2014년 12월 29일 월요일

Versuch einer Ethnographie der Philippinen 2

Versuch einer Ethnographie der Philippinen 2

Nach dem Erzahlten ist es leicht begreiflich, dass die Gesammtzahl
der Negritos nur eine sehr geringe sein kann, Mas (pobl. 9) schatzt
sie auf 25 000, Mallat (II, 94) giebt dieselbe Ziffer an, Semper halt
diess mit Recht fur ubertrieben (Skizzen 138). Jedenfalls betragt
ihre Anzahl mehr als 10 000 Seelen, wobei ich von Mindanao ganz absehe
und mich nur auf Luzon und die Visayas beschranke. Sie gehen langsam,
aber sicher ihrem Untergange entgegen.

Ehe ich zu den Malaien ubergehe, habe ich noch den interessanten
Stamm der Balugas zu erwahnen, welcher in Pangasinan und zwar der
Centralebene Luzons wohnt. Semper hat die Balugas selbst gesehen
und bezeichnet sie als eine Mischlingsrasse von Negritos und Malaien
(Skizzen 53); der Name ist nach ihm tagalisch und bedeutet soviel als
schwarzer Mestize, schwarzer Bastard (Skizzen 136). Diese Mischung mit
malaiischem Blute ist aber nicht stark genug, um die den Negritos
charakteristischen Eigenthumlichkeiten verschwinden zu machen;
im vorigen Jahrhundert haben diese Balugas ein Leben gefuhrt,
das sich in gar Nichts oder wenigstens so gut wie gar nicht von
jenem der Negritos unterscheidet, so dass man geneigt ware, sie in
jener Zeit als noch unvermischt anzusehen. Es darf nicht unerwahnt
bleiben, dass nach Mas (pobl.) die Negritos neben dem spanischen
Namen Negrillos auch noch die eingeborenen: aetas, itas, etas und
balugas fuhren und Scheidnagel (Filipinas 61) bemerkt ausdrucklich:
"Se les suele denominar por los indios con el nombre de balugas",
ebenso spricht Cavada (I, 164) von Balugas o Aetas. Die Malaiinnen
Luzons haben einen Abscheu vor den Negritos und gehen trotz ihrer
starken Sinnlichkeit keine geschlechtlichen Verbindungen mit den
Mannern der schwarzen Rasse ein, wie Fr. Gaspar de S. Augustin schon
bemerkt (die Visaya-Malaiinnen sollen nicht so heikel sein), es kann
daher jene Vermischung nur durch geraubte Malaiinnen Statt gefunden
haben oder durch Remontados, das heisst durch Malaien, welche eines
Verbrechens wegen oder um den Steuern zu entgehen in die Walder
flohen und sich unter jenen Negritos niederliessen, was aber nicht
gut moglich ist, da die Negritos gegen diese Exchristen ein starkes
Misstrauen hegen. Es ist also nur der erste Fall der wahrscheinlichere.

Fray Antonio Mozo uberschreibt das VIII. Cap. seines Werkes mit:
"Missiones de Balugas o Aetas", er will also Balugas mit Negritos
identificiren, wie auch aus dem Inhalt des ganzen Capitels erhellt. Was
er von dem Leben und Treiben der Balugas erzahlt, ist eben so gut auf
die heutigen Negritos anwendbar. Die Balugas von Pangasinan, welche
Professor Semper sah, mussen also erst seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts mit malaiischem Blute sich gemengt haben, und man wird
vorsichtig mit dem Namen Baluga umgehen mussen, nachdem, wie wir
soeben gesehen, auch Vollblut-Negritos so genannt wurden und werden.

Noch sei zum Schlusse bemerkt, dass es eine Zeit gab, wo man zweifelte,
ob die Negritos sich im Besitze eines eigenen Idioms befanden. Diess
kam daher, weil die Negritos im Verkehre mit Spaniern und Indiern sich
der Sprache ihrer malaiischen Nachbarn bedienen. Durch die grundlichen
Untersuchungen der Herrn Dr. A. B. Meyer, Dr. v. Miklucho-Maclay
und Dr. A. Schadenberg ist sichergestellt, dass die Negritos sich
im Besitze einer eigenen Sprache befinden, welche freilich von den
malaiischen Nachbar-Dialekten nicht unbeeinflusst geblieben ist.







II. MALAIEN.


1. Tagalen.

Der bedeutendste Zweig der malaiischen Rasse auf den Philippinen
wird von den Tagalen (Tagales) gebildet. Die Tagalen bewohnen den
centralen Theil Luzons. Die Provinzen und Districte: Manila, Laguna,
Cavite, Batangas, Bulacan, Morong, Infanta, Tayabas, Bataan und die
Corregidor-Insel werden beinahe ausschliesslich von ihnen bewohnt,
nur in Manila bilden Weisse, Chinesen und die Mischlinge dieser Rassen
einen erheblichen Bruchtheil der Bevolkerung, wie die officiellen
Censuslisten aufweisen. Uberdiess wohnen sie in nicht unbedeutender
Starke in der Provinz Zambales, ferner in den Provinzen Principe,
Isabela und Nueva Ecija. An der Nordostkuste Luzons ist der nordlichste
von ihnen bewohnte Punkt Paranan (Semper, Erdk. X, 258). In der
Provinz Camarines Norte reichen sie von Nordwesten her bis zu dem
durch seine reichen Goldminen bekannten Orte Paracali, wo bereits
mehr Tagalisch als Vicol gesprochen wird (Jagor, Phil., 149). Hier hat
also das Tagalog seit den Tagen der Conquista bedeutende Fortschritte
gemacht, denn in der Zeit des Don Juan de Salcedo waren jene Gegenden
von Camarines Norte ausschliesslich mit Vicols besiedelt. Die grosse
Insel Mindoro wurde im XVII. Jahrhunderte nur an den Nordkusten von
Tagalen bewohnt (Allg. Hist. XI, 406), heute herrscht auf der ganzen
Insel, so weit sie Spanien unterworfen ist, d. h. an den Kusten,
die tagalische Sprache. Die Insel Marinduque war bei der Ankunft der
Spanier von Visayern bewohnt, welche unter tagalischen Hauptlingen
lebten, die Zahl der Tagalen war gering, auch hier bewahrte sich die
tagalische Sprache als Siegerin, sie ist heute die herrschende, wie die
Censuslisten aufweisen. Auf der Ostkuste Luzons wird die Insel Polillo
gleichfalls von ihnen bewohnt. Verstreut, aber nur in geringer Anzahl,
sind sie in allen Theilen der Philippinen zu finden, selbst ausserhalb
des Archipels, so fand Jagor auch welche in Singapore (Jagor, Skizzen
35). In Zamboanga auf Mindanao, ferner auf den Marianen bilden Tagalen
und deren Mischlinge einen erheblichen Theil der Bevolkerung (Buzeta I,
66). Ebenso giebt es tagalische Niederlassungen seit 1848 im Meerbusen
von Davao auf Mindanao (Cavada II, 224).

Die Tagalen zeigen eine grossere Verschiedenheit vom malaiischen Typus
als die Visayas (Bastian, Reisen V, 273). Ihre Hautfarbe ist braunlich
mit einem gelblichen Tone, in Manila durch Kreuzung mit Europaern und
Chinesen etwas heller als in den anderen Provinzen. Der Korper ist gut
gewachsen, die Gliedmaassen sehr zart. Der Kopf ist rund, hinten platt,
die Nase ist etwas plattgedruckt und mit breiten Flugeln versehen,
der Mund ist gross, die Lippen ziemlich dick. Die Backenknochen
treten stark hervor, die Stirne ist niedrig. Die Augen sind gross
und dunkel, nach Mallat lebhaft, nach Canamaque das Gegentheil. Einen
eigenthumlichen Eindruck machten auf mich stets die zwei Hautfalten,
welche von den Nasenflugeln sich zu den Mundwinkeln hinziehen und die
man auf Abbildungen und Photographien selbst jugendlicher Personen
scharfer hervortreten sieht, als diess bei Europaern desselben Alters
der Fall ist. Dieser Umstand ist noch von Niemandem bemerkt worden. Der
Haarwuchs ist ein ungemein uppiger, das Haar schwarz, aber grob.

