2014년 12월 21일 일요일

Michelangelo Gedichte und Briefe2

Michelangelo Gedichte und Briefe2

So kehren wirklich die befreiten Seelen,
  Auf kurz bemess'ne Zeit,
  Zuruck in anderm Kleid,
  Dass Leben sie und Tod von neuem wahlen?
  Wird strenge im Befehlen,
  Wie einst, die Liebste nah'n,
  Noch ganz von ihrem alten Reiz umflossen?
  Fast mocht' ich darauf zahlen,
  Sie zeigte sich alsdann
  Ganz ohne Groll, von Milde ubergossen.
  Und, war ihr Aug' geschlossen,
  Hat, neubelebt, sie Mitleid wohl erworben
  Mit meinem Tod, -- die selber schon gestorben!

19.                              Bettina Jacobson.




AN VITTORIA COLONNA.


  Des besten Kunstlers herrlichsten Gedanken,
  Ein einz'ger Marmor kann ihn ganz enthalten,
  Doch muss, will ihn der Meister uns entfalten,
  Die Hand dem Geist gehorchen ohne Wanken.

  In dir auch birgt sich Gluck und Pein; verdanken
  Konnt' ich dir hochstes Heil, doch zu gestalten
  Dies Gluck, es zu gewinnen, zu erhalten,
  Fehlt mir die Kunst; so muss an Gram ich kranken.

  Nicht tragt denn Liebe Schuld an meinen Leiden,
  Nicht darf das Schicksal ich zu schmahen wagen;
  Kann Heil ich oder Tod von dir erwerben,

  Tragst du im Busen sie und ward von beiden
  Mir Tod zuteil, muss ich mich selbst verklagen;
  Mein schwacher Geist verschuldet mein Verderben.

20.                            Sophie Hasenclever.




AN VITTORIA COLONNA.


  Dein leuchtend helles Diadem erringen,
  Auf steilem Pfade rauh und lang,
  O das vermag im Liebesdrang
  Ein Herz voll Demut nur und edler Sitte.
  Dir wachst die Kraft, mir werden lahm die Schwingen,
  Versagt der Odem auf des Weges Mitte.
  O hore meine Bitte:
  Obgleich mein Herz sich freut an deiner Ehre,
  Und jauchzt, dass deine Tugend so erhaben,
  So fleht es dennoch: lenke deine Schritte
  Ein wenig nur herab zu mir und wehre
  Mir Schwachem nicht, den Geist an dir zu laben;
  Wenn minder gross, du Hehre,
  Mein Herz dich wunscht, nicht hoh'ren Flug will dulden,
  O so vergib dir selber mein Verschulden.

21.                            Sophie Hasenclever.




AN VITTORIA COLONNA.


  Der Freundlichkeit, mit der Ihr mich bedenkt,
  Nicht allzu unwert, Herrin, mich zu zeigen,
  Wollt ich mit dem, was meinem Geiste eigen,
  Erst das erwidern, was Ihr mir geschenkt.

  Bald aber fuhlt' ich: da Euch nachzusteigen,
  Wohin der Genius Euch empor gelenkt,
  Gibt's keinen Weg fur mich: verzeiht und denkt,
  Wie sehr ich weiss, warum mir ziemt zu schweigen.

  Denn Irrtum war' mein Glaube, wenn ich dachte,
  Dem gleichzutun mit meinem schwachen Werke,
  Was von Euch wie des Himmels Gnade regnet.

  Das Feuer fehlt, die Kunst, die es vollbrachte,
  Mir Sterblichem, dem kein Versuch die Starke
  Verleiht, mit der der Himmel Euch gesegnet.

22.                                 Hermann Grimm.




AN VITTORIA COLONNA.


  Ach neben dir, die durch zu grosse Wonne
  Das Leben mir entreisst,
  Wie arm bin ich an Geist,
  An Kraft und Kunst! Ja deinen Strahlensegen
  Flieht, wie der Blick die Sonne,
  Mein bloder Geist; die Flugel mocht' er regen
  Weit uber sein Vermogen;
  Er ubertrifft sich selbst, nur deiner kleinsten Spende
  Auch wert zu sein; bald aber, ach zum Schaden,
  Erlahmt sein Flug, und klar sieht er am Ende,
  Nie kann der Dankesschuld er sich entladen,
  Fur so viel Gnaden!
  Je macht'ger lodern deiner Seele Flammen,
  Je mehr sink' ich in toten Staub zusammen.

