2014년 12월 30일 화요일

Gotz von Berlichingen mit der eisernen Hand 4

Gotz von Berlichingen mit der eisernen Hand 4

Sickingen.  Berlichingen.

Sickingen.  Ja, ich komme, Eure edle Schwester um ihr Herz und ihre
Hand zu bitten.

Gotz.  So wollt ich, Ihr wart eher kommen.  Ich muß Euch sagen:
Weislingen hat wahrend seiner Gefangenschaft ihre Liebe gewonnen, um
sie angehalten, und ich sagt sie ihm zu.  Ich hab ihn losgelassen, den
Vogel, und er verachtet die gutige Hand, die ihm in der Not Futter
reichte.  Er schwirrt herum, weiß Gott auf welcher Hecke seine Nahrung
zu suchen.

Sickingen.  Ist das so?

Gotz.  Wie ich sage.

Sickingen.  Er hat ein doppeltes Band zerrissen.  Wohl Euch, daß Ihr
mit dem Verrater nicht naher verwandt worden.

Gotz.  Sie sitzt, das arme Madchen, verjammert und verbetet ihr Leben.

Sickingen.  Wir wollen sie singen machen.

Gotz.  Wie!  Entschließet Ihr Euch, eine Verlaßne zu heiraten?

Sickingen.  Es macht euch beiden Ehre, von ihm betrogen worden zu sein.
Soll darum das arme Madchen in ein Kloster gehn, weil der erste Mann,
den sie kannte, ein Nichtswurdiger war?  Nein doch! ich bleibe darauf,
sie soll Konigin von meinen Schlossern werden.

Gotz.  Ich sage Euch, sie war nicht gleichgultig gegen ihn.

Sickingen.  Traust du mir nicht zu, daß ich den Schatten eines Elenden
sollte verjagen konnen?  Laß uns zu ihr!  (Ab.)

Lager der Reichsexekution

Hauptmann.  Offiziere.

Hauptmann.  Wir mussen behutsam gehn und unsere Leute so viel moglich
schonen.  Auch ist unsere gemessene Order, ihn in die Enge zu treiben
und lebendig gefangenzunehmen.  Es wird schwerhalten, denn wer mag
sich an ihn machen?

Erster Offizier.  Freilich!  Und er wird sich wehren wie ein wildes
Schwein.  Uberhaupt hat er uns sein Lebelang nichts zuleid getan, und
jeder wird's von sich schieben, Kaiser und Reich zu Gefallen Arm und
Bein daranzusetzen.

Zweiter Offizier.  Es ware eine Schande, wenn wir ihn nicht kriegten.
Wenn ich ihn nur einmal beim Lappen habe, er soll nicht loskommen.

Erster Offizier.  Faßt ihn nur nicht mit Zahnen, er mochte Euch die
Kinnbacken ausziehen.  Guter junger Herr, dergleichen Leut packen sich
nicht wie ein fluchtiger Dieb.

Zweiter Offizier.  Wollen sehn.

Hauptmann.  Unsern Brief muß er nun haben.  Wir wollen nicht saumen
und einen Trupp ausschicken, der ihn beobachten soll.

Zweiter Offizier.  Laßt mich ihn fuhren.

Hauptmann.  Ihr seid der Gegend unkundig.

Zweiter Offizier.  Ich hab einen Knecht, der hier geboren und erzogen
ist.

Hauptmann.  Ich bin's zufrieden.  (Ab.)

Jagsthausen

Sickingen.

Sickingen.  Es geht alles nach Wunsch; sie war etwas besturzt uber
meinen Antrag und sah mich vom Kopf bis auf die Fuße an; ich wette,
sie verglich mich mit ihrem Weißfisch.  Gott sei Dank, daß ich mich
stellen darf.  Sie antwortete wenig und durcheinander; desto besser!
Es mag eine Zeit kochen.  Bei Madchen, die durch Liebesungluck gebeizt
sind, wird ein Heiratsvorschlag bald gar.

(Gotz kommt.)

Sickingen.  Was bringt Ihr, Schwager?

Gotz.  In die Acht erklart!

Sickingen.  Was?

Gotz.  Da lest den erbaulichen Brief.  Der Kaiser hat Exekution gegen
mich verordnet, die mein Fleisch den Vogeln unter dem Himmel und den
Tieren auf dem Felde zu fressen vorschneiden soll.

Sickingen.  Erst sollen sie dran.  Just zur gelegenen Zeit bin ich
hier.

