die Erklärung war ganz nach seinem
Geschmack. Für die zerstampften Reste der Luchsin hatte er nur ein
verächtliches Grunzen, aber gesegneten Hungers machte er sich über das
herzhafte Mahl her, das ihm das Elen-Kalb bot. Glückselig saß er auf
seinen Keulen und genoß dies Fest, vielleicht mit einem Gedanken daran,
wie doch die Bären unter allen Geschöpfen der Wildnis die glücklichsten
seien. Das wäre zumindest eine kluge und richtige Betrachtung gewesen,
hätte er sie nur anstellen können, und nicht mehr als der gebührende
Dank für jene Mächte, die seine Art so großmütig bevorzugt haben.
 
Die kleinen Luchse in ihrem Lager, Säuglinge, die jetzt über allen
Begriff hungrig wurden und jammervoll weinten, schienen einem
langsamen und erbärmlichen Lebensende geweiht. Doch so grausam ist die
Natur nur selten. Voll Neugier, zu wissen, ob auf dem Hügel etwas Neues
passiert sei, kam der Fuchs durch die schwarzen Schatten geschlichen!
Aus dem Dickicht heraus beobachtete er den Bären bei seinem Festmahl
und begriff. Weiter durchforschte er das Hügelland und hörte das
Jammern der Kätzchen. Sich diesen Ton zu erklären, fiel ihm nicht
schwer. Noch eine kurze Erkundung, dann tauchte er in die Höhle unter.
Ein paar Schreie, die schwach aber tapfer klangen, und nun war auch
der Jammer von Hunger und Einsamkeit verklungen. Der Fuchs war viel zu
sachlich, um mit seinen Opfern zu spielen und sie zu quälen, wie irgend
ein Katzentier es getan hätte. Er tat sie auf einmal ab und schickte
sich schleunigst an, sie in seinen Bau zu schleppen. Denn obgleich er
selbst einen tüchtigen Imbiß wohl brauchen konnte, dachte er zuerst an
sein Weibchen und seine Kinder, denen er mit ganzem Herzen ergeben war.
 
Jetzt, da die schreckliche Luchs-Mutter den Hügel nicht länger
beherrschte, fing das kleinere Waldvolk wieder an ihn mit Vorsicht zu
besuchen. In der Nachbarschaft des verlassenen Lagers hielten sie sich
freilich nicht gerne auf, denn die Höhle im Gipfel konnte leicht einen
neuen, gefährlichen Mieter finden. Von den beiden Körpern am Fuße des
Felsens waren bald nur noch ein paar sauber und weiß geputzte Knochen
übrig, dann verödete der Ort. Ein paar wilde Hühner und Spechte wurden
seine einzigen Besucher.
 
So endete der Sommer. Als die Ahorn-Aeste sich langsam in herbstliches
Gelb kleideten, erschienen wieder ein paar Kaninchen, einzeln und in
Paaren, ein furchtsames, auseinander gestreutes Volk. Sie ließen sich
nieder, und da die Zahl ihrer Feinde geringer geworden, vermehrten sie
sich mit erstaunlicher Schnelligkeit, als wäre es ihr einziges Ziel,
die Erde zu bevölkern. Bald horchten ihre langen Ohren, äugten ihre
scharfen Augen wieder durchs Dickicht, empfindliche Nüstern witterten
jeden Windhauch, und flockige, weiße Spiegel hoppelten aus dem goldigen
Farrenkraut. Zwar liebten die Kaninchen den Zedernwald mit seinem
feuchten und schwarzen Moos, seinen halb versteckten Teichen nicht,
aber ein paar besonders abenteuerfrohe Gesellen unter ihnen streiften
überall hin.
 
An einem frischen Oktobermorgen, als die Birkenbäume schon ganz in Gold
getaucht zwischen den grauen Felsen des Hügels standen, streifte ein
tapferer Kaninchen-Rammler am Fuße des Hügels hin und stöberte jenes
Häuflein weißer Knochen auf. Erst erschrak er gewaltig und suchte
mit großen Sätzen Zuflucht im Dickicht. Aber da die Knochen keine
feindliche Haltung einnahmen, fühlte er sich bald beruhigt. Als er
sie lange genug angestarrt hatte, kam er zur Ueberzeugung, sie seien
harmlos. Mit verständnisloser Neugier umsprang er sie, dann ließ er
sich wie ein Wachtposten auf dem Spiegel nieder, die langen Ohren in
närrischer Wachsamkeit gespitzt. Nichts wäre ihm weniger in den Sinn
gekommen, als die Tatsache, daß er und die Seinen verantwortlich waren
für dieses Häuflein bleichender Gebeine.
 
