2015년 4월 7일 화요일

Gestalten der Wildnis 12

Gestalten der Wildnis 12


Plötzlich erspähte einer der gespenstigen Fischkörper mit doppelter
Linie glühwurmartiger Punkte auf den Seiten und riesigen weißlichen
Augen die zitternde Flamme und nahm Richtung, sie zu erforschen.
Der Besucher war klein, kaum einen Fuß lang und schien deswegen mit
einiger Bescheidenheit aufzutreten. Doch als er näherkam, glaubte
er, dies kleine violette Licht sei etwas, das man nicht nur mit
Behagen essen, sondern auch ohne Gefahr in Besitz nehmen könnte. Er
beeilte sich, daß nicht irgend ein hungriger Wanderer ihm zuvorkäme.
Abgesehen von seiner seltsamen Beleuchtung machte er den Eindruck eines
gewöhnlichen Fischleins aus höher gelegenen Wassern. Aber im Sturm auf
das Flammenbüschel tat er einen erschreckend weiten Rachen auf, einen
Rachen, aufgerissen bis zum Scheitel seines langen Kopfes!
 
Die kleine Flamme entwischte zur Seite und beugte sich zierlich zum
Grund, als hätte sie Augen und wollte dem Angriff geschickt ausweichen.
Gleich darauf geschah etwas Entsetzliches. Der flache, schwarze Block,
der die Flamme getragen hatte, klaffte auf. Es tat sich eine Höhle auf,
mit langen Zähnen bewehrt, die alle nach innen strebten. Der tollkühne
Gespensterfisch war gefangen. Mit Schnappen schloß die Höhle sich;
rechts und links schimmerten, wo sie gewesen war, zwei blasse, kalte
Totenaugen. Ihr Phosphoreszieren dauerte nur eine Sekunde oder zwei,
dann schien der schwarze Stein wieder eine leblose Platte wie zuvor,
an der Augen wie dumpfe Warzen saßen. Und wieder stieg das violette
Flämmchen sanft empor, zitterte und bewegte sich grundlos wie zuvor.
 
Plötzlich aber ging die Flamme aus, verlöschte ganz. Eine Reihe harter
Stöße hatte die Wasser durchzuckt. Auch alle die anderen Lichtchen
in der Nachbarschaft verlöschten plötzlich, die Glühwurmbüschel, die
flimmernden Punkte und Sterne, die suchenden Augen und gespenstigen
Lichtbüschel, ja selbst das bläßliche Leuchten der unerschütterlichen
Seelilien war nicht mehr. Nichts war mehr zu sehen als die Nebelflecken
der Infusorien und trügerischer Schein über dem Schlammbett. Irgendwo
im Dunkel, viel zu weit, um sichtbar zu sein, aber nahe genug, sich
schrecklich fühlbar zu machen, tobte eine Schlacht von Giganten.
Für all die kleineren Wesen der Unterwelt hieß das »Licht aus und
nicht gerührt!« Selbst jener große Steinblock von Kreatur, der doch
sieben oder acht Fuß lang war und gut zwei Fuß breit -- dort wo
sein Höllenmund sich geöffnet hatte, wünschte die Aufmerksamkeit
dieser Kämpfer nicht auf sich zu lenken. Er hielt seinen zarten,
violett schimmernden Köder gut versteckt und freute sich, unter allen
Steinblöcken auf dem Meeresgrund am wenigsten beachtet zu sein.
Allmählich verschwand die Unruhe, wieder lag das Wasser in schwerer
Ruhe. Als erste Tiefseebewohner, die Vertrauen faßten, suchten die
Seelilien das Dunkel, das eine unwiderstehliche Lockung für alle Arten
zartlebender Organismen war, die ihr zuschwammen oder zuwehten, um von
den fleischgierigen, immer hungrigen Blumen verschlungen zu werden.
 
Bald ließen auch andere vorsichtige Geschöpfe ihr Geisterlicht wieder
ausstrahlen, nahmen ihr Schweifen, Schwimmen und Krabbeln wieder
auf, -- Fische, Krebse, Seesterne, Krabben, mächtige Seeigel und
purpurschwarze Rochen. Zu allerletzt schwenkte der riesige Wegelagerer,
der Tiefseeräuber, seine liebliche violett schimmernde Todeslampe
wieder über dem geheimen Abgrund seines Rachens.
 