Gotz.  Nein, Sickingen, Ihr sollt fort.  Eure großen Anschlage konnten
daruber zugrunde gehn, wenn Ihr zu so ungelegner Zeit des Reichs Feind
werden wolltet.  Auch mir werdet Ihr weit mehr nutzen, wenn Ihr
neutral zu sein scheint.  Der Kaiser liebt Euch, und das Schlimmste,
das mir begegnen kann, ist, gefangen zu werden; dann braucht Euer
Vorwort und reißt mich aus einem Elend, in das unzeitige Hulfe uns
beide sturzen konnte.  Denn was war's?  Jetzo geht der Zug gegen mich;
erfahren sie, du bist bei mir, so schicken sie mehr, und wir sind um
nichts gebessert.  Der Kaiser sitzt an der Quelle, und ich war schon
jetzt unwiederbringlich verloren, wenn man Tapferkeit so geschwind
einblasen konnte, als man einen Haufen zusammenblasen kann.

Sickingen.  Doch kann ich heimlich ein zwanzig Reiter zu Euch stoßen
lassen.

Gotz.  Gut.  Ich hab schon Georgen nach dem Selbitz geschickt, und
meine Knechte in der Nachbarschaft herum.  Lieber Schwager, wenn meine
Leute beisammen sind, es wird ein Haufchen sein, dergleichen wenig
Fursten beisammen gesehen haben.

Sickingen.  Ihr werdet gegen die Menge wenig sein.

Gotz.  Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel.

Sickingen.  Wenn sie aber einen guten Hirten haben?

Gotz.  Sorg du.  Es sind lauter Mietlinge.  Und dann kann der beste
Ritter nichts machen, wenn er nicht Herr von seinen Handlungen ist.
So kamen sie mir auch einmal, wie ich dem Pfalzgrafen zugesagt hatte,
gegen Konrad Schotten zu dienen; da legt' er mir einen Zettel aus der
Kanzlei vor, wie ich reiten und mich halten sollt; da warf ich den
Raten das Papier wieder dar und sagt: ich wußt nicht darnach zu
handlen, ich weiß nicht, was mir begegnen mag, das steht nicht im
Zettel, ich muß die Augen selbst auftun und sehn, was ich zu schaffen
hab.

Sickingen.  Gluck zu, Bruder!  Ich will gleich fort und dir schicken,
was ich in der Eil zusammentreiben kann.

Gotz.  Komm noch zu den Frauen, ich ließ sie beisammen.  Ich wollte,
daß du ihr Wort hattest, ehe du gingst.  Dann schick mir die Reiter,
und komm heimlich wieder, Marien abzuholen, denn mein Schloß, furcht
ich, wird bald kein Aufenthalt fur Weiber mehr sein.

Sickingen.  Wollen das Beste hoffen.  (Ab.)

Bamberg.  Adelheidens Zimmer

Adelheid.  Franz.

Adelheid.  So sind die beiden Exekutionen schon aufgebrochen?

Franz.  Ja, und mein Herr hat die Freude, gegen Eure Feinde zu ziehen.
Ich wollte gleich mit, so gern ich zu Euch gehe.  Auch will ich jetzt
wieder fort, um bald mit frohlicher Botschaft wiederzukehren.  Mein
Herr hat mir's erlaubt.

Adelheid.  Wie steht's mit ihm?

Franz.  Er ist munter.  Mir befahl er, Eure Hand zu kussen.

Adelheid.  Da--deine Lippen sind warm.

Franz (vor sich, auf die Brust deutend).  Hier ist's noch warmer!
(Laut.) Gnadige Frau, Eure Diener sind die glucklichsten Menschen
unter der Sonne.

Adelheid.  Wer fuhrt gegen Berlichingen?

Franz.  Der von Sirau.  Lebt wohl, beste gnadige Frau!  Ich will
wieder fort.  Vergeßt mich nicht.

Adelheid.  Du mußt was essen, trinken, und rasten.

Franz.  Wozu das?  Ich hab Euch ja gesehen.  Ich bin nicht mud noch
hungrig.

Adelheid.  Ich kenne deine Treu.

Franz.  Ach, gnadige Frau!

Adelheid.  Du haltst's nicht aus, beruhige dich, und nimm was zu dir.

Franz.  Eure Sorgfalt fur einen armen Jungen!  (Ab.)

