Die Heiden, welche beim Vulcane Mazaraga in einigen verstreuten Hutten wohnen, sind freundliche Leute (Jagor, Reisen 178). Dasselbe gilt fur jene Horden, welche bei Libol und Tabaco in der Provinz Albay wohnen, sie stehen mit den Christen in Verbindung, ja einige lassen sogar ihre Kinder taufen (Cavada I, 221). Nach der Nummer 877 des "Comercio" (Manila, den 16. Aug. 1881) sind in jungster Zeit in der "La Rinconada" (Provinz Camarines Sur) neue Pueblos solcher "monteses" von der Colonial-Regierung gegrundet worden. Die Ausbreitung der spanischen Herrschaft unter diesen Heiden scheint also Fortschritte zu machen.
34. Manguianen (Manguianes).
Unter dem Namen Manguianen sind die halbwilden Malaien-Stamme zu verstehen, welche das Innere der grossen Insel Mindoro und (nach Cavada II, 127) auch die Gebirgswildnisse der Inseln Romblon und Tablas bewohnen. Ob sie ein eigener Zweig der philippinischen Malaien sind, lasst sich nach den zwar zahlreichen, aber durftigen und sich vielfach widersprechenden Notizen, die uns von diesen Wilden Nachricht geben, gar nicht entscheiden. Das eine aber scheint mir sicher zu stehen, dass sie mit den Tagalen Nichts gemein haben und wohl eher als ein besonderer Zweig der Visayer aufgefasst werden konnten, aber eben nur konnten. Es konnte leicht sein, ihre Existenz auf ahnliche Weise zu deuten, wie diess bei den Vicol-Heiden geschehen ist. Der Ansicht, die in Waitz V, 61, entwickelt wird, wonach die Manguianen "wenige, den Angriffen der Piraten [30] entgangene Fluchtlinge sind, die von den Urbewohnern (welchen?) des Centralgebirges verschieden zu sein scheinen", kann ich unmoglich beipflichten, wie Jeder, der die Geschichte der Philippinen vom Beginn der spanischen Occupation an genau studirt hat. Nach der Allgem. Historie XI, 393, waren sie eine Bastardrasse von Negritos und (Visayer-?) Malaien, was also den Ursprung dieser Manguianen auf ahnliche Weise erklaren wurde, wie jenen der Vicol-Heiden. Die Manguianen waren seiner Zeit in der gelehrten Welt sehr genannt, indem Careri (p. 42) von ihnen nach den Berichten der Jesuiten erzahlte, sie hatten vier bis funf Zoll lange Schwanze. Gemelli-Careri berichtet uberhaupt von ihnen, dass sie bis auf eine durftige Bedeckung der Schamtheile nackt gingen, und ihre Wohnungen nach der Jahreszeit veranderten, weil sie sich blos von wildwachsenden Fruchten nahrten. Den Christen verkauften sie Wachs, wofur sie Nagel, Messer, Nadeln und Zeug erhielten. Es ist diess ein Bild, das, auch auf Negritos angewendet, vollkommen treffend ware, und dennoch ersieht man, dass Careri sie scharf von den Negritos zu trennen weiss. Auch Fray Juan de la Concepcion VII, 11, spricht von ihrer starken Zahl, welche in der jungsten Zeit auf 30 000 Kopfe veranschlagt wird (Cavada II, 37). Im Ausseren sollen die Manguianen den (eigentlichen?) Malaien ahnlich sein (Waitz V, 100, nach Journal III, 758).
Die Manguianen von Mindoro zerfallen wieder in kleinere Stamme, welche die Namen Buquit, Tadiaban, Bungon &c. fuhren. Einige dieser Stamme stehen in friedlichem Verkehre mit den Christen, andere aber, besonders jene tief im Innern des Landes, fliehen vor jeder Beruhrung mit den christlichen Kustenbewohnern (Cavada II, 37). Die Manguianen von Romblon lieben ein herumschweifendes und mussiges Leben und rauben den Christen Vieh (Cavada II, 127). Die Manguianen von Mindoro bestatten noch jetzt, wie alle philippinischen Malaien in den Tagen ihrer Unabhangigkeit, ihre Todten in Hohlen, am bekanntesten ist als solche Grabstatte eine grosse Hohle an der Ostkuste der Insel (Semper, Erdk. XIII, 95).
35. Mundos.
Die Mundos sind wilde Bergvolker auf Cebu (Mozo 134) und Panay (Mozo, l. c. u. Hugel 367). Nach Hugel (l. c.) gleichen sie den Igorroten in "Allem", was aber nach den genaueren Nachrichten Mozo's nicht wahr ist, denn nach diesen theilen sie die Sitten und Brauche der Tagalen und Visayer, und Hugel hat jenes "in Allem" wohl nur den Manilesen nachgesagt, die alle wilden Heiden "Igorrotes" tituliren, denn Panay hat Baron Hugel nicht besucht.
Sie glauben an den Patianac, der uns schon von den Tagalen her bekannt ist, ihm schreiben sie es zu, wenn sie auf einem Pfade sich verirren. In diesem Falle entledigen sie sich ihres ohnediess nur durftigen Anzugs, denn der Patianac flieht vor den Nackten, und so konnen sie auf diese Weise den verlorenen Weg wiederfinden (Mozo 137). Um Diebe zu entdecken oder verlorene Sachen wiederzufinden, bedienen sie sich gewisser Zauberformeln, welche sie Bilao nennen (l. c.). Sie halten uberhaupt viel auf Zauberei, weshalb unter ihnen auch zahlreiche Zauberer wohnen, welche sich in Crocodile oder andere Thiere verwandeln konnen und dann den Menschen viel Unheil zufugen (Mozo 135). Sie glauben an Behexung, "Gavay" genannt, von der man sich durch besondere Ceremonien, welche Mozo (Misiones 136) beschreibt, wieder befreien oder enthexen kann. Die Christen haben deshalb eine grosse Scheu vor diesen Wilden und wollen ihre Niederlassung in ihren Dorfern nicht dulden. Sie leiden sehr an Magenkrankheiten, "Bungsol" genannt (Mozo 136).
Die Zahl der Mundos ist eine betrachtliche; 1848 zahlte man nach Diaz Arenas allein in der Provinz Ilo-ilo (Insel Panay) 5000 Mundos. Nach eben demselben Autor leben unter ihnen viele Remontados. Es ist uberhaupt noch fraglich, ob die Mundos ein selbstandiger eigenartiger Stamm sind, ich vermuthe nach ihren aberglaubischen Brauchen, dass sie Visayer im Stadium der Vicol-Heiden vom Isarog, Iriga, Caramuan & c. sind. Sie scheinen von Remontados und Negritos abzustammen (man vgl. Buzeta II, 103).