 
 
 
Unter gespenstischen Lichtern
 
 
In jene ungeheure Tiefe drang nie ein Strahl von Licht, sie lag eine
halbe Meile unter der wild gepeitschten grünpurpurnen Fläche des Ozeans
und ihren milchweißen Schaumkämmen. Die seltsamen Bewohner dieser
Tiefen konnten nicht bis zu den sonnenbestrahlten Flächen emporsteigen,
durften nie erfahren, wie es dort oben war. Sie waren für gewaltigen
Druck gebaut, unter dem sie geboren waren -- bei einer Reise zum Licht
wäre ihr Gerüst zerstört, wären ihre Eingeweide nach außen gedreht,
ihre Augen aus den Höhlen gerissen worden, und die zerbrechlichen
Gewebe ihres Körpers hätten zerfallen müssen. So lebten sie ihre Jahre
hin, ohne zu wissen oder zu ahnen, was Sonne ist, in einer Ruhe, die
auch der wildeste Orkan nicht stören konnte.
 
Und doch waren diese Tiefen nicht in völlige und ewige Dunkelheit
versenkt. Dann und wann verbreitete ein Schwarm zarter Infusorien vom
Stamm jener Lebewesen, die nachts an der Oberfläche der See leuchten,
ein Fleckchen nebelhaften Schimmers. Dann und wann kam ein blasser,
trügerischer Schein, der immer wieder verlosch und wie ein Atemzug
neu auflebte, von den weithin gebreiteten Büschen jener seltsamen
pflanzenähnlichen Geschöpfe, die man Seelilien nennt. Und aus dem
weiten Beben des tangbestreuten Meeresgrundes stieg ein seltsam
phosphoreszierendes Leuchten auf, das die Dunkelheit bekämpfte. So
herrschte für Augen, die empfindlich genug waren, diese leichten
Bewegungen wahrzunehmen, etwas wie gespenstisches Zwielicht, das sich
zumindest in Lichtflecken über das Bett der Tiefsee hinzog.
 
Neben diesem unruhigen Schimmer, der stets an seiner eigenen Schwäche
hinzusterben schien, tauchte ab und zu ein Schwarm von Glühwürmern auf,
die unter irgend einem Riff oder einem Busch von Lilien erstrahlten,
um Sekunden später wieder zu verlöschen. Oft auch entflammten ein
paar bescheidene Lämpchen in blauen oder violetten Farben, die sich
in sanfter Bewegung rechts und links neigten, als ob ein unsichtbarer
Träger das grausige Dunkel mit ihnen absuchte. Auf beiden Seiten
dieses unkenntlichen Geschöpfs schimmerten blasse, lichte Büschel,
helle Augen leuchteten auf, wurden größer und verschwanden. Manchmal
bewegte sich durch das Dunkel etwas wie ein anderes Wesen, gleichsam
das Gespenst eines Lichts; zwei lichte Büschel wehten von seiner Nase,
seine Flossen schimmerten wie durchsichtige Nebel, und auf jeder Seite
trug es eine doppelte Reihe sanft glühender Punkte. Oft folgte ihm eine
größere Gestalt, geisterblaß, der Kopf gewaltig groß und lang, der
Körper bebend und stürzte sich wie zur Flucht ins Gewirr der Seelilien.
Gespenstische Lichter hasteten immer, in irgendwie phantastischer Form
durch das lautlose Dunkel. Ueber einem Ding, das wie ein riesiger
flacher Stein aussah, schwebte, zwei Fuß hoch, ein Büschel violetter
Flammen, gleichsam eine Aureole zartleuchtender Gewebe, die wie Flaum
aus einem Keim schwachen Lichts erwuchsen. Diese leuchtende Blüte
hing, das verriet ihre duftige Durchsichtigkeit, an der Spitze eines
dünnen Rohrs, das leise schwankte, obwohl in dem umgebenden Wasser
keine Bewegung war. Diese Stütze aus Rohr schien aus einem flachen
Felsstück zu wachsen, dessen schwärzliche Ränder im bewegten Schatten
des Schlammes ringsum verschwanden. Die schöne kleine Flamme zitterte
manchmal, manchmal zerrte sie an ihrer Stütze, manchmal verblaßte sie bis zur Unsichtbarkeit, um dann wieder in hellerem Glanz aufzustrahlen, im ganzen hatte sie eine Lebhaftigkeit, für die sich kein Anlaß zeigte.

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