Adelheid.  Die Tranen stehn ihm in den Augen.  Ich lieb ihn von Herzen.
So wahr und warm hat noch niemand an mir gehangen.  (Ab.)

Jagsthausen

Gotz.  Georg.

Georg.  Er will selbst mit Euch sprechen.  Ich kenn ihn nicht; es ist
ein stattlicher Mann, mit schwarzen feurigen Augen.

Gotz.  Bring ihn herein.

(Lerse kommt.)

Gotz.  Gott gruß Euch!  Was bringt Ihr?

Lerse.  Mich selbst, das ist nicht viel, doch alles, was es ist, biet
ich Euch an.

Gotz.  Ihr seid mir willkommen, doppelt willkommen, ein braver Mann,
und zu dieser Zeit, da ich nicht hoffte, neue Freunde zu gewinnen,
eher den Verlust der alten stundlich furchtete.  Gebt mir Euern Namen.

Lerse.  Franz Lerse.

Gotz.  Ich danke Euch, Franz, daß Ihr mich mit einem braven Mann
bekannt macht.

Lerse.  Ich machte Euch schon einmal mit mir bekannt, aber damals
danktet Ihr mir nicht dafur.

Gotz.  Ich erinnere mich Eurer nicht.

Lerse.  Es ware mir leid.  Wißt Ihr noch, wie Ihr um des Pfalzgrafen
willen Konrad Schotten feind wart und nach Haßfurt auf die Fastnacht
reiten wolltet?

Gotz.  Wohl weiß ich es.

Lerse.  Wißt Ihr, wie Ihr unterwegs bei einem Dorf funfundzwanzig
Reitern entgegenkamt?

Gotz.  Richtig.  Ich hielt sie anfangs nur fur zwolfe und teilt meinen
Haufen, waren unser sechzehn, und hielt am Dorf hinter der Scheuer, in
willens, sie sollten bei mir vorbeiziehen.  Dann wollt ich ihnen
nachrucken, wie ich's mit dem andern Haufen abgeredt hatte.

Lerse.  Aber wir sahn Euch und zogen auf eine Hohe am Dorf.  Ihr zogt
herbei und hieltet unten.  Wie wir sahn, Ihr wolltet nicht
heraufkommen, ritten wir herab.

Gotz.  Da sah ich erst, daß ich mit der Hand in die Kohlen geschlagen
hatte.  Funfundzwanzig gegen acht!  Da galt's kein Feiern.  Erhard
Truchseß durchstach mir einen Knecht, dafur rannt ich ihn vom Pferde.
Hatten sie sich alle gehalten wie er und ein Knecht, es ware mein und
meines kleinen Haufchens ubel gewahrt gewesen.

Lerse.  Der Knecht, wovon Ihr sagtet-Gotz.  Es war der bravste, den
ich gesehen habe.  Er setzte mir heiß zu.  Wenn ich dachte, ich hatt
ihn von mir gebracht, wollte mit andern zu schaffen haben, war er
wieder an mir und schlug feindlich zu.  Er hieb mir auch durch den
Panzerarmel hindurch, daß es ein wenig gefleischt hatte.

Lerse.  Habt Ihr's ihm verziehen?

Gotz.  Er gefiel mir mehr als zu wohl.

Lerse.  Nun, so hoff ich, daß Ihr mit mir zufrieden sein werdet; ich
hab mein Probstuck an Euch selbst abgelegt.

Gotz.  Bist du's?  O willkommen, willkommen!  Kannst du sagen,
Maximilian, du hast unter deinen Dienern einen so geworben!

Lerse.  Mich wundert, daß Ihr nicht eh auf mich gefallen seid.

Gotz.  Wie sollte mir einkommen, daß der mir seine Dienste anbieten
wurde, der auf das feindseligste mich zu uberwaltigen trachtete?

Lerse.  Eben das, Herr!  Von Jugend auf dien ich als Reitersknecht,
und hab's mit manchem Ritter aufgenommen.  Da wir auf Euch stießen,
freut ich mich.  Ich kannte Euern Namen, und da lernt ich Euch kennen.
Ihr wißt, ich hielt nicht stand; Ihr saht, es war nicht Furcht, denn
ich kam wieder.  Kurz, ich lernt Euch kennen, und von Stund an
beschloß ich, Euch zu dienen.

Gotz.  Wie lange wollt Ihr bei mir aushalten?

Lerse.  Auf ein Jahr.  Ohne Entgelt.