36. Carolanen (Carolanos).
Der Name dieses Stammes wird nur von Diaz Arenas erwahnt, nach welchem sie 1848 auf der Insel Negros in der Kopfzahl von 2322 in dem Gebirgszuge lebten, der sich von der Hauptstadt gegen Cauayan hin ausdehnt. Wahrscheinlich ist diess nur ein besonderer Name fur einige Horden von Visayer-Heiden.
37. Visayer (Visayas) [31].
Die Visayer bewohnen alle jene Inseln, welche sudlich von Luzon, Masbato, Burias, Ticao und Mindoro und nordlich von Borneo, Sulu und Mindanao liegen. Auf letzterer Insel wird von ihnen auch die ganze Nord- und Ostkuste bewohnt, jedoch streng genommen nur an der Kuste. Im sudlichen Theile von Palawan (Paragua der Spanier) scheinen andere Malaien bereits zu wohnen.
Die Visayer-Sprache zerfallt in die Dialekte von Cebu, dem eigentlichen Visayer-Dialekt und jenem, der auf der Gruppe der Calamianen und Cuyos-Inseln gesprochen wird. Eine Unterabtheilung des Visayer-Dialektes sollen wieder der Dialekt von Sud-Panay, das Panayano, ferner der Dialekt von Capiz sein, doch widersprechen sich da die Nachrichten, und da ich der Visayer-Sprache unkundig, so will ich daruber hinweggehen. Nach ihren Sitten und Brauchen zerfallen sie in die eigentlichen Visayer, in die Caragas und Calamianen incl. Coyuvos.
a) Visayer im engeren Sinne des Wortes. Diese bewohnen die Inseln Panay, Romblon, Tablas, Masbate (sporadisch neben den Vicols), Negros, Cebu, Bohol, Samar, Leyte, den Surigao-Archipel und die Landschaft Dapitan der Provinz Misamis auf der Nordkuste von Mindanao. Auf dem ubrigen Theil der Nordkuste von Mindanao (Misamis, Iligan, Cagayan und Butnan) wohnen zwar auch Visayer, aber sie sind mit den eingeborenen Stammen sehr stark vermischt, doch bleibt ihre Sprache dort die herrschende. Am Meerbusen von Davao sind viele Visayer angesiedelt, welche die Spanier seit dem Jahre 1848, wo sie jenes Land occupirten, dorthin gebracht haben. Die Visayer sind nicht so weit im Archipel verstreut, wie die intelligenteren Tagalen, doch finden sich welche, meist Fischer, selbst auf den Babuyanen, besonders auf Camiguin [32] (Mas, pobl. 42). Die Visayer der Kustendistricte sind alle Christen und civilisirt, im Innern dieser Inseln leben sie aber als halbwilde Heiden, welche von jenen Visayern abstammen, die sich den Spaniern nicht unterwerfen wollten, und welche durch Remontados immer neuen Zuschuss erhielten und zum Theil noch erhalten. Ich werde zunachst mich mit den Christen befassen.
Die Visayer waren zur Zeit der Conquista bereits ein civilisirtes Volk, das, entgegen den Ansichten der modernen spanischen Schriftsteller, welche ohne auf die ursprunglichen Quellenwerke zuruckzugehen, uber die Geschichte der Philippinen Essays schreiben, einen noch hoheren Grad von Cultur besass als die Tagalen. Borneo, Mindanao und den Molukken naher gelegen als die Tagalen, standen sie auch mit diesen Landern in regerer Verbindung, und diese mag auch die Ursache sein, dass ihr Typus dem der eigentlichen Malaien sich mehr nahert, als jenem der Tagalen. Im XVI. und XVII. Jahrhundert wurden sie von den Spaniern Pintados genannt, weil sie ihren Korper zu bemalen pflegten. Sie nahmen ohne besondere Schwierigkeiten das Christenthum an und halfen mit ihren Kriegern den Spaniern die Tagalen unterjochen.
Ihre Hutten sind nach demselben Modell gebaut, wie jene der Tagalen, dagegen unterscheiden sie sich von letzteren durch Tracht und Gewandung. Wahrend die Tagalen das Haar verschneiden, lassen auch die Manner bei den Visayern das Haar lang wachsen (Buzeta I, 242). Die Frauen tragen keinen Tapis, sondern nur die aus grobem aber durchscheinenden Guinara-Zeug verfertigte Saya und die kaum die Bruste bedeckende Camisa (Jagor, Reisen 188). Um das Haar schlingen die Frauen ein Stuck Zeug (Buzeta, l. c.). Sie bauen alle Getreidesorten und Culturpflanzen, die auf Luzon cultivirt werden, Reis insbesondere auf Panay, Zucker auf Cebu, Bohol, Negros, vorzuglichen Cacao auf Cebu, Tabak auf Cebu und Bohol, Mais auf Cebu, Abaca auf Leyte, Kaffee in der Provinz Misamis auf Mindanao. Viel starker als auf Luzon wird auch rother Pfeffer cultivirt, da die Visayer damit alle ihre Speisen, besonders aber die Morisqueta, stark wurzen (Buzeta I, 33). Cocospflanzungen sind uberall, Viehzucht wird lassig betrieben. Sie sind noch eifrigere Fischer als die Tagalen, der Fang von Trepang ("Balate"), der hier haufigeren Manatis und Schildkroten liefert ihnen reichen Gewinn, desgleichen das Suchen der Schwalbennester (Buzeta, Mas, Semper, Canamaque, Cavada a. v. St.).
Von den Tagalen unterscheiden sie sich unangenehm durch ihre Unreinlichkeit (Jagor 188) und durch ihre Trunksucht (Cavada a. v. St.). Ihre alte Religion glich in vielen Punkten jener der Tagalen, auch sie kannten den Ahnencultus, nur wurden die Nonos und Anitos der Tagalen und Nord-Luzonier hier Diuatas oder Divatas genannt. Sie besassen Idole, Liche oder Laravan mit Namen. Ihre Priesterinnen hiessen Babaylanas, neben diesen waren auch Priester. Selbst unter den Christen erhielt sich der alte Glaube insgeheim, 1797 noch entdeckten die Monche in dem seit der Conquista christlichen Pueblo Sibalon auf Panay (Provinz Antique) 180 Babaylanas (Buzeta I, 300). Selbst unter den Cabezas de Barangay auf Samar gab es 1648 heimliche heidnische Priester (Tanner III, 544). Auch bei den Visayern war das Schwein das bevorzugte Opferthier.
