2014년 12월 29일 월요일

Indienfahrt 3

Indienfahrt 3

Viertes Kapitel

Am Silbergrab des Watarpatnam


Es wurde von Tag zu Tag heißer, ich schlief in der Mittagsstunde mit der
Zigarre in der Hangematte ein, erwachte unfroh und matt, und auch die
Bucher blieben oft tagelang, immer die gleiche Seite aufweisend, offen auf
dem Schreibtisch liegen. Mein Entschluß zu reisen, stand fest, ich
studierte die recht unvollstandigen Karten, war aber schon entschlossen,
den Weg nach Norden durch die Flußniederungen der Kuste zu machen, obgleich
die Strome noch reich an Wasser waren und das Land teilweise uberschwemmt
hatten. Die Offiziere der englischen Garnison, deren einige ich
kennengelernt hatte, rieten mir ab, aber sie verstanden meine Absichten
nicht, und wenn sie des Glaubens waren, daß mir daran gelegen sei, rasch
und bequem voranzukommen, so hatten sie recht. Immerhin hatte ich in etwa
vierzehn Tagen alle Vorbereitungen getroffen, der Ochsenwagen war gedungen,
Proviant fur zwei Monate war herbeigeschafft, und eines Morgens brachte mir
ein Knabe die Nachricht, daß in Tschirakal am Seeufer die Boote auf uns
warteten.

Der Watarpatnam und der Ponani sind, im Norden und Suden Malabars ins Meer
einmundend, die großten Strome des Landes. Der Watarpatnam bildet, wie die
meisten Flusse der Westkuste, vor seiner Einmundung ein gewaltiges
Seenbecken, in welchem sich die Meerflut durch einen schmalen Ausfluß mit
seinen Wassern verbindet. Die einzelnen Flußmundungen dagegen sind unter
sich, mitsamt ihren Seen durch Kanale verbunden, die vor der Zeit der
Kampfe Tippu Sultans mit den Englandern, dieser ebenso umsichtige wie
grausame Furst anlegen ließ, um den Handel zur Zeit der Monsunsturme, die
die Kuste unbefahrbar machen, in den Meerstadten keine Unterbrechung
erleiden zu lassen. Heute, wo der Hauptkustenhandel durch die Dampfschiffe
besorgt wird, ist diese herrliche Wasserstraße durch die Seeniederungen und
den Urwald fast vergessen worden. Die Kanale sind zum Teil durch die
Anschwemmungen der Regenzeit versandet, oder das leidenschaftliche Wachstum
seiner Ufer hat sie vollig eingesponnen.

Panja war in bester Laune, seit ich meinen Entschluß kundgetan hatte, die
Stadt zu verlassen, denn er liebte Cannanore nicht und wunschte sich, mit
mir in Gebiete zu kommen, in denen wir allein herrschten. Als er von den
Wegen horte, die ich zu machen gesonnen war, kratzte er sich froh und
nachdenklich im Nacken und sah mich geistesabwesend von der Seite an; heute
weiß ich, daß er vielleicht manches besser uberschaute, was unserer
wartete, als ich, und daß es ihn heimlich erfreute, mich bald in großer
Abhangigkeit von sich zu wissen. Er leitete die Vorbereitungen mit viel
Umsicht, und aus mancher Anschaffung, die er entschlossen und selbstandig
machte, gewann ich langsam einen Einblick in die Schwierigkeiten, die es zu
uberwinden galt. Er vertauschte meine letzten Lederkoffer mit solchen aus
Eisenblech, und eine Mauer von Blechbuchsen verschwand im Gepackwagen, er
riet mir, meine Waffen nicht zur Schau zu tragen, sie aber wohl zu rusten,
da die Mohammedaner uns rudern wurden.

Ich wußte damals noch nicht, wie weit seine Befurchtungen angebracht waren,
aber es war mir bekannt, daß vielerlei Gesindel der Hinduwelt nur deshalb
zum Islam ubertritt, um die großeren Freiheiten dieser Lehre zu genießen.
Die Mohammedaner bilden in den Westprovinzen eine entschlossene und geeinte
Gesellschaft, von der England großere Gefahr droht, als von den Anhangern
des Hinduismus, der durch den Kastengeist hundertfaltig gespalten und in
die verschiedensten Interessengebiete zergliedert ist.

Sonst verriet unsere Expedition eher die Friedlichkeit, als die Gefahren
des Landes, die nicht von den Menschen kommen, und ich erinnerte mich,
vergleichend, einer anderen Ausfahrt in die Wildnis, die in meiner
Gegenwart fur den Sudan ausgerustet wurde. Damals starrte das bunte Lager
von Waffen und Todesbereitschaft, die glanzenden Riesengestalten der Neger
verbreiteten das heimliche Grauen vor ihren blutdurstigen Brudern im
Innenlande, und mit den Schwingen der Aasgeier, die den Ausgangsort der
Expedition umkreisten, rauschten in der Luft die Fittiche des Todesengels,
dessen furchtbare Zuge die Seuchen Afrikas und den Blutdurst in
Fieberschwule ausstrahlten. Viel spater, als ich langst nach Europa
zuruckgekehrt war, erfuhr ich, daß von jener Gesellschaft nicht ein
Einziger in die Heimat zuruckgekehrt sei, der letzte Name ist in einem
Krankenhaus von Genua verklungen, in das ein fiebernder Straßenbettler
eingeliefert wurde, der, aller Mittel beraubt, und von einer furchtbaren
Krankheit zerfressen, den Versuch gemacht hatte, seine deutsche Heimat von
Neapel aus zu Fuß zu erreichen.

Die Gefahren Indiens haben dagegen wenig mit dem Charakter der
Urbevolkerung zu tun, denn seine Menschen sind friedliebend und ergeben,
sie toten nicht und sind seit Jahrtausenden gewohnt, beherrscht zu werden.
Abgesehen von den durch politischen Fanatismus aufgewuhlten Leidenschaften
und ihren von Rachgier, Haß und Herrschsucht entfesselten Unbillen, sind
die europaischen Reisenden im großten Teil des Landes vor den Eingeborenen
sicher; gabe es nicht die Gefahren des Fiebers, der wilden Tiere und der
Pest, so ware das heutige Indien fur die, welche um ihr Leben besorgt sind,
weit weniger gefahrvoll, als die Umgebung unserer europaischen Großstadte
bei Nacht. Indiens Gefahren, seine Einflusse und geheimnisvollen Machte
walten in anderen Regionen des Seins, als dort, wo das Messer oder die
Buchse uber Wohl und Wehe entscheiden. Indien wird kaum jemand gefahrlich
werden, dessen Anspruche nicht uber die Erhaltung seines leiblichen Lebens
hinausgehen, aber sein damonischer Geist trifft das Mark der Seele dort
inmitten, wo ihr Flug die großen Fragen allen Seins und die Hohen des
Menschenbewußtseins zu ersturmen sucht. Der alte Geist des ewigen
Gottreichs lahmt mit der unfaßbaren Stille seines himmlischen Triumphs
allen zornigen Eifer des Kampfes und der Forschung, alle Jugend im Streit
um die Erkenntnis und die Frische jeder Tat im Geist. Es ist alles gewesen.