Die Beweglichkeit ihrer Zehen ist eine auffallende, sie sind im
Stande die Fusse zur Unterstutzung ihrer Hande herbeizuziehen,
mit Leichtigkeit erfassen sie die kleinsten Gegenstande mit den
Zehen und heben sie vom Boden auf, um sich die Muhe des Buckens zu
ersparen; beim Klettern kommt ihnen besonders diese Eigenschaft zu
gute (Ilustr. 1858, n. 7, p. 53). Wir haben bereits oben Ahnliches
bei den Negritos gefunden. Die grosse Zehe ist auch von den ubrigen
durch einen grosseren Zwischenraum getrennt (Buzeta I, 59).

Nicht minder ausserordentlich ist ihr Geruchssinn. Selbst in einer
grosseren Gesellschaft erkennen sie an dem Geruche der Taschentucher
deren Besitzer (Jagor, Skizzen 39). Es giebt Diener, welche durch
Beriechen unter einem Dutzend fremder, frischgewaschener Hemden
das Eigenthum ihres Herrn sofort herausfinden. Liebende tauschen
Kleidungsstucke &c. aus, um sich am Beriechen derselben zu erfreuen,
ist der fremde "Duft" durch den eigenen verdrangt, findet neuer
Austausch Statt. Nach Mas (pobl. 87), dem ich auch das Obige entnehme,
sollen die Weiber durch ihren Geruchssinn es erkennen, ob ein in
ihrer Nahe befindlicher Mann geschlechtlich erregt ist oder nicht (?).

Die Tagalen siedeln sich stets unmittelbar an einem grosseren Wasser
an, sei es ein Fluss, ein Bach, ein See oder das Meer selbst, ihr
Name selbst soll soviel wie Flussbewohner bedeuten, die Ebene und das
Thal sind ihre Heimath, die steilen Hange, die Gebirgsgelande meiden
sie nach Thunlichkeit. In den Zeiten ihrer Unabhangigkeit waren ihre
Niederlassungen klein und zersplittert, die Spanier aber zwangen sie,
sich in grossere Ortschaften zusammenzusiedeln, welche Pueblos (wenn
sie eine autonome Gemeinde bilden) oder Barrios heissen. Es gehorte
viel dazu, die zum isolirten Vegetiren sich hinneigenden Tagalen zu
dieser Concentration zu bringen, zum Gluck begegneten sich da die
Absichten der Regierung mit den Interessen der Geistlichkeit und des
durch kluge Concessionen gewonnenen eingeborenen Adels.

Die Hutten der Tagalen stehen auf Pfahlen; der von den Pfahlen
eingeschlossene Raum wird durch Bambuslatten abgesperrt (Jagor,
Phil. 20), in denselben werfen die Tagalen durch die Spalten des Bodens
der Hutte den Kehricht herunter (Semper, Skizzen 50). Die Hutten
selbst sind aus Rohr, bei Reicheren aus Brettern und Balken erbaut,
meist besteht jedoch nur das Geruste aus diesem Material, die Wande
werden dann aus Pandanusblattern verfertigt. Die Fenster haben Laden
aus Facherpalmblattern oder Bambusrohr. Selten fehlt die Azotea oder
Batalan, eine Art Galerie oder Veranda. Das Dach wird mit Blattern der
Nipapalme gedeckt, welche oft zu formlichen Ziegeln geformt sind. Es
giebt Hutten, welche sammt dem Mobiliar zwei Centner wiegen (Jagor,
Phil. 20). Beim Baue wird zuerst das Dach, dann erst die Hutte selbst
hergestellt (Jagor, Phil. 46; Scheidnagel 54). Der Aufstieg geschieht
auf einer Leiter oder einem eingekerbten Bambus, bei Nacht wird die
Hutte durch Aufziehen der Leiter unnahbar. Die Hutten haben nur ein
Stockwerk, dessen Fussboden ungefahr einen Meter uber der Erde erhaben
ist (Scheidnagel 54). Vornehme Indier, die Principales oder Glieder der
Dorf-Aristokratie, haben bessere zum Theil aus Stein erbaute Hauser,
welche mitunter ein mit Zink gedecktes Dach besitzen (Scheidnagel
l. c.). Das Mobiliar besteht bei der Mehrzahl der Tagalen nur aus dem
Kochgeschirr und Matten. Jagor fand die stattlichsten Tagalenhauser in
der Provinz Bulacan, in denselben fehlten weder Stuhle, noch Tische,
Banke, Schranke, selbst Spiegel und Lithographien waren vorhanden
(Jagor, Phil. 48).

In den Provinzen laufen die Kinder ganz nackt herum oder tragen nur
das philippinische Hemd, die Camisa, d. h. eine Jacke, welche nicht
einmal den Nabel bedeckt. Selbst grossere Burschen begnugen sich
mit dem Tapa-Rabo, einem Baumwollstoffe, welcher zwischen die Beine
geschlagen und am Gurtel festgemacht wird (Vila 7). Die Tracht der
erwachsenen Manner ist sehr einfach, sie besteht aus der erwahnten
Camisa und Beinkleidern, nur pflegt hier das Hemd meist so lang wie das
der Europaer zu sein, was aber um so unanstandiger erscheint, indem
das Hemd uber den Hosen getragen wird. Die Hemden der Vornehmen sind
oft reich gestickt oder wenigstens mit rothen Knopfen versehen. Reiche
Leute tragen Perlen oder Brillanten als Knopfe (Scheidnagel 60). Die
Mitglieder des eingeborenen Adels tragen uber dem Hemde eine schwarze
Tuchjacke, doch ist diess nicht ihr ausschliessliches Privileg, wie
in einigen Werken zu lesen ist. Lacherlich nehmen sich die Kutscher
europaischer Herren aus: Das Hemd uber den Hosen, eine gallonirte
Jacke, Gamaschen und Cylinderhut! Die Fusse tragen sie meist nackt,
selbst die eingeborenen Truppen der Spanier tragen Schuhe nur zur
Parade, und in der Stadt, bei Marschen und im Felde gehen sie barfuss,
sonst wurden sie bald marschunfahig werden. Die Vornehmen tragen
mitunter selbst Lackschuhe (Scheidnagel 60).

Auf dem Kopfe tragen sie einen grossen Hut, den Salacot oder
Salaco. Dieser hat die Form eines Kugelsegments und ist sehr haufig
mit einer Spitze versehen, welche aus Silber oder gar aus Gold
besteht (Scheidnagel, l. c.). Das Material sind Palmenblatter, Stroh
& c. Vornehme tragen gern Hute europaischer Facon, ja mit Vorliebe
Cylinder.

Armere Frauen tragen nur die kurze Camisa und dann die Saya. Letztere
ist ein Frauenrock, der von der Hufte bis zu den Knocheln reicht, oft
aber auch die Waden ganz unbedeckt lasst. Bei der Kurze der Camisa
bleibt haufig ein Streifen nackten Leibes den Blicken der Manner
ausgesetzt. Reichere tragen noch den Tapis, dieser besteht aus einem
Zeuge, welches um den oberen Theil der Saya herumgewunden wird. Sie
wissen den Tapis in einen schonen Faltenwurf zu bringen. Man liebt
besonders gestreifte Stoffe, am beruhmtesten sind die Tapisstoffe,
welche in Balivag (Provinz Bulacan) fabricirt werden, sie sind
dunkelbraun und weiss gestreift. Die Stoffe zu diesen Kleidern werden
aus Baumwolle, Abaca oder Seide verfertigt. Das Haar tragen die Weiber
aufgelost oder in einem durch einen Kamm zusammengehaltenen Knoten
("pusod") geknupft. Zum Schmucke der Haare dienen Blumen. Geschmeide
wird gleichfalls getragen, doch ist es meist europaischen oder
chinesischen Ursprunges oder doch fremden Mustern entlehnt. Die
Fusse stecken bei allen Bemittelten in eigenthumlichen Pantoffeln,
den sogenannten Chinelas, deren Oberdecke so kurz ist, dass sie kaum
die Zehen bedeckt.