In den Zeiten der Conquista herrschte bei den Visayern die Polygamie. Das Christenthum beseitigte diese, nicht aber die grenzenlose Unsittlichkeit und Unzucht, uber welche alle alteren Schriftsteller schauderhafte Details berichten (man vgl. vorzuglich: Morga-Stanley 304 und Carletti 148). Auch heute ist Ehebruch ungemein haufig, um so mehr, als die Gatten keine Eifersucht kennen, und wie in den Zeiten der Conquista, geben sich die Frauen viel leichter preis und sind auch viel geiler als die Madchen (Jagor, Reisen 236). Der Freier dient, ahnlich wie bei den Tagalen es vordem haufiger ublich war, 2-5 Jahre dem Vater seiner Braut umsonst, ehe er diese als Gattin heimfuhrt (Jagor 235). Francisco Canamaque (Fil. 186 f.) beschreibt die Brautwerbung wie folgt: Der Freier geht mit einem angesehenen Manne seines Dorfes zu den Eltern seiner Auserwahlten, und beide fragen letztere, ob sie zur Eheschliessung geneigt ist, worauf sie mit Ja antwortet. Das Herkommen erfordert es, dass die Braut hierbei des Leides gedenkt, das ihr die durch die Ehe nothig werdende Trennung von den Eltern verursachen musste. Die letzteren pflegen, selbst wenn sie wohlhabend sind, dem Freier zu erklaren, sich wohl Alles zu erwagen, denn ihre Tochter habe kein Vermogen, besitze keine Kenntnisse und sei uberdiess recht albern. Der Freier und sein Genosse wiederholen aber die Werbung immer von Neuem, bis der Vater einwilligt. Ist diess geschehen, so fangen die vor der Thure versammelten Freunde des Freiers an, Raketen steigen zu lassen und Musikinstrumente zu bearbeiten, andere gehen in das Haus hinein, uberreichen susse Backereien, Tabak, Buyo &c. Nach der kirchlichen Trauung durcheilt die junge Frau, begleitet von Freundinnen, die Gassen des Dorfes, um alle Verwandten und Freunde zu einer Chocoladegesellschaft (mit Tanz und Gesang) einzuladen. Wenn die Jungfraulichkeit der soeben Getrauten uber allem Zweifel erhaben ist, so tanzen die beiden Gatten zusammen einen Tanz, worauf die geladenen mannlichen Gaste eine grosse Anzahl von Topfen und Schusseln, welche aber noch nie gebraucht worden sind, zu den Fussen des Paares zerbrechen und hinwerfen. Bei dem Hochzeitsmale essen zuerst die Frauen, nach diesen die geladenen Manner und dann erst die zum Hause Gehorigen, wobei die Sitte erfordert, dass jedes Mal ganz neue Gerichte auf den Tisch oder, richtiger gesagt, auf die uber den Boden gelegte Matte, aufgetragen werden, selbst wenn grosse Speisequantitaten von der vorhergehenden Tafel ubrig sind. -- Die Ehen sind sehr fruchtbar, man zahlt oft 12 bis 13 Kinder in einer Ehe, doch ist dafur auch die Kindersterblichkeit eine grosse (Jagor, Reisen 236).
In ihren sonstigen Brauchen und Sitten weichen sie nicht sehr von den Tagalen ab. Ihre Todten begruben sie in den Zeiten ihrer Unabhangigkeit, ahnlich wie die Igorroten, in Hohlen, das hat naturlich unter dem Christenthum aufhoren mussen. Wie die Tagalen feiern auch die Visayer ein neuntagiges Todtenfest, das am letzten Tage in einer eigenthumlichen Weise seinen Abschluss findet. Der beste Theil des Hauses wird schwarz ausgeschlagen und eine Art Thronhimmel in demselben errichtet, auf dessen Hintergrund 10 bis 12 Todtenkopfe gemalt oder solche aus Papier ausgeschnittene befestigt werden. Dann wird unter diesem Thronhimmel ein Katafalk aufgerichtet, der mit allen Heiligenbildern, die die Verwandtschaft der verstorbenen Personen auftreiben kann, beklebt wird. Um 8 Uhr Abends halten dann die Hinterbliebenen das letzte Gebet fur den Verstorbenen ab, was eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, worauf das Haus fur alle Eintretenden geoffnet wird. Speisen und Getranke stehen Jedem in reichlicher Fulle zur Verfugung. Ist der Magen der Anwesenden befriedigt, so werden von den Anwesenden improvisirte Coplas gesungen, deren Inhalt mit dem Todesfalle in gar keinem Zusammenhange steht, sondern sich meist um Schlachten oder frohliche Dinge dreht. Diese Coplas werden nach einer durch eigenthumliche Regeln geordneten Weise, ahnlich wie bei dem deutschen Pfanderspiel "zusammengesetzte Hauptworter", von Burschen und Madchen gesungen, welche als Theilnehmer dieses Spieles bellacos und bellacas [33] heissen, der Anfuhrer des Chors heisst: Dueno de Jato [34] und das Spiel selbst Duplo [35] (Canamaque, Fil. 180-185).
Ihre Industrie beschrankt sich hauptsachlich auf Herstellung von groben Sinamay- und Nipis-Zeugen (Diaz Arenas 291). Einen besonderen Ruf geniessen die wunderbar feinen Pina-Gewebe, bei deren Herstellung Fenster und Thuren fest verschlossen bleiben mussen, da der geringste Luftzug hinreicht, die zarten Faden zu zerreissen (Buzeta I, 211). Die Ausfuhr von Geweben aus Ananasfasern wird denn auch in dem einzigen Hafen Ilo-ilo allein auf 1 000 000 Dollar geschatzt (Jagor 241). Die beste und feinste Pina wird in Antique gearbeitet (Scheidnagel 127). Durch Gahrung wird aus den Cocosnussen ein stinkendes Ol mit Namen aceite de caracoas oder mabajon langis bereitet (Buzeta I, 31), welches in grossen Massen ausgefuhrt wird. Bei der Olgewinnung geht man sehr nachlassig vor (Jagor, Reisen 214). Sonst sind noch als Exportartikel der Visayer-Industrie Stocke und Messergriffe aus Horn erwahnenswerth (Scheidnagel 128).