  Erkenntnis ist es, welche Opfer zeitigt,
  Erkenntnis nur vollzieht die heiligen Werke,
  die Gotter auch, im Licht, allein verehren
  als Brahman, als das alteste, die Erkenntnis.
  Und wer begreift als Brahman die Erkenntnis,
  und wer sich nicht mehr ab vom Brahman wendet,
  streift schon im Leibe alle Ubel von sich,
  und alle Wunsche werden sich erfullen.

Den Himmelswelten der Upanishad und ihrem Licht ist kein Geistesstrahl
fremd, der ihr aus der Erkenntniswelt unserer Kulturen entgegenbricht, es
gibt nur Einkehr in Gehorsam und Stille oder eine ruhlose Umkehr, und
uberall in Indien traumt ihr Friede uber all den lebendigen und erstorbenen
Wesen seines Schaffens und Wandelns. Ein altes Sprichwort sagt, daß, wer
ohne Geduld nach Indien ginge, sie dort bald lernte, daß aber jeder, der
mit Geduld gewappnet einzoge, sie dort verlore. Dieses Wort laßt sich
leicht, auf außerliche Dinge angewandt, gleichmutig zu den Anekdoten
rechnen, aber sein tieferer Sinn trifft auf das alte Geisteswesen der
Jahrtausende zu, das uberall waltet. Auf den Wegen Indiens hockt der Geist
der Menschheit mit grauen Haaren und jungen Augen, mit einem stillen
Triumphlacheln in den Zugen, uber seine eingeascherten Volker und uber den
torichten Lichteifer der neuen Geschlechter. Niemand, in dessen Gewissen
der alte Schuldgedanke der Menschheit brennt, kommt an ihm voruber, nur die
leuchtenden Augen der Kinder sind vor seinem Anblick gefeit und die
erbarmungswurdige Selbstsicherheit der Pharisaer.

Es war zweifellos zum guten Teil mein seltsamer Traum von Huc, dem Affen,
gewesen, der mich hinaustrieb in die unberuhrte Natur, die Mutter des
Glaubens und der Klarheit fur alle Aufrichtigen. Wer will ermessen, ob
unsere Traume unsere Gedanken anzuregen vermogen, wie in einer unschuldigen
Selbsttatigkeit des Gehirns, die an wunderreiche Offenbarungen erinnert,
oder ob nur unsere Gedanken unsere Traume zu befruchten vermogen? Damals
erschien es mir, als lage ein ganz neues Evangelium der Weltanschauung in
Hucs schlichter Meinung, daß alles Große des Erdendaseins uns allein aus
unserer Liebe zu allem Erschaffenen der Natur erwachsen konnte. Daneben
blieb mir der Satz im Sinn: Euer ewiger Bestand hat nichts zu tun mit euren
Werken, und solange ihr glaubt, euch im Streben Erlosung zu sichern,
beweist ihr nur, daß ihr nicht wißt, was Erlosung ist.

Solcherlei Gedanken waren es, die mich mit Ruhlosigkeit erfullten und
dahintrieben, als gelte es, das Herz des alten Reichs im Rauschen der
Strome und Baume des Landes zu finden, im Himmelsblau uber den Wildnissen
des Dschungels, im Gebaren seiner Geschopfe, seien es nun Menschen, Tiere
oder Pflanzen, und in der strahlenden oder garenden Flut des Sonnenlichts
uber dem jahrtausendalten Wandel und der geduldigen Wiederkehr, die alle
miteinander in innigstem Verein das Brahman geboren zu haben schienen, als
hochsten Anspruch und endliche Erfullung.

So trieben mich die glucklichen Irrtumer meiner Jugend, wie sie Millionen
vor mir erhoht oder erniedrigt, befreit und gefesselt, gesegnet, verdorben
oder vernichtet, aber niemals zur vollen Genuge gebracht haben. Aber ihre
Leiber erbrausen verwandelt als neue Hoffnung und als neuer Glaube in den
Auferstandenen der Natur, im sturzenden Quell, in schwellenden Fruchten
oder in den Liedern der Singvogel, die in Lichtwellen verwoben, uber
aufbrechende Bluten dahinklingen. Krishnas große Worte vom eigenen Wesen,
der Glanz der hochsten Gottheit, verfuhrt und leitet uns immer aufs neue zu
friedlosem Suchen nach Vollendung in uns selbst.

  Ich bin der Weg, der Trager, Furst und Zeuge,
  der Freund, die Heimat und die Zufluchtsstatte,
  Ursprung und Endziel und Bestand der Dinge,
  bin der Behalter und der ewige Same.

                  *       *       *       *       *

Die erwachten Hindus standen noch, in der Morgenkuhle frostelnd, in den
Eingangen ihrer Hutten, als unsere Ochsenwagen Cannanore gegen Norden zu
verließen. Es war von unaussprechlicher Frische umher, das Leben der
Menschen hatte noch kaum begonnen, nur die Vogelstimmen begrußten uns, das
im Tau funkelnde Morgenlicht, das in unfaßlichem Rot, wie in Farbenflecken,
im Grun und Braun der Palmen und des Buschwerks und auf der breiten
Heerstraße lag, die anfanglich sacht emporstieg.

Ich schaute nicht zuruck, der rastlose Frohsinn meines erwartungsvollen
Bluts kampfte mit der gelinden Traurigkeit des Scheidens, aber ich empfand
keinen Schmerz, sondern nur die Wehmut derer, die in tausend Hoffnungen
eine alte Liebe aufgeben, um sie dennoch zu bewahren. Der Postwagen aus den
Bergen, von Dindumalla, kam uns entgegen, ein schreiender Sturmwind, von
Trompetengeschmetter begleitet. Vier kleine, abgehetzte Steppenpferdchen,
die wie in Todesverzweiflung galoppierten, dampften unter der sausenden
Peitschenschnur ihres Fuhrers, der halb hockend und mit dem Geschrei eines
geargerten Affen auf sie einhieb. Ein kleiner, uberfullter Wagen rasselte
in Sprungen und Zickzackkurven hinterdrein. Dieser Postwagen hatte keine
Maus mehr beherbergen konnen, selbst in den Rahmen der Fenster und auf dem
gebrechlichen Verdeck hockten die halbnackten Gestalten auf Bundeln und
Kisten und klammerten sich mit einem Geschrei, das zur Halfte Ergriffenheit
und Jubel und zur Halfte Angst war, aneinander fest. Niemand begriff, aus
welchen Grunden diese furchtbare Hast ihrer aller Leben gefahrdete, man
schob die Wichtigkeit der Sendung auf die geheimnisvolle Weisheit der
Behorde, deren halbeuropaische Mischlingsvertreter noch in Cannanore
schliefen. Eine rotliche Wolke hullte diese Hollenjagd aus Unfrieden und
Torheit hinter uns ein.

Panja, welcher neben dem Ochsentreiber, der zugleich Besitzer unserer Wagen
war, uber dem Deichselende kauerte, wandte sich nach mir um, schob die
Bambusvorhange zur Seite und unterrichtete mich lakonisch uber den Vorfall.
Er sagte nur: ≫Wilde Schweine≪, und ließ die Bambusmatte wieder fallen. Es
wurde wieder still umher, die Sonne stieg, die Rader knarrten, und aus den
Niederungen der Reisfelder rief die Haherdrossel ihre drei melodischen
Flottone.