Die Tagalen leben vom Fischfang und Ackerbau. Der Reis ist ihre
Hauptnahrung, deshalb wird er auch am meisten gebaut. Auf einer
Ausstellung zu Manila wurden 60 angeblich verschiedene Reisgattungen
ausgestellt, welche sammtlich in den Philippinen gebaut werden (Jagor,
Skizzen 37). Dem Reisbau wenden sie auch die grosste Sorgfalt zu,
obwohl sie nicht viel mehr zu bauen pflegen, als sie selbst zum
Unterhalte brauchen. Wo die Acker an Waldwildnisse grenzen, werden sie
durch lebendige Hecken aus einer sehr stacheligen Bambusart geschutzt
(Semper, Skizzen 135). Die Ackergerathe sind sehr plump und meist
aus Bambus zusammengesetzt. Den Pflug zieht der Carabao-Buffel,
von dem ich noch weiter unten sprechen will. Reis ist ihre tagliche
Nahrung, und man sieht die Weiber stets damit beschaftigt, den noch
in der Hulle steckenden Reis--"palay" genannt--durch Stossen in einem
Holzmorser--lusong--zu enthulsen. Diejenige Speise, welche bei ihnen
nicht nur die Stelle unseres Brotes vertritt, sondern fur viele die
ausschliessliche Nahrung ist, besteht nur aus in Wasser gekochtem, oft
ungesalzenem Reis, der Name derselben ist: Morisqueta oder Canin. Auch
ihre Leckereien und Delicatessen bestehen meistentheils aus Reis,
so die Bibinca (gekochter Reis mit Cocosmilch) &c. Aus Reis wird
auch ein Branntwein gebrannt. Die Vorliebe fur den Reis ist so gross,
dass selbst der Chocolade gerosteter Reis zugesetzt wird.

Nachst dem Reis werden noch Camote und Mais gebaut. Camote (Convulvulus
batatas) wuchert beinahe ohne jede Pflege, sie ist "eine unversiegbare
Vorrathskammer fur den Besitzer, der das ganze Jahr hindurch seinen
Bedarf dem Felde entnehmen kann" (Jagor 122). Von Nahrungspflanzen fur
heimischen Bedarf werden noch Gabi (Caladium), Ubi (Dioscorea) und zwei
Arumarten cultivirt. Der Cacaobaum wird zwar gepflanzt, liefert aber
bei der Indolenz der Eingeborenen und der Empfindlichkeit des Baumes
einen schlechten Ertrag. Der Caffeebau, fur den Export bestimmt,
nimmt immer mehr zu, Zuckerrohr wird von den Tagalen nicht in der
Menge gebaut, wie von den Visayern. Die Fruchtbaume des ostindischen
Archipels werden auch von den Tagalen gezogen, ich gebe hier die
wichtigsten nach der "Ilustracion filipina" (1859, n. 12, p. 99)
mit den tagalischen Namen an: Manga (Mangifera indica), Saguing
(Musa paradisiaca) von den Spaniern "platano" genannt, Atte (Annona
squamosa), Sapote (Sapote nigra), Tampoy (Eugenia Malaccensis),
Pina (Bromelia ananas), Mangostan (Garciana mangostana), Sagu
(Sagus Rumphii). Die Cocospalme ist nachst der Musa paradisiaca
der wichtigste Fruchtbaum. Sie wird in grossen Waldern oder Hainen
(Cocales) gepflanzt, bekannt sind die Cocoteros von Pagsanjan, die
Cocosnusse werden von dort in haushohen Pyramiden uber die Laguna
de Bay und den Pasig nach Manila gerudert: "diese Massen haben keine
weitere Unterlage als die Cocosnusse selbst, deren unterste Schicht
mit Stricken zusammengebunden ist" (Hugel 236). Aus der Milch der
Cocosnuss bereiten sie verschiedene susse Speisen und Backereien,
insbesondere die Speise Macapumi (Scheidnagel 75), diese Palme liefert
ihnen den so beliebten Tuba-Wein, und das Cocosol dient zum allgemeinen
Leuchtmaterial, sowie zur Pomade. Aus dem Zuckerstoffe der Buripalme
bereiten sie die Zuckerspeise Chancaca, desgleichen aus Pilikornern [8]
(Scheidnagel, l. c.). An den Flusslaufen wird Nipa littoralis gezogen,
von welcher auch Branntwein gewonnen wird. Von Nutzpflanzen werden
von den Tagalen Baumwolle, Indigo und Abaca (Manilahanf) gebaut. Der
Tabak wurde vor der Einfuhrung des Monopols von den Tagalen fleissig
gepflanzt, jetzt (seit 1781) ist sein Anbau auf bestimmte Provinzen
beschrankt. Von den erwahnten Pflanzen sind folgende erst durch die
Spanier eingefuhrt worden: Indigo(?), Tabak, Mais, Caffee, Cacao
und Camote.

Die Hausthiere der Tagalen vor Ankunft der Spanier bestanden nur aus
dem Carabao-Buffel, dem Schweine, Hunde und Geflugel, unter letzterem
besonders Huhner und Enten. Erst die Spanier brachten Rind, Pferd,
Schaf und Esel, doch haben diese beiden letzteren Thiergattungen sich
in diesem Lande nicht bewahrt und werden demgemass auch nicht mehr oder
nur hie und da gezuchtet. Der Carabao dient nicht nur als Zugthier, er
wird auch zum Reiten benutzt (Canamaque, Recuerdos I, 152). Das Schwein
galt bei den Tagalen der Conquista als ein ausserst wichtiges Thier,
wesshalb es bei Opferfesten stets als Schlachtopfer diente, bei vielen
religiosen Ceremonien war wenigstens Schweineblut erforderlich. Auch
heute noch bildet Schweinefleisch eine Lieblingskost der Tagalen,
doch pflegen sie gar keine Sorgfalt auf diese Thiere zu verwenden,
welche sich meist nur von menschlichen Excrementen nahren (Jagor,
Phil. 124). Vom Rinde kommen zwei Gattungen vor, die spanische,
im XVI. Jahrhunderte uber Neuspanien eingefuhrt und der indische
Zebu (Scheidnagel 104), der erst in neuerer Zeit eingefuhrt worden
sein muss, da altere Werke hieruber gar Nichts erwahnen. Beide
Rindergattungen werden hauptsachlich des Fleisches wegen gezogen,
zur Arbeit gebraucht man nur den Buffel. Ziegen sind sehr selten
(Scheidnagel 105), ebenso wie Schafe. Die Pferderasse ist ein kleiner
Schlag, gemischt aus andalusischem, chinesischem und japanischem Blute
(Jagor 123 und 315, nach Morga fol. 130 und 161).

