2015년 11월 30일 월요일

Die Herrin und ihr Knecht 34

Die Herrin und ihr Knecht 34


Guten Morgen,« rief die wohlklingende Stimme, indem sich der elegante
Reiter über die glatte Mädchenhand neigte, die ihm ohne Zögern
überlassen wurde; in demselben Augenblick jedoch erfaßten seine scharfen
Augen auch schon die hohe Gestalt in dem Dunkel des Zimmers. »Ah, ich
sehe, die Damen betätigen sich bereits in ihrem schönsten Metier,
Sie bringen Trost und Hilfe ohne Ansehung der Person. Ich bin Ihnen zu
größtem Danke verpflichtet, weil Sie sich um den armen Kameraden so
sorgsam bemühen.«
 
»Ja, ausgezeichnet, fabelhaft,« rief der Verwundete vom Sofa
aus dazwischen, und man wußte nicht, ob seine Wut oder sein
Dankbarkeitsgefühl überwog, »fühle mich wie im Himmel.«
 
»Das ist gut, Leo Konstantinowitsch, das ist gut,« begrüßte ihn der
schlanke Oberst nun mit einem lebhaften Winken der Hand, »Sie sehen schon
viel besser aus, lieber Kamerad.«
 
»Ganz sicherlich,« schrie der andere, »Wohlbefinden steigert sich mit
jeder Minute.«
 
»Das freut mich, Leo Konstantinowitsch, das freut mich wirklich
ungemein.« Auf seinem schönen Gesicht strahlte es auf, die Besserung in
dem Ergehen des Kameraden bedeutete offenbar für ihn eine Erleichterung.
»Denken Sie, lieber Freund,« fuhr er eifrig fort, indem er sich mit der
Hand auf das Fensterbrett stützte, »ich habe auch endlich einen Stabsarzt
aufgetrieben, einen vortrefflichen Mann, Korsakow mit Namen, den ich von
einem Aufenthalt in der Krim her kenne, wo er sich merkwürdigerweise mit
der Züchtung junger Haifische abgab.«
 
»Gut, gut,« stöhnte Sassin, »dann ist er gerade für mich der passende
Mann.«
 
Der Fürst mußte lachen, und Johanna, die noch immer unbeweglich in
ihrem blauen Samtsessel verharrte, entdeckte mit einigem Unbehagen, wie
unglaublich frisch und unberührt das Antlitz des Aristokraten leuchtete,
sobald er offen seine Freude äußerte. Es wollte zu ihrem Bilde nicht
stimmen. Und sie schüttelte sich leicht. Dann lauschte sie gespannt
weiter.
 
»He, Korsakow,« rief der Fürst inzwischen laut über den Hof, »hier ist
Ihr Patient.«
 
Und als sich aus dem Getümmel der zum Teil abgesattelten, zum Teil
vor einer Brunnentränke sich erfrischenden Pferde eine kugelrunde
schwarzbärtige Gestalt mit einer ungeheuren zerbeulten Schirmmütze
abgelöst hatte, da eilte ihm der Oberst elastisch entgegen, um den Arzt
ohne weiteres an der Achselklappe bis dicht vor das Fenster zu ziehen.
 
»Hier drinnen, lieber Doktor,« erklärte er, »finden Sie Ihren
Patienten. Machen Sie schnell, daß Sie hereinkommen.«
 
Allein zu Johannas Verwunderung rührte sich die dicke Kugel nicht. Der
Mann zupfte vielmehr an seinem verworrenen schwarzen Bartgekräusel,
rückte sich die merkwürdig großen Horngläser auf der plumpen Nase
zurecht und starrte den Verwundeten auf dem Sofa unverwandt an.
 
»Was wollen Sie?« schrie Sassin wütend.
 