Gotz.  Nein, Ihr sollt gehalten werden wie ein anderer, und druber,
wie der, der mir bei Remlin zu schaffen machte.

(Georg kommt.)

Georg.  Hans von Selbitz laßt Euch grußen.  Morgen ist er hier mit
funfzig Mann.

Gotz.  Wohl.

Georg.  Es zieht am Kocher ein Trupp Reichsvolker herunter; ohne
Zweifel, Euch zu beobachten.

Gotz.  Wieviel?

Georg.  Ihrer funfzig.

Gotz.  Nicht mehr!  Komm, Lerse, wir wollen sie zusammenschmeißen,
wenn Selbitz kommt, daß er schon ein Stuck Arbeit getan findet.

Lerse.  Das soll eine reichliche Vorlese werden.

Gotz.  Zu Pferde!  (Ab.)




III. Akt, Szene 2



Wald an einem Morast

Zwei Reichsknechte begegnen einander.

Erster Knecht.  Was machst du hier?

Zweiter Knecht.  Ich hab Urlaub gebeten, meine Notdurft zu verrichten.
Seit dem blinden Larmen gestern abends ist mir's in die Gedarme
geschlagen, daß ich alle Augenblicke vom Pferd muß.

Erster Knecht.  Halt der Trupp hier in der Nahe?

Zweiter Knecht.  Wohl eine Stunde den Wald hinauf.

Erster Knecht.  Wie verlaufst du dich denn hieher?

Zweiter Knecht.  Ich bitte dich, verrat mich nicht.  Ich will aufs
nachste Dorf und sehn, ob ich nit mit warmen uberschlagen meinem ubel
abhelfen kann.  Wo kommst du her?

Erster Knecht.  Vom nachsten Dorf.  Ich hab unserm Offizier Wein und
Brot geholt.

Zweiter Knecht.  So, er tut sich was zugut vor unserm Angesicht, und
wir sollen fasten!  Schon Exempel!

Erster Knecht.  Komm mit zuruck, Schurke.

Zweiter Knecht.  War ich ein Narr!  Es sind noch viele unterm Haufen,
die gern fasteten, wenn sie so weit davon waren als ich.

Erster Knecht.  Horst du!  Pferde!

Zweiter Knecht.  O weh!

Erster Knecht.  Ich klettere auf den Baum.

Zweiter Knecht.  Ich steck mich ins Rohr.

(Gotz, Lerse, Georg, Knechte zu Pferde.)

Gotz.  Hier am Teich weg und linker Hand in den Wald, so kommen wir
ihnen in Rucken.

(Sie ziehen vorbei.)

Erster Knecht (steigt vom Baum).  Da ist nicht gut sein.  Michel!  Er
antwortet nicht?  Michel, sie sind fort!  (Er geht nach dem Sumpf.)
Michel!  O weh, er ist versunken.  Michel!  Er hort mich nicht, er ist
erstickt.  Bist doch krepiert, du Memme.--Wir sind geschlagen.  Feinde,
uberall Feinde!

(Gotz, Georg zu Pferde.)

Gotz.  Halt, Kerl, oder du bist des Todes!

Knecht.  Schont meines Lebens!

Gotz.  Dein Schwert!  Georg, fuhr ihn zu den andern Gefangenen, die
Lerse dort unten am Wald hat.  Ich muß ihren fluchtigen Fuhrer
erreichen.  (Ab.)

Knecht.  Was ist aus unserm Ritter geworden, der uns fuhrte?

Georg.  Unterst zu oberst sturzt' ihn mein Herr vom Pferd, daß der
Federbusch im Kot stak.  Seine Reiter huben ihn aufs Pferd und fort,
wie besessen.  (Ab.)

Lager

Hauptmann.  Erster Ritter.

Erster Ritter.  Sie fliehen von weitem dem Lager zu.

Hauptmann.  Er wird ihnen an den Fersen sein.  Laßt ein funfzig
ausrucken bis an die Muhle; wenn er sich zu weit verliert, erwischt
Ihr ihn vielleicht.

(Ritter ab.--Zweiter Ritter gefuhrt.)

Hauptmann.  Wie geht's, junger Herr?  Habt Ihr ein paar Zinken
abgerennt?

Ritter.  Daß dich die Pest!  Das starkste Geweih ware gesplittert wie
Glas.  Du Teufel!  Er rannt auf mich los, es war mir, als wenn mich
der Donner in die Erd hineinschlug.