Von Geflugel werden hauptsachlich Huhner und Enten gehalten,
erstere nicht blos des Fleisches oder der Eier wegen, sondern, wie
ich es weiter unten ausfuhrlicher besprechen werde, um die Hahne
zum Kampfsport aufzuziehen. Die Entenzucht der Tagalen hat auf den
Philippinen einen weiten Ruf, insbesondere sind es die Ortschaften am
Pasig und der Laguna de Bay, deren Bewohner sich mit der Entenzucht
im grossartigsten Maassstabe befassen, besonders Pateros erfreut
sich einer grossen Beruhmtheit, und zwar werden die Eier kunstlich
ausgebrutet. Die Ilustracion filipina (1860, n. 4, p. 38) berichtet
daruber folgendes: Das Weib--mit dieser "Industrie" befassen sich nur
die Weiber--richtet 1000-1500 Enteneier zu, dann schlagt sie Palay
(Reis in der Hulse) in ein rohes Gewebe ("tigbo") und macht diesen
Haufen entweder durch ein Feuer oder die Glut der Sonnenstrahlen
warm. Darauf wird ein grosser Korb genommen und in diesem eine Schicht
des gewarmten Palay's ausgebreitet, darauf folgt eine Schicht Eier und
so abwechselnd fort, bis die oberste Schicht wieder von Palay gebildet
wird. Diese Operation wird durch mehr als zwei Wochen taglich zwei Mal
ausgefuhrt, hierauf werden die Eier in einen Trog, der mit Reishulsen
gefullt ist, gelegt und mit Zeug bedeckt, um ein Ausstrahlen der
Warme zu verhindern, andererseits wird wieder geluftet, um die nothige
gleichmassige Temperatur zu erhalten. 12 oder 14 Tage nachher kriegen
die jungen Enten aus den Eiern hervor, 800-1000 an der Zahl. Sie
werden sofort in eingezaunte Wasserplatze gebracht. "Vor jeder Hutte
befindet sich gegen den Fluss (Pasig) zu ein grosser eingezaunter
Platz, wo diese Thiere sich sonnen und nach Belieben im Wasser baden
konnen. Der vom Fluss bespulte Boden des kleinen Geflugelhofes wird
jeden Morgen mit Sorgfalt gereinigt, umgegraben und taglich von Neuem
mit einer grossen Menge von Schalthieren angefullt, welche den Enten
zum Futter dienen und von den Eingeborenen in kleinen Canoes aus
dem See (Laguna de Bay) geholt werden, wo dieselben zu Milliarden
im Schlamm leben. In Pateros werden jahrlich Millionen von Enten
als Handelsartikel gezogen, indem die Tagalen, gleich den Chinesen,
halbausgebrutete Eier und Kuchlein fur besondere Leckerbissen halten"
(Scherzer, Novara-Reise I, 602). Ganse wurden von den Spaniern aus
China importirt (Jagor, l. c.).

Nachst dem Reis und der Camote bilden Fische die Hauptnahrung der
Tagalen. Die Hauptbeute liefert der Dalag-Fisch (Ophicephalus vagus,
Peters). "Wenn in der Durre die Bache zu einer unzusammenhangenden
Kette von Tumpeln einschrumpfen, dann beginnt der Dalag-Fang. Der
Dalag grabt sich im Schlamme weiter fort, deshalb werden zunachst
flussabwarts in den Schlamm engmaschige Bambusgitter gesteckt,
um ein Entweichen des Fisches zu verhindern, darauf wird das
Wasser aus den Lachen herausgeschopft und die Fische ausgegraben"
(Jagor, Phil. 47). In der nassen Zeit sind sie auch so haufig in
allen Graben und Reisfeldern zu finden, "dass sie mit Knitteln
todtgeschlagen werden" (Jagor, l. c.). In Flussen und Bachen werden
die Fische dadurch gefangen, dass man die betaubende Frucht des
Tuba-Tuba-Baumes in das Wasser wirft oder in der Nacht sie durch
Fackeln, besonders die Aale, in den Handbereich lockt (Scheidnagel
151). Die Strandbewohner des Meeres und der Binnen-Seen fangen die
Fische auf ahnliche Weise und durch Harpunirung (Semper, Skizzen 31),
oder sie fangen sie durch besonders construirte Netze und Fangapparate,
welche die Kustenschifffahrt behindern. Die Netze beruhen auf einem
Hebelapparate, der auf einem grossen von Bambusrohr gebauten Floss
steht (Semper, Skizzen 111). Die kleinen Fische werden meist an
der Sonne getrocknet oder gesalzen (Scheidnagel 60), sie bilden die
picante Zukost zum faden Reis.

Der Jagd verdanken sie den geringsten Theil ihrer Nahrung. Der wilde
Carabao wird zu Pferde, welche zu diesem Zwecke besonders abgerichtet
sind, und mit der Lanze gejagt (Naheres: Ilustr. 1859, n. 10, p. 78)
oder man lockt ihn durch eine zahme Carabao-Kuh heran und haut ihm
dann in seiner blinden Liebesbrunst die Sehnen mit dem scharfen
Campilan entzwei (l. c.). Gefangen wird er mit dem Lazo. Hirsche und
Wildschweine kommen haufig vor. Wildenten werden gejagt, indem der
Tagale den Kopf sich mit Zweigen bedeckt und schwimmend oder watend
sich den Enten nahert und eine nach der anderen unter das Wasser zieht
(Scheidnagel 150). Der fliegende Hund wird seines wohlschmeckenden
Fleisches wegen gleichfalls verfolgt (Jagor, Skizzen 217). Heuschrecken
werden in irdenen Pfannen gerostet, jedoch nur die Kopfe und Rucken
gegessen (Jagor, Phil. 219). Trotz ihres hochentwickelten Geruchssinnes
essen die Indier gern faules Fleisch (Jagor, Skizzen 39). Der Tagale
isst drei Mal des Tags, um 7 Uhr Morgens, 12 Uhr Mittags und um 7 oder
8 Uhr Abends. Alle Speisen sind stark mit spanischem Pfeffer gewurzt
(Jagor, Phil. 126).

Die Waffen der Tagalen in der Zeit der Conquista bildeten Lanze,
Schild und Campilan (sabelartiges Waldmesser), alles noch heute
vorhanden. Bogen und Pfeile sind noch heute im Gebrauche (Meyer,
Negr.). Zahlreich sind ihre verschiedenen Schiffsgattungen. Da ist
die Falua oder Lorcha, ein grosses, bequemes, aber schwerfalliges
Ruderschiff, das Pontin, ein Zweimaster mit Mastensegeln von etwa 100
Tonnen Gehalt. Am haufigsten ist am Pasig der Casco, ein Zweimaster
ohne Deck, jedoch mit Strohmatten uberdacht, langs der Bordseiten lauft
ein Trittbret, auf welchem die Schiffsleute sich bewegen, wenn sie mit
ihren langen Stangen das Fahrzeug vorwarts stossen. Der Casco fuhrt
einen Holzanker und ist am Vordertheile meist weiss und roth bemalt
(Ilustr. 1860, n. 5, p. 49). Barotos sind kleine Handelsschiffe. Die
Bancas sind Kahne mit einem Schutzdache, sie werden mit Rohrstangen
vorwarts bewegt. Die tagalischen Fischerboote in der Bai von Manila
haben sammtlich Auslieger (Hugel 95). In den Zeiten der Conquista
besassen noch die Tagalen niedrige, leichte Schiffe ohne Verdeck mit
Ausliegern, Barangay oder Balangay genannt. Die Barangayes besassen
ein bis zwei Maste, konnten aber auch durch Ruder fortgetrieben werden,
uber den Ruderbanken befand sich eine Galerie aus Bambus, auf welcher
die Krieger standen (Jagor 311, Morga fol. 128, Morga-Stanley 297).

Als die Spanier mit den Tagalen zum ersten Male in Beruhrung kamen,
fanden sie bei ihnen bereits den Islam vor, der erst kurz vorher von
Borneo aus importirt worden war; aber, obwohl uberall unter den Tagalen
verbreitet, waren in den Binnendistricten es nur die Hauptlinge,
die den neuen Glauben angenommen hatten (Morga-Stanley 307 f.). In
einem Berichte, den der Vicekonig von Neuspanien, Dr. Martin Enriquez,
an Philipp II. am 5. December 1573 von Mejico aus richtet, bemerkt
er uber die Luzon, dass der Islam seinen Bewohnern aufgezwungen
ware und noch keine festen Wurzeln gefasst hatte, "weil viele von
ihnen Wein trinken und Schweinefleisch essen" (Cartas de Indias,
fol. 291). In der That hing noch der grosste Theil der Tagalen fest
an seinem alten heidnischen Glauben, und als dann das Christenthum
ihre Religion wurde, blieben noch die meisten religiosen Anschauungen
ihres Heidenthums bei ihnen wach und sind es auch bis zum heutigen
Tage, alle Bemuhungen der Monche vermochten nicht die nunmehr zum
Aberglauben gestempelten altreligiosen Brauche auszurotten.