Nach einer Weile bogen wir von der Heerstraße ab, um einen schmaleren Weg
einzuschlagen, der schlicht und ohne Baumbestande zwischen frisch
bewasserten Reisfeldern dahinfuhrte. Die kleinen, weißen Rennochsen griffen
kraftig aus, so daß unser Wagen fast die Geschwindigkeit eines maßigen
Pferdetrabs erreichte. Man reist in den Sudprovinzen beider Indien bei
weitem gesicherter und zuverlassiger mit Ochsen, als mit Pferden, da
erstere die Hitze besser ertragen und anspruchsloser in der Ernahrung
sind.

Mit dem heraufsteigenden Tage zog der Frohsinn der Menschen bei mir ein,
die sich jung und sorglos auf der Reise befinden. Auf der Reise sind die
meisten Menschen besser als in den kleinen Bedruckungen ihrer engen
Hauslichkeit; mit meiner Erinnerung an meine Reisejahre, die fast meine
ganze Jugend ausfullten, verbindet sich fur mich die Vorstellung, daß ich
damals ein bei weitem besserer Mensch war, als heute. Das Reisen lautert
das Gemut, denn die Fremde macht bescheiden, und durchaus nicht auf die
Art, wie es nur die Lumpen sein sollen. Die Achtung vor fremdem Wesen, die
gerade uns Deutschen so gern als Tadel nachgesagt wird, ist nur dann eine
Untugend, wenn sie sich mit einer Preisgabe des eigenen Wesens verbindet.
Dieser Respekt aber vor fremdem Geist und Tun und vor der Lebensart anderer
wird in allen reicheren Herzen die Tadelsucht und die Selbstuberhebung
dampfen, die beiden Grundfehler unserer jungen Generation.

Nicht, daß solcherlei Gedanken mich damals beschaftigten, sie kommen erst
spater, sind meistens zwecklos und dienen nur denen, die sie im Grunde
nicht brauchen. Denn gute Gedanken werden nur von denen recht verstanden,
deren Wert darin beruht, daß sie ihre eigenen haben. Nein, mich nahm das
herrliche Bild des klaren Morgens gefangen, das stille Leben auf den
fruchtbaren Reisackern, der Takt der Wassermuhlen und die schonen Gestalten
der arbeitenden Manner und Frauen. Langsam verwilderte das Land mehr und
mehr, nur einmal noch, als unser Wagen, wie aus einer Laube, aus hohen
Buschbestanden und Laubwald in ein Stuckchen freien Landes ausfuhr,
breitete sich vor meinen Augen ein dunkler Acker aus, der gepflugt, aber
noch nicht bewassert worden war, und das schrage Sonnenlicht legte die
aufgeworfene Erde in Schatten und Licht. Ein reicher Glanz der
Morgenfrische strahlte uber dem dampfenden Land, das duftete und von
Fruchtbarkeit zu garen schien. Zwei schneeweiße Ochsen vor dem Krummholz,
das unseren Pflug ersetzt, wurden von einem jungen Manne gelenkt, der außer
seinem schmalen Lendenschurz nur einen leuchtend roten Turban auf den
schwarzglanzenden, langen Haaren trug. Ein Palmenwald schloß das Bild im
Hintergrund ab, und daruber strahlte ein unfaßlich blauer und klarer Himmel
von seliger Weite.

Am Ende des Feldes waren Madchen an der Wassermuhle beschaftigt, sie
mochten vierzehn oder funfzehn Jahre alt sein, waren fast vollig nackt, und
ihr tiefschwarzes Haar, das von Ol glanzte, hing in einem langen, schmalen
Knoten in den lichtbraunen Nacken nieder. Sie hantierten eifrig, ihre
jungen Korper bewegten sich in einem noch unverstandenen Glucksbewußtsein
kindlicher Freiheit und in jener großzugigen Schamhaftigkeit der
selbstseligen Natur, die unbegrenzten Frohsinn um sich her verbreitet, und
sangen einstimmig ein monotones Lied von großer Traurigkeit. Der Fall des
sturzenden Wassers und ihre Stimmen bewirkten, daß sie das Herannahen des
Wagens nicht sogleich bemerkten; als sie uns aber erblickten, fluchteten
sie mit einem hellen Aufschrei hinter die trockenen Schilfwande einer
kleinen Hutte, wobei sie, wie zwei aufgeschreckte Antilopen, uber einen
kleinen Bach sprangen. Aus der Hutte trat gleich darauf eine
zusammengeschrumpfte Alte, die uns aus ihren welken Zugen anlachelte und
uns winkte. Dann nahm der Wald uns auf, der dichter und dichter wurde. Die
Sonnenstrahlen drangen nur noch in spitzen Speeren bis zu uns herab, es
wurde dammerig und schwul, die Bambusdickichte und die hangenden,
buntverwobenen Teppiche der Lianen verhullten mehr und mehr den Blick in
die Schatten des Urwalds.

Niemand schien anfanglich uber den Verlauf unseres Unternehmens erfreuter
als Elias. Die erste Tagesstunde hindurch durchmaß er unseren Weg etwa
zehnmal, die zweite machte er ihn ungefahr funfmal und selbst in der
dritten Stunde, in der es schon empfindlich heiß geworden war, lief er
immer noch munter kreuz und quer, uns alle an Eifer und Ausdauer
ubertreffend. Erst als wir in den Urwald kamen, wurde er nachdenklicher,
blieb zuweilen betroffen stehn und suchte die Dammerung unter den Baumen
mit seinen Blicken zu durchdringen, wobei er gewohnlich das eine Vorderbein
emporhob und die Pfote im rechten Winkel herabhangen ließ. Seine Ohren
bewegten sich dabei unablassig, zuweilen sah er mich forschend an, wie in
Unsicherheit daruber, ob diese Umgebung mir ebensowenig geheuer sei, wie
ihm.

Ubrigens hatte Elias sich auf das prachtigste entwickelt, er trug nun die
Merkmale eines Wolf- und Schaferhundes nicht minder deutlich, wie die eines
forschen und geschmeidigen Terriers, jener tuchtigen Rasse, die damals die
Englander bevorzugten und pflegten. Seine wollige Behaarung erfreute auch
verwohnte Kenner durch ihre Fulle und die Mannigfaltigkeit ihrer Farbung,
wahrend ein großer Ringelschwanz ihn auf das prachtigste zierte. Da er noch
ein wenig gewachsen war, so verband er mit seiner Anmut eine gewisse
Bedrohlichkeit der Erscheinung, die er jedoch wegen der Vortrefflichkeit
seines Charakters in keiner Weise auszubeuten suchte. Zweifellos floß auch
vom Blut des sehr beliebten Huhnerhundes ein gut Teil in seinen Adern, denn
sobald sich ein Geflugel zeigte, verriet Elias einen unbezahmbaren Hang,
sich dieses Getiers zu bemachtigen, um es zu zerreißen. Hier zeigte er
einen nachahmungswerten Mut, der so leicht nicht wieder bei einem Hunde
gefunden werden wird.