Hauptmann.  Dankt Gott, daß Ihr noch davongekommen seid.

Ritter.  Es ist nichts zu danken, ein paar Rippen sind entzwei.  Wo
ist der Feldscher?  (Ab.)

Jagsthausen

Gotz.  Selbitz.

Gotz.  Was sagst du zu der Achtserklarung, Selbitz?

Selbitz.  Es ist ein Streich von Weislingen.

Gotz.  Meinst du?

Selbitz.  Ich meine nicht, ich weiß.

Gotz.  Woher?

Selbitz.  Er war auf dem Reichstag, sag ich dir, er war um den Kaiser.

Gotz.  Wohl, so machen wir ihm wieder einen Anschlag zunichte.

Selbitz.  Hoff's.

Gotz.  Wir wollen fort! und soll die Hasenjagd angehn.

Lager

Hauptmann.  Ritter.

Hauptmann.  Dabei kommt nichts heraus, ihr Herrn.  Er schlagt uns
einen Haufen nach dem andern, und was nicht umkommt und gefangen wird,
das lauft in Gottes Namen lieber nach der Turkei als ins Lager zuruck.
So werden wir alle Tag schwacher.  Wir mussen einmal fur allemal ihm
zu Leib gehen, und das mit Ernst; ich will selbst dabei sein, und er
soll sehn, mit wem er zu tun hat.

Ritter.  Wir sind's all zufrieden; nur ist er der Landsart so kundig,
weiß alle Gange und Schliche im Gebirg, daß er so wenig zu fangen ist
wie eine Maus auf dem Kornboden.

Hauptmann.  Wollen ihn schon kriegen.  Erst auf Jagsthausen zu.  Mag
er wollen oder nicht, er muß herbei, sein Schloß zu verteidigen.

Ritter.  Soll unser ganzer Hauf marschieren?

Hauptmann.  Freilich!  Wißt Ihr, daß wir schon um hundert geschmolzen
sind?

Ritter.  Drum geschwind, eh der ganze Eisklumpen auftaut; es macht
warm in der Nahe, und wir stehn da wie Butter an der Sonne.  (Ab.)

Gebirg und Wald

Gotz.  Selbitz.  Trupp.

Gotz.  Sie kommen mit hellem Hauf.  Es war hohe Zeit, daß Sickingens
Reiter zu uns stießen.

Selbitz.  Wir wollen uns teilen.  Ich will linker Hand um die Hohe
ziehen.

Gotz.  Gut.  Und du, Franz, fuhre mir die funfzig rechts durch den
Wald hinauf; sie kommen uber die Heide, ich will gegen ihnen halten.
Georg, du bleibst um mich.  Und wenn Ihr seht, daß sie mich angreifen,
so fallt ungesaumt in die Seiten.  Wir wollen sie patschen.  Sie
denken nicht, daß wir ihnen die Spitze bieten konnen.  (Ab.)

Heide

Auf der einen Seite eine Hohe, auf der andern Wald.

Hauptmann.  Exekutionszug.

Hauptmann.  Er halt auf der Heide!  Das ist impertinent.  Er soll's
bußen.  Was!  Den Strom nicht zu furchten, der auf ihn losbraust?

Ritter.  Ich wollt nicht, daß Ihr an der Spitze rittet; er hat das
Ansehn, als ob er den ersten, der ihn anstoßen mochte, umgekehrt in
die Erde pflanzen wollte.  Reitet hinterdrein.

Hauptmann.  Nicht gern.

Ritter.  Ich bitt Euch.  Ihr seid noch der Knoten von diesem Bundel
Haselruten; lost ihn auf, so knickt er sie Euch einzeln wie Riedgras.

Hauptmann.  Trompeter, blas!  Und ihr blast ihn weg!  (Ab.)

(Selbitz hinter der Hohe hervor im Galopp.)

Selbitz.  Mir nach!  Sie sollen zu ihren Handen rufen: "Multipliziert
euch!"  (Ab.)

(Lerse aus dem Wald.)

Lerse.  Gotzen zu Hulf!  Er ist fast umringt.  Braver Selbitz, du hast
schon Luft gemacht.  Wir wollen die Heide mit ihren Distelkopfen
besaen.  (Vorbei.)

(Getummel.)

Eine Hohe mit einem Wartturn

Selbitz verwundet.  Knechte.

Selbitz.  Legt mich hieher und kehrt zu Gotzen.

