2015년 4월 6일 월요일

Gestalten der Wildnis 1

Gestalten der Wildnis 1


Gestalten der Wildnis
 
Author: Charles G. D. Roberts
 
 
INHALT
 
 
Seite
 
Wie der »Oberst« zu Gallaghers kam 7
 
Der See-Tiger 25
 
Eindringlinge 42
 
Ismael in den Schierlingstannen 57
 
Ein Jahr ohne Kaninchen 71
 
Unter gespenstischen Lichtern 86
 
Stromfahrt durchs Feuer 101
 
Mütter des Nordens 122
 
Ein bedrängter Hausvater 132
 
Puck im Zwielicht 150
 
Schläfer im Schnee 164
 
 
 
 
Wie der »Oberst« zu Gallaghers kam
 
 
Die Mannschaft in Gallaghers Lager war nur klein. Acht Paar Fäuste
außer Boß und Koch.
 
Die weitabgelegene und eng begrenzte Waldfläche, die sie abzuholzen
hatten, lag in dem Tal, in dem der wilde Ottanoonstrom aus einem Teich
entspringt. Aus unerforschlichen Gründen haben die Holzfäller es
das »Zwei-Seen-Tal« genannt. Heute, es war heiliger Abend, war viel
Unzufriedenheit im Lager, die der große Tim Gallagher, der wohlwollende
Boß, nicht beruhigen konnte. Selbst Jimmy Dillyhunt, der findige Koch,
wurde ihrer nicht Herr, so beredt er auch den Plumpudding schilderte,
den er für morgen vorbereitete. Einen Plumpudding mit viel Rosinen,
der in heißer, würziger Sauce dampfte! Was die Jungens brauchten, war
frisches Fleisch. Das ewige: Salzfleisch, Pökelfleisch, Salzfleisch,
Pökelfleisch hatten sie satt bis zum Hals. Sie hatten für Weihnachten
auf Gänsebraten gerechnet und zwar auf viel. Und wenn es nicht Gans
war, dann frischen Rostbraten, recht blutig und saftig und braune Sauce
dazu, soviel, daß die Kartoffeln drin schwammen.
 
Und jetzt wieder Pökelfleisch! Anscheinend gab es davor kein Entrinnen.
 
Der kleine Pat Nolan brachte das Empfinden Aller zum Ausdruck, als er
brummte:
 
»Wenns nicht eine Sünde wär', möchte ich sagen, daß ich Schweine hasse!
Ich habe soviel davon im Bauch, daß ich im Schlafen schon grunze!«
 
Der Boß hatte keine Schuld, noch viel weniger Jimmy Dillyhunt. Ein ganz
unerwarteter Schneefall, Sturm auf Sturm, Orkan auf Orkan hatten die
Waldwege plötzlich so tief vergraben, daß man aus den weitabgelegenen
Bauernhöfen keine frischen Vorräte beziehen konnte. Wann diese Vorräte,
frisches Fleisch und Gemüse, die Zufriedenheit und gute Laune in den
Holzfällerlagern erhalten, zu beschaffen waren, wußte niemand.
 
Um die Geschichte noch schlimmer zu machen, waren die großen
Seeforellen, die das Jahr zuvor noch den Zwei-Seen-Teich bevölkerten,
durch eine Bande von Dynamitwilderern glatt ausgerottet worden. Um
allem die Spitze aufzusetzen, waren Elen und Renntier anscheinend in
Geschäfte verwickelt, die sie irgendwo anders festhielten. Während der
letzten vier oder fünf Tage waren zwei der Männer immer unterwegs,
um ein Elen oder Renntier zu schießen oder vielleicht einen Bären im
Winterschlaf zu erlegen. Aber nicht ein armseliges Kaninchen hatten sie
nach Hause gebracht.
 
An diesem Nachmittage also hatten die Burschen zeitig aufgehört zu
arbeiten, um den heiligen Abend zu feiern und sich recht bequem
und behaglich ihrem Mißvergnügen zu überlassen. Um den warmen Ofen
gelagert, oder schlemmerhaft in die Koje verkrochen, verwandten sie
alles was sie an Geist besaßen, darauf, Tim Gallagher, den Boß, zu
necken, oder auf dem fleißigen und vielgeplagten Jimmy Dillyhunt herum
zu hacken.
 
Mit dieser Art Zeitvertreib schafften sie sich ein bißchen Aerger
vom Herzen. Es war wirklich unterhaltend, zu sehen, wie Jimmy
sich beim Brotkneten in Hitze bringen ließ, wie er endlich sein
mehlverkleistertes Gesicht zeigte und schreckliche Beleidigungen
gegen die Vorfahren seiner Gegner ausstieß, oder wie er die beiden
teigigen Fäuste hob, auf und ab sprang und jeden seiner Quäler zum
blutigen Boxkampf herausforderte. Da Jimmy nicht nur ein erstklassiger
Boxer, sondern vor allem ein mehr als vorzüglicher Koch war, wurden
diese Kämpfe aber immer in elfter Stunde durch eine Entschuldigung
verhindert. Man durfte es nicht zulassen, daß ein Koch wie er sich
ernsthafter Gefahr aussetzte.
 