                  *       *       *       *       *

Es begann eine herrliche Zeit! Wie soll ich die leuchtende Klarheit der
hereinbrechenden Morgen schildern, die in unfaßbarer Bestandigkeit
heraufzogen, den stillen, gluhenden Glanz der Tage und den magischen
Frieden der weißen, gefahrlichen Nachte! Von allem, was mir aus dieser Zeit
der Wanderung durch die Wildnis am tiefsten im Gedachtnis geblieben ist,
preise ich die Kanufahrt durch die Seen und Kanale. Ich vergesse die
Abendstunde niemals, in der unsere Wagen in Tschirakal anlangten, einem
kleinen Ort an jenem Binnensee, den der Watarpatnam vor seinem Austritt ins
Meer bildet. Der Ort lag unter Palmen und hob sich weiß, braun und grun von
der merkwurdig stillen, graublauen Silberwand des großen Wassers ab, als
wir die Straße zum Hafen niederfuhren. Aus den niedrigen Hausern und
Palmenhutten stieg blauer Rauch auf, und aus der Dammerung einer holzernen
Tempelpagode drang ein priesterlicher Singsang. Es regte sich kein Windzug,
die Mattigkeit des Tages lagerte in der Luft, und der bunte Hafen war so
still wie ein Bild. Ungeheure Laubbaume, unserem Ahorn vergleichbar,
uberschatteten den schmalen Wassereinschnitt, in dem die Kanus ruhig, wie
eingelassen in erstarrtes Metall, dicht nebeneinander lagen, sie waren zum
Teil hoch mit grell bemalten Warenballen bepackt, und die Zugange zu diesem
Hafen fuhrten eng an den Hausern entlang. Es duftete nach Tee, Gewurzen und
Fruchten, und als unsere Wagen dicht am Rand des Wassers haltmachten, erhob
sich ein alter Mann, ganz in ein weißes Gewand gehullt, und begrußte mich
im Namen Allahs und des Propheten.

≫Bist du der Herr, der das Wasser befahren will, um nach Taliparambu zu
gelangen?≪

Seine Stirn war dicht uber den Brauen, wie von einer weißen Binde,
abgeschnitten, die schwarzen Augen sahen mich sicher und abwagend an. ≫Gib
die Geldsumme fur die Fahrt, Sahib, wir mussen die Ruderer ablohnen, damit
sie gehorsam sind.≪

Panja trat zwischen uns, absichtlich so, daß der Alte einen gelinden Stoß
empfing und zurucktreten mußte. Er funkelte Panja zornig an.

≫Wer hat dir erlaubt, den Sahib anzureden?≪ zischte Panja. Ich war erstaunt
uber seine Keckheit. ≫Tritt zur Seite und zeig' deine Kanus her, ob sie dem
Herrn genugen, glaubst du, der Sahib ware gekommen, um mit dir zu
schwatzen?≪

Der Alte schwankte und sah zweifelnd zu mir heruber, aber dann folgte er
Panja und sagte zogernd:

≫Die Kanus sind gut.≪

≫Das entscheide ich≪, sagte Panja kalt.

≫Fuhrst du einen großen Herrn durchs Land?≪ fragte der Alte.

Panja lachte. ≫Ihr wißt in Tschirakal nicht mehr als die Frosche in euren
Sumpfen≪, sagte er geringschatzig. ≫Ich habe meine Seide nicht gestohlen.
Der Kollektor von Mangalore wartet so ungeduldig, daß er einen Boten nach
dem anderen sendet. Ist kein Bote angekommen?≪

Der Alte schuttelte den Kopf und wandte sich scheu nach mir um. Panja
gefiel mir, und trotz seiner sonstigen kleinen Eitelkeiten empfand ich, daß
hier sein Vorgehen Grunde hatte. Ich war oft vor den Mohammedanern gewarnt
worden. Panja kannte sein Land.

Wir besichtigten die Boote eingehend. Es waren etwa acht Meter lange Kanus
aus Baumstammen mit langen Auslegern, da sie von stehenden Ruderern
angetrieben werden, und mit wohlgepflegten Leinendachern, die den mittleren
Teil beschutzten, etwa auf die Art, in der in Deutschland Lastfuhrwerke mit
Leinen gedeckt sind, straff angespannt und gewolbt. Zwischen dem
Leinenschirm und dem Bootsrand war ein schmaler Durchblick gelassen, und
vor dieser Kabine befand sich ein etwa zwei Meter langer Aufenthaltsort fur
kuhlere Stunden, in denen der Sonne nicht ausgewichen zu werden brauchte.
Der Boden war sorgfaltig gepolstert und mit sauberen Bambusmatten belegt,
aber die Boote selbst waren nicht breiter als ein schmales Feldbett.

Panja zeigte sich zufrieden. Ich sah uber den See hinaus, der sich rotlich
farbte.

≫Wann kommt der Mond?≪ fragte Panja.

≫Gegen Mitternacht,≪ antwortete der Alte nachdenklich, ≫wir werden in der
Morgendammerung fahren.≪

≫Wer will reisen?≪ fragte Panja gelassen, ≫du oder der Herr? Wir fahren
sogleich.≪

≫Es geht nicht, die Leute sind in Tschirakal weit verstreut und nicht so
rasch zu finden.≪

≫Wieviel Ruderer hast du?≪ fragte Panja, ohne auf den Einwand des Schiffers
einzugehen.

≫Fur jedes Boot vier.≪

≫Es genugen zwei fur jedes Boot,≪ entschied Panja, ≫das Wasser ist still.≪

Der Alte schuttelte den Kopf. ≫Morgen kommt ihr am offenen Meer voruber,
wenn auch nur fur eine kurze Zeit, so konnen doch zwei Manner das Boot
nicht durch die Brandung rudern.≪ Diesmal schien der Alte recht zu haben,
denn Panja fugte sich, aber er forderte, daß die Leute sogleich gerufen und
in den Booten verteilt wurden. Er sagte mir spater, daß es besser sei, die
Ruderer tauschten ihre Meinung uber uns zuvor nicht aus, und er setzte
seinen Willen durch. Unser Gepack wurde hinubergetragen, die Ochsenwagen
kehrten noch in dieser Nacht um, und wir fuhren nach kaum einer Stunde
hinaus, unter den aufgehenden Sternen dahin.

Der Gesang der Ruderer weckte mich. War ich denn eingeschlafen? Ich
brauchte eine kleine Weile, um zu mir zu kommen, die Luft roch fremd und es
war kuhl, ich horte das Wasser und taumelte empor in einen sanften
weißlichen Lichtschein.

Es fiel mich ein stechender Glanz vom Himmel her an, als ich aus der
Kabine kroch: die Sterne! Unter mir sanken sie in unendliche
schwarzblinkende Abgrunde, totenstill, ohne zu zittern, wie Diamanten auf
kohlschwarzer Seide. Zwischen den beiden zornigen Lichtwelten, am Firmament
und in der Totentiefe, schaukelten und schwankten zwei riesige dunkle,
nackte Korper vor mir hin und her, stießen in das dunkle von Sternen und
Sternbildern funkelnde All und sangen. Ihre Ruder tauchten in die Flut und
hoben sich wieder, wie mit fließendem Silber ubergossen, spruhend und
glitzernd troff es nieder, und als ich mich umwandte, sah ich eine schmale
Silberstraße von solchem Glanz, daß meine Augen geblendet wurden.

