2015년 4월 6일 월요일

Gestalten der Wildnis 2

Gestalten der Wildnis 2



Als er das Ende des langen Tisches erreicht hatte, hob sich der
seltsame Gast auf die Hinterfüße und so stand er da, eine mächtige
Gestalt wie Tim Gallagher, die großen Pelzpfoten demütig über der
breiten Brust gekreuzt. Flehend blickte er um sich, dann begann er zu
keuchen wie ein Motor, denn in der rauchigen Luft fing seine Nase einen
rätselhaften, aber im ganzen höchst erfreulichen Duft auf.
 
Jimmy Dillyhunt ließ sein Taschenmesser einschnappen und kroch
bescheiden hinter seinen Kochherd. Er empfand, wie wertvoll das Leben
eines Kochs war. Die übrigen Burschen, die natürlich nicht erschrocken,
aber beim Erscheinen eines gänzlich Fremden in ihrer Mitte etwas
verlegen waren, hatten sich im Augenblick höchst bescheiden in ihre
Kojen zurückgezogen. Alle, außer Evan Morgan. Der konnte sie nicht
erreichen und stand deshalb sehr aufrecht und respektvoll, kein bißchen
herausfordernd, in der nächsten Ecke -- das heißt, in der Ecke, die für
ihn die nächste war, nicht für den Bären. Alle Aexte waren draußen,
und die einzigen Flinten, außer der Eph Babcocks, standen in der Tür
unmittelbar hinter dem Bären. Evan Morgan sah sie nachdenklich an, aber
sie schienen ihm zu weit weg. Nur der Boß war nicht überrascht. Er
behielt seinen Platz und betrachtete kaltblütig den Gast.
 
Vielleicht zehn Sekunden lang stand der Bär bewegungslos und schien
den überraschten Augen in diesem Kreis größer als ein Elefant. So
still war es, daß das Rascheln einer Maus im Dach wie Gepolter klang.
Einen Augenblick sah der Bär bestürzt aus. Dann fielen seine Augen auf
einen großen Blechtopf, der nahe vor ihm auf dem Tisch stand. Vor zwei
Minuten noch war der Topf voll dampfender Bohnen gewesen, die Jimmy
gerade in ein anderes Gefäß geleert hatte. Jetzt war außer ein paar
Bohnen nur der verführerische Duft zurückgeblieben.
 
Gierig, aber doch mit einer gewissen Schüchternheit, streckte der
Bär seine mächtige Pfote aus, zog den Topf zu sich und begann ihn
auszulecken, wobei er ein höchst unmanierliches Geräusch machte. In
diesem Augenblick hatte Eph Babcock sein Gewehr erreicht, riß es vom
Haken und hob es an die Schulter. Aber bevor er den Drücker berühren
konnte, fiel ihm eine gewichtige Hand auf den Arm.
 
»Halt, wart!« befahl der Boß in einem leisen, aber sehr bestimmten Ton.
Er glaubte, daß der enge Raum kein gutes Feld für einen Kampf auf Tod
und Leben sei.
 
Babcock hielt an und wartete, obwohl er der Meinung war, der Boß sei
närrisch geworden. Er nahm das Gewehr von der Schulter, sah in das
Magazin und machte ein Gesicht wie ein Schaf.
 
»Nicht geladen!« murmelte er in einem Ton von Entschuldigung, aber ohne
zu sagen, ob sie dem Boß oder dem Bären galt.
 
»Wir sollen wohl den schönen fetten Schinken verlieren, den Evan
gemeint hat!« protestierte Sam Oultons Reibeisenstimme aus einer Koje
heraus. Aber ein verhaltenes Brummen kam aus der ganzen Reihe von
Betten, denn alle stellten fest, in welch peinlicher Lage Eph Babcock
war. Er hatte keine Patronen, und jeder konnte sehen, wo die Patronen
waren. Wohl gefüllt hingen zwei Gürtel an einem Haken.
 
Auf Oultons Widerspruch gab der Boß keine Antwort. Anscheinend war er
durch den Bären zu abgelenkt, um auf irgend etwas anderes zu achten.
Die meisten der Burschen in ihren Betten konnten sich jetzt nicht
mehr verhalten, ihre Ratschläge zu geben, wie irgend ein anderer die
Patronen greifen und sie Eph Babcock hinüberreichen könnte. Aber keiner
der zweifellos guten Ratschläge wurde ausgeführt. Denn gerade in
diesem Augenblick wurde das Verhalten des Gastes so bemerkenswert, daß
jeder vergaß, was er selbst hatte sagen wollen.
 