Erster Knecht.  Laßt uns bleiben, Herr, Ihr braucht unser.

Selbitz.  Steig einer auf die Warte und seh, wie's geht.

Erster Knecht.  Wie will ich hinaufkommen?

Zweiter Knecht.  Steig auf meine Schultern, da kannst du die Lucke
reichen und dir bis zur offnung hinaufhelfen.

Erster Knecht (steigt hinauf).  Ach, Herr!

Selbitz.  Was siehest du?

Erster Knecht.  Eure Reiter fliehen der Hohe zu.

Selbitz.  Hollische Schurken!  Ich wollt, sie stunden und ich hatt
eine Kugel vorm Kopf.  Reit einer hin! und fluch und wetter sie zuruck.
(Knecht ab.) Siehest du Gotzen?

Knecht.  Die drei schwarzen Federn seh ich mitten im Getummel.

Selbitz.  Schwimm, braver Schwimmer.  Ich liege hier!

Knecht.  Ein weißer Federbusch, wer ist das?

Selbitz.  Der Hauptmann.

Knecht.  Gotz drangt sich an ihn--Bauz!  Er sturzt.

Selbitz.  Der Hauptmann?

Knecht.  Ja, Herr.

Selbitz.  Wohl!  Wohl!

Knecht.  Weh!  Weh!  Gotzen seh ich nicht mehr.

Selbitz.  So stirb, Selbitz!

Knecht.  Ein furchterlich Gedrang, wo er stund.  Georgs blauer Busch
verschwindt auch.

Selbitz.  Komm herunter.  Siehst du Lersen nicht?

Knecht.  Nichts.  Es geht alles drunter und druber.

Selbitz.  Nichts mehr.  Komm!  Wie halten sich Sickingens Reiter?

Knecht.  Gut.--Da flieht einer nach dem Wald.  Noch einer!  Ein ganzer
Trupp!  Gotz ist hin.

Selbitz.  Komm herab.

Knecht.  Ich kann nicht.--Wohl!  Wohl!  Ich sehe Gotzen!  Ich sehe
Georgen!

Selbitz.  Zu Pferd?

Knecht.  Hoch zu Pferd!  Sieg!  Sieg!  Sie fliehn.

Selbitz.  Die Reichstruppen?

Knecht.  Die Fahne mittendrin, Gotz hintendrein.  Sie zerstreuen sich.
Gotz erreicht den Fahndrich--Er hat die Fahn--Er halt.  Eine Handvoll
Menschen um ihn herum.  Mein Kamerad erreicht ihn--Sie ziehn herauf.

(Gotz.  Georg.  Lerse.  Ein Trupp.)

Selbitz.  Gluck zu, Gotz!  Sieg!  Sieg!

Gotz (steigt vom Pferd).  Teuer!  Teuer!  Du bist verwundt, Selbitz?

Selbitz.  Du lebst und siegst!  Ich habe wenig getan.  Und meine Hunde
von Reitern!  Wie bist du davongekommen?

Gotz.  Diesmal galt's!  Und hier Georgen dank ich das Leben, und hier
Lersen dank ich's.  Ich warf den Hauptmann vom Gaul.  Sie stachen mein
Pferd nieder und drangen auf mich ein.  Georg hieb sich zu mir und
sprang ab, ich wie der Blitz auf seinen Gaul, wie der Donner saß er
auch wieder.  Wie kamst du zum Pferd?

Georg.  Einem, der nach Euch hieb, stieß ich meinen Dolch in die
Gedarme, wie sich sein Harnisch in die Hohe zog.  Er sturzt', und ich
half Euch von einem Feind und mir zu einem Pferde.

Gotz.  Nun staken wir, bis sich Franz zu uns hereinschlug, und da
mahten wir von innen heraus.

Lerse.  Die Hunde, die ich fuhrte, sollten von außen hineinmahen, bis
sich unsere Sensen begegnet hatten; aber sie flohen wie Reichsknechte.

Gotz.  Es flohe Freund und Feind.  Nur du kleiner Hauf hieltest mir
den Rucken frei; ich hatte mit den Kerls vor mir genug zu tun.  Der
Fall ihres Hauptmanns half mir sie schutteln, und sie flohen.  Ich
habe ihre Fahne und wenig Gefangene.

Selbitz.  Der Hauptmann ist Euch entwischt?