Die Geistertiefe war keineswegs verlassen, wenigstens nicht in dieser
Region. Geheimnisvoll geschäftiges, fast unsichtbares Leben schwärmte
überall, jagte und wurde gejagt; aber ein paar Augenblicke lang kam dem
schwebenden Köder nichts mehr nahe. Das Ungeheuer verlor die Geduld.
Sein Hunger wuchs, es lebte doch nur, ihn zu befriedigen! Aber da es
bei aller Kraft keine Schnelle besaß, die Beute zu verfolgen, konnte
es nichts tun, als warten, immer tiefer in dem Schlamm versinken, der
sein Versteck sicher machte. Sein einziger Ausdruck von Ungeduld war
gesteigertes Wiegen und Beben des violetten Flämmchens am schlanken
Rohr.
 
Ganz unerwartet wurde solcher Eifer belohnt. Das Licht erregte die
Aufmerksamkeit einer drollig aussehenden krabbenartigen Kreatur,
deren kleiner, runder, rosenfarbiger Körper sich auf unendlich langen
Stengeln von Beinen bewegte. Seine Freßpartie war fast so groß wie
sein Körper, und vom Kopf hingen zwei peitschenähnliche Antennen oder
Fühler, die in ihrer Endlosigkeit fast noch lächerlicher waren als
die Beine. In seinen Fühlern mochte irgend ein geheimnisvolles Organ,
die Umgebung wahrzunehmen, verborgen sein, denn das Tier bemerkte
das zitternde Violett der Flamme. Wo seine Augen hingehörten, da
waren nur zwei schwarze Punkte, eine Art Nagelköpfe und dürftige
Andeutung dessen, was bei einem seiner Tiefseevorväter Augen
gewesen sein mochten. Dennoch, wie immer es geschehen sein mochte,
die Storchenkrabbe hatte den Köder wahrgenommen. Tolpatschig, aber
mit großer Geschwindigkeit pürschte sie sich heran, ihre mächtigen
Kinnbacken arbeiteten gierig.
 
Ein anderer Landstreicher hatte das lockende Violett gleichzeitig
wahrgenommen! Ein riesiger Purpurkrebs, stark wie eine Languste,
schwamm vom Rücken heran. Der konnte freilich sehen, denn er trug
ein Paar ausschweifend großer Augen und jedes dieser Augen hatte ein
breites weißes Licht, strahlend wie eine Automobillampe. Er sah nicht
nur den Köder, sondern auch den langbeinigen Rivalen, der sich von
der Seite heranpürschte, und in eifersüchtiger Hast schoß er auf die
Beute. Beide kamen gleichzeitig an, das Flämmchen gab sein Winken auf
und sank. Beide verfolgten es, krachten aneinander und verschwanden in
einer schwarzen Höhle, die ihnen jählings entgegenklaffte. Die Höhle
tat nur einen saugenden Laut, dann schloß sie sich mit Schnappen. Für
Sekunden erwachten die fahlen Augen an ihrer Seite, glühten im satten
Grün und verloschen abermals. Dann wieder hob die violette Flamme sich
lockend über schlammigem Grund. -- -- --
 
Der nächste Passant sah so stattlich aus, daß man glauben mußte,
der Wegelagerer würde sich erschreckt vor ihm in Schatten hüllen.
Es war ein gewaltiger Tintenruderfisch, gut achtzehn Fuß lang, mit
zwei langen, dünnen Floßfühlern, die wie ein Paar Ruder von den
Seiten seines Kopfes weg schwenkten. Für seine Größe war der Körper
außerordentlich schlank, kaum einen Fuß im Durchmesser, er trug eine
Rückenflosse, die vom Schwanz bis zum Ende des Kopfes reichte. Auf dem
Kopf aber krönten diese Flosse ein paar schwere Stacheln, wohl zwei Fuß
lang, die drohend über der Schnauze des Besitzers wachten. Der Körper
war silbrig, in einer Art Kleid, das mattgrün phosphoreszierte.
 
Gleichgültig schwamm der Ruderfisch das zitternde lila Lämpchen an,
das, so bedrohlich er aussah, sein Kommen kühn erwartete. Als er
herankam, tat er ein schmales, nicht sehr gefährliches Maul auf,
natürlich verschwand das Licht. Die Höhle darunter öffnete sich,
schlürfte empor und schloß sich hinter den Kiemen des Ruderfisches.
Minutenlang peitschte der lange Schwanz verzweifelt das Wasser,
daß alle Lichter rings vor Schreck erloschen. Aber in der Gewalt
dieses schrecklichen Rachens, dieser langen, reißenden Fänge, war
der Tintenfisch hilflos trotz aller Kraft und Größe. Rasch wurde er
reinlich in zwei Hälften zerbissen, der Kopf mit seinen Schutzstacheln
rollte zur Seite. Die breite, nicht gerade einnehmende Gestalt des
Räubers schwang sich aus dem Schlamm empor, schnappte gierig nach dem
zitternden Körper, riß ein Stück von zwei Fuß Länge ab und verschlang
es mühelos. Sein Magen schwoll und schwoll, aber er hielt das Festmahl
durch, bis nur mehr ein zwei oder drei Fuß langes Stück Schwanzende
an das Opfer erinnerte. Dann sank er auf sein Lager zurück, paddelte
mit den Flossen, bis sein geschwollener Körper wieder ganz im Schlamm
vergraben war und fuhr fort, das Riesenmahl zu verarbeiten. Da für den
Augenblick kein Nahrungsbedürfnis bestand, wurde die violette Lampe
eingezogen.
 