23.                            Sophie Hasenclever.





  Was ist es, das die Seele mir entzundet?
  Ahn' ich der Gottheit Glanz, die Strahlen kronen?
  Sah ich auf Erden je ein Bild des Schonen,
  Das meine Seele zitternd nachempfindet?

  Blieb mir ein Himmelsstrahl, der nie erblindet,
  Von jener Seligkeit, nach der mit Tranen
  Sich die verbannten Menschenherzen sehnen,
  Die niemals ganz aus dem Gedachtnis schwindet?

  Das, was ich fuhl' und schau', das, was mich leitet,
  Ist nicht in mir, noch weiss ich, wo es finden!
  Zeig' du es mir, denn seit ich dich erschaue,

  Fuhl' ich, wie sich in meinem Busen streitet
  Ein Ja und Nein, ein bittersuss Empfinden;
  Gewiss dein Auge ist es, holde Fraue!

24.                            Sophie Hasenclever.





  "Sprich Amor, ist es Wahrheit, ist's ein Wahnen,
  Dass Gotterpracht der Herrin Antlitz schmuckt,
  Oder hat mich ein inn'res Bild entzuckt,
  Und seh' ich hier den Abglanz jenes Schonen?

  Du weisst es, denn du kamst mit ihr; mein Sehnen
  Entfachst nur du, nur du hast mich beruckt;
  Doch fleh' ich, trotz der Qual, die mich bedruckt,
  Nicht mindre diese Flammen, diese Tranen!"

  "Die Schonheit, die du siehst, entstammt der Erde,
  Doch wachst ihr Glanz, steigt sie zu hohern Spharen;
  Durch deine Augen tritt sie in die Seele,

  Und diese, dass gleich ihr unsterblich werde
  Die Schonheit, nimmt sie auf, sie zu verklaren;
  So laut're Schonheit siehst du, ohne Fehle."

25.                            Sophie Hasenclever.





  O meine Augen, wisst:
  Die Zeit vergeht, die Stunde kommt heran,
  Wo truber Tranen Born sich schliesst!

  Gott halt' euch aufgetan,
  So lange meiner Herrin Huldgestalt
  Auf Erden wallt.

  Schliesst sich der Himmel auf,
  Und meine Erdensonne
  Lenkt, euch entruckt, den Lauf
  Hinan zu aller Sel'gen Wonne,
  Was bleibt euch furder noch zu schauen dann?

26.                               Hans Grasberger.




AN VITTORIA COLONNA.


  Wenn Kunst, im Stein gestaltend,
  Erschaffend und erhaltend,
  Dir dauernd Leben gibt durch Menschenhande
  Bis an der Zeiten Ende,
  Wie konnte erst der Himmel dich verklaren,
  Der Himmel, gottlich waltend,
  Der hoh'rer Schonheit Spende
  Als Menschenkunst verleiht, wollt' er dir Hehren
  Auf Erden schon Unsterblichkeit gewahren!
  Doch ach, dein Bild besteht, und du musst sterben?
  Wer racht hier dein Verderben?
  Dich rache die Natur, denn sieh, es bleibet
  Der Menschen Werk, indes ihr Werk zerstaubet.

27.                            Sophie Hasenclever.




AUF VITTORIA COLONNAS TOD.


  Als sie, um die viel Seufzer mich verzehren,
  Der Erde, meinem Blick und sich entschwand,
  Da blieb Natur, die ihrer wert uns fand,
  Beschamt zuruck, und, der sie sah, voll Zahren.

  Heut wird man nicht den Tod sich ruhmen horen,
  Ob dieser Sonnen Sonne: ihm entwand
  Die Liebe sie: hier lebend festgebannt,
  Weilt sie dort oben unter Engelchoren.

  Wohl meinte dieser arge, bose Tod:
  Verstummen mussten hier die Ruhmesklange,
  Darin man Tugend, Seelenschonheit ehrte.

  Und dennoch spenden jetzt uns die Gesange
  Mehr Lebensglanz, als einst ihr Leben bot:
  Der Himmel liess uns, was ihm nicht gehorte.

28.                              Bettina Jacobson.




AUF VITTORIA COLONNAS TOD.