»Wundfieber,« murmelte der andere und zog sich von dem Fenster ein wenig
zurück, als ob er sich vor einer ansteckenden Krankheit zu hüten hätte.
»Der Einschuß sitzt zwei Zentimeter rechts von der Lunge, und die Kugel
behindert die Atmung.«
 
»Herr,« sagte Dimitri, ihn verblüfft musternd, »Ihr Kombinationstalent
auf diese Distanz ist erstaunlich. Aber hegen Sie nicht das Verlangen, sich
etwas dichter in die Nähe meines verletzten Freundes zu begeben? Ich bitte
um Verzeihung, wenn ich mich in fremde Angelegenheiten mische, aber
mir scheint, in einem solchen Fall pflegt von Ihren Kollegen die Sonde
angewendet zu werden.«
 
»Ganz recht, die Sonde, ganz recht,« stotterte der Schwarzbärtige und
tastete nach einem Instrumententäschchen, das ihm quer über den Bauch
herabhing; als es jedoch drinnen klirrte, erschrak er sichtlich. »Sie
müssen nämlich wissen, Durchlaucht,« offenbarte er sich endlich,
während ihm der Schweiß unter der großen Mütze hervorlief, »daß
ich bisher nur auf dem Katheder stand. Es ist nicht mein Wunsch, mich so
plötzlich in die Praxis versetzt zu sehen. Aber immerhin, immerhin,«
setzte er sich zusammenraffend hinzu, »es wird gehen, man wird sich Mühe
geben. Schließlich« -- er zuckte die Achsel -- »eine gute Natur muß
uns unterstützen, sonst vermögen wir alle nichts. Ich werde den Kranken
untersuchen.«
 
* * * * *
 
Eine halbe Stunde später war Leo Konstantinowitsch Sassin bereits in das
verlassene Zimmer Isas geschafft. Und nachdem der umfangreiche Stabsarzt
unter Aufbietung des äußersten Mutes zu seinem eigenen Erstaunen die
Kugel leicht und ohne große Hindernisse, nur unterbrochen durch ein
häufiges Aufbrüllen des Verwundeten, aus dem verletzten Körper entfernt
hatte, da lag nun der Rittmeister in dem schneeweiß angestrichenen Bett
des jungen Mädchens und erzählte seinem Helfer zu dessen drückendster
Verlegenheit wirre und krause Geschichten.
 
»Verwünschte Bande, am Hofe, lieber Doktor -- wir Bauern nichts als
Leibeigene für die Herren. -- Sagen Sie, Teurer, haben Sie vielleicht
üppige schwarze Nemza gesehen, wie sie unter Wald von Lilien lag? -- Zum
Teufel, halte nicht aus, Durchlaucht.«
 
Zu derselben Zeit klopfte Johanna mit harter Hand gegen die Tür des
kleinen Eßzimmers, das Fürst Fergussow sich für seinen persönlichen
Gebrauch vorbehalten hatte.
 
»=Entrez=,« rief eine helle, klangreiche Stimme.
 
Und als der im Zimmer erregt auf und nieder Wandelnde seine blonde
Gastgeberin in dem einfachen blau und weiß gepunkteten Kattunkleid
gewahrte, da knöpfte er gewandt die halb offene Uniform zusammen, und
blickte hilfsbedürftig nach dem Tisch, wohin er seine Mütze, Säbel,
einen Revolver und mehrere Karten achtlos übereinander geworfen hatte.
 
»Sie müssen vergeben,« begann er rasch und schüttelte sich leicht;
»man ist doch ein wenig außer Fassung, wenn man, wie ich, zum erstenmal
mit dem Sensenmann Karten spielte. Das peitscht auf die Nerven zuerst
mächtig ein,« atmete er, trat an den Tisch und ließ die Säbelscheide
verloren durch seine Hand gleiten. Aber gleich darauf hielt er inne,
bezwang die eigene Unrast, und während er energisch sein verwirrtes
braunes Gelock zurückwarf, blieben seine dunklen Augen an der aufrechten
Gestalt der Deutschen haften, und er fragte sich, warum sie wohl so
bestimmt und fordernd vor ihm aufrage. »Darf ich fragen, ob ich Ihnen mit
irgend etwas dienen kann, Gnädigste?« begann er in seinem verbindlichen
Ton, obwohl die Floskel im Moment etwas müde klang.
 