Wie ein traurig ertonender Komet mit langem Schweif schoß unser Boot durch
ein uferloses, von Himmelsfunken flimmerndes Weltall. Ich vermochte
nirgends Land zu erkennen, wir waren mitten auf dem See, diesem Bett des
ruhenden Stromes, der, uber tausendjahrigem Schlamm, zogernd ins Meer
hinuberglitt. Ich tauchte meine Hand ins Wasser, und sie uberzog sich mit
Silber. Kraftlos sank ich, ohne Erfassen und Begreifen gegen die Wandung
meines Verdecks, erbebend in ubersinnlichem Schwindel vor diesem Wunder der
Nacht.

Gegen Mitternacht tauchten im Licht des aufgehenden Mondes blauliche
Nebelkuppen vor uns auf. Der Mond stand, eine ockerrote Sichel, uber dem
Dschungel. Wir liefen Land an, ich empfand lange Zeit nichts anderes als
nasse Zweige, die mein Gesicht streiften, horte die Zurufe der Mohammedaner
in der feuchten Finsternis, und meine Augen wurden nur selten durch einen
weißlichen oder rotlichen Schein uber mir getroffen. Von solchem
Hintergrund hoben sich große Blatter oder die Schwerter eines hohen Schilfs
ab. Einmal schoß mit durchdringendem Klageruf, der noch lange draußen uber
dem Wasser gurgelte, ein großer Sumpfvogel empor.

≫Panja!≪ rief ich.

Da flammte vor mir ein Feuerschein auf, in dem ich eine schmale Sandbank
erkannte, auf die das Kanu aufgelaufen war. Es offnete sich daruber ein
Laubengang, so dicht verwachsen, daß er wie eine grune Hohle wirkte, mitten
darin stand Panja in seinem weißen Gewand, hielt eine Fackel hoch und
winkte mir.

Die Leute mußten einige Stunden ruhen. Es wurde ein Halbkreis von Feuern
gegen das Land zu angebrannt, nach kurzer Zeit lagen die Manner in tiefem
Schlaf auf ihren Matten, und Panja hockte mir gegenuber am Feuer und sprach
leise und erregt ohne Aufhor. Ich merkte ihm die Ruhlosigkeit der
tropischen Sommernacht an, die Ruderarbeit der Leute hatte eine merkwurdig
im Blute siedende Erinnerung an wilde Taten in mir zuruckgelassen, und es
lauerte in der garenden Stille umher eine aufreizende Liebessucht und die
Ahnung eines hastigen torichten Todes. Es war, als erwartete die
Daseinsgier und der Lebensdrang der uppig und in stiller Wildheit
ausbrechenden Pflanzen und Baume unsere Leiber. Mein Blut pochte in den
Spitzen der Finger, in den Schlafen und im Halse.

Nach einer Weile brach Panja auf, er wand sich aus trockenen Lianen und
vermodertem Holz eine Fackel, goß Ol darauf und entzundete sie am Feuer.

≫Wohin gehst du, Panja?≪

≫Zu den Frauen≪, sagte er dumpf.

Noch eine Weile sah ich den Schein seiner Fackel rot durch das Dickicht
schaukeln, er schwenkte sie hoch empor und weit hinter sich, zum Schutz
gegen die wilden Tiere, im Takt seines raschen, weichen Tritts. Dann blieb
ich allein am Feuer zuruck mit Elias, Pascha schlief im Boot bei den
Koffern, er hatte seine Matte quer uber meinem Eigentum ausgebreitet und
bewachte es schlafend mit seinem Leibe.




Funftes Kapitel

Dschungelleute


Panja roch die Dorfer, ehe wir sie erreichten, wenn der Wind seinen
Forschungen gunstig war.

≫Es kommt ein Dorf, Sahib,≪ pflegte er zu sagen, ≫hier schlagen wir das
Zelt ein.≪ Es geschah hauptsachlich deshalb dort, weil wir sicher sein
konnten, in der Nahe einer Niederlassung frisches Wasser, Reis und Bananen,
auch Geflugel oder Eier zu bekommen.

Wir hatten viel Umstande und Muhe damit, Trager zu finden, denn einmal
brauchten wir auch fur kleinere Lasten meistens zwei Manner oder Frauen,
und zum andern wurden die Leute gewohnlich nach zwei oder drei Tagen von
Heimweh befallen und liefen zuruck, obgleich ich ihnen ihren Lohn erst nach
der beendeten Frist auszuzahlen pflegte. Sie ließen ihn um so leichter im
Stich, als sie fur gewohnlich irgend etwas stahlen, was sie reichlich
entschadigte, ohne mir empfindliche Verluste beizubringen.

Jedesmal, wenn wieder einer unserer Sklaven fehlte, sprach Panja die
Hoffnung aus, der Panther mochte ihn auf seiner Flucht erwischen, er hoffte
es herzlos und aufrichtig und wechselte niemals das Raubtier, dem der
Fluchtling erliegen sollte. Dann blieben wir oft tagelang am Rand der
Steppe oder mitten in der Dschungelwildnis liegen, ließen die Sonne kommen
und gehen, rauchten, schliefen und jagten. Ich hatte die genaue
Orientierung auf der Karte verloren, aber es war nicht wichtig, da ich die
Breite des Dschungels kannte und der Richtung durch die Sonne und den
Kompaß gewiß war. Auch zeigten uns die Flusse, die wir auf schmalen Furten,
oder in den Kanus der Eingeborenen uberquerten, daß wir im wesentlichen die
Richtung nicht verloren hatten. Und hatte ich denn ein Ziel?

Einer der jungen Trager ist lange bei mir geblieben und er fand nicht
allein meine, sondern endlich auch Panjas Gunst, was eine große Seltenheit
war. Er hieß Gurumahu und war ein Jungling von etwa achtzehn Jahren,
hochgewachsen und sehr schlank, aber geschmeidig und kraftig. Er war zum
Islam ubergetreten, weil er die großten Hoffnungen auf die Freiheiten
gesetzt hatte, die sich mit dieser Lehre fur sein kunftiges Leben
einstellen sollten, aber leider hinderte sein gutmutiger Charakter ihn
daran, Gebrauch von ihnen zu machen. Er erzitterte nach wie vor vor den
Brahminen und anderte seine Lebensgewohnheiten in keiner Weise. Er kam uns
auf die nicht eben ungewohnliche Art eines Diebstahls besonders nahe, und
zwar hatte sein unersattlicher Drang nach Reichtumern ihn auf meine
Kupferkessel gesturzt.