Sobald der Tumult sich gelegt hatte und die gespenstischen Lichter
wieder erschienen waren, lief auf irgendwelchem seltsamen Weg das
Gerücht um, neben dem großen Stein würde ein Festmahl gehalten. Nach
wenigen Minuten schon wurden die beiden Ueberbleibsel des toten
Ruderfisches, sein Schwanz und sein bewehrtes Haupt der Mittelpunkt von
gierigem Leben und scharfen Kämpfen, über die in seltsamer Verwirrung
Lichter spielten. Der blutrote Tiefseekrahfisch, gewaltige Krabben,
Fische, die nur aus Kopf, Rachen und langen, peitschenähnlichen
Schwänzen bestanden, Fische, die nur Magen und Därme waren, Fische mit
Papageienschnäbeln, Geschöpfe ohne Augen, aber mit langen tastenden
Antennen ausgerüstet, Fische, deren riesige, starrende Augen in gar
keinem Verhältnis zu ihrem übrigen Körper standen, rissen Bündel von
den beiden widerstandslosen Fetzen Fleisch oder fielen sich gegenseitig
an, -- wie ihr Geschmack sie reizte. Ihre Lichter spielten ineinander
und verwoben sich, bis jedes Stück des Opfers eine Masse aus pulsendem
Dämmerlicht schien.
 
Da jeder dieser rasenden Genießer von kleiner Figur war -- die größte
der Fischgestalten maß nicht mehr als einen Fuß Länge -- herrschte
während der ersten Zeit unter den Festgenossen keinerlei Mangel. Dann
aber kamen drei seltsam blickende Fremdlinge angesegelt, zu sehen,
was los war. Schwarze Fische mit kurzen Leibern, etwa zwei Fuß lang,
mit schleppenden, traurigen Säcken am Bauch. Ohne Eile schwammen sie
herbei, überblickten die Sachlage, öffneten ihre Mäuler. So weit waren
diese Mäuler, daß der eigene Körper des Fisches bis zum Schwanz darin
Platz gehabt hätte. Neben diesen gähnenden Fallen wurden ihre Träger
selbst beinahe zierlich.
 
Ohne Gier begannen die Besucher sich zu nähren, nicht vom
Aufgetragenen, sondern von ihren Festgenossen. Sie schlürften ein
wenig und verschlangen mühelos die ganz in Anspruch genommenen Esser.
War man einmal in diesem Rachen, dann gab es nur noch einen Weg, denn
die Kinnbacken waren mit langen, scharfen Zähnen besetzt, die alle
hineinführten in die fassungskräftige und glitschige Gurgel. Fische,
Garnelen, Krabben, sie alle wurden unparteiisch aber energisch in diese
breiten elastischen Mägen gepumpt, in denen sie zu Paketen gequetscht
liegen blieben, bis die Säure mächtig einsetzender Verdauung ihnen die
letzte Ruhe gab.
 
Nach ein paar Minuten hing unter jedem der drei Fremdlinge ein
Bauch, der größer war, als sein gesamter übriger Organismus. Dann
segelten sie gewichtig und nachdenklich von dannen, das Versteck eines
Tiefsee-Anemonen-Dickichts zu suchen, in dessen Schutz sie friedlich
verdauen konnten. Die unbeschädigten Festteilnehmer aber setzten ihr
Bankett fort, als hätte sie nichts gestört.
 
Verdauung ist für die Bäuche dieser Tiefseebewohner ein Prozeß, der mit
erstaunlicher Schnelligkeit vor sich geht. Schon nach einer oder zwei
Stunden hatte der Körper des überfüllten Wegelagerers seine normale
Gestalt annähernd wiedergewonnen, sofort auch erwachte sein Hunger von
neuem, sah man wieder sein lockendes, violettes Flämmchen über der Schlammplatte funkeln und tanzen.

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