Das Innere aller der von Visayern bewohnten Inseln ist von "wilden" Visayern, "Infieles, Montesinos, Cimarrones" der Spanier bewohnt. Diese stammen sammtlich von Fluchtlingen ab, welche vor dem Christenthum und der spanischen Herrschaft in die Walder flohen. Sie sind meist gutmuthiger Natur und beginnen allmahlich, ihren Nacken unter das spanische Joch zu beugen, obwohl trotzdem noch Jahrzehnte verfliessen werden, ehe die Spanier Herren der Binnenlandschaften der Inseln werden, deren Kustensaum sie beherrschen.
b) Calamianen. Die Calamianen bewohnen den gleichnamigen Archipel und den nordlichen Theil von Palawan oder Paragua, die von ihnen fast gar nicht verschiedenen Coyuvos die kleine Inselgruppe von Cuyo. Die sogenannten Agutainos bilden die nordliche Halfte der Coyuvos. Die Calamianen sind dunkler gefarbt als die ubrigen Visayer und haben etwas krauses Haar (Waitz V, 98; nach Mallat I, 335 und Crawfurd), was auf eine Beimischung von Negritoblut hindeuten wurde. Ihre Gesichtszuge sollen einen wilden Ausdruck besitzen (Bastian V, 274). Sie bauen Reis, Cacao, Kaffee, Baumwolle und Pfeffer, aber Alles in so geringen Quantitaten, dass nicht einmal der heimische Bedarf damit gedeckt wird (Buzeta I, 452). Desto eifriger wird Fischfang getrieben (Cavada II, 21; Scheidnagel 45), besonders aber die Balate- oder Trepangfischerei; die Calamianen sind auch die eifrigsten und gewandtesten Sucher der essbaren Schwalbennester, weshalb ihre Lander als der Hauptsitz des Schwalbennesterhandels anzusehen sind (Buzeta I, 41; Cavada II, 21). Der Handel mit dem von den Wilden aus dem Gebirge eingetauschten Wachs und Honig wird eifrig betrieben. Sie werden als aberglaubisch, indolent und faul geschildert, das "Remontarse" ist unter ihnen besonders haufig (Cavada, l. c.). Industrie existirt kaum dem Namen nach und beschrankt sich nur auf weibliche Webearbeiten.
c) Caragas. Die Caragas bewohnen die Ostkuste von Mindanao vom Cap Surigao bis zum Cap S. Augustin. Sie gehoren zu dem kriegerischsten Stamme der Visayer, ihre wilde Tapferkeit machten sich die Spanier in jenen grossen Kriegen zu nutze, welche sie im XVII. Jahrhundert gegen die Hollander und die Sultane von Buhayan, Mindanao und Sulu fuhrten. Von ihrem kriegerischen Wesen zeugt die noch zu Ende des XVII. Jahrhunderts ubliche Sitte, dass wer von ihnen sieben Menschen getodtet hatte, das Recht erhielt, einen rothen Turban zu tragen. Dieser Turban fuhrte den Namen Bajacho. Naturlich hat diese Sitte seit lange bereits aufgehort. Die heutigen Caragas, seit drei Jahrhunderten Christen, unterscheiden sich jetzt wenig von den ubrigen Visayern. Ihr Hauptnahrungszweig ist die Fischerei, dann erst der Reisbau; Industrie gering.
38. Manobos.
Die Manobos sind ein in fast allen Theilen der Insel Mindanao wohnhafter heidnischer Stamm. Ihre Wohnsitze sind die Bergwildnisse sudlich von Dapitan (Cavada II, 197), dann durch christliche Visayer-Niederlassungen vom Meere getrennt in den Bergen sudlich von Iligan, Cagayan (de Mindanao), Butuan und in den Thalern, welche die bei den letztgenannten Stadtchen mundenden Flusse in ihrem Laufe bilden (Semper, Skizzen a. v. St.; Cavada a. v. St.). Im Suden reichen sie bis zu dem Meerbusen von Davao (Cavada II, 221, 222), wo sie hauptsachlich am ostlichen Gestade wohnen, wahrend am linken sich nur einzelne Niederlassungen finden. Sie reichen im Westen bis in die Nahe von Cotta bato (Jagor 44; Canamaque 43). Doch muss man bei diesen Angaben, soweit sie nicht, wie von Semper als Augenzeugen, sichergestellt sind, sich sehr reservirt verhalten, denn Manobos (Varianten: Manabos, Manobas) ist in Mindanao zu einem Collectivnamen fur heidnische Bergstamme geworden [36]) (Waitz V, 56; D. Claudio Montero y Gay, in dem Bol. de la Sociedad geografica de Madrid I, n. 4, p. 322).
Die Manobos erinnern in ihrem ausseren Habitus etwas an Chinesen (Semper, Skizzen 59). Sie leben in ganz kleinen Horden, welche gewohnlich nur aus dem Hauptling -- Bagani genannt -- und den Brudern seiner Frauen sich zusammensetzen (l. c. 60). Ihre Hutten stehen auf hohen Pfahlen (l. c.), ebenso die Scheunen und Vorrathshauser, welche mitten in den Feldern stehen (l. c. 61). Die Manobos im Norden treiben Ackerbau, und zwar sind Gegenstande desselben Tabak, Mais, Camote und insbesondere Reis, welch' letzteren sie in solcher Fulle ernten, dass sie im Stande sind, ganze Bootsladungen an die christliche Kustenbevolkerung zu verkaufen (l. c. 60). Ausserdem obliegen sie dem Dalag-Fischfang mittelst Fischreusen und Netzen (l. c. 47). Die Manobos, welche am Meerbusen von Davao wohnen, scheinen keinen Ackerbau zu treiben, sondern sich nur vom Fischfange und Wurzeln, ja im Nothfalle selbst von ekelhaften Reptilien zu nahren (Cavada II, 223). Die ackerbauenden Manobos sind deshalb nicht sesshaft; sobald ihr nie gedungter Ackerboden erschopft ist, verlassen sie ihre Niederlassung und grunden sich an einer anderen gunstigen Stelle ein neues Heim (Semper, Skizzen 62). Sie leben in Polygamie, doch gilt nur eine Frau als die legitime, der die anderen zu gehorchen haben (l. c. 60). Jede Frau hat eine Hutte fur sich, in welcher sie mit ihren Kindern und den ihr zugewiesenen Sclaven lebt (l. c.). Da die Feldarbeit nur auf den Schultern der Frauen, Kinder und Sclaven ruht, so besteht in der grosseren Zahl derselben auch der grossere Reichthum des Mannes (l. c.). Ihre Waffen sind Lanzen, Schilde, Dolche und Schwerter (Semper, Skizzen 62), die