Gurumahus Diebstahl wurde gottlob zeitig genug entdeckt, denn wir waren in
nicht geringe Verlegenheit geraten, wenn er mit seiner Beute entkommen
ware. In der Hauptsache ist seine Entlarvung Elias zu danken, was
allerdings von Panja bestritten wurde. Wir hatten damals unser Zelt am Rand
der Steppe aufgeschlagen, so daß der Ausgang den Blick auf die huglige
Ebene zuließ, und ich erwachte vom Knurren des Elias. Da sah ich Gurumahu
im Mondschein uber die Steppe laufen, rechts und links einen unserer
Kupferkessel in der Hand. Er fraß den Boden mit so riesigen Sprungen, als
hinge das Heil seiner Seele von ihrer Lange ab. Ich nahm den Revolver und
schoß in die Luft, die Kugel hatte ihn ohnehin nicht mehr erreicht, auch
lag es mir fern, ihn toten zu wollen. Man tate in Indien nicht gut daran,
so entscheidend vorzugehen, da die Hindus nicht das gleiche Vergnugen am
Sterben empfinden, wie nach den Berichten der Afrikareisenden die Neger.
Auch wußte ich, daß der Knall eine nutzliche Einwirkung auf das bose
Gewissen des Raubers ausuben wurde, der selbst eine große Schießwaffe
besaß, auf die ich spater noch zu sprechen kommen werde. Gurumahu warf
sich mit einem gellenden Aufschrei der Lange nach zu Boden, auf das
Gesicht, und die beiden Kessel rollten, funkelnd im Mond, zu beiden Seiten
uber ihn hinaus ins Steppengras.

Als es hinter ihm still blieb und er keine Verfolger sah, raffte er sich
langsam auf und begann seine Glieder der Reihe nach zu befuhlen. Er fing
mit den Beinen an, die ihm in dieser Situation wahrscheinlich am
wichtigsten waren, ging langsam bis zu den Armen empor und gedachte zuletzt
auch seines Kopfes, der ihm anscheinend, wie alles andere, an seinem Platze
und in Ordnung vorkam. Dann sprang er auf und lief gebuckt, in Sprungen,
weiter, ohne die Kupferkessel, die ihm nicht gegonnt waren, noch eines
Blicks zu wurdigen.

Panja holte sie zuruck und putzte sie, boshaft wie er war, mit großer
Ausfuhrlichkeit. ≫Der Panther wird ihn erwischen≪, sagte er und warf
argerlich Reisig ins Feuer. Es verstimmte ihn tief, daß er durch meinen
Schuß um seine Nachtruhe gebracht worden war. Ich gab im stillen, nicht
ohne Bedauern, Gurumahu verloren, wenn auch nicht unbedingt auf die Art,
wie Panja es tat, aber ich sollte mich hierin tauschen, denn er kam am
andern Tage gegen Mittag in unser Lager geschlichen. Wahrscheinlich hatte
ihm der Dschungel bei Nacht in seiner Verlassenheit nicht gefallen, oder
der Currygeruch unserer Reismahlzeit zog ihn an. Panja fuhrte ihn mir
majestatisch vor, der arme Verbrecher sah aus, als ware er aus dem Wasser
gezogen worden.

≫Ich werde dich toten≪, sagte ich still.

Er sprang ein Meter hoch in die Luft und fiel dann zur Erde nieder.

≫Soll ich ihn aufhangen?≪ fragte Panja so gleichmutig, daß ich daruber die
ganze Niedertrachtigkeit meiner Drohung erkannte. Es ist merkwurdig, wie
rasch einem eine Ungerechtigkeit auffallt, wenn ein anderer sie sich
zuschulden kommen laßt.

≫Er hat ein ganzes Glas mit Salz gefressen,≪ berichtete Panja sachlich,
≫vom Whisky will ich schweigen, denn er hat ihn nicht finden konnen.≪

≫Hat dich der Hunger hergetrieben? Wo warst du so lange?≪ fragte ich den
Ubeltater.

Er hob den Kopf und versuchte meinen Blick auszuhalten, was den
Eingeborenen der Urbevolkerung sehr schwer ist, wenn es sich um blaue Augen
handelt, in die sie hineinsehen mussen, und wenn sie selten mit Weißen in
Beruhrung kommen. Aber Gurumahu erkannte den Ausdruck meines Gesichts doch
und begann zu lachen wie ein Kind.

≫Du bist freundlich, Herr,≪ sagte er zogernd und dann mit Uberzeugung: ≫du
bist nicht klug und gerecht, wie die Englander. Ich werde deine Kessel
bewachen, bis ich sterbe.≪

≫Wenn du sonst nichts tun willst, kannst du dich wieder in die Sumpfe
scheren≪, grollte Panja, aber Guru ließ sich nicht im Genuß seines ihm eben
erst geschenkten Lebens beeintrachtigen, und als sich die beiden
entfernten, horte ich ihn hochmutig zu meinem Diener sagen:

≫Hat schon ein Sahib auf dich geschossen, du Abtrunniger? Du bist keine
Kugel wert, deshalb lebst du und kriechst dem Herrn zwischen den Fußen
umher, ich aber habe mit ihm gekampft!≪

≫Das ist wahr, du Kupferfresser,≪ sagte Panja, ≫ich danke dir, daß du ihn
nicht zerschmettert hast, du Blattlaus!≪

Aber Gurumahu blieb von nun an bei uns, wir nannten ihn Guru, weil sein
Name mir zu lang war, ubrigens war es nicht sein einziger, er hatte noch
eine ganze Reihe wohlklingender Namen, aber auf Gurumahu schien es ihm am
meisten anzukommen.

                  *       *       *       *       *

Einmal hatten wir das Herabsinken der Sonne trotz Panjas Vorsicht verpaßt,
und die Finsternis uberraschte uns am sumpfigen Ufer eines Flusses. Guru
schnupperte in die feuchte Nachtluft hinaus und spahte vom Ufer aus zu den
gegenuberliegenden Palmenhainen hinuber, und richtig sahen wir nach einer
Weile ein schwaches Lichtlein aufblinken. Als das Zelt aufgeschlagen worden
war und die Feuer brannten, horten wir, wie das Flußwasser von
Ruderschlagen platscherte, oberhalb unseres Zeltes verklang das Gerausch,
und das Dickicht raschelte, aber dann blieb alles still.

≫Jetzt haben die Mangroven Augen bekommen,≪ sagte Panja, ≫aber es muß ein
leichtsinniges Volk sein, denn sie furchten den Panther nicht.≪

Auf Elias war in dieser Beziehung kein rechter Verlaß, denn seine
Gesinnungsart hinderte ihn daran, friedlich sich nahernde Nachtwandler
durch Gebell zu angstigen. Horten wir den Panther in der Nahe des Lagers
husten, so pflegte Elias sich in den Hintergrund des Zeltes zuruckzuziehen,
nicht etwa, weil er Furcht hatte, sondern weil es ihm dort besser gefiel.

Am Tage hatte ich eine Haherdrossel geschossen, ich rupfte ihr das braune
Gefieder aus, und das zierliche Kopfchen mit den hellblauen Augenringen
schlenkerte mit geoffnetem Schnabel uber meinem Knie. Gurus Augen fehlten
nur noch diese hellfarbigen Ringe, um ebenso starr und leblos
dreinzuschauen wie meine Jagdbeute. Er begriff nicht, daß ich Vogel
verspeiste, in denen wahrscheinlich die Seele eines Abgeschiedenen
mitverschlungen wurde. Panja war in dieser Beziehung seiner heimatlichen
Weltbetrachtung langst entruckt. In den Kupferkesseln siedete das Wasser,
und eine Unmenge beschwingten Nachtvolks sammelte sich im Feuerschein,
umschwarmte die Flammen wie farbige Funken, oder glotzte von den Blattern
aus in dies unfaßbare rote Leben, aus dessen Glut der Tod lockte.