  Dass nah dem Feuer mich die Glut verzehrte,
  Was Wunder? Und, dass jetzt, wo es verglommen,
  Ich mich bekummert fuhle und beklommen,
  So dass ich nach und nach zu Asche werde?

  Ich sah, wie Flammenschein den Ort verklarte,
  Von dem mir all die schwere Pein gekommen,
  Doch gab der Anblick schon mir Heil und Frommen,
  Der Qual und Tod in Wonne mir verkehrte.

  Jetzt, da der Himmel mir des Feuers Helle, --
  Die mich entzundet, mich ernahrte, -- nimmt,
  Gluh' ich als Kohle noch im Aschengrabe.

  Schafft mir nicht Amor Feuerstoff zur Stelle,
  Bleibt auch kein Funklein mehr, das weiterglimmt,
  Wenn ich zu Asche mich verwandelt habe.

29.                              Bettina Jacobson.




AUF VITTORIA COLONNAS TOD.


  Um so vollkommne Schonheit nicht von allen
  Zuruckzufordern, wenn der Tod erschien,
  Ward einer sie verliehn:
  Der Hohen, Reinen, unter zartem Schleier.
  Hatt' allen Sterblichen es Gott gefallen,
  Sie zu gewahren, war der Ruckkauf teuer.
  Ein Hauch ward zum Befreier,
  Ein Augenblick, an Dauer kaum gemessen,
  Genugte, dass sie Gott
  Zuruckgeholt: Kein Auge schaut sie wieder! --
  Doch bleiben unvergessen,
  Ob auch die Hulle tot,
  Uns ihre schonen, heilgen, sussen Lieder.
  Lieh Gott an schlimme Bruder
  So viel wie ihr, wollt' es zuruckerwerben,
  Mitleid, gesteh's: Wir alle mussten sterben! --

30.                              Bettina Jacobson.




AUF VITTORIA COLONNAS TOD.


  Ward auch schon manches Menschenbild gesehn,
  Das aus dem harten Stein mein Hammer bricht,
  So steht er doch in Meisters Bann und Pflicht,
  Durch den allein kann Schlag und Fuhrung gehn.

  Nur was da gottlich wohnt in Himmelshohn,
  Ist schon durch sich, versendet eignes Licht;
  Doch wird ein Hammer ohne Hammer nicht,
  Kann Leben auch aus Leben nur erstehn.

  Weil nun der Schlag nur starker niederfahrt,
  Je hoher wir hinauf den Hammer schwingen,
  Flog uber mich der deine himmelan.

  So, wenn Gott gnadig Hilfe nicht gewahrt,
  Kann des Unfert'gen Bildung nur misslingen,
  Weil sie kein andrer hier vollbringen kann.

31.                              Bettina Jacobson.




NACH VITTORIA COLONNAS TOD.


  Versetz' in jene Zeit zuruck mich heute,
  Wo zaumlos toben mochte blinde Glut!
  Gib mir das Antlitz wieder engelgut,
  Dem alle Jugendkraft gewelkt zur Seite;

  Die Schritte ohne Zahl in alle Weite,
  Die schwer und muh'voll nur das Alter tut,
  Dem Busen Feuer gib und Tranenflut,
  Willst du noch einmal, Amor, mich zur Beute.

  Denn lebst von Zahren wirklich du, vergossen
  In Leid und Lust, was macht den Greis dir teuer,
  Der fast am andern Ufer angekommen?

  Schon wehrt der Geist mit himmlischen Geschossen
  Sich gegen deinen Pfeil. Das starkste Feuer,
  Es zundet nicht im Holz, das schon verglommen.

32.                            Sophie Hasenclever.





  Ein frohes Herz verschont, und hasslich macht
  Ein traurig Herz; so werd' ich umgestaltet
  Durch dich, die meins verwaltet.
  -- Nur eins begreif' ich nicht: du musstest gluhen,
  Da du die Glut entfacht! --
  Ein Auge klar und helle
  Hat fur das Schone mir mein Stern verliehen,
  Und willst du mir entziehen
  Des Trostes letzte Strahlen,
  Wirst du, seh' ich, dir schaden, denn ich meine,
  In jedes Bildnis malen
  Zugleich mit dem Modelle
  Wir Kunstler uns hinein; wie wird das deine,
  Wenn ich so trostlos weine?
  Beglucke mich, dann mal' ich ohne Tranen,
  Und du wirst schon und wirst auch mich verschonen.