Manobos von Davao wissen auch meisterhaft Bogen und Pfeil zu gebrauchen (Cavada II, 223). Ihre Religion und die Sucht, Sclaven zu erwerben, reizt sie zu bestandigen Kriegen und Fehden. Sie haben einen ahnlichen Ahnencultus wie die ubrigen Malaien Luzons und der Philippinen (Semper 61), uberdiess kennen sie noch andere Gotter. "So halten sie den Donner fur die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt eines abenteuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde niederfahrt und in die Baume einschlagt, so soll das Thier, nach ihrer Meinung, mitunter einen seiner Zahne darin stecken lassen" (Semper, Skizzen 61). Der Caiman wird von ihnen heilig gehalten (l. c.), welche Verehrung dieses Thier einst auch von den heidnischen Tagalen genoss (Mas, hist. I, 15). Bezeichnend ist der Name Diuata (Semper, Skizzen 62), der einem ihrer Gotter zukommt, es ist dieses Wort gleichlautend mit der Ahnen-Benennung der Visayer. Der Diuata ist der Gott der Erntefeste, man erinnere sich an die religiosen Festlichkeiten, welche die Igorroten zur Erntezeit den Anitos darbringen. Dem Diuata werden Schweine geopfert und, wie bei den Igorroten, an das Opfer eine grosse Schmauserei geknupft (Mas, pobl. 29). Hochverehrt wird auch der Kriegsgott Tagbusau (Semper 62). Nach beendigter Ernte ziehen die Manobos, wenn die eingeholten Auspicien gluckverheissend sind, auf den Kriegspfad. Der Bagani, der als Priester des Tagbusau auch "dessen Talisman" mittragt, sucht mit seinen Leuten den Feind im Morgenschlummer zu uberrumpeln oder hinterrucks im Walde zu uberfallen. Alle Erwachsenen werden niedergemetzelt, die Weiber und Kinder aber in die Sclaverei abgefuhrt (l. c. u. Cavada II, 223). Ihre Bestialitat aussert sich sogar in einer Art von Cannibalismus: "Ist der Feind glucklich niedergeworfen und getodtet, so zieht er (der Bagani) ein heiliges, nur diesem Dienste geweihtes Schwert, offnet der Leiche die Brust und taucht die Talismane des Gottes, die ihm um den Hals hangen, in das rauchende Blut ein. Dann reisst er das Herz oder die Leber heraus, und verzehrt ein Stuck davon als Zeichen, dass er nun seine Rache an dem Feinde befriedigt habe. Dem gemeinen Volk wird es nie gestattet, Menschenfleisch zu kosten; es ist das Vorrecht aber auch die Pflicht des furstlichen Priesters" (Semper, Skizzen 62). Die Schadel der erschlagenen Feinde werden nach Hause mitgenommen, aber nicht nach der bei den Kopfjagern Luzons ublichen Sitte aufbewahrt (Semper, l. c.). Einen der Gefangenen pflegen sie nach glucklich erfolgter Heimkehr gleichsam als Dankopfer dem Tagbusau auf grausame Weise abzuschlachten (Mas, pobl. 40, Semper, l. c.). Wie bei den Negritos wird auch hier jeder Todesfall durch einen Mord eines armen arglosen Wanderers, dem sie im Walde auflauern, wettgemacht (Mas, pobl. 39). Die Manobos der Provinz Surigao scheinen nicht mehr so blutdurstiger Natur zu sein (Cavada II, 206). Ihre Kopfzahl bei Butuan wird auf 10 000 Seelen geschatzt (Jagor, Reisen 322). Mas (pobl. 14) betrachtet sie als Seitenzweig der Igorroten, wohl nur mit Bezugnahme auf ihre Kriegslust und Fressgelage.
39. Mamanuas.
Die Mamanuas sind ein Mischlingsvolk von Malaien und Negritos (Semper, Skizzen 49), der malaiische Typus wird wohl bald uberwiegen, da sie bestandig neue eheliche Verbindungen mit Malaien eingehen (l. c. 136). Sie fuhren ganz das Leben der Negritos (Semper, l. c. 53). Ihre Wohnsitze sind zwischen Surigao und der Laguna Mainit, ferner nordwestlich von Llangan zu suchen. Ihre Anzahl ist gering.
40. Tagbalays.
Die Tagbalays wohnen nicht weit von der Ostkuste Mindanao's, in der Nahe von Bislig (Waitz V, 51). Ihr Name kommt auch in den Varianten Tago-Balvoys und Taga-Balooyes vor. Sie sind hellfarbig (Waitz, l. c.), deshalb aber nicht mit japanischem Blute gemengt. Die Japano- und Chino-Manie wird mit Bezug auf die Philippinen bald ahnliche Ubertreibungen und voreilige Behauptungen zu Tage fordern, wie die Kelto-Manie von anno dazumal in Deutschland. Mas (pobl. 14) bezeichnet sie als "Igorroten", wohl aus ahnlichem Grunde, wie bei den Manobos. Ob die in der Ilustracion filipina 1860 n. 17, p. 193, erwahnten Tagabotes mit unseren Tagbalays zu identificiren sind, wage ich nicht zu entscheiden, da sonst (wenigstens in den mir zuganglichen Werken) dieser Volksstamm der Tagabotes nirgendswo anders erwahnt wird.
41. Bagobos.
Die Bagobos wohnen in der Quellgegend des Rio de Butuan zwischen Manobos und Mandayas, dann zwischen dem Vulcane Apo und der Stadt Davao und bewohnen selbst mehrere Rancherias unmittelbar an der Kuste, darunter Darum oder Daron (Cavada II, 221). Die Bagobos sind ein friedliches Volk (Cavada II, 206), obgleich sie sonst mit den Manobos Lebensweise und Waffen gemeinsam haben. Die Bewohner der Ebenen und Gestade sind rachitisch und kranklich (Cavada II, 223), was wohl nicht allein auf die Kreuzung mit von den Manobos gekauften Sclaven zuruckzufuhren ist, sondern vielleicht auch, dass sie eben als Bergstamm in den Sumpfniederungen verkummern. Cavada ruhmt ihnen Massigkeit im Essen, Reinlichkeit und Vertragstreue nach. Sie sind ebenso wie die Manobos, Mamanuas und Tagbalays Heiden.
42. Guiangas.
Nach Jagor (Reisen 322) wohnt dieser anderswo nicht genannte heidnische Stamm in denselben Districten, zwischen Apo und Davao, welche von den Bagobos bewohnt werden. Der Name dieses Volksstammes erinnert einigermaassen an den der Manguangas. Sie sind von heller Hautfarbe (Cavada II, 223).