Ihre alte Religion enthielt den Glauben an einen Weltschopfer und
Hauptgott, der im Himmel throne, uberdiess noch an eine grosse Zahl
von bosen und guten Damonen, neben dieser Mythologie besassen sie noch
den Ahnencultus, indem die Seelen der als Grossvater verstorbenen, die
Anitos oder Nonos, zu Hausgottern oder Schutzgottheiten gewisser Platze
werden. Sie besassen auch Priester (Catalonanes) und Priesterinnen
(Catalonas), welche von ihrem Hohenpriester, dem "Sonat", zu ihrem
Amte geweiht wurden.

Noch heute existirt die heilige Scheu vor den Seelen der Verschiedenen,
den Nonos, ich werde bei Gelegenheit der Todtenbestattungen noch
darauf zuruckkommen. Freilich in Manila und dort, wo die Spanier
zahlreicher wohnen, treten diese Erscheinungen nicht so grell zu
Tage. Aberglaubische Indier pflegen (wohl nur Abends) etwas Speise
am Tische liegen zu lassen, damit die Geister der Verstorbenen sich
sattigen konnen (Mas, pobl. 94). In vielen Dorfern besteht noch der
Brauch "Pasing-tabi sa Nono", d. h. die Tagalen bitten die Seelen ihrer
verschiedenen Ahnen, sie mogen die Arbeit oder das Werk, womit sie
sich gerade beschaftigen wollen, zu einem guten Ende fuhren (El Indio
viejo von F. de P. Martinez in Ilustracion 1859, n. 7, p. 54). Grosse
stattliche Baume, charakteristisch geformte Berge gelten ihnen als
Wohnsitze der Nonos oder Anitos. Niemand geht vorbei, ohne zu rufen:
"mit Deiner Erlaubniss", sonst wurde ihnen der Nono schweres Unheil
oder Krankheit senden. Wenn sie einen Baum (Waldbaum?) fallen mussen,
so bitten sie den Nono um Entschuldigung und rufen unter anderem:
der Padre (Pfarrer) hat es befohlen, es ist nicht unsere Schuld und
auch nicht unser Wille (Mas, pobl. 90). Die alten Gotter und Damonen
Tigbalang, Patianac, Sava &c. leben in ihrem Glauben noch heute, nur
sind sie zum Range von Gespenstern heruntergesunken (Mas, l. c.). Sie
glauben auch an eine Art Wunschelruthe, den "Antinantin", welcher ihnen
Reichthumer und Gluckseligkeit verschaffen soll (Mas, pobl. 91). Einen
eigenthumlichen Aberglauben hegen sie Schlafenden gegenuber; es gilt
fur die schwerste Beleidigung, uber einen Schlafenden hinwegzuschreiten
oder ihn plotzlich und schroff aus dem Schlafe zu wecken (Jagor,
Phil. 132). Mas fuhrt diese Sitte auf die Furcht der Indier zuruck,
im Schlafe zu sterben (Mas, pobl. 77).

Ausserlich [9] hangen sie fest an dem katholischen Glauben. Das
Tragen von Scapulieren, Rosenkranzen, Reliquien und Heiligenbildern
ist allgemein (Mas, pobl. 100). Baron Hugel sah 1834 bei den Tagalen
an der Laguna de Bay, dass sie am Boden des Salaco ein Heiligenbild
oder Amulet trugen, von welchem sie glaubten, dass es sie schutze. Sie
beteten zu ihm, indem sie den Hut abnahmen und auf das Bild starrten;
sah irgend ein Anderer in den Hut und erblickte er das Bild, so war die
Zauberkraft desselben vollstandig erloschen (Hugel 207). Festlichen
Gottesdienst, Processionen und Kirchenfeste machen sie sehr gern mit
(Scheidnagel 62), in Manila soll diess weniger der Fall sein als
auf dem Lande (Mas, pobl. 103). Die Beichte ist bei allen dieselbe,
sie haben stets nur drei Sunden: am Fasttage Fleisch gegessen,
am Sonntage die Messe versaumt und eitel geschworen zu haben (Mas,
l. c.). Sie erzahlen gern von Visionen, die sie gehabt hatten (Mas,
pobl. 95), noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Glaube an
Hexen weit verbreitet (Mas, pobl. 122). Die tagalischen Maler malen
gewohnlich die Christus- und Heiligenbilder nach Modellen ihrer eigenen
Rasse, diesen Heiligenbildern erweisen sie aber geringere Verehrung,
indem sie sagen, die Heiligen waren sammtlich Spanier gewesen (Mas,
pobl. 102). Um Diebe zu entdecken, bedienen sie sich verschiedenartiger
katholisch gefarbter Brauche: so, um nur einen herauszugreifen,
wird eine Kerze dem hl. Antonius von Padua angezundet, rings herum
knieen die Verdachtigen, neigt sich die Kerze oder Fackel gegen
einen derselben, so ist dieser der Schuldige (Mas, pobl. 93, nach
Fr. Tomas Ortiz, Practica del Ministerio). Neben den Heiligenbildern
und Reliquien, welche meist von Weibern getragen werden, tragen
sie noch andere Amulete mit sich herum, welche aus Wurzeln, Rinden,
Fellstuckchen, Knochen &c. bestehen, denen sie die Gewalt zuschreiben,
sie entweder in Gefahren zu schutzen oder Reichthumer und Liebesgenuss
zu verschaffen (l. c.). Der Glaube an Prophezeiungen und Ungluckstage
ist gleichfalls verbreitet (l. c.).

Machen sich bei einer Frau die Geburtswehen fuhlbar, dann trifft der
Gatte alle Anstalten, um dem Patianac und dem Usuang entgegenzutreten,
beides sind bose Damonen. Der Patianac sucht die Geburt unmoglich
zu machen und ebenso wie der Usuang die neugeborenen Kinder zu
todten (Mas, pobl. 92). Man schreibt dem Vogel Tictic es zu, dass er
diesen beiden Unholden durch seinen Gesang jene Orte anzeige, wo eine
Kreisende sich befinde. Um nun diese bosen Geister abzuhalten, steigt
der Gatte der Wochnerin ganz nackt [10] oder nur mit einem Schurze
bekleidet auf das Dach seiner Hutte, bewaffnet mit dem Campilan, der
Lanze und womoglich mit einem Schilde, um das Haus stellen sich seine
Freunde auf und nun haut und sticht er wuthend in der Luft herum,
damit die beiden Unholde nicht in die Hutte eindringen konnen (Mas,
pobl. 123). Oft suchen sie den Patianac dadurch irre zu fuhren, dass
sie die Kreisende schnell in eine andere Hutte bringen und so den
Unhold im Besitze des leeren Hauses lassen (Fr. Tomas Ortiz in Mas,
pobl. 92).

Im Wochenzimmer selbst werden alle Thuren und Fenster fest verschlossen
(Jagor, Phil. 130), um dem Patianac das Eindringen unmoglich zu
machen. In der Stube selbst sammeln sich die Verwandten und erfullen
die ohnehin stinkige Luft des Zimmers mit den Rauchwolken ihrer
Cigarren und Cigarritos. Hildebrand (Kossak, III, 32) sah, dass auch
die Kreisende in den Pausen ihrer Wehen sich die Zeit durch Rauchen
verkurzte. Sobald die Geburt Statt gefunden hat, pressen die anwesenden
Weiber mit aller Kraftanwendung von beiden Huften aus den Bauch
der Wochnerin zusammen, "um die inneren Organe wieder in den alten
Status zuruckzubringen" (Mas, pobl. 88). Ist das Kind geboren, so ist
damit noch nicht alle Gefahr vor jenen beiden Unholden zu Ende, zwar
stellen der gluckliche Vater und dessen Freunde das Luftgefecht ein,
aber um das Kind vor den Klauen jener Ungeheuer zu schutzen, werden
Raucherkerzchen angezundet (Mas, pobl. 85), bis die Taufe alle Gefahr
beseitigt. In entfernteren Provinzen soll von den Tagalen noch heimlich
die Beschneidung ausgeubt werden, der Schnitt wird von oben bis unten
gefuhrt (el corte se hace de arriba abajo); es ist diess nicht etwa
eine Erinnerung an den Islam, denn auch die heidnischen Stamme der
Philippinen ubten zur Zeit der Conquista schon die Beschneidung (Mas,
domin. I, 21), doch scheinen die einwandernden Moslim aus Borneo die
Sitte nach Luzon gebracht zu haben (Morga-Stanley 308).