33.                            Sophie Hasenclever.





  Oft gleicht ein Bild dem Bildner mehr, o Jammer!
  Als dem Modell; so bilde
  Ich jetzt nur schmerzlich wilde
  Entstellte Zuge, klagliche Gestalten!
  Dich formen will mein Hammer,
  Und formt mich selbst, die Stirn voll Schmerzensfalten.
  Was konnt' ich auch gestalten,
  Da Liebe mich vernichtet,
  Als diesen muden Leib voll Angst und Trauer?
  Gleicht nicht dem Stein, dem kalten,
  Aus dem ihr Bild errichtet,
  Die strenge Herrin? Felsen sind nicht rauher.
  Die Kunst allein gibt Dauer;
  Drum, willst du, dass dein Reiz dich uberlebe,
  Beglucke mich, dass ich dir Schonheit gebe!

34.                            Sophie Hasenclever.





  Wohl muss ein reiner tucht'ger Sinn sich freuen
  An von der Kunst geschaffenen Gestalten,
  Die liebe Zug' und Formen aufbehalten
  Und Menschen bilden in Wachs, Ton und Stein.

  Wenn dann fuhllose Zeiten sie entweihen,
  Solch edles Werk zertrummern und zerspalten,
  So wird das Bild sich dennoch in der alten
  Schonheit im Geist, der es erfasst, erneuen.

  So ist es deiner Schonheit widerfahren:
  Als Bild des Heiles, das den Himmel schmuckt,
  Hat sie der ew'ge Kunstler ausgesendet.

  Verringert sie nun gleich sich mit den Jahren,
  Sieht meine Sehnsucht sie nur mehr vollendet,
  Der Schonheit denkend, die kein Alter knickt.

35.                                    Carl Witte.





  Herrin, wie mag's nur sein -- und doch bewahrt
  Es die Erfahrung -- dass weit langeres Leben
  Dem Bildwerk als dem Bildner wird gegeben,
  Des Meisterhand den rohen Stein verklart?

  Der Schopfer schwindet das Geschaffne wahrt,
  Kurzlebig muss Natur vor Kunst erbeben,
  Ich weiss es, der ich ganz der Kunst ergeben,
  Klar sehe, wie die Zeit mit mir verfahrt.

  So konnt' ich langes Leben wohl uns beiden
  Verleih'n, ob Stein, ob Farbe dir beliebt,
  Liess ich ein Bild von uns ganz treu und wahr:

  Dass man noch tausend Jahr nach unserm Scheiden
  Sah', wie du schon warst, wie ich dich geliebt,
  Und dass mein Lieben keine Torheit war.

36.                          Friedrich Bodenstedt.




AN VITTORIA COLONNA.


  Nach vielen Jahren, vielem Suchen, Ringen,
  Erreicht der Weise erst, nah seinem Ende,
  Wie er durch Geist und Hande
  Lebendig aus dem Stein ein Bildnis schafft.
  Denn zu so hohen Dingen
  Gelangt man spat, und bald erlischt die Kraft.
  Dein Antlitz, gotterhaft,
  Hat, lange suchend und nach vielem Irren,
  Natur, am Gipfel angelangt, gefunden;
  Nun ist sie alt, und ihre Kraft verzehrt.
  Darum ist Furchtverwirren
  Mit Schonheit oft verbunden,
  Das wundersam ein stark Verlangen nahrt.
  Wer ist's nun, der mich lehrt,
  Was besser sei, nachdem ich dich gesehn:
  Die hochste Lust? Der Erde Untergehn? --

37.                              Bettina Jacobson.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Was ich in deinem Antlitz sah, beschreibe
  Mit Worten nimmer ich; doch was es kundet
  Hob oft den Geist, den noch der Korper bindet,
  Zu Gott empor aus diesem Erdenleibe.

  Dien' ich dem Spott des Pobels auch zur Scheibe,
  Zeiht er der Regung mich, die er empfindet,
  So hoff' ich doch, dass Treue fest gegrundet,
  Dass keusche Glut so wert wie einst dir bleibe!

  Die ird'sche Schonheit, fur den Blick des Weisen
  Gleicht sie dem Liebesquell, dem wir entstammen;
  Vom Himmel hat die Welt nicht andre Proben,

  Nicht andre Fruchte kann die Erde weisen;
  Sind treu und keusch nur meiner Liebe Flammen,
  Ist suss der Tod und frei mein Flug nach oben.

