2015년 4월 7일 화요일

Gestalten der Wildnis 15

Gestalten der Wildnis 15


An den Rändern der engen Bogan saßen die Tiere gedrängt und sahen
mit weiten, angstgequälten Augen dies flammende, fliegende, fallende
Verderben. Ein paar Wildkatzen und ein großer, grauer, kanadischer
Luchs kauerten am Ufer oder auf ausgedorrten Stümpfen und Aesten.
Als eine Lohe nahe von ihnen niederfiel, legten sie die Ohren
glatt und schauerten schreiend zurück. All ihre Leidenschaft, zu
jagen und zu töten, war von Furcht verdrängt, und sie sahen nicht
einmal die zitternden Hasen, die verzagten Eichhörnchen, die
stoisch-gleichgültigen Murmeltiere, die rings um sie zusammengedrängt
saßen. Das blutdürstige Wiesel sogar dachte einmal nicht an Mord, in
den behenden Reihen glitt es ängstlich auf und nieder. Ein roter Fuchs,
sonst ein Geselle, der jeglicher Gefahr trotzte, saß am Ende eines
gestrandeten Holzblocks und äugte in die Baumspitzen, als grübelte
er in seinem Sinn über irgendeine Kriegslist nach, mit der dieser
grauenvolle Gegner sich schlagen ließe. Die schwimmenden Tiere, Ottern,
Biber und Wasserratten, bedeckten mit ihren Köpfen die Oberfläche der
Bogan; bei allem Entsetzen vor dieser Katastrophe, der die Welt zu
unterliegen drohte, vertrauten sie dennoch ihrem alten Element, das
immer ihr Schutz gewesen. Ein schwarzer Elen-Bulle mit zwei Kühen und
ein Dutzend Stück Rotwild standen bis zum Bauch im Wasser und tauchten
von Zeit zu Zeit unter, um sich Kühlung zu verschaffen. Nur Bären waren
nicht da, außer dem großen Schwarzen selbst, denn alle Rivalen hatte er
in seiner Eifersucht längst aus der Gegend vertrieben.
 
Nachdem er die Lage kurz überprüft hatte, watete der Bär ins Wasser. Er
steckte den Kopf unter die Oberfläche, um sich von der Qual brennender
Augen und Nüstern zu befreien. Wo er stand, war die Bogan seicht, aber
ihr Boden sumpfig, so daß er Gefahr lief, zu versinken. Immer wieder
riß er Fuß um Fuß aus dem verderblichen Schlamm -- da flog aus der
Brandwolke ein lodernder Ast heraus und schlug gegen eine Wildkatze,
die nahebei auf einem Ast saß. Die Katze sprang heulend in die Luft und
lief Gefahr, in das Wasser zu fallen, das sie haßte; in der Luft gab
sie sich einen Ruck, und es gelang ihr, auf dem mächtigen Rücken des
Bären zu landen. Ihre Klauen bohrten sich tief ein, mit schmerzlichem
Gebrumm versuchte er, sie abzuschütteln. Sie aber, wahnsinnig vor
Angst, schien in ihm nichts zu sehen, als einen lebendigen Baumstamm,
und immer fester hielt sie sich, bohrte sie ihre Klauen in sein
Fell. Zu jeder anderen Zeit hätte er sie abgeschüttelt und in Stücke
gerissen, aber jetzt konnte er nicht mehr zornig werden. Das Ganze
war so unpersönlich, er wußte nur, daß irgend etwas auf seinem Rücken
quälte, und daß er es los werden mußte. Er warf sich nieder, überrollte
sich im Wasser, und dabei erstickte er die Katze im Schlamm. Als er
wieder hoch kam, war die quälende Last verschwunden, aber sein Platz
in der Bogan befriedigte ihn nicht mehr. Das Wasser war nicht tief
genug, er fühlte sich wie eine Ratte in der Falle. Was er brauchte, war
mehr Raum, mehr Luft, mehr Sicht, selbst wenn es nur Schlamm zu sehen
gab. Ein paar Rehböcke, die ihn mit ihren großen, sanften, entsetzten
Augen kaum sahen, stieß er zur Seite und watete zum Eingang der Bogan.
Hier fühlte er den Strudel, der ihn die Wasserfälle hinabzureißen
drohte, hier ließ er sich in tieferem Wasser nieder, das seine
Schultern überspülte. Eine unbeholfene Elen-Kuh stand nahe bei, zuckte
verzweifelnd mit ihren Ohren, starrte nicht in die Flammen, sondern
in die verfärbten Wellen und den Schaum der gepeitschten Wasser. Dann
kam an seiner Nase vorbei ein großer brauner Otter geschwommen. Er hob
Kopf und Schultern über die Wellen wie ein wachsamer Seehund, prüfte
die Fälle, und dann stürzte er sich geradewegs, das Haupt furchtlos
gehoben, in den Fall. Sicher hatte er sich klar gemacht, daß die
kleine Bogan nicht länger Sicherheit bot. Der Bär sah nachdenklich
und fast neidisch ihre Flucht, aber ihm fehlte der Mut, sich in die
sprudelnden, brüllenden Wellen zu werfen. Bald aber wurde das Gebrüll
der Wellen unhörbar im unermeßlich grausamen Aufruhr des Feuers.
Flammen sprangen und tosten, es war, als heulten sie, und als hätten
selbst die Rauchwolken brüllende Stimmen bekommen. Die Hitze wurde
giftig, wurde unerträglich; Funken und Brände fielen so dicht über die
Bogan, daß viele Tiere mit plötzlich versengtem Fell wahnsinnig wurden
und in den Schmelzofen hineinstürzten, während andere einfach im Wasser
niedersanken und sich ertrinken ließen. Die Tiere, die das Wasser
kannten, tauchten, so tief sie nur konnten, und erwarteten zitternd
ihr Schicksal; nur der weise Fuchs schwamm vorsichtig alle Winkel der
Bogan aus und fand endlich eine Höhle unter dem Ufer, deren Eingang
von durchweichten Wurzeln geschützt war. In diesem herrlichen, kleinen
Versteck saßen zwar schon, eng zusammengedrückt, ein paar Ottern und
Moschusratten, aber er drängte sich ohne Förmlichkeit hinein und
überließ es den andern, sich unterzubringen. Da die sonst nicht sehr
vollkommene Geschichte jenes Waldes zu erzählen weiß, daß er noch in
späteren Jahren zwischen den verkohlten Stämmen der Rodung des Menschen
auf Hasen und Rebhühner jagte, ist anzunehmen, daß dies Versteck sich
als zuverlässig erprobt hat.
 