Panja brachte mir freundlich die Reste meines Rasiermessers, das einer
Taschensage glich und auch als solche hier und da Verwendung fand. Es war
in Zeiten betrublicher Unkenntnis einmal von einem Koch zum Schlachten
einer Ziege verwendet worden; so racht es sich, wenn wir Europaer ein
argloses Volk zu unsern barbarischen Sitten verleiten. Ein Schatten dieses
Barbarentums lagerte nun seit langem in unsteten Wucherungen um mein Kinn
und um meine Wangen und wetteiferte an planloser Ausgestaltung mit der
Pflanzenwelt des Dschungelbodens. Guru hatte in den Pfefferranken bei Tage
Vogelnester ausgenommen und mir die Eier gebracht, wir kochten aber nur
die, welche noch nicht piepten. Panja kaute Betel und sah mir zu, er hatte
viel Sinn dafur, wann eine Arbeit mich selbst vergnugte und wann er sie mir
abnehmen mußte, auch fuhlte er sich in der letzten Zeit in seiner Rolle als
Reisefuhrer sichtlich gelautert, und mir schien es, als tate er seine
Arbeit mit einem ganz neuen Bewußtsein schoner Freiheitlichkeit. Pascha
putzte Palmenschoßlinge, das zarteste und wohlschmeckendste Gemuse, das
Indien zu bieten hat, aber ein streng verbotenes Gericht, weil das Leben
der Palme, durch diesen Raub ihres Herzens, zerstort wird. Der weißliche,
mittlere Trieb des Baumes wird herausgeschnitten, er ist zart wie ganz
frische Haselnusse und schmeckt ahnlich; mit Ol und saurem Fruchtsaft
zubereitet, stellt er einen Salat dar, wie ihn die europaische Kuche nicht
aufzuweisen hat.

≫Soll ich die Leute fragen, ob Mangobaume im Dorf stehen?≪ sagte Guru
plotzlich.

≫Welche Leute?≪ fragte ich erstaunt.

≫Jene dort≪, sagte Guru und zeigte vor sich hin.

Da erkannte ich die braunen Gesichter im Feuerschein zwischen den Blattern
der Mangroven. Ich hatte mich langst daran gewohnt, daß ich niemals allein
war, aber ich erschrak jedesmal aufs neue. Erst zahlte ich funf, dann zehn
und endlich etwa zwanzig große und kleine Gesichter, das ganze Dorf schien
versammelt.

Ich schickte Guru hinuber, die Gesichter tauchten unter, aber dann begann
ein immer lebhafteres Geschnatter im Dunkeln, endlich wurde Feuer gemacht,
und die Ruder polterten im Kanu. Ich hatte gern mit den Leuten gesprochen,
aber sie waren zu furchtsam, brachten uns jedoch alles, was wir wollten.
Die Bewohner dieser Landstriche, wie auch die der ostlichen Berge
entstammen der Urbevolkerung und haben sich mit den eingewanderten
indogermanischen Stammen kaum vermischt. Ihre Hautfarbe ist fast ganz
schwarz, und ihre Gesichtszuge ahneln eher denen der Neger, als denen der
Brahminen. Sie stehen auf einem außerordentlich niedrigen Stande der
Zivilisation, sind aber arglos und sehr friedsam. Ihre Religion ist
anscheinend in den primitivsten heidnischen Vorstellungen geblieben, sie
beten holzerne Gotzen an, und nur hier und da ist ein schwacher Lichtschein
des Brahman oder der buddhistischen Lehre in ihre Geisteswelt gedrungen.
Irgendeine der vielen Inkarnationen Brahmas lebt hin und wieder in ihrer
Vorstellung in entstellter Gestalt fort, ohne daß ihr Sinn lebendig
geworden ist.

Der Dschungel ernahrt sie freigebig in guten Zeiten, sie tragen Pfeffer in
die kleinen malabarischen Hafen, wo die eingeborenen Gewurzhandler ihn
ihnen fur sehr geringes Entgelt abnehmen. Ihre Nahrung besteht aus
Fruchten, einige fischen sogar, andere sollen auch Fleischkost zu sich
nehmen, ich habe es aber nie gesehen. Auf den flachgeklopften
Lehmplatzchen, vor ihren Laubhutten, breiten sie die Pfefferbeeren zum
Trocknen in der Sonne aus, und man erblickt dort in wohlgeordneten
Rechtecken den Pfeffer in allen Farbennuancen seines Dorrens am Boden
ausgebreitet, vom saftigen Grun bis zum tiefsten Schwarz. Ihre
Hauptbesitztumer sind Kinder. Ich habe niemals so viele kleine Kinder
gesehen wie in diesen Dorfern, wie Orgelpfeifen standen die schwarzen
Reihen vor den Hutten, mit kleinen Kugelbauchlein und Rotznasen, und
glotzten uns an, wenn wir voruberkamen.

Dieser Abend und diese Nacht sind mir unvergeßlich geblieben, weil unter
meinen Augen ein bebendes Lebenslichtlein in der Dschungelnacht erlosch.
Ich hatte keine Vorstellung, wie weit die Zeit vorgeschritten war, ein
lauter Ruf weckte mich. Panja fuhr neben mir empor und stieß in der
Schlaftrunkenheit gegen meine Hangematte, so daß ich fast herausgefallen
ware und im ersten Augenblick in ihm einen Feind vermutete. Das Feuer war
fast erloschen. Panja war mit einem Satz an der gluhenden Asche, und ich
begreife heute noch nicht, wie rasch es ihm gelungen ist, eine Flamme
emporzuschuren. Der klagende Ruf wiederholte sich laut und nahe beim Feuer
in der dichten Finsternis, die nun so schwarz wie Kohle war, nur die
beschienenen Baume, dicht am Feuer, glommen phantastisch und unwirklich,
wie Ungeheuer, die mit verschlungenen Gliedmaßen, unter verworrenen
Laubkranzen, in ein rotstrahlendes Gemach drangen. Pascha rief etwas vom
zweiten Feuer her, das Guru eifrig schurte. ≫Was sagt er?≪ fragte ich
Panja.

≫Eine Frau schreit aus Angst vor dem Tod≪, sagte Panja, der noch nicht
verstanden hatte, um was es sich handelte.

Ich trat aus dem Zelt heraus und erkannte nun im Dickicht schwelende
Fackeln und die dunklen Gestalten der Wilden. Das Geschrei einer
Frauenstimme zerriß mein Herz. Ich habe selten wieder etwas so
Durchdringendes an Schmerz und Verzweiflung gehort. Ein tierischer
Wehelaut, der doch die erbarmungswurdige Erniedrigung der Menschenseele
enthielt, fiel mich wie ein nachtliches Gespenst an, und ich mußte mich
wieder und wieder aufraffen, um nicht in tatlosem Erstarren zu lauschen und
um nicht meinem Entsetzen zu erliegen.

≫Feuer!≪ brullte ich, ≫Licht!≪

Eine Wolke gelben Qualms hullte uns ein, dann flackerte eine hohe, rote
Saule daraus empor. Guru schrie: ≫Es ist die Mutter!≪

Endlich brachte Panja Ordnung in einen scheu herandrangenden Haufen
halbnackter Gestalten, die ein dunkles Etwas auf einer Bahre aus Zweigen
heranstießen. Eine Frau, der das schwarze Haar wild um das Gesicht hing,
und deren Arme durch die Luft irrten, schrie mir etwas zu. Sie wagte sich
trotz der großen Erregtheit, die das Ereignis mit sich brachte, das sie zu
mir gefuhrt hatte, nicht in meine unmittelbare Nahe, aber ich sah nun, daß
ihr Gesicht von Angst und Hoffnung entstellt war.