38.                            Sophie Hasenclever.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Ich sehe sanftes Licht mit deinen Blicken,
  Mit meinen eignen Augen bin ich blind,
  Mit dir im gleichen Schritte wandelnd, sind
  Leicht mir die Lasten, die mich sonst erdrucken.

  Von deinen Schwingen mit emporgetragen
  Flieg' ich mit dir hinauf zum Himmel ewig;
  Wie du es willst: kuhn oder zitternd leb' ich,
  Kalt in der Sonne, warm in Wintertagen.

  In deinem Willen ruht allein der meine,
  Dein Herz, wo die Gedanken mir entstehn,
  Dem Geist, in dem der Worte Quell sich findet:

  So kommt's, dass ich dem Monde gleich erscheine,
  Den wir soweit am Himmel nur ersehn
  Als ihn der Sonne Feuerstrahl entzundet.

39.                                 Hermann Grimm.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Wenn in zwei Liebenden des Schicksals Walten,
  Wenn keusche Lieb' sich gleich und Frommigkeit,
  Wenn einer weinet bei des andern Leid,
  Ein Will' und Geist in beiden Herzen schalten;

  Wenn eine Seele lebt in zwei Gestalten,
  Verklart in beiden, sie zu gleicher Zeit
  Mit einem Flugel tragt zur Seligkeit,
  Ein goldner Pfeil zwei Busen hat gespalten;

  Wenn beide fureinander liebend brennen,
  Doch keiner selbst sich liebt, wenn jeder taglich
  Zum hochsten Ziel den andern will begeistern,

  Und wenn dies schwacher Abglanz nur zu nennen
  Von uns'rer Liebe, sag mir, ist's dann moglich,
  Dass Groll das Band lost zwischen solchen Geistern?

40.                            Sophie Hasenclever.





  Durch dich erst kenn' ich mich und aus der Ferne
  Streb' ich dem Himmel zu, von dem wir kamen,
  Und wie der Fisch gekodert wird vom Hamen,
  Reichst du mir Speise, und ich komme gerne.
  Nur schwach kann ein geteiltes Herze schlagen,
  Drum gab ich dir das meine ganz und gar:
  Was von mir bleibt, du weisst es, der mich kennt!
  Ans Beste nur soll sich die Seele wagen,
  Drum muss ich heiss dich lieben, will ich leben!
  Denn ich bin Holz nur, du bist Holz, das brennt.

41.                              Bettina Jacobson.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Wohl darf mit meiner Liebe heissen Flammen
  Gerechte Hoffnung sich zum Himmel schwingen,
  Denn wollte unsre Wunsche Gott verdammen,
  Warum hiess er die Welt aus Nichts entspringen?

  Wie sollt' ich auch fur Hoh'res mich entflammen,
  Als um der ew'gen Schonheit Ruhm zu bringen,
  Von der die Reize, die dich zieren, stammen,
  Die keusch und rein'gend jedes Herz durchdringen?

  Trug'risch ist nur die Hoffnung jener Lust,
  Die mit der Schonheit stirbt und stets entflieht,
  Weil sie der Zuge Wechsel untertan.

  Doch die ist unfehlbar in treuer Brust,
  Die um der Hulle Wandlung nicht vergluht;
  Durch sie wird uns der Himmel aufgetan.

42.                                    Carl Witte.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Ware der Schonheit deiner Augensterne
  Das Feuer gleich, das sie ringsum entzunden,
  Dann flammte wohl die Welt aus Feuerschlunden,
  Es schmolzen selbst des Poles eis'ge Kerne.

  Doch hat der gut'ge Himmel, der sich gerne
  Erbarmt des Schwachen, dass wir nicht erblinden,
  Die Augen uns umflort, und wir empfinden
  Den Glanz nur wie ein Licht in weiter Ferne.

  Nie wird, wie's deinem Reiz gebuhrt, entbrennen
  Der Liebe Glut; nur Stuckwerk schau'n wir Toren
  Des Ew'gen, lieben das nur, was wir sehen.

  Mich auch bewahrt mein mangelhaft Erkennen,
  Die Schwache nur, dem Menschen angeboren,
  Fur dich im Flammentode zu vergehen.