43. Vilanen.
Die Vilanes oder Bilanes sind ein den obigen ahnlicher Stamm, gleichfalls heidnischer Religion. Sie wohnen sudlich von den Bagobos zwischen dem Gebirge und dem westlichen Gestade des Meerbusens von Davao (Jagor, Reisen 322; Cavada II, 220).
44. Tagacaolos.
Die Tagacaolos hausen sudlich von den Vilanen, in den westlichen Gestadelandschaften des Meerbusens von Davao und sudlich vom Vulcane Apo. Tagacaolos wohnen auch als Nachbarn der Mandayas nordlich von der Balete-Bai. Ihren Namen scheinen sie vom Flusse Tagalaya herzuleiten, welcher auf jenem Berge entspringt. Ihr Hauptort heisst Malalag (Cavada II, 221). Sie sind ebenfalls Heiden, obwohl es unter ihnen genug Mohammedaner giebt, besonders im Suden, welche aber kaum ausserlich an den Lehren des Korans festhalten. Sie glauben an das Dasein eines ubernaturlichen Wesens, das seinen Sitz auf dem Apo hat. "Diesem Genius des Guten und Bosen bringen sie, um ihn zu besanftigen, bestandig Menschenopfer, insbesondere, wenn sie sich einbilden, dass er ihnen zurnt, oder auch nur, wenn sie sich vornehmen, Schwefel zu sammeln, damit er es ihnen gestatte" (Ausland 1881, S. 219).
45. Sanguils.
Die Sanguils bewohnen die Halbinsel, welche durch den Meerbusen von Davao und die Sarangani-Bai gebildet wird. Mit den Vilanen und Tagacaolos sollen sie 76 000 Kopfe zahlen (Jagor, Reisen 322).
46. Mandayas.
Die Mandayas wohnen am Rio Hijo, der in die Bucht von Davao mundet (Cavada II, 222), am Oberlaufe des Rio Agusan und des Rio Sahug, ebenso trifft man Mandayas in dem Hinterlande der Kustenorte Caraga, Santa Maria und Zatagoza (Dr. Montano y Rey).. Dann bewohnen sie den sudlichen Theil von Mindanao, von Linao an der Westkuste bis zu den grossen Seen im Innern des Landes, sie sind dann auch weiter bis gegen Butuan anzutreffen (Jagor, Reisen 322). Die am Meerbusen von Davao wohnenden sind mit Manguangas vermischt (Jagor, l. c.). Ihre Hautfarbe ist eine sehr helle (Cavada II, 206 u. 223), diess hat Mallat zu der Annahme verleitet, dass sie Mischlinge von Japanen und Visayern sein sollen, was aus historischen Grunden sehr unwahrscheinlich ist; Sir J. Bowring's Hypothese, nach welcher die Mandayas gar Abkommlinge von Weissen und Eingeborenen waren, muss bei jedem Kenner der Geschichte Mindanao's nur Unwillen erzeugen. Schwerwiegend ist jedoch, dass Prof. Semper sich fur eine Vermengung mit Chinesen ausgesprochen hat (Semper, Skizzen 59), gegen diese Autoritat wage ich es nicht, Etwas einzuwenden. -- Sie sind von starker Gestalt und kraftigem Gliederbau, kriegerisch und stets zum Kampfe bereit, mit den Christen aber unterhalten sie freundliche Beziehungen (Cavada II, 206 u. 223). Ihre Waffen sind Lanze, Kris, Pfeil, Bogen und Bolomesser (Cavada II, 223). Wahrend die Mandayas der Provinz Surigao Freunde einer herumschweifenden Lebensweise sind (Cavada II, 206), sind die Mandayas von Davao arbeitsame Leute (Cavada II, 223). Ihre Religion besteht in einem Ahnencultus (Semper, Skizzen 59).
47. Subanos.
Die Subanos bewohnen jene langgestreckte Halbinsel, welche den aussersten westlichen Auslaufer Mindanao's bildet. Ihr Name bedeutet so viel als Flussbewohner (Combes 24). Die Geschichte ihrer Abstammung bei Barrantes (Guerras piraticas 417) ist sehr schon, aber fur unsere Zwecke nicht brauchbar. Neuere Schriftsteller und Reisende haben uns keine erweiterte Kenntniss dieses malaiischen Volksstammes gebracht, so sind wir denn noch immer auf Combes und Gemelli-Careri angewiesen. Sie sind kriegerisch, und ihre Kriegslust wird durch ahnliche Brauche angefeuert, wie einst bei den Caragas, nur brauchte der Subano nur einen einzigen Feind zu todten, um den rothen Kopfbund tragen zu durfen. Obwohl bei ihnen Blutrache gilt, so kann diese leicht durch Goldstaub gesuhnt werden. Geschlechtlichen Ausschweifungen huldigen sie in ebenso grossem Maasse, wie alle ihre Nachbarstamme. Ein Theil von ihnen ist zum Christenthume bekehrt, die ubrigen sind Heiden und nur zum geringsten Theile Mohammedaner. Ihre Kopfzahl soll sich auf 70 000 belaufen (Jagor, Reisen 322).
48. Manguangas.
Die Manguangas wohnen in der Cordillera Sugut auf Mindanao und erstrecken sich bis zu dem grossen See von Boayan oder Magindanao. Sie zahlen nach einer alteren Schatzung gegen 80 000 Seelen (Jagor, Reisen 322). Sie sind Heiden; uber ihre sonstigen Sitten und Brauche ist mir Nichts bekannt.
49. Sameacas.
Die Sameacas sind die (heidnischen?) Bewohner des Gebirgsinnern der Insel Basilan. Bis zum XVI. Jahrhundert bewohnten sie auch die Kusten dieses Eilands, da landete aber der Pratendent des Reiches Mindanao, der Paquian Tindig, mit seinen Anhangern und Sclaven auf Basilan und trieb die ursprunglichen Herren des Landes in die Gebirgswalder hinein, wo sie noch heute in volliger Unabhangigkeit leben (Pazos 10). Bei der Durftigkeit der Nachrichten uber diesen Volksstamm lasst sich die Frage gar nicht in Untersuchung ziehen, ob nicht die Sameacas mit den Guimbas zusammen nur einen Stamm reprasentiren.