Als er den Topf leergeschleckt hatte, sah der Bär auf und winselte. Es
war klar, daß er Bohnen gern fraß und mehr davon wünschte. Er schien
schlichte Hausmannskost zu schätzen, und das entlockte den Helden in
den Kojen lange Seufzer der Erleichterung.
 
Der Bär schwankte unruhig von einem Fuß auf den andern, dann nahm
er den Topf in seine Vorderpfoten, machte Kehrt und marschierte
geradeswegs auf Jimmy Dillyhunt zu. Es war eine rührende Bitte, aber
Jimmy schien sie absolut nicht zu verstehen. Mit dem Messer um sich
fuchtelnd, protestierte er laut gegen die besondere Beachtung, die
er unter seinen Kameraden nicht verdiene. In fliegender Eile gab er
seinen Platz hinter dem Kochherd auf und erreichte die Gesellschaft
Evan Morgans in dessen Ecke. Evan, der gerade im Begriff war, seine
Selbstbeherrschung wieder zu erlangen, grunzte unliebenswürdig: »Warum
so eilig, Jimmy?« Aber Jimmy brachte keine Antwort heraus.
 
Enttäuscht über das plötzliche Verschwinden eines Menschen, von dem er
so viel erwartet hatte, ließ der Bär seine allzu leere Schüssel auf
den Boden fallen. Das laute Klirren erschreckte ihn, und er sprang
mit einem Hops zur Seite, wie ein Mädchen, das beinahe in eine Pfütze
getreten wäre. Dabei aber bekam er den großen Topf mit Bohnen zu sehen,
den Jimmy zum Aufwärmen vorn auf den Herd gestellt hatte. Wie gut sie
rochen! Mit einem Brummen tiefer Befriedigung nahm er ein Maul voll.
 
Nun waren die Bohnen, ganz gewiß ein vorzügliches Gericht, nicht
für ihn angerichtet. Sie waren heiß. Der Bär war erschreckt und
schmerzlich berührt, als er merkte, wie heiß sie waren. Die Augen
geschlossen und die Kinnbacken verkrampft, versuchte er, sie im Maul zu
behalten. Aber es war zuviel für ihn. Mit einem lauten »uuh« spuckte
er sie auf den Boden. Und dann warf er einen erbärmlichen Blick rund
um sich, während er bald mit der einen, bald mit der anderen Tatze
wehleidig seine Nase rieb. Sein Blick rührte Pat Nolan, dem gutherzigen
kleinen Iren schien er ein berechtigter Vorwurf.
 
»Ich hab das nicht gemacht, ich nicht!« murmelte er im Ton herzlichen
Bedauerns. »Es war ein gemeiner Witz, natürlich von Jimmy. Mindestens
hätt' er dich warnen sollen.«
 
Irgend etwas in Pats Stimme schien dem Bären zu sagen, daß er bei ihm
die Teilnahme finden würde, die bei dem ganzen Empfang bisher gefehlt
hatte. Halb im Zweifel, aber nicht ohne Hoffnung, watschelte er quer
durch den Raum auf Nolans Koje zu.
 
»Hab ich dir nicht gesagt, daß ich's nicht war!« protestierte Nolan
leidenschaftlich. »Heiliges Ofenrohr, kann keiner von euch Kerls was
tun, daß er mich in Ruhe läßt?«
 
»Das Gewehr rüber, Eph!« zischte Sam Oulton, der in seiner Koje
krampfhaft herumgestöbert hatte. »Ich hab ein paar Patronen gefunden!«
 
Der Boß wollte dazwischen treten und ebenso Evan Morgan, der von Bären
mehr verstand als die übrigen Holzfäller zusammen. Aber Eph Babcock
hatte das Gewehr schon ergriffen, und eifrige Hände reichten es hinüber
in Oultons Koje. Doch auch der Bär hatte es gesehen, und unter einem
Chorus von Rufen des Staunens sprang er sofort danach. Gerade als die
Flinte in Oultons Koje ankam und Oulton die Hände ausstreckte, um sie
zu greifen, kam auch der Bär. Er war schneller, streckte seine schwere,
schwarze Pfote aus und packte die Flinte. Oulton verschwand wieder in
seinem Bette wie der Kopf einer Schildkröte in ihrer Schale. Der Bär
aber nahm das Gewehr mit einem Ausdruck von Triumph über die Schulter
und salutierte, stramm wie ein Soldat.
 