Hatte Jemand die Absicht, ein Madchen zu heirathen, so war es
fruher ublich, dass der Brautigam drei bis vier Jahre bei seinem
zukunftigen Schwiegervater nicht nur Wohnung nahm, sondern auch
die schwierigsten Knechtsarbeiten verrichtete. Dann erst erhielt der
Ehestandscandidat die Ersehnte zur Frau, wobei seine Eltern die Hutte,
Kleider &c. hergeben. Diese Sitte hat sich nicht mehr halten konnen, da
die Pfarrer gegen das Anstossige derselben mit allem Eifer arbeiteten;
wo sie noch hie und da erhalten ist, darf der Brautigam zum wenigsten
nicht in der Hutte seiner Braut wohnen (Mas, pobl. 87). Will der
Tagale der Jetztzeit heirathen, so schenkt er seiner Auserwahlten
irgend eine werthvolle Sache oder Geld, welches ihre Eltern sich in
der Regel aneignen, letztere pflegen auf diese Gabe so erpicht zu
sein, dass sie ihre Tochter, selbst wenn sie geschwangert ist, lieber
ledig lassen, als dass sie auf jenes Geschenk verzichten wurden (Mas,
pobl. 88 u. 125).

Die Hochzeit wird mit einem festlichen Gelage ("Catapusan") gefeiert,
von diesem bringen sie einige Gerichte unter den von ihnen als Sitz
der Nonos verehrten Balete-Baum: es ist schon vorgekommen, dass sie bei
einer solchen Festlichkeit sich vom Pfarrer Weihrauch zu erschwindeln
wussten, um diesen dann unter dem heiligen Baume zu verbrennen (Mas,
pobl. 88). Bei der grossen Sinnlichkeit der Tagalen ist Ehebruch
nichts weniger als selten, er wird auch sehr gelinde gestraft, die
Frau wird gehorig durchgeprugelt, womit die Sache abgethan ist, dem
Verfuhrer geschieht gar Nichts (Jagor, Phil. 129). Die Behandlung
der Frauen ist eine gute, die Manner aber sind meist liederlich
(Jagor, l. c.). Sind die Gatten einander uberdrussig geworden, so
verschwindet der unzufriedene Theil, oder sie gehen in grosster
Gemuthsruhe auseinander (Canamaque, Recuerdos I, 136). Alt und
Jung, Weiber und Manner schlafen bunt durch- und nebeneinander (Mas,
pobl. 124, nach Fr. Manuel Ortiz), bei ihrer Geilheit und Ungenirtheit
ist Incest nicht ausgeschlossen (Canamaque, Rec. I, 168 u. 174),
letzteren Vorwurf erhebt auch Renouard de St.-Croix (a. v. St.),
doch darf man nicht vergessen, dass sowohl St.-Croix wie Canamaque
gern grelle Farben auftragen.

Trotz der Bemuhung der spanischen Monche ist die Sittenlosigkeit eine
grosse und zwar nicht nur in Manila, sondern auch auf dem Lande. Auf
Jungfraulichkeit wird gar nicht gesehen, die Madchen geben sich ohne
Weiteres jedem Liebhaber preis, nur wenige treten im jungfraulichen
Zustande zum Traualtar (Mas, pobl. 124), es ruhrt diess noch aus
den Zeiten des Heidenthums her, wo der jungfrauliche Stand in gar
keinem Ansehen stand. Der Coitus wird nach Canamaque (Recuerdos I,
174) angeblich ganz ungenirt auf offener Strasse vollzogen, derselbe
Autor beschuldigt (l. c.) selbst Kinder der Unzucht (?). Canamaque
(Recuerdos I, 43) spricht ihnen auch alles Schamgefuhl ab: Manner wie
Weiber, besonders in der Provinz, lassen sich splitternackt erblicken,
ohne die geringste Verlegenheit zu zeigen! Prostitution ist vorhanden
(Vila 10).

Diebstahle kommen unter ihnen haufig vor, am allerhaufigsten
Spaniern gegenuber, indem sie behaupten, alles, was jene besassen,
sei Landeseigenthum (Mas, pobl. 80). Zum Rauber- und Piratenleben sind
sie sehr geneigt, und diess hangt mit ihrer Neigung zum unabhangigen
Mussiggang zusammen. Der Tagale hat einen ausgesprochenen Hang, isolirt
zu leben, waren nicht die Pfarrer und die Dorfaltesten (cabezas de
barangay) fur die Abgaben ihrer Untergebenen solidarisch haftbar, die
Stadte und Dorfer wurden dann langst sich in Familienniederlassungen
(Ranchos) aufgelost haben (Jagor, Phil. 106). Trotz der Wachsamkeit
dieser Behorden verlassen viele Tagalen ihre Dorfer und fluchten sich
in die undurchdringlichen Bergwildnisse, wo ihnen die Gendarmerie
Nichts anhaben kann. Diese Fluchtlinge, welche ganz in die
Ungebundenheit der Wilden zuruckfallen, heissen Remontados. Aus ihnen
und entlaufenen Verbrechern und eingeborenen Deserteuren recrutiren
sich die nicht seltenen Rauberbanden. Diese Rauber ("Tulisanes")
vereinigen sich oft zu grosseren Corps und ihre Verwegenheit ist
nicht gering; hat doch zu Anfang der sechziger Jahre eine Bande von
Tulisanes die Frechheit gehabt, einen Vorort Manila's anzugreifen,
bis das schnell herbeieilende Militar sie wieder hinauswarf (Jagor
181). 1866 wurden 50 Rauber aufgeknupft und 140 zur Zwangsarbeit
verurtheilt (Jagor 182, Note 101). Trotz der Unermudlichkeit der
Gendarmerie wuchert das Rauberunwesen fort, wenngleich nicht mehr in
so hohem Grade wie fruher. 1876 fand Ritter v. Drasche (Fragmente,
54) im Nordwesten der Laguna de Bombon Rauberbanden, 1877 wurde
in der Prov. N. Ecija eine grosse Bande durch zwei Compagnien
Infanterie ausgehoben, dasselbe wiederholte sich 1880 (Scheidnagel
67). Im letzteren Jahre wurden die Banden des Antonio Sumicat und Juan
Martin zersprengt und ihre beiden Fuhrer, welche sich zusammengefunden,
endlich erwischt und hingerichtet. Die beiden Kerle ritten auf Carabaos
(Diario 1880, Num. 165).

Das Betelkauen ist die Hauptleidenschaft des Tagalen. Die Betelportion
heisst Buyo. Der Buyo wird in verschiedenen Sorten fabricirt, deren
beste den Namen "buyo de castila", d. h. spanischer Buyo, oder Buyo der
Weissen fuhrt (Ilustr. 1859, n. 8, p. 62). Die Areca heisst Bonga, der
Betel Icmo (l. c.). Mit dem Verkaufe befassen sich meist junge Madchen,
die Buyeras, deren Kramladen von Verehrern ihrer Reize stets umschwarmt
werden. Alte Leute, denen die Zahne ausgefallen sind, zerstossen sich
den geliebten Buyo in kleinen Morsern aus Bambusrohr, welche Calicot
oder Calicut heissen (Ilustr. 1859, n. 7, p. 53). Bei Festtafeln der
Tagalen wird auch Buyo prasentirt (Canamaque, Recuerdos I, 35). Der im
Munde zerkaute Buyo wird Sapa genannt, welchen Liebende mit einander
als Zartlichkeitsbeweis austauschen (Canamaque, Recuerdos I, 150). Die
Tagalen hungern lieber, als dass sie auf den Buyo verzichten (Ilustr.,
l. c.).