50. Guimbas.
Die Guimbas sind die Bewohner der Gebirgswildnisse der Hauptinsel von Sulu. Bei Combes, Fray Juan de la Concepcion und Anderen kommen noch folgende Varianten ihres Namens vor: Guinbajanos, Guimbanos, Quimpanos. Sie sind nach den spanischen Geschichtsschreibern der Philippinen zu derselben Zeit von den einwandernden Mindanaos in das Gebirge geworfen worden als Basilan. Die Jesuiten nannten sie "gente montaraz", d. h. ebenso wie die heidnischen Bergstamme Luzons, sie sind also in jenen Tagen (1578-1646) Heiden gewesen, wahrend sie sich jetzt wenigstens zum Theil -- bei Carondon -- zum Islam bekehren liessen, wenigstens nennt Pazos (Jolo 194) die in der Nahe Carondons wohnenden Guimbas Moros guimbas montescos.
Der Name Guimbas wurde ihnen von den mindanaoischen Eroberern verliehen, er soll soviel wie Trommler bedeuten, da es bei ihnen Sitte ist, im Kriegsfalle durch den Larm zahlreicher Trommeln sich Muth einzuflossen. Zu demselben Zwecke kauen sie die Wurzel Panayaman(g), welche die Eigenschaft besitzt, den Korper gegen die Schmerzen der Wunden unempfindlich zu machen. Ihre Tapferkeit und ihr Muth sind in der That ausserordentlich, und die Spanier haben zu der Zeit, wo sie im XVII. Jahrhundert vorubergehend (1638-46) Sulu besetzt hielten, mehrmals von ihnen Schlappen erlitten, ein Mal sogar eine ordentliche Niederlage. Ihre Waffen sind Lanzen, Schilde und Panzer, letztere aus Carabao-(Buffel-)Haut verfertigt, woraus zu schliessen ist, dass sie wenigstens den Carabao als Hausthier besitzen, und da dieses Thier auf den Philippinen nur als Ackerbaumedium benutzt wird, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass sie Reisbauer sind. Uberdiess besitzen sie auch Pferde (Koner 124). Pazos nennt sie auch nur Halbwilde (semisalvages). Bemerkenswerth ist, dass sie nach Pazos (Jolo 10) besonders auf den nordlichen Abhangen des Gebirgsstockes von Sulu wohnen, so dass auf den Sudabhangen Platz ware fur die Idanes Dalrymple's, da ich aber leider kein Exemplar Dalrymple's auftreiben konnte, so ist es mir unmoglich, auf diesen letzteren Volksstamm naher einzugehen. Nach der Bemerkung in Waitz (V, 46), dass der Name Idan eine Collectivbezeichnung fur verschiedene Idiome sprechende heidnische Stamme sei, ist eine Identificirung der Idanes de Jolo mit den Guimbas auch nicht unmoglich, man vgl. ubrigens das bei den Negritos Erwahnte.
51. Die Piratenstamme von Mindanao und Sulu.
Unter obiger Bezeichnung fasse ich jene mohammedanischen Malaienstamme zusammen, welche an der Westkuste von Mindanao, am Rio Grande de Mindanao, den beiden grossen Seen sudlich von diesem Strome an der Laguna de Malanao, an der Kuste des Panguil-Busens, in einigen Dorfern an der Nordwestkuste Mindanao's zwischen Zamboanga und Misamis und welche ferner die Kustenbevolkerung der grosseren und die Gesammtbevolkerung der kleineren Sulu-Inseln bilden. Sie werden von den Spaniern je nach ihrem Aufenthaltsorte als Joloanos, Camucones (Bewohner der Inseln sudwestlich von Tawi tawi), Tirones (Bewohner der Inseln zwischen Tawi tawi und Borneo), Moros de Balabac, Samales (Bewohner der Inseln sudlich von Basilan), Basilanes, Jacanes (auch auf Basilan), Illanos oder Ilanos (an der Baia Illana), Lutaos (bei Zamboanga), Malanaos (am See Malanao), Mindanaos (Mundungsgebiet des Rio Grande und die Kuste Ost-Mindanao's von Pollok bis zur Sudspitze der Insel), Tegurayes oder Tinivayanes (Flussgebiet des Rio Grande de Mindanao) bezeichnet.
Sie sind Mischlinge von den in den diesbezuglichen Landern erbgesessenen Visayer- oder (auf Mindanao zum Theile) Manobos-, Mandayas-, Subanos-Stammen und von den von Borneo und den Molukken her einfallenden mohammedanischen Stammen. Balabac ist von Borneo her mit dieser neuen Bevolkerung versehen worden. Gerade als die Spanier unter Legazpi, 1565-1572, sich des Archipels bemachtigten, machten sie einer grossartigen, continuirlichen, wenn auch gerauschlosen und friedlichen Invasion von Borneo-Malaien ein Ende, damals waren, wie Morga, Fr. Gaspar de S. Augustin, Fray Juan de la Concepcion uns melden, in allen Theilen der Philippinen, mit Ausnahme der nordlichen Landschaften Luzons, Borneaner nicht nur als Kauffahrer, sondern auch als mohammedanische Proselytenmacher und Stifter neuer Dynastien und Reiche thatig. Die Vasallenfursten der Sultane von Manila und Tondo waren alle Borneaner, sowie vielleicht ihre Herren selbst. Noch 1585 (Brief des Bischofs Salazar in den Cartas de Indias, Fol. 651) zahlten die Bewohner der Calamianen den Spaniern und dem Sultan von Borneo zugleich Tribut. Nach Argensola, Combes, Fr. Juan &c. hat Mindanao seine mohammedanische Bevolkerung durch Einwanderung von Ternate erhalten, wie denn auch im XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts die Sultane von Mindanao und Buhayen in einem gewissen Abhangigkeitsverhaltnisse zu den Sultanen von Ternate standen, welches sich erst loste, als letztere sich den Hollandern unterwarfen und in den Kampfen zwischen letzteren und den Spaniern eine bedeutende Einbusse an Macht und Gebietsumfang erlitten. Am gemengtesten erscheint die Bevolkerung von Sulu. Die Nachrichten von Dalrymple [37], Crawfurd1, Hunt1 und Forrest widersprechen zum Theil sehr jenen Nachrichten, welche uns die spanischen Historiker des XVI. und XVII. Jahrhunderts bringen. Es ist zu bedauern, dass W. Koner in seiner Monographie des Sulu-Archipels (Erdk. 1867, II, 105 f.) nur englischen und hollandischen Quellen gefolgt ist, denn jene spanischen monchischen Geschichtsschreiber bringen sehr zuverlassige Nachrichten, die meist von Missionaren ihrer Orden stammten, welche lange