2015년 4월 6일 월요일

Gestalten der Wildnis 3

Gestalten der Wildnis 3



Mittlerweile war Jimmy, dem sein Mißtrauen leid tat, in seinen Kochraum
zurückgekehrt. Jetzt trat er vor und trug in der Hand ein langes
Stück herrlicher Speckrinde. Der Bär roch es und öffnete die Augen.
Er merkte, daß er für den Unfall mit dem Gewehr nicht bestraft werden
sollte. Erst starrte er den Leckerbissen an, danach Jimmys dunkles
Gesicht, und dann streckte er hoffnungsvoll, aber noch ungewiß die
Pfote aus. Als Jimmy seiner Bitte nicht nachkam, glaubte der Bär,
er müßte etwas ganz Besonderes tun, um den Preis zu bekommen, etwas
sehr Schwieriges und Ungewöhnliches. Mit Gewinsel ließ er sich nieder,
legte die Nase zwischen seine Beine, dann hob er langsam sein breites
Hinterteil und stand endlich schön und elegant auf dem Kopf. Ein paar
Sekunden lang balancierte er so; dann kam er langsam und grunzend auf
allen Vieren zurück, nahm die aufrechte Haltung wieder ein und wandte
sich schmeichelnd an Jimmy.
 
Das ganze Lager jubelte vor Entzücken.
 
»Gib's ihm, Jimmy! Du kannst es selbst nicht besser! Er hat's weiß Gott
verdient! Mach' ein friedliches Gesicht, Jimmy, er hat Angst! Guter
alter Oberst!« kamen Beifallsrufe von jedem einzelnen, ausgenommen Sam
Oulton.
 
Jimmy gab die Speckrinde, und der Bär nahm sie vorsichtig in seine
Krallenpfote.
 
»Leicht wie ein Damenhändchen!« schrie Pat Nolan in seiner Begeisterung.
 
Von diesem Augenblick an gestaltete sich der Abend zu einem
Ehrenbankett. Gallaghers Lager bereitete dem Oberst -- denn dieser
Name, den Johnson gewählt hatte, blieb -- einen Gala-Empfangsabend. Der
Oberst war ein Bär von seltsamen und vielfachen Talenten und dabei von
einem kindlichen Glauben an die Menschheit. Dies rührende Vertrauen
in jedermanns Wohlwollen rührte die großherzigen und rasch bewegten
Holzfäller, daß sie den Bären bald vergötterten, wie Kinder ein Baby.
Es wurde ein schwerer Vorwurf gegen Eph Babcock, daß er im ersten
Augenblick ungerechtfertigten Entsetzens nach seinem Gewehr gerannt
war.
 
»Eph,« sagte Pat Nolan, »hättest du nur ein Haar auf seinem Kopf
gekrümmt, es täte mir leid, aber dann hätt' ich dir mit dieser Hand
hier die Därme aus dem Bauch gerissen!«
 
»Und das hätt' ich auch verdient, Pat,« gab liebenswürdig der Mann aus
Androscoggin zu. Außer Oulton waren alle vergnügt. Der aber, beleidigt
und zornig, sprach den Abend über nicht ein Wort; er schenkte den
schönsten Kunststücken des Bären kaum einen Blick. Daß er trotzdem voll
Interesse war, wußte das ganze Lager.
 
Das war eine große Sache für Gallaghers Lager!
 
Der Oberst war der erste, der das Fest abbrach. Jeder mußte zugeben,
daß er das Recht dazu hatte, denn er allein hatte ja die Kosten
getragen. Er wollte schlafen und zeigte das an, indem er rings in den
Ecken einen Platz suchte, um sich niederzulegen.
 
Im dicken Fell an seinem Hals zeigte eine abgeschabte Stelle, daß er
früher ein Halsband getragen hatte. Aus einem alten Geschirr-Riemen
machte der Boß ihm ein neues und führte ihn, der sanft gehorchte, zu
einem Schuppen, der dem Lager als Schmiede diente. Ein großer Arm voll
Stroh wurde aus der Scheuer gebracht, und der Oberst ließ sich darin
nieder, mit einer Miene wie der verlorene Sohn, der heimkehrt und sich
dessen freut.
 
Am nächsten Morgen verordnete der weise Boß, daß der Oberst vor dem
Mittagessen das Haus nicht betreten dürfe. Seine Absicht dabei war,
eine gewisse Frische des Interesses für das Fest zu bewahren, daß die
Männer sich amüsierten und nicht wieder anfingen, über den Mangel an
frischem Fleisch zu schimpfen. Den ganzen Morgen lang, wie gewöhnlich
an Sonn- und Feiertagen, beschäftigten sie sich irgendwie im Lager.
Wuschen, flickten, rauchten im Haus oder balgten sich draußen im Schnee
herum.
 
Als der Oberst gleich nach dem Frühstück herausgelassen wurde, war
noch niemand im Freien, sonst wäre er zweifellos »zuhause« geblieben,
um mit seinen Freunden zu spielen. Da er niemanden traf und keine
Erlaubnis bekam, das Haus zu betreten, durchforschte er sorgfältig
das ganze Gehöft, erschreckte die Pferde, indem er an der Stalltür
herumschnüffelte, und dann watschelte er gemächlich in den Wald.
 
»Er wird bald zurückkommen,« sagte Gallagher, »der Oberst ist ein
braver Kerl, wenn man ihn richtig behandelt.«
 
Und Gallagher hatte recht. Er verstand Menschen und Obersten. Etwa um
halb zehn Uhr morgens, als Eph Babcock und Johnson vor der Tür des
Lagers einen Ringkampf aufführten, sah man den Bären oben am Waldrand
auftauchen. Darin war sonst nichts Auffallendes. Aber seine Bewegungen
waren so merkwürdig, daß die beiden Kämpfer gleichzeitig voneinander
ließen und hinauf starrten. Ihr Ruf brachte das ganze Lager vor die Tür.
 