43.                            Sophie Hasenclever.





  Ein schones Antlitz spornt mich himmelan,
  Nichts andres freut mich mehr, da schon im Leben
  Ich darf empor zu sel'gen Geistern schweben --
  Ein Gluck, wie selten es ein Mensch gewann.

  So sehr zum Schopfer stimmt sein Werk: ich kann
  durch Gottgedanken mich zu Gott erheben,
  Vom Himmel wird mir Geist und Wort gegeben,
  Seit ich ergluht in holdem Liebesbann.

  Drum kann ich von zwei schonen Augen nimmer
  Den Blick abzieh'n, als ob zum hochsten Gluck,
  Empor zu Gott ihr Licht den Weg mir wiese.

  Und fuhl' ich mich durchgluht von ihrem Schimmer,
  Strahlt mir aus ihrer edlen Glut zuruck
  Das ew'ge Lacheln sel'ger Paradiese.

44.                          Friedrich Bodenstedt.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Ein Schwefelherz in einem strohernen Leibe,
  Mit Knochen wie geschnitzt aus durren Asten,
  Ein Flackergeist, der sich der ersten, besten
  Hingibt, betort von jedem upp'gen Weibe;

  Ein Scheinmensch, blind fur Hoh'res, murb wie Zunder,
  Dergleichen viele auf der Glucksjagd rennen,
  Mag lichterloh im Augenblick entbrennen
  Gleich wie vom Blitz geruhrt; es ist kein Wunder!

  Mir konnte nur die hochste Schonheit taugen,
  Zu ew'gen Werken heil'ge Glut zu schuren:
  Ihr Glanz allein konnt' mich so hoch erheben.

  Klein schien mein Grosstes mir in deinen Augen;
  Ich floh das Volk, dich Einz'gen zu erkuren;
  Mein Werk gab meiner Liebe ew'ges Leben.

45.                          Friedrich Bodenstedt.





  Das Feuer darf der ems'ge Schmied nicht scheuen,
  Sein Eisen neu und kunstvoll zu gestalten;
  Mit Kraft des Feuers muss der Meister schalten,
  Will er des lautern Goldes sich erfreuen.

  Der einz'ge Phonix kann sich nicht erneuen,
  Eh' er verbrennt. So auch in Glutgewalten
  Hoff' ich zu sterben, mit den Lichtgestalten
  Vereint, die Tod und Zeit nicht mehr bedrauen.

  O susses Sterben! Selig, wer so brennt!
  Wenn ich zu Asche nach und nach verstoben,
  Nicht unter Toten leben muss fortan.

  Ja wenn sich von Natur dies Element
  Zum Himmel hebt, steig' ich, mit ihm erhoben,
  Grad' auf, feurig verwandelt, himmelan.

46.                          Friedrich Bodenstedt.




AN TOMMASO CAVALIERI.


  Dein Geist stieg in des Leibes Kerkerzelle
  Von dort herab, wohin er einst enteilt,
  Dass sich ein Engel, der die Seelen heilt
  Und Ruhm der Welt verleiht, uns zugeselle.

  Dein Wesen, nicht die Schonheit sonnenhelle,
  Entflammt mich, denn ein Herz, wo Tugend weilt,
  Baut niemals seine Hoffnung ubereilt
  Auf das, was rasch entfuhrt der Zeiten Welle.

  Doch lebt solch' edler Geist in schoner Hulle,
  Dann fasst ihn jeder, wie man an der Scheide
  Die Klinge kennt, eh' eine Hand sie zuckte.

  Nichts in der Welt lehrt so wie Schonheitsfulle
  Den Schopfer lieben! Sieh, es streiten beide,
  Natur und Himmel, wer zumeist dich schmuckte.

47.                            Sophie Hasenclever.





  Nicht Gluck, nicht Gnade wird dem Ubeltater,
  So sagt das Volk, das auch fur mich es sprach,
  Denn seit am eig'nen Selbst ich war Verrater
  Um dein zu sein, floh mich das Gluck, und ach,
  Die Zeit verbeut's, dass gleich dem Phonix spater
  Zu neuen Sonnen ich mich schwingen mag.
  Eins ist mein Trost, dass mehr ich mir gehore,
  Wenn dein ich bin, als wenn nur mein ich ware.

48.                            Sophie Hasenclever.




DIE NACHT.