Jahre in jenen Landern zugebracht hatten, ja Combes war selbst geraume Zeit in Mindanao thatig. Auch die franzosischen, englischen und hollandischen Quellen weichen sehr voneinander ab. Das eine aber scheint sicherzustellen, dass die heutigen Dattos oder Feudalfursten Sulu's von Mindanao, indirect also von Ternate herstammen, einige Dattos stammen auch von Butuan ab, letzteres aber war auch von Ternate her colonisirt und dann die maurische oder Moslimbevolkerung von den Spaniern verjagt worden [38]. Doch schon vor dieser Invasion hatten auf jener Hauptinsel Sulu sich auch Javanen (Bastian V, 275; man vgl. auch Koner 123) gezeigt, auch kamen einmal Einwanderer aus Johore (Bastian, l. c.). Vermischungen mit Dayaks sollen auch Statt gefunden haben (Novara-Reise, Ethnogr. Theil 32), was vielleicht auf eine Vermengung mit Dayaksclavinnen zu deuten ist. Eine Zeit hindurch (vor Magallanes) gehorte die Insel auch zum Reiche Bandjermassing von Borneo und erhielt von dort auch Zuzug (Koner 122). Ubrigens durften die heutigen Sulus und Mindanaos physisch sich gar nicht von den Visayern unterscheiden, denn seit Jahrhunderten haben sie Tausende von Visayern von ihren Raubzugen aus den Philippinen heimgebracht, welche bei ihnen, man kann es ruhig sagen, zu 95% blieben und mit ihnen zu einem Volke verschmolzen. In Sulu selbst durfte auch eine verhaltnissmassig nicht unbetrachtliche und historisch nachweisbare Vermischung mit Chinesen Statt gefunden haben, indem diese seit dem XVII. Jahrhundert sich in der Hauptstadt zu einer fluctuirenden, nur aus Mannern bestehenden Handelscolonie niederliessen, deren Mitglieder gewiss ebensogut mit eingeborenen Weibern Kinder zeugten, wie in den spanischen Philippinen. Die anderen fremdartigen Beimengungen sind gar nicht der Rede werth, die Zahl der arabischen Prediger und der spanischen, mejicanischen und peruanischen Renegaten des XVI., XVII. und XVIII. Jahrhunderts war eine zu geringe, als dass sie einen Einfluss auf die Rassenbildung hatte aussern konnen.
Was ihr Ausseres anbelangt, so sind sie von mittlerer Korpergrosse mit normalem Brustkorbe und schlanker Taille; der Kopf ist rund und klein, die Augen sind von dunkler Farbe und horizontal und weit gespalten, die Lippen sind schmal, die Nase ist stumpf geformt, die Hautfarbe ist gelblichfahl; die Kopfhaare--welche von den Mannern meist rasirt werden--weisen eine tiefschwarze Farbe auf und sind rauh anzufuhlen, die Augenbrauen sind sparlich, dasselbe gilt vom Barte, der oft ganzlich fehlt; bemerkenswerth ist noch die Sitte, die Zahne schwarz zu farben, auch fallt auf, dass die Beine meist sabelformig auswarts gebogen sind (Garin 126).
Alle diese mohammedanischen Piratenstamme, diese "Moros" der Spanier, haben ausser der Religion ein gemeinsames charakteristisches Merkmal, das sie scharf von den ubrigen Malaienstammen der Philippinen scheidet, und das ist die Feudalverfassung. Nur an der Bai von Manila fanden die Spanier Legazpi's ahnliche Verhaltnisse, doch hier war eben bereits fremder, speciell borneanischer Einfluss im Spiele.
Was zunachst die Feudalverfassung anbelangt, so zerfallen alle die ehemaligen und zum Theile noch existirenden Sultanate von Sulu, Mindanao, Buhayen, Butig, Sibugney &c. in eine grosse Anzahl von kleinen Lehensfurstenthumern, deren Chefs den uns schon bekannten Namen Datto fuhren. Selten herrscht ein Datto uber mehr als ein Dorf, und bestandig fanden neue Grundungen von solchen Datto-Herrschaften Statt und zwar in der Weise, dass ein Datto- oder Sultans-Sohn mit einigen Sclaven auf einen Piratenzug auslief und mit den geraubten Sclaven eine neue Niederlassung in einer noch unbewohnten Gegend oder Insel grundete, welche durch neue Sclavenjagden immer neuen Zuwachs erhielt. Die Dattos sind die eigentlichen Herren gewesen, neben denen der Sultan nur die Rolle des primus inter pares spielte, ohne deren Einwilligung er auch nicht den geringsten politischen Act vornehmen durfte. Combes, Dampier, Forrest, Sprengel, Deguignes, Renouard de St.-Croix, Koner, Barrantes und Pazos haben daruber manches interessante Detail veroffentlicht, von welchem ich hier das Interessanteste und Wichtigste hervorheben will, wobei ich mich nur auf die Verhaltnisse im Sultanate Sulu und dem von Mindanao (jetzt der spanische District Cotta-bato) beschranke.
In beiden Landern war das Sultanat erblich, doch gab es keine geregelte Thronfolge, sondern der Sultan besass das Recht, sich seinen Nachfolger aus seinen nachsten Nachkommen und Verwandten zu erwahlen, doch ubten die Dattos dabei ein Anerkennungsrecht aus. In Mindanao giebt es folgende Adelsstufen: Tuam, so viel wie Herr, Junker; Orancaya so viel wie Magnat und Cachil gleich Prinz von koniglichem Geblute. Auf Sulu ist diese Hierarchie eine viel verwickeltere, der Sultan geniesst mehrere Titulaturen und zwar immer Maulana, so viel als Majestat; ist er der Enkel eines Sultans, so fuhrt er noch den Titel Paduca, ist er der Sohn eines solchen, so fugt er noch den Titel Majarasin, d. h. der Reine und Erhabene, hinzu. Der Thronfolger in Sulu heisst Raja-Muda. Einzelne Dattos bilden eine Art Ministercollegium: der Grossvezier (Datto Interino der Spanier), der Generalissimus der Landtruppen und Kriegsminister (Datto Realao), der Oberstlandrichter (Datto Mitsainguir). Wird ein grosser Kriegszug unternommen, so tritt an die Spitze der Streitkrafte der Pauliman, Orancaya oder Salicaya, je nachdem zu Lande oder zu Wasser, oder zu Wasser und zu Lande der Krieg gefuhrt werden soll. Jeder Datto hat einen Grossvezier,der Monabe genannt wird. |
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