Inzwischen verzagte der Bär, als das Schicksal mit Flammen über ihn
hereinbrach. In der ganzen Gesellschaft war er außer dem weisen Fuchs
das einzige Tier, das klug genug war, die Schrecken dieser Stunde ganz
zu überdenken. Für seinen mächtigen Körper war keine Höhle im Wasser
groß genug. Er wimmerte erbärmlich und kehrte die Augen sehnsüchtig zu
dem wild schäumenden Kanal, durch den jenes andere Tier geflüchtet
war. Er wagte sich nicht auf diesen Pfad, der ihm sicherer Tod schien.
Zwischen zwei Mauern aus Rauch und Flammen war dies stürzende Wasser
nur noch eine siedende Straße ins Verderben.
 
Aber auch die Bogan selbst wurde ein Ort der Schrecken. Was von
kleineren Tieren noch lebte, bedeckte wie ein Teppich ihre Oberfläche.
Eine oder zwei Wildkatzen, unzählbare Eichhörnchen, Wiesel, Marder,
Murmeltiere, Mäuse, Waschbären und selbst ein paar Hasen, die in dieser
Stunde letzter Verzweiflung gelernt hatten, zu schwimmen -- alles
andere war tot. In dem Tollhaus-Gedränge, das jetzt in der Mitte des
Teiches wütete, waren selbst ein paar Rehe untergegangen. Der Bär und
das schwerblütige stoische Elen hielten sich in all dem vernichtenden
Trubel noch aufrecht; sie lagen im Wasser und hoben von Zeit zu Zeit
die Mäuler, ihre Lungen mit der brausenden und giftigen Luft zu füllen.
 
Als er durch Zufall seine verzweifelten Augen stromaufwärts wandte,
sah der Bär plötzlich eine wilde Gestalt durch Gischt und Rauch auf
sich niederkommen. Sogleich erkannte er sie. Es war der Mensch, der
im Heck seines leichten Kanoes ausgestreckt lag und es mit wuchtigen
Paddeln zwischen Felsen und Sturzseen hindurchsteuerte. Er hatte sich
das Ende einer Decke um den Kopf geschlungen. Ein Zipfel davon, der
hinter ihm in der Luft wehte, glimmte und rauchte. Er lenkte sein Kanoe
in die Bogan, und beinahe wäre er gekentert, als er heftig gegen den
untergetauchten Rücken eines der Elentiere rannte. Auf Armlänge von dem
Baren glückte es ihm, das Boot zum Halten zu bringen, und jetzt sah der
Bär, daß sein Aussehen sich seltsam verändert hatte. Seine großen,
sehnigen Hände, sein mutiges Gesicht waren schwarz und ausgedörrt. Die
Augen starrten furchtlos aus kahlen Höhlen, Augenbrauen und Wimpern
waren abgesengt. Trotzdem sah der Bär in seinem Kommen einen Schimmer
von Rettung. Er fühlte: hier ist ein gewaltiger Geist, den selbst die
Dämone des Feuers nicht überwältigen werden! Heulend näherte er sich
dem Kanoe, in seinem Herzen wuchs eine Hoffnung. Der Mensch bemerkte
ihn und erkannte selbst in diesem verzweifelten Moment, mit entstelltem
Lachen, den Feind, der seinen Listen so oft entgangen war.
 