Der Boß seinerseits wurde aus zwei gewichtigen Gründen niemals wütend.
Erstens war er verträglich und liebte es, wenn die Jungens ihren
Spaß hatten, selbst auf seine Kosten. Außerdem hatte kein Mensch die
Absicht, ihn wirklich zu ärgern. Es war eine weit verbreitete und tief
begründete Ueberzeugung: wenn Tim Gallagher wirklich einmal wütend
würde, wäre es für jemand sehr unangenehm -- und dieser jemand würde
nicht Tim sein.
 
Wenn also wirklich einmal (es geschah nicht oft) die Neckerei der
Jungens ihm unangenehm wurde, legte der Boß sein verwittertes Gesicht
in gewisse Falten, und sofort verlor selbst Eph Babcock jeden
Stachel. So sehr auch Tim Gallaghers Autorität angetastet werden
konnte: es genügte, daß er ein ernsthaftes Gesicht machte, sie wieder
aufzurichten. An diesem heiligen Abend aber fanden die Burschen, obwohl
sie nur ins Lager gekommen waren, um zu schimpfen, daß selbst Schimpfen
und Jimmy ärgern seinen Reiz verlor. Der lange Eph und Evan Morgan, die
an diesem Morgen gejagt hatten, waren mit leeren Händen zurückgekommen.
Alles versank in Melancholie. Sie fingen an, zu besprechen, was sie
gern zu essen hätten, wenn Tim Gallagher sie nicht so kurz hielte, und
wenn sie einen Koch hätten, dessen Kopf keine Teigkugel wäre.
 
»Der Teufel hole deinen Plumpudding, Jimmy,« sagte der lange Eph, und
dann fiel ihm ein, daß Jimmy Dillyhunt französischer Abstammung war.
 
»Gib uns was von deiner patty dee foy grass, oder Froschragout.«
 
»In dem Topf, den ihr kriegt, ist sowas drin,« antwortete Jimmy in
einem Englisch, das kein bißchen ausländisch klang.
 
»Was ich möchte,« murmelte Pat Nolan in einem Ton von Verklärung, »das
wäre gebratener Truthahn mit Trüffeln und Austern, wie wirs damals in
Frederikstown hatten. Ob ich sowas je wieder in die Futterlade bekomme?«
 
Bei dieser Vorstellung litt jeder Tantalusqualen, und sogar der Boß
schimpfte: »Hör auf, Pat!«
 
»Jungens,« schrie Evan Morgan mit einem seligen Blick in den Augen, so
wie seine Waliser Vorfahren dreingeschaut haben müssen, wenn sie unter
den Türmen von Harlech dem Klang der Harfen lauschten -- »Jungens,
hat je einer von euch so einen saftigen Bärenschinken gegessen, einen
Bärenschinken mit Blaubeeren?«
 
»Meinst du, du allein,« schimpfte Sam Oulton aus seiner Koje mit einer
Stimme, die unter den Qualen der Erinnerung giftig klang.
 
»Sei gut, Sammy,« ulkte Eph Babcock, der lange Mann aus Androscoggin,
»häng heut Nacht deine Strümpfe 'raus. Wenn sie nicht schmutzig
sind, kommt vielleicht der heilige Nikolaus und wirft dir ein Stück
Bärenschinken 'rein.«
 
Der schwere Körper des Boß, der gleichgültig auf der Ofenbank lungerte,
saß plötzlich kerzengerade da. Gallagher hatte ein scharfes Ohr, und er
hörte nicht auf das Geschwätz seiner Leute.
 
»Aufgepaßt, Jungens,« sagte er, »irgend jemand kommt!«
 
Durch den Schnee vor dem Tor kamen Schritte, schwer, aber schlürfend
und unsicher.
 
Daß ein Besucher, ein einsamer Fußgänger in dieser Jahreszeit den Weg
zu einem so abgelegenen und einsamen Lager wie dem Gallaghers fand,
war etwas Unerhörtes. Die Holzfäller sind meistens abergläubisch.
Sie dachten sofort an den Klabautermann oder an ein schreckliches
Schneegespenst. Das Haar stand ihnen zu Berge, totstill wurde das Lager.
 
Aber Eph Babcock war in erster Linie neugierig. Obwohl auch er
abergläubisch war, hätte er der Abwechslung halber selbst Beelzebub
willkommen geheißen. Er tat einen Schritt auf die Tür zu. Pat Nolan lag
es auf den Lippen, zu schreien: »Geh' nicht!« Aber er beherrschte sich.
 
Eph stieß die Tür weit auf.
 
Im nächsten Augenblick lief er mit einem halbunterdrückten Schrei
zurück und langte nach seinem Gewehr, das an seiner Bettstelle lehnte,
gerade hinter dem Sitz des Boß.
 
Schnurstracks in den Raum, geblendet vom Lampenlicht, aber nicht erschreckt durch den Anblick menschlicher Gesichter, kam mit wiegendem Schritt ein riesiger schwarzer Bär.

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