  Der aus dem Nichts, eh' noch die Welt bewohnt,
  Die Zeit in Zwiegestalt hervorgebracht,
  Er gab der _einen_ hoher Sonne Pracht,
  Der _andern_ gab er dann den nahen Mond.

  So wird im voraus jedermann gelohnt,
  Gluck, Zufall und Geschick ihm zugedacht.
  _Mir_ fiel die dunkle Seite zu, die Nacht;
  Schon in der Wiege blieb ich nicht verschont.

  Und wie bei dem, der eignem Glucke wehrt,
  In tiefrer Nacht mehr Schatten sich verbreiten,
  So sorg' und klag' ich, dass ich schlecht gehandelt.

  Doch Trost gibt, dass es meiner Nacht beschert,
  Der Sonne deines Tages vorzuschreiten,
  Die von Geburt an uber dir gewandelt.

49.                              Bettina Jacobson.




DIE NACHT.


  Jedweder Raum, bedeckt und eingefugt, --
  Was er im Innern auch umschliessen mag, --
  Bewahrt die dunkle Nacht am hellen Tag,
  Wo alles sich im Strahlenschimmer wiegt.

  Doch wird sie von der Flamme Glut besiegt,
  Verjagt die Sonne, was im Finstern lag,
  So bleibt nichts Arges mehr im dunkeln Hag,
  Ja, auch ein Gluhwurm hatte schon genugt.

  Was in der Sonne treibt an Lebenskraft,
  An tausend Keimen, Pflanzen zu erkennen,
  Wird durchgepflugt vom starken Ackerknechte.

  Die Nacht hingegen ist's, die Menschen schafft,
  Und weil wir ihn der Wesen bestes nennen,
  Sind heil'ger als die Tage uns die Nachte.

50.                              Bettina Jacobson.




AN DIE NACHT.


  O Nacht, du liebe, wenn auch dunkle Zeit,
  Die jeder Arbeit stilles Ende bringt,
  Wohl sieht und kennt dich, wer dein Loblied singt,
  Und wer dich wurd'gen kann, der weiss Bescheid.

  Du schlaferst ein des Hirnes Mudigkeit,
  Wie feuchter Nebel ruhvoll niedersinkt;
  Aus Tiefen zu ersehnten Hohen schwingt
  Mich oft ein Traum empor, durch dein Geleit.

  Du hemmst und scheuchst zuruck, o Todesschatten,
  Des Herzens schlimmste Feindin, jede Pein,
  Tust, letztes Mittel, tief Betrubten gut.

  Du kraftigst unsre Glieder, unsre matten,
  Du trocknest Tranen, wiegst die Sorgen ein,
  Und rettest Edle vor Verdruss und Wut.

51.                              Bettina Jacobson.




DIE NACHT.


  Wenn Phobus Arme sich nicht strahlend winden
  Um dieses kalte, feuchte Erdenrund,
  Heisst solche Stunden "Nacht" der Leute Mund,
  Weil sie die Sonne dann nicht mehr empfinden.

  Doch ist sie arm und schwach: Schon das Entzunden
  Der kleinsten Kerze raubt ihr Leben, und
  Ein Zunder an der Flinte macht sie wund,
  So dass wir sie gar schnell zerrissen finden.

  Will man noch wirklich Wesenskraft ihr geben,
  Muss Phobus' Kind sie und der Erde sein:
  _Sie_ tragt den Schatten, _jener_ gibt ihm Leben.

  Doch, wie's auch sei: Wer lobt, der irrt. Voll Pein,
  Verdustert, muss die Witwe schon erbeben
  Vor Eifersucht bei eines Gluhwurms Schein.

52.                              Bettina Jacobson.




GESANG DER TOTEN.


  Wer geboren wird, muss sterben
  In der Zeiten Flucht; die Sonne
  Duldet jegliches Verderben.
  Schnell vergehen Leid und Wonne,
  Geist und Wort sind bald verloren;
  Alle, die nach uns geboren,
  Schatten sind sie, leichter Rauch.
  Menschen waren wir ja auch,
  Froh und traurig so wie ihr,
  Und ihr seht, nun sind wir hier,
  Mussten schon zu Staub verderben;
  Alle Wesen mussen sterben.

  Unsre Augen konnten schauen,
  Aus den Hohlen voll und hell;
  Heute sind sie leer, voll Grauen,
  Denn die Zeit entfuhrte schnell.
  ----

53.                              Bettina Jacobson.

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