Nachst dem Buyo und dem Tabak liebt der Tagale den Hahnenkampf uber
alles. Dr. Jagor erwahnt (Phil. 21), dass die Hahnenkampfe erst von
den Spaniern und zwar von deren mejicanischen Soldaten eingefuhrt
worden waren, nun ist aber der Hahnensport auch bei den ubrigen Malaien
verbreitet (Waitz V, 158), die Javaner lassen nicht nur Hahne, sondern
auch Wachteln mit einander kampfen (Bastian, Reisen V, 215), auch auf
den Carolinen findet man diesen Sport (Waitz V, 2. Abth. 129), und
was am schlagendsten ist: die Spanier fanden bei der Entdeckung der
jetzt Marianen genannten Inseln diese Thierqualerei vor (Oviedo XX,
16). Es ist daher nicht so unwahrscheinlich, dass die Tagalen schon
vor Ankunft der Spanier mit diesem Sporte bekannt waren.

Fast jeder Tagale besitzt einen Kampfhahn, den er mit mehr Sorgfalt
behandelt als seine Kinder; das erste, was der Indier beim Erwachen
macht, ist, sich nach seinem Hahne umzusehen, das letzte, was er vor
dem Einschlafen thut, ist, das geliebte Thier zu liebkosen (Canamaque
Recu. a. v. St., Mas, pobl. a. v. St.). Keines ihrer Hausthiere wird so
gepflegt, wie dieses. Wenn der Indier arbeitet, so hat er seinen Hahn
in der Nahe angebunden, um in den (zahlreichen) Ruhepausen den Liebling
zu streicheln oder wenigstens an seinem Anblicke sich zu sattigen. Fur
einen guten Hahn zahlt ein Tagale oft 40 bis 70 Pesos (Canamaque,
Recu. II, 7), besitzt er den Hahn schon einige Zeit hindurch, dann
ist er ihm uberhaupt nicht mehr feil. Sie tragen den Hahn unter dem
Arme auf ihren Spaziergangen, setzen ihn zeitweilig auf die Erde und
suchen ihn zum Kampfe dadurch zu uben, dass sie einen anderen Hahn in
die Nahe des ihren bringen und beide aufeinander loshacken lassen. Die
Leidenschaft fur den Hahnenkampf ist bei ihnen so tief gewurzelt, dass
es wohl kaum einen Indier giebt, der sich nicht einen Kampfhahn halt,
"selbst wenn er Nichts zu essen hat, findet er Geld zum Hahnenkampf"
(Jagor, Phil. 127).

Der Hahnenkampf selbst darf nur in besonderen zu diesem Zwecke
erbauten Arenen Statt finden, indem dieser Sport seit 1779 mit einer
eigenen Steuer belegt ist, welche "Gallera" heisst. Zum Kampfe werden
die Hahne mit Stahlsporen versehen, welche aus alten Rasirmessern
verfertigt werden. In der Arena macht das Phlegma des Tagalen einer
leidenschaftlichen Erregung Platz, die Hohe der Wetten ist gesetzlich
auf das Maximum von 50 Pesos beschrankt (Jagor, Phil. 22), sonst
wurden die Indier all' ihr Hab und Gut verspielen, was trotzdem nicht
selten geschieht.

Stiergefechte werden auf Luzon zwar auch gegeben, doch dienen diese
nur zur Belustigung der Spanier Manila's, die Tagalen haben bisher
diese nationale Sitte ihrer weissen Herren nicht acceptirt. Dagegen
hat sich das Billardspiel bei ihnen eingeburgert, das Billard der
Tagalen besteht oft nur aus "Pandanusmatten mit Banden von funf
Rotan, spanischen Rohrchen" (Hugel 148), der Tisch ruht oft auf
steinernen Pfeilern. Gewohnlich treten an Stelle der elfenbeinernen
Kugeln solche aus hartem Holze (Ilustr. 1860, n. 10, p. 109). Auf
diesen Billards wird Carambol, Einunddreissig und Kegelpartie (mit
neun Kegeln) gespielt (l. c.). Auch Karten spielen sie mit grosser
Leidenschaftlichkeit, besonders "Einunddreissig", doch durfen sie nur
zu gewissen gesetzlich bestimmten Stunden spielen (Scheidnagel 58),
diess ist um so nothwendiger, als sie sonst ganze Nachte hindurch
dem Hasard frohnen wurden, wie es denn nicht selten geschehen
ist, dass Cabezas de barangay (Viertelmeister) den ganzen Tribut
(Kopfsteuer) ihres Viertels im Kartenspiele verloren haben (Mas,
pobl. 71). Ungluckliche Spieler liefern ein nicht unerhebliches
Contingent zu den Remontados.

Sie kennen auch andere harmlosere Spiele, selbst solche, welche unseren
Pfanderspielen gleichen (Mas, pobl. 71). Von den Chinesen haben sie es
gelernt, Papierdrachen ohne Schweif in die Hohe steigen zu lassen, ein
Vergnugen, das sich bei ihnen nicht allein auf die Kinder beschrankt
(Scheidnagel 101).

Bei ihren Kirchenfesten fehlt das Pala-pala selten: Auf einem Geruste,
welches dem Traubengelande des europaischen Sudens gleicht, wird Laub
aufgehauft, dann buntfarbige Lampions darin aufgehangt, in deren Nahe
ganze Buschel von frischen oder getrockneten Fruchten, Backereien
und Zuckerwerk aufgehangt werden. Ist es Abend geworden, so werden
die Lampions angezundet und auf ein gegebenes Zeichen sturzen die
Festtheilnehmer in die Pala-pala-Lauben, um sich die Leckereien
gegenseitig abzujagen. Manchmal ist das Pala-pala nur fur Kinder
hergerichtet, dem entsprechend ist das Geruste dann sehr niedrig
(Ilustr. 1860, n. 12, p. 143).

Grosse Vorliebe hegen die Tagalen fur das Theater. Man darf nicht
vergessen, dass sie ein eigenes Alphabet besassen, von welchem in Mas
(Informe), wie auch in der englischen Ubersetzung des Morga Proben
gegeben sind. Diese Vorliebe fur dramatische Spiele wurde bei der
Christianisirung der Tagalen von den Monchen nicht angetastet, im
Gegentheile, letztere ubten mit ihren Pfarrkindern Schauspiele in
spanischer wie tagalischer Sprache ein (Morga-Stanley 320). Es giebt
ein standiges tagalisches Theater und zwar in Tondo, das sogenannte
"Teatro de Tondo" (Scheidnagel 19), doch die eigentlichen nationalen,
freilich schon christlich gefarbten Theatervorstellungen der Tagalen
muss man auf dem platten Lande suchen, wo dieselben bei Gelegenheit
von Kirchenfesten unter freiem Himmel gegeben werden. Die Dramen haben
die Kampfe zwischen Christen und mohammedanischen Piraten--"Moros"
der Spanier--zum Gegenstande. Die Vorstellungen sind endlos, indem sie
sich oft 3 Tage und Nachte hindurchziehen, auf der Buhne treten oft
Hunderte von Personen auf, wobei zu bemerken ist, dass die Darsteller
keine professionsmassigen Schauspieler, sondern schlichte Landleute
sind. Die Darstellung eines Gefechts nimmt mindestens eine Stunde in
Anspruch und die Kampfenden gerathen mitunter in eine solche Wuth,
dass es zu wirklichem Blutvergiessen kommt. Das oft aus 2000 Familien
bestehende Publicum nimmt an diesen Gefechtsscenen den lebhaftesten
Antheil, besonders an dem Schicksale der Christen, von allen Seiten
erschallen lebhafte Verwunschungen und Fluche gegen die Darsteller
der Moros &c. Da diese tagelangen Vorstellungen ohne Unterbrechung
fortdauern und das Publicum sich nicht eher entfernt, als bis das Drama
mit dem Siege der Christen endet, so nehmen die Zuschauer Lebensmittel
mit, wer schlafrig wird, schlaft ungenirt auf seinem Sitze ein. Bei
Nacht werden Fackeln angezundet (Canamaque, Recu. I, 60 u. f.).

Mitunter werden in den Landstadten von Spaniern Versuche gemacht,
spanische Theaterstucke von Tagalen auffuhren zu lassen, doch
misslingen sie in der Regel, indem die Tagalen in dem fremden Stoffe
und der fremden Ideenwelt sich nicht auskennen und sich daher sehr
linkisch benehmen (Jagor, Phil. 84).