»Gott sei Dank, daß sie nicht geladen ist, Sammy,« piepste Shorty
Johnson mit Fistelstimme aus dem Bett nächst der Tür. »Der Herr Oberst
hätt' uns alle damit aus dem Lager 'rausgejagt.«
 
Der Boß und Evan Morgan -- und auch der kleine Pat Nolan, der
allmählich gemerkt hatte, daß mit diesem Bären was Besonderes los war,
erlaubten sich, zu lachen. Die anderen aber blickten völlig verblüfft
auf die unbegreifliche Vorstellung, die der schreckliche Gast ihnen
gab. Für sie war es nur Zeichen einer übernatürlichen, also natürlich
teuflischen Intelligenz. Sie hätten sich nicht mehr gewundert, wenn der
Bär jetzt zur Tür gegangen wäre, den Patronengürtel heruntergenommen
und die Waffe geladen hätte, die er so geschickt über der Schulter
trug. Aber als er nicht aufhörte zu salutieren, den Rücken zur Tür,
fingen sie an, zu Verstand zu kommen. Auch Sam Oulton erschien wieder
auf der Bildfläche. Ohne zu bemerken, daß der Boß und Evan Morgan
grinsten, steckte er den Kopf vor und schrie:
 
»Jetzt, Jimmy! Jetzt ist der Moment! Rasch, Mensch, setz' den Topp
Bohnen draußen in den Schnee! Er geht hinterher. Dann können wir ihn
draußen umbringen.«
 
Aber Jimmy hatte keine Eile, in die Bresche zu springen, obwohl die
Bohnen eigentlich sein Ressort waren.
 
»Geh du und setz den Topf 'raus, Kleiner,« schlug er hinter dem Rücken
des Boß vor, »du bist der nächste!«
 
»Halt den Mund, Jimmy,« unterbrach Pat Nolan, »wozu ein so freundliches
Biest umbringen? Schau, was er sich für Mühe gibt. Er macht
Kunststücke!«
 
»Der Teufel soll die Kunststücke holen!« schnarrte Sam, »der gibt
frisches Fleisch für einen ganzen Monat!«
 
Aus mehr als einer Koje kam Widerspruch gegen Oultons blutdürstige
Aeußerung, so plötzlich schlug die Stimmung im Lager um. Evan Morgan
widersprach sogar sehr deutlich.
 
»Kannst du immer nur an deinen verdammten Bauch denken?« fragte er.
 
Sam Oulton wurde wütend.
 
»Was ihr Kerls braucht, ist 'ne Saugflasche,« schimpfte er. »Wenn das
Lager ein verdammter Kindergarten geworden ist, dann werd ich das Biest
allein umbringen!«
 
Und er tauchte, aber noch mit einer gewissen Vorsicht, aus dem Versteck
seiner Koje auf.
 
Jetzt schien dem Boß, der die Situation allmählich verstanden hatte,
sein Augenblick gekommen. Das Gewehr über der Schulter, stand der Bär
noch immer da und salutierte. Aber es sah aus, als wartete er auf etwas.
 
»Marsch!« sagte der Boß mit scharfer Stimme.
 
Sofort marschierte der Bär vorwärts, mit strammen, aber vorsichtigen
Schritten, quer durch den Raum und direkt durch die Gruppe, die der
Boß, Evan Morgan, Eph Babcock und Jimmy Dillyhunt bildeten. Der Boß und
Evan erwarteten ihn ruhig. Aber Eph und Jimmy drückten sich ängstlich
auf die andere Seite des Tisches.
 
»Halt!« kommandierte der Boß, ehe der Bär zu nahe gekommen war.
 
Der Bär machte Halt und jeder stieß einen Seufzer aus.
 
»Jetzt, Sammy,« begann der Boß im Ton eines Orakels. »Jetzt laß das
Geschwätz von Umbringen. Hast du keine Augen im Kopf? Es ist ein zahmer
Bär, das ist er! Und glückselig, daß er zu Freunden kommt. Der ist lang
genug im Wald 'rum geirrt. Gib acht, was für ein famoser Kerl das ist.
Achtung!«
 
Auf das plötzliche, scharfe Kommandowort hin stand der Bär stramm. Aber
er versuchte es zu rasch. Die Flinte fiel aus seiner breiten Pelzpfote
und ratterte auf den Boden. Er zuckte nervös und klemmte die Augen
zusammen, als erwartete er einen Hieb.
 
Zweifellos hatte Tim Gallagher recht. Es war ein dressierter Bär, der
gekommen war, um Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen. Entzückt wie
Kinder, sprangen die Männer aus ihren Betten.
 
»Famos ist der Oberst! Tu ihm nichts, weil er die Flinte hingeworfen
hat, Tim!« schrie Johnson.
 
»Vielleicht studier' ich einen Ringkampf mit ihm ein,« sagte Eph, »das
wär' was für den heiligen Abend!«
 
Oulton kroch verdrießlich in die Tiefe seiner Koje zurück und biß ein
extra großes Stück Kautabak ab, um seine Zunge zu bändigen. Er sah ein, daß er zu sehr in der Minorität war.

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