Gotz.  Sie hatten ihn inzwischen gerettet.  Kommt, Kinder! kommt,
Selbitz!--Macht eine Bahre von asten;--du kannst nicht aufs Pferd.
Kommt in mein Schloß.  Sie sind zerstreut.  Aber unser sind wenig, und
ich weiß nicht, ob sie Truppen nachzuschicken haben.  Ich will euch
bewirten, meine Freunde.  Ein Glas Wein schmeckt auf so einen Strauß.

Lager

Hauptmann.

Hauptmann.  Ich mocht euch alle mit eigner Hand umbringen!  Was,
fortlaufen!  Er hatte keine Handvoll Leute mehr!  Fortzulaufen, vor
einem Mann!  Es wird's niemand glauben, als wer uber uns zu lachen
Lust hat.--Reit herum, Ihr, und Ihr, und Ihr.  Wo ihr von unsern
zerstreuten Knechten findt, bringt sie zuruck oder stecht sie nieder.
Wir mussen diese Scharten auswetzen, und wenn die Klingen druber
zugrunde gehen sollten.

Jagsthausen

Gotz.  Lerse.  Georg.

Gotz.  Wir durfen keinen Augenblick saumen!  Arme Jungen, ich darf
euch keine Rast gonnen.  Jagt geschwind herum und sucht noch Reiter
aufzutreiben.  Bestellt sie alle nach Weilern, da sind sie am
sichersten.  Wenn wir zogern, so ziehen sie mir vors Schloß.  (Die
zwei ab.) Ich muß einen auf Kundschaft ausjagen.  Es fangt an heiß zu
werden.  Und wenn es nur noch brave Kerls waren!  Aber so ist's die
Menge.  (Ab.)

(Sickingen.  Maria.)

Maria.  Ich bitte Euch, lieber Sickingen, geht nicht von meinem Bruder!
Seine Reiter, Selbitzens, Eure sind zerstreut; er ist allein,
Selbitz ist verwundet auf sein Schloß gebracht, und ich furchte alles.

Sickingen.  Seid ruhig, ich gehe nicht weg.

(Gotz kommt.)

Gotz.  Kommt in die Kirch, der Pater wartet.  Ihr sollt mir in einer
Viertelstund ein Paar sein.

Sickingen.  Laßt mich hier.

Gotz.  In die Kirch sollt Ihr jetzt.

Sickingen.  Gern--und darnach?

Gotz.  Darnach sollt Ihr Eurer Wege gehn.

Sickingen.  Gotz!

Gotz.  Wollt Ihr nicht in die Kirche?

Sickingen.  Kommt, kommt!

Lager

Hauptmann.  Ritter.

Hauptmann.  Wie viel sind's in allem?

Ritter.  Hundertundfunfzig.

Hauptmann.  Von vierhunderten!  Das ist arg.  Jetzt gleich auf und
grad gegen Jagsthausen zu, eh er sich erholt und sich uns wieder in
Weg stellt.




III. Akt, Szene 3



Jagsthausen

Gotz.  Elisabeth.  Maria.  Sickingen.

Gotz.  Gott segne euch, geb euch gluckliche Tage, und behalte die, die
er euch abzieht, fur eure Kinder.

Elisabeth.  Und die laß er sein, wie ihr seid: rechtschaffen!  Und
dann laßt sie werden, was sie wollen.

Sickingen.  Ich dank euch.  Und dank Euch, Maria.  Ich fuhrte Euch an
den Altar, und Ihr sollt mich zur Gluckseligkeit fuhren.

Maria.  Wir wollen zusammen eine Pilgrimschaft nach diesem fremden
gelobten Lande antreten.

Gotz.  Gluck auf die Reise!

Maria.  So ist's nicht gemeint, wir verlassen Euch nicht.

Gotz.  Ihr sollt, Schwester.

Maria.  Du bist sehr unbarmherzig, Bruder!

Gotz.  Und Ihr zartlicher als vorsehend.

(Georg kommt.)

Georg (heimlich).  Ich kann niemand auftreiben.  Ein einziger war
geneigt; darnach veranderte er sich und wollte nicht.

Gotz.  Gut, Georg.  Das Gluck fangt mir an wetterwendisch zu werden.
Ich ahnt's aber.  (Laut.) Sickingen, ich bitt Euch, geht noch diesen
Abend.  Beredet Marie.  Sie ist Eure Frau.  Laßt sie's fuhlen.  Wenn
Weiber quer in unsere Unternehmung treten, ist unser Feind im freien
Feld sichrer als sonst in der Burg.