Auch die lyrische Poesie wird von den Tagalen gepflegt, es sind meist
Liebeslieder, welche in Begleitung von Musikinstrumenten gesungen
werden. In einem Liebeslied aus Tayabas heisst es: "Wenn mir mein
Brautchen sterben sollte, ich wurde mich uber ihren Grabhugel werfen,
damit nicht ihre Gebeine Kalte leiden" (Oriente 1878, n. 11, p. 20
nach D. Juan Alvarez Guerra). Bei Festgelagen treten Improvisatoren
auf, welche bei Begleitung eines Blasinstrumentes vierzeilige Lieder
singen (Canamaque, Recuerdos I, 39).

Am beliebtesten sind zwolfsilbige Verse, die vierzeiligen Strophen
haben alle denselben Reim, wobei zu beachten ist, dass bei den Tagalen
der Reim lediglich aus dem letzten Buchstaben oder Laute des Verses
besteht (Mas, pobl. 115), diess gilt auch, wenn sie in spanischer
Sprache dichten, so sind z. B. die Worte: estrellas, cielos, veces,
nubes bei ihnen Reime, weil sie mit einem s endigen. Jedes lyrische
Gedicht muss von Musik begleitet werden (Mas, pobl. 116). Von
ihren Nationalmelodien--wenn ich mich so ausdrucken darf--ist
die bekannteste und beliebteste der Comintan, der zugleich ihre
Nationalhymne und ihr Nationaltanz ist. Der Comintan ist im 3/4 oder
6/8 Tact gesetzt (Hugel, 307), seine Weise wird ebenso beim Begrabniss
von Kindern gesungen, wie bei festlichen Gelegenheiten nach derselben
getanzt wird (l. c. 145). Wird der Comintan getanzt, so tritt nur
ein Paar auf, welches pantomimisch eine Liebeserklarung darstellt
"von dem Ausdrucke des einfachen Wohlgefallens bis zu der heftigsten
Leidenschaft" (Hugel, 307). Eine andere Art des Comintans besteht
darin, dass die tanzenden Personen korperliche Gebrechen nachahmen
(l. c.). Ein anderer Nationaltanz ist der Talindao, er "wird zu vier
Personen getanzt, die sich einzeln gegenuberstehen, meistens ihren
Platz nicht verlassen und nur mit wenigen Bewegungen tanzen. Die Musik
ist hochst romantisch, ernst, und von Zeit zu Zeit fallen alle vier
Personen mit rauschendem Castagnettenschlage ein" (l. c.). Baron
Hugel sah bei einem Kirchenfeste im Orte Pasig einen Tanz, der
nicht wie die beiden erwahnten bereits spanische Einflusse offenbart,
sondern noch ein Uberbleibsel aus den Zeiten vor der Conquista zu sein
scheint. Die Tanzer waren Tagalen, welche in der Tracht und Bewaffnung,
wie sie vor Ankunft der Spanier ublich war, einhergingen. Sie tanzten
unter grosser Bravour und Leidenschaftlichkeit eine Art Waffentanz
(Hugel, 186). Ubrigens tanzen die Tagalen auch alle europaischen und
specifisch-spanischen Tanze als Walzer, Polka, Bolero &c. Die Weiber
tanzen mit den Chinelas (Pantoffeln) an den Fussen.

Sie sind grosse Freunde der Musik, fast jedes Dorf hat seine Musikbande
(Canamaque, Recu. I, 50). Europaische Musikstucke spielen sie recht
brav, insbesondere Marsche (l. c. 35), und die Militarmusikcapellen
Manila's, deren Musikanten sammtlich Tagalen sind, werden von allen
europaischen Besuchern belobt.

In fruheren Zeiten schrieben die Tagalen sammtliche Krankheiten dem
Einflusse bosgesinnter Nonos zu, weshalb sie in Krankheitsfallen
denselben, unter den von ihnen bewohnten Baumen, Opfer darbrachten,
welche im Verbrennen einzelner Krauter und Deponirung von Speisen,
Getranken, Tabaksblattern und Buyo bestanden (Mozo, a. v. St.). Auch
glaubten sie fruher, dass mannigfache Krankheiten und Irrsinn
durch Damone erzeugt werden (Mas, pobl. 92). Heutzutage ist der
Glaube so ziemlich verschwunden, dagegen bluhen Kurpfuscherei und
Wunderkuren. Tagalische Kurpfuscher und Quacksalber giebt es in
jedem Orte. Werden diese zu einem Kranken gerufen, so lassen sie
sich vorerst von den Angehorigen desselben gehorig bewirthen und
mit Tabak beschenken, dann befuhlen sie erst dem Patienten den Puls
und verordnen, wie es ihnen gerade einfallt, Umschlage, Aderlasse,
Hausmittel und Schropfkopfe (Ilustr. 1859, p. 121). Schropfen
ist sehr beliebt, da die heutigen Tagalen der Ansicht huldigen,
dass die Krankheiten dadurch rasch geheilt wurden, wenn die bose
verdorbene Luft aus dem Innern des Patienten entfernt werde (Mas,
pobl. 88). Unter ihren Hausmitteln ist auch eine Epheu-Gattung
("Malacatmon") zu erwahnen, auch Vanille und die Cardamome werden
gern von jenen Volksarzten verwendet (Ilustr. 1860, n. 7, p. 80).

Sobald der Tagale die Sterbestunde herannahen fuhlt, wird eiligst
zu dem Pfarrer geschickt oder, wenn dieser weit entfernt lebt, der
Sterbende hingetragen, um die Sterbesacramente zu empfangen, da sonst
ein ehrliches Begrabniss verweigert wird (Mas, pobl. 101). Stirbt
ein Kind, so wird es unter grosser Lustbarkeit und den Weisen des
Comintans zu Grabe getragen (Hugel, 145), hier haben also die Tagalen
die spanisch-christliche Anschauung vollstandig adoptirt, nach welcher
man uber den Tod eines unschuldigen Kindes sich nur freuen musse,
da seine Seele doch sofort unter die Englein aufgenommen wurde. Bei
den Todtenfesten zu Ehren erwachsener Verstorbenen uberwiegen aber
vollstandig die Brauche und Sitten des fruheren Heidenthums. Sobald
ein Erwachsener gestorben ist, wird die ganze Verwandtschaft desselben
in das Sterbehaus eingeladen, angeblich, um Rosenkranze zu beten,
kaum aber sind einige Gebete heruntergeschnarrt, so wird gegessen,
getrunken und getanzt und diess durch volle neun Tage (Mas, pobl. 85,
Ilustr. 1859, n. 7, p. 55). Dieses neuntagige Fest, welches mitunter
zur Orgie ausartet (Vila 10), heisst Siam-na-arao oder Tibao. Am
wichtigsten ist der dritte Tag dieses Festes, denn die Tagalen glauben,
dass die Seele des Verstorbenen an diesem Tage wieder in das Sterbehaus
zuruckkehre, um an dem Festmahl Theil zu nehmen. Es werden deshalb
Kerzen angezundet und eine mit Asche bestreute Matte ausgebreitet,
letzteres geschieht, um an den allenfallsigen Fussabdrucken in der
Asche zu erkennen, ob die Seele des Verschiedenen wirklich erschienen
ware oder nicht Vor die Thure der Hutte wird Wasser in einem Gefass
hingestellt, damit die heimkehrende Seele sich die Fusse waschen
konnte (Mas, pobl. 91). Um diesen "Aberglauben" zu unterdrucken,
suchen die Pfarrer auf alle Weise es zu verhindern, dass die Hutte
eines Verstorbenen den dritten Tag nach seinem Tode von irgend Jemand
besucht wird. Die Bestattung ist ganz und gar katholisch, jede
nationale Sitte hat hier der Macht der Kirche weichen mussen. Die Tagalen sterben ubrigens mit grosser Resignation, und zwar sowohl in der friedlichen Hutte, wie draussen auf dem Schlachtfeld.

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