Auf den Zweigen lag ein Kind von vielleicht zwolf oder dreizehn Jahren, ein
Madchen, durftig mit einem bunten Kattunfetzen bedeckt, unter dem sich der
kleine, dunkle Korper wand, und ich horte einen matten zischenden
Klagelaut, ein ersticktes Gurgeln, aus dem Knauel hervordringen.

Guru stohnte bedauernd und hob sich auf die Zehen als frore er.

≫Die Kobra≪, sagte Panja kurz und sah mich an. ≫Die Mutter hofft, du
konntest ihrem Kind helfen.≪

Mein Herz blutete unter den Blicken der alten Frau, die in ihrem Schmerz
und ihrer bedurftigen Haßlichkeit unsagbar ruhrend und bejammernswert vor
mir stand. Ihre welke Brust hing leblos nieder, und es zitterte und zuckte
in den Furchen ihres eingefallenen Gesichts. Sie klagte nicht mehr, ihre
Erwartung hielt sie gefesselt, und ihre Augen, im vorgereckten Angesicht,
pruften und suchten in meinen Zugen, aus denen sie den Tod oder das Leben
ihres Kindes glaubte entnehmen zu konnen, nach meinem Willen.

Das Madchen war mit den andern Bewohnern des Orts an unser Lager
geschlichen, um den sonderbaren Mann aus einer fremden Welt zu sehen, die
jenseits des Meeres lag und unerforschlich war an Geheimnissen und Wundern.
Und ihr Verlangen nach dem Glanz dieses Neuen, Unfaßbaren hatte sie die
Vorsicht vergessen lassen, die so not tut im Dschungelland, die man sie von
Kind auf an gelehrt hatte, und die sie in allen Fallen so klug und sorgsam
zu beachten gewußt hatte. Nun hatte es im Finstern den kleinen, bosen Stich
gegeben, den anfanglich das Herz nicht als das furchtbare Verhangnis
glauben will, obgleich das Blut es ahnt und die Schrecken des jahen
Dahinsinkens wie dunkle Flugel um die Schlafen brausen. Ein Dorn, ein Dorn
war es, vom Rand eines Palmblatts, oder vom Zedernbaum..., aber dann kam
der feine suße Schwindel, der in den Augen beginnt und der den Pulsschlag
des Herzens so eigen behindert, der zuerst die Hande und langsam alle
Glieder in trockene, kurze Krampfe zerrt, als trieben Glassplitter im Blut,
die die Adern zerrissen. Bis die graßliche Klage aus der Gewißheit brach:

≫Die finstere Konigin!≪

Diese aus Ehrfurcht vor der Gottheit und aus tiefstem Grauen gemischte
Wehklage erfullte die Walddunkelheit.

Es war zu spat. Ich offnete die Wunde, die nur in einem winzigen,
schwarzumrandeten Punktchen am Fuß bestand, aber das Blut floß nicht mehr
rot und warm, sondern zersetzt und stockend. Wir versuchten es mit Whisky,
aber das Kind konnte trotz unserer Muhe das scharfe Getrank nicht
aufnehmen, und die großen brechenden Augen flackerten angstvoll unter den
Peinigungen ihrer grausamen Bedranger. Feuer hilft nur im ersten
Augenblick, auch hatte ich es um alles nicht uber mich gebracht, auch
diese neue Marter noch dem kleinen Leib zuzufugen. Laß das Kind sterben,
rief es in mir, das ist sein letztes, irdisches Recht.

Die Blicke der Mutter marterten mich, ich wandte mich ihr zu in der
einzigen Barmherzigkeit, welche es fur sie in dieser Stunde gab. Sie brach
mit einem langen Klagelaut zusammen und blieb die ganze Nacht stumm an der
Leinwand des Zeltes liegen, wie ein dunkles Kleiderbundel.

Als das Kind gestorben war, erschutterte mich, wie mit rauhen Fausten, die
bittere Erkenntnis unserer Menschenohnmacht. Wir sind nicht, was wir nach
unserem besten Verlangen sein konnten, wo ist die Macht, die wir in unserem
Begehr nach Vollendung ahnen, wo die Hoheit, die unsere Gute sucht, wo
unser Glaube, der Berge versetzt?

                  *       *       *       *       *

Duster, lieblich und gluhend strichen diese seltsamsten Tage meines Lebens
dahin. Wir blieben oft tagelang am gleichen Platze, ich vergaß mein Ziel
und die Zeit. Die grunen Sumpfaugen des Dschungels und das Silberwehen der
Steppennachte bannten mich, das tiefe Atmen bei geschlossenen Augen
ersetzte die Gedanken, das Licht wurde zu einer unermudlichen Gewißheit der
Lebensfreude und die Nacht zum gestaltlosen Traum. Das gewaltige, stille
und geduldige Leben der Pflanzen, die die ganze Erde fur sich
beanspruchten, raubte meinem Gemut langsam das Bewußtsein seiner eigenen
Rechte, gewiegt von Staunen und erfullt von fremdem Daseinswillen trieb
mein Geist wie schlafend dahin, und doch uberwach und tief innerlich
durchgluht von einem heiligen Daseinsglauben. Ich ahnte das
grunlich-morastige Gift des Waldes, dessen Konigin und Gottin mir in ihrer
ganzen Macht erschienen war, ich sah den Fiebergeist im feuchten Dammern
schleichen, aber mein Widerstand war zu einer vagen Hoffnung auf mein
Gluck herabgesunken. Diese garende, brodelnde Sumpffruchtbarkeit wurde auch
meinen Leib aufnehmen und neu erbluhen lassen, wenn sie ihn in ihr Bereich
saugte. Der Wald war machtiger als die Menschen. --

Eines Nachts lag ich im Zelt auf einem Laublager, da ich die unsichere
Nachgiebigkeit der Hangematte nicht mehr ertrug. Guru war am Feuer
eingeschlafen. Er hockte neben der gluhenden Asche vor dem Dreieck des
Zelteingangs wie ein Gekopfter, den Nacken zwischen den hochgezogenen
Knien, und seine fast drei Meter lange, uralte Araberflinte uberragte ihn
wie eine halb gesunkene Fahnenstange. Er liebte dieses Gewehr zartlich und
trug es meist bei sich, besonders wenn Aussicht vorhanden war, daß wir
Menschen begegneten. Dabei lebte er in dem festen Glauben, daß diese Waffe
es ihm niemals antun wurde, eines Tages loszugehen. Er war nicht in Gefahr,
enttauscht zu werden, denn die Flinte war hundert Jahre alt, hatte sicher
vom Sudan bis Singapore den ganzen Orient bereist, und es bestand keine
Moglichkeit, sie zu laden oder gar abzufeuern. Aber Guru ware mit dieser
Waffe mitten im Urwald sorglos eingeschlummert, so sicher war er, daß außer
ihm kein anderes Wesen ahnliche Hoffnungen wie er auf seinen langen Talisman setzte.

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