»Ja, Fürst Fergussow,« entgegnete Johanna, »Sie müssen mir jetzt
einige Fragen beantworten.«
 
»Muß ich? Mit Vergnügen! Bitte sprechen Sie offen.«
 
»Nun gut, dann entdecken Sie mir, ob Sie wirklich an Ihre Wachtposten den
Befehl erteilten, mich nicht mehr aus meinem Hause zu lassen.«
 
Der Fürst verzog die Augenbrauen und sah in die Luft. Er schien sich auf
seine eigene Anordnung nicht mehr ganz sicher zu besinnen. Dann glitt ein
gewinnendes Lächeln um seinen fein geschnittenen Mund.
 
»Ich errate, mein Fräulein,« sagte er liebenswürdig. »Ihre Wirtschaft,
der Sie sich zu meiner Bewunderung so umsichtig widmen, leidet offenbar
Schaden, wenn Sie die Baulichkeiten auf Ihrem sauberen weißen Hof nicht
mehr inspizieren können, nicht wahr?«
 
»Jawohl,« nickte Johanna.
 
Der Fürst stieß achtlos unter die Generalstabskarten auf den Tisch: »Das
möchte ich selbstverständlich vermeiden. Mir liegt Ihnen gegenüber
jede Härte vollkommen fern. Nein, bitte halten Sie dies nicht für ein
Kompliment, ich tue dies schon aus Respekt vor meiner eigenen Rasse. Ihnen
steht also von heut an der Aufenthalt auf Ihrem Hof frei, vorausgesetzt,
daß Sie auch mir eine kleine Bedingung erfüllen.«
 
»Worin besteht die?« forschte Johanna kühl. »Sie haben ja die Macht,
Durchlaucht,« setzte sie bitter hinzu, »alles zu erzwingen.«
 
Dimitri Fergussow wurde ungeduldig. Die ernsthafte Unterhaltung schien
seinen vibrierenden Nerven lästig zu fallen.
 
»Sie werden mir also das ehrenwörtliche Versprechen geben,« erklärte
er leichthin, »die Grenzen Ihres Hofes auf keinen Fall zu überschreiten.
Auch für Ihre Familienangehörigen sowie für Ihre Angestellten bin ich
gezwungen, von Ihnen diese Bürgschaft zu verlangen.«
 
»Ich soll mich verpflichten ...?« rief Johanna zurücktretend.
 
Jetzt leuchtete es in den schönen Männerzügen abermals auf. Es war ganz
das sonnige Strahlen, das das arbeitsgewohnte Mädchen so schwer begreifen
konnte. Aber in dem halbdunklen Zimmer wurde es förmlich hell davon.
 
»Sie müssen mich nicht mißverstehen,« sagte der Offizier, leicht auf
sie zuschreitend, »ich habe nämlich den Eindruck, als wenn Ihr fester
Wille hier von allen geehrt und gefürchtet würde. Auch von dem Fräulein
Schwester; übrigens ein sehr erfreulich lebhaftes Temperament,« setzte
er hinzu. »Empfangen Sie mein Kompliment zu dieser graziösen, ganz
undeutschen Erscheinung.«
 
Da runzelte die Blonde schwer die Stirn, ihre Figur straffte sich, so daß
die kräftigen Glieder hervortraten, und ihre Wangen flößten durch ihre
Marmorblässe dem Beschauer ein erneutes Befremden ein.
 
»Das ist mir unlieb zu hören,« warf sie frostig hin. »Aber darüber
schulde ich Ihnen keine Rechenschaft.«
 
»Gewiß nicht,« lenkte der Russe betreten ab und schüttelte den Kopf.
 
»Im übrigen gebe ich Ihnen, wenn auch ungern, das verlangte Ehrenwort.
Ich werde also den Verkehr mit der Außenwelt vermeiden,« hob sie deutlich
hervor, um ihrem Gegenüber zu zeigen, daß sie seine Absicht verstanden
hätte. Dann aber wurde sie unruhig, und die Finger ihrer Rechten irrten
tastend auf ihrem Gewand herum. »Verzeihen Sie noch eine Frage, Herr
Oberst,« rang sie sich endlich ab, »das Gefährt, das meine Schwester Isa
gestern abend auf das benachbarte Gut Sorquitten bringen sollte, ist nicht
zurückgekehrt. Wäre es Ihnen vielleicht möglich, eine Erkundigung nach dem Verbleib unserer Jüngsten einzuziehen?

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