(Knecht kommt.)

Knecht (leise).  Herr, das Reichsfahnlein ist auf dem Marsch, grad
hieher, sehr schnell.

Gotz.  Ich hab sie mit Rutenstreichen geweckt!  Wieviel sind ihrer?

Knecht.  Ungefahr zweihundert.  Sie konnen nicht zwei Stunden mehr von
hier sein.

Gotz.  Noch uberm Fluß?

Knecht.  Ja, Herr.

Gotz.  Wenn ich nur funfzig Mann hatte, sie sollten mir nicht heruber.
Hast du Lersen nicht gesehen?

Knecht.  Nein, Herr.

Gotz.  Biet allen, sie sollen sich bereit halten.--Es muß geschieden
sein, meine Lieben.  Weine, meine gute Marie, es werden Augenblicke
kommen, wo du dich freuen wirst.  Es ist besser, du weinst an deinem
Hochzeittag, als daß ubergroße Freude der Vorbote kunftigen Elends
ware.  Lebt wohl, Marie.  Lebt wohl, Bruder.

Maria.  Ich kann nicht von Euch, Schwester.  Lieber Bruder, laß uns.
Achtest du meinen Mann so wenig, daß du in dieser Extremitat seine
Hulfe verschmahst?

Gotz.  Ja, es ist weit mit mir gekommen.  Vielleicht bin ich meinem
Sturz nahe.  Ihr beginnt zu leben, und ihr sollt euch von meinem
Schicksal trennen.  Ich hab eure Pferde zu satteln befohlen.  Ihr mußt
gleich fort.

Maria.  Bruder!  Bruder!

Elisabeth (zu Sickingen).  Gebt ihm nach!  Geht!

Sickingen.  Liebe Marie, laßt uns gehen.

Maria.  Du auch?  Mein Herz wird brechen.

Gotz.  So bleib denn.  In wenigen Stunden wird meine Burg umringt sein.


Maria.  Weh!  Weh!

Gotz.  Wir werden uns verteidigen, so gut wir konnen.

Maria.  Mutter Gottes, hab Erbarmen mit uns!

Gotz.  Und am Ende werden wir sterben, oder uns ergeben.--Du wirst
deinen edeln Mann mit mir in ein Schicksal geweint haben.

Maria.  Du marterst mich.

Gotz.  Bleib!  Bleib!  Wir werden zusammen gefangen werden.  Sickingen,
du wirst mit mir in die Grube fallen!  Ich hoffte, du solltest mir
heraushelfen.

Maria.  Wir wollen fort.  Schwester, Schwester!

Gotz.  Bringt sie in Sicherheit, und dann erinnert Euch meiner.

Sickingen.  Ich will ihr Bette nicht besteigen, bis ich Euch außer
Gefahr weiß.

Gotz.  Schwester--liebe Schwester!  (Kußt sie.)

Sickingen.  Fort, fort!

Gotz.  Noch einen Augenblick--Ich seh Euch wieder.  Trostet Euch.  Wir
sehn uns wieder.

(Sickingen, Maria ab.)

Gotz.  Ich trieb sie, und da sie geht, mocht ich sie halten.
Elisabeth, du bleibst bei mir!

Elisabeth.  Bis in den Tod.  (Ab.)

Gotz.  Wen Gott lieb hat, dem geb er so eine Frau!

(Georg kommt.)

Georg.  Sie sind in der Nahe, ich habe sie vom Turn gesehen.  Die
Sonne ging auf, und ich sah ihre Piken blinken.  Wie ich sie sah,
wollt mir's nicht banger werden, als einer Katze vor einer Armee Mause.
Zwar wir spielen die Ratten.

Gotz.  Seht nach den Torriegeln.  Verrammelt's inwendig mit Balken und
Steinen.  (Georg ab.) Wir wollen ihre Geduld fur'n Narren halten, und
ihre Tapferkeit sollen sie mir an ihren eigenen Nageln verkauen.
(Trompeter von außen.) Aha! ein rotrockiger Schurke, der uns die Frage
vorlegen wird, ob wir Hundsfotter sein wollen.  (Er geht ans Fenster.)
Was soll's?

(Man hort in der Ferne reden.)

Gotz (in seinen Bart).  Einen Strick um deinen Hals.

(Trompeter redet fort.)

Gotz.  "Beleidiger der Majestat!"--Die Aufforderung hat ein Pfaff
gemacht.

(Trompeter endet.)

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