»Diesmal hat's uns beide im Genick, alter Kerl!« brummte er, während
er sich die Decke vom Kopf riß und sie rasch über die Wand des Bootes
ins Wasser tauchte. Dann schlang er sie, noch triefend, wieder um Kopf
und Schultern, nahm eine Sonde zwischen die Zähne, um die Rauchwolken
durch diesen Filter zu atmen. Gleich darauf stürzte er sich wieder in
die Wirbel, und in Rauchschwaden eingehüllt, brauste er hinein in den
heulenden Wasserfall. Einen Augenblick zögerte der Bär, winselte wie
ein junger Hund, und dann stürzte er sich nach.
 
Tatsächlich war der Bär ein besserer Schwimmer als er selbst geglaubt
hatte. Nach den ersten Sekunden hilfloser Verzagtheit im Toben und
Rasen der Strudel fand er die Kraft, seinen Kopf wieder über Wasser zu
halten und mehr oder weniger seinen Weg zu bestimmen.
 
Anfangs mißverstand er die Anzeichen der Strudel und steuerte sich
schlecht. Aber nachdem er atemlos seinen Weg durch eine Reihe
wahnsinniger Stürze hindurch gekämpft hatte, sah er vor sich, ein wenig
rechts, etwas wie einen sanfteren Durchlaß durch eine Schranke von
Brechern. Dorthin strebte er mit aller Kraft, während er flußabwärts
gewirbelt wurde, und erreichte sein Ziel. Seine Füße schleiften am
Boden hin, krampfhaft versuchte er, sich mit den Klauen zu halten, aber
er wurde fortgerissen, und vom Rand einer spitz auslaufenden Felsnase
stürzte er mitten hinein in einen gischtenden Kessel.
 
Glücklicherweise war der Kessel so tief, daß die Wucht seines Sturzes
den Bären nicht zerschmettern konnte. Er kreiste in einem Strudel, bis
Atem und Ueberlegung ihm wieder kamen. Dann entrann er seitwärts und
geriet wieder in den tosenden Strom. Aber von jetzt ab verstand er
es, die heimtückischen sanften Strecken zu meiden, hielt sich in den
wirbelnden, heftig schäumenden Kanälen, die ihm genügende Wassertiefe
und einen klaren Weg boten.
 
Der Mensch, der mit seinem starken Ruder steuern und die Fahrt
beschleunigen konnte, war jetzt außer Sicht. Aber der Bär schwamm
vertrauensvoll in seinen Spuren. Beide Ufer des Flusses waren jetzt
eine einzige tobende Feuersbrunst, ein Chaos, eine schwarze Rauchwolke,
von roten und gelben Flammen zerrissen. Riesige Stämme bebten
minutenlang darüber, dann schwankten und fielen sie, und das Schmettern
ihres Falles blieb in all dem Toben ungehört. Maul und Nüstern des
Bären brannten wie das Feuer selbst, wenn er seinen triefenden Kopf hob
und die glühende Luft atmete. Aber sein Vertrauen in die Führung des
Menschen war so groß, daß er nicht mehr verzweifelte.
 
Der Hauptarm des Südfork mündete endlich in einer gewaltigen Mulde, in
die er mit einem Donnern hineinschoß, das selbst im Brausen der Flammen
zu hören war. Hier kämpfte der Bär, um ans Ufer zu kommen, aber es
war zu spät. Unwiderstehlich packte ihn der Strom, einen Augenblick
später war er wieder im Wirbel. Die Strudel überrollten ihn, tauchten
ihn unter, dumpfes Dröhnen füllte seine Ohren, seine Lungen waren am
Bersten. Dann plötzlich wurde er wieder in die Luft geworfen, fast
erstickt fühlte er unter seinen Füßen glatte, wegsame Steine! Im
nächsten Augenblick griffen seine Klauen in Holz, sie krallten sich
ein wie Zangen und hielten fest! Gleich darauf zog er sich aus dem
Strom und kämpfte mit aller Kraft zu ein paar Baumstämmen hin, die
abgetrieben und zwischen Felsen eingeklemmt waren. Gerade vor sich
sah er zu seinem Erstaunen den Menschen klettern, der, den Körper
noch unter Wasser, in einem Felsspalt steckte. Nur seine Augen hielt
er frei, der ganze Kopf war in die triefende Decke eingeschlagen, das
Kanoe nirgends zu sehen. Mit stieren Augen erkannte der Mensch das
schlammbedeckte, keuchende Tier und schob sich in den Stämmen vorwärts,
ihm Platz zu machen.
 
»Wie geht's, Geselle?« rief er. »Mach' dir's bequem hier! Du und ich,
wir sind wohl die Einzigen, die noch leben hier herum!«
 
Der Bär schrak ängstlich zurück, betroffen von dem matten Klang dieser
Worte oder von den Augen des Menschen, die auf ihm lagen. Aber da er an
seinen Hinterbeinen noch den reißenden Strudel fühlte, drang er weiter
vor und kroch in Sicherheit, kaum einen Arm weit ab von dem Mann.
 
Einstweilen waren die beiden Flüchtlinge sicher. Sie hatten Wasser
genug, sich damit zu bedecken, und ein paar Felswände über ihren
Gesichtern schützten sie vor gelegentlich vorzischenden Flammen, die
über die Fläche des Stroms hinleckten. Nun konnten sie nichts mehr tun, als warten.

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