»Er scheint sich gut zu amüsieren, ganz allein!« bemerkte Evan Morgan
von der Schwelle her.
 
»Durchaus nicht allein,« verbesserte der Boß.
 
»Also wahrhaftig, der Teufel soll mich frikassieren, wenn er nicht ein
großes Stachelschwein bei sich hat!« rief Babcock.
 
»Und das Stachelschwein jagt ihn,« schrie Pat Nolan voll Staunen.
 
Er hatte recht, wenigstens in gewissem Sinne. Der Oberst torkelte
und kullerte von einer Seite auf die andere, wie ein riesiger,
neugeborener Hund, vor dem wütenden Stachelschwein, das ihm nachrückte,
jeden Stachel aufgerichtet, daß es wie ein großer Binsenkorb aussah.
Der Oberst kam rückwärts aufs Lager zu, als wünschte er, daß seine
Freunde das neue Spielzeug sähen, dies drollige, böse, kleine Tier, das
er im Wald aufgegabelt hatte.
 
»Er wird sich die Pfoten voll Stacheln machen,« rief Johnson, »und wir
haben dann eine Satansarbeit, bis wir sie 'rauskriegen, Tim; ich bin
froh, daß es dein Bär ist und nicht meiner!«
 
Sam Oulton machte ein Gesicht, als ob die eben eröffnete Aussicht ihm
nicht unangenehm wäre.
 
»Reg' dich nicht auf, Kleiner,« raunte der Boß, »er macht sich nicht
zum Narren, er weiß, wie man mit einem Stachelschwein umgeht.«
 
Tatsächlich gab der Oberst wohl acht, daß er den gefährlichen Stacheln
nicht zu nahe kam. Wie zum Spaß streckte er bald die eine, bald die
andere Pfote aus und stieß gegen das kleine Tier, aber niemals so, daß
es zu einer Berührung kam.
 
Das Stachelschwein war sichtbar in unglaublicher Wut über diesen
Quälgeist. Ein Stachelschwein ist nicht nur furchtlos, sondern auch
sehr dumm, und wenn es sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, läßt
es sich nur durch den Tod oder ein gutes Fressen davon abbringen.
 
In diesem Falle hatte das Stachelschwein sich entschlossen, den Oberst
zu verfolgen. Zweifellos in der Hoffnung, ihm die Haut mit seinen
Stacheln zu zeichnen. Da der Oberst sich auf das Lager zurückzog, kam
auch das Stachelschwein ins Lager, gleichgültig, was daraus wurde. Ein
altes Stachelschwein, das in seinem Leben schon einiges mitgemacht
hat, würde in seinem Zorn ein verschanztes Heer angreifen.
 
Jimmy Dillyhunt fand seinen Augenblick gekommen. Als des Obersten
Flucht das Stachelschwein schon auf fünfzig Meter ans Lager
herangebracht hatte, sprang er plötzlich, mit einem Schüreisen
bewaffnet, vor. Er stieß den erstaunten Oberst zur Seite und traf
das Stachelschwein auf die Spitze seiner stumpfen Nase. Der Wald
aufgerichteter Stacheln sank zurück. Mit einem Zucken seiner stämmigen,
kurzen Beine überrollte es sich und war mausetot.
 
Der Oberst setzte sich auf seine Keulen und starrte Jimmy bewundernd
an. Die übrigen Zuschauer brüllten Beifall, in ausgewählten Worten,
die sich aber nicht wiedergeben lassen. Jimmy nahm das leblose Tier
vorsichtig an seinen unbewaffneten Vorderpfoten und trug es fort.
 
»Großartiges Essen, ein Stachelschwein, wenn's richtig gekocht wird!«
sagte er, grinste triumphierend und verschwand in seinem Heiligtum.
 
* * * * *
 
Es war allerdings nur +ein+ Stachelschwein, aber ein extra großes und
fettes, und Jimmy verstand die Kunst, zu »strecken«. Mit einer Menge
von Klößen machte er ein Gulasch daraus, in dem er -- es muß zugegeben
werden -- auch ein gewaltiges Stück Salzfleisch, kleingehackt,
unterbrachte. Da schon sehr wenig Stachelschwein sehr viel Geschmack
gibt, schmeckte auch das Schweinefleisch im Gulasch danach, und
niemand hatte Grund, sich zu beschweren. Das Mittagessen wurde ein nie
dagewesener Erfolg.
 
Bei diesem Festmahl wanderte der Oberst hinter den Gästen auf und
ab und dankte feierlich für die Leckerbissen, die jeder ihm eifrig
zusteckte. Endlich kam er zu Sam Oulton, dem er bisher, wegen Mangel
an Entgegenkommen, aus dem Wege gegangen war. Es entstand eine Pause,
jeder wartete ab, was der unberechenbare Sammy tun würde.
 
Oulton blickte auf des Obersten vertrauensvollen Kopf, der neben seinem
Ellbogen erschien. Er zögerte, grinste liebenswürdig, aber etwas
dämlich, dann wischte er sich mit dem Aermel seinen Mund, hob seine
große, blecherne Kaffeetasse und sprang entschlossen auf.
 
»Herr Bä ... ich wollte sagen, Herr Oberst!« rief er. »Das ist
ein richtiges Weihnachten für Sie und Viele! Sie sind der einzige
wirkliche Kavalier in diesem Lager, denn Sie sind der Einzige
in der Gesellschaft, der Bildung genug hat, seinen Freunden ein
Weihnachtsgeschenk zu machen!«Und dann leerte er seine Blechtasse aufs Wohl des Obersten!

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