Karte und Kroki 7
Die _Neigung_ (Gradation) der Böschungen kann man aus dem Abstand der
Höhenlinien in der Karte erkennen. Bei _steileren_ Böschungen ist der
Zwischenraum der Kurven geringer, bei _flachen_ größer. Den _Grad_ der
Neigung oder den _Böschungswinkel_ α kann man aus der Entfernung _s_
der Kurven und der Schichthöhe _h_ leicht berechnen. Es ist:
tg α = _h_/_s_.
Wir wollen eine Tabelle aufstellen (siehe S. 32).
+---------------------------+---------------------------+
| 20 m Schichthöhe | 5 m Schichthöhe |
+--------------------+------+--------------------+------+
| Abstand der Kurven | Grad | Abstand der Kurven | Grad |
| in Metern | | in Metern | |
+====================+======+====================+======+
| 20 | 45 | 28 | 10 |
| 24 | 40 | 32 | 9 |
| 29 | 35 | 36 | 8 |
| 35 | 30 | 41 | 7 |
| 43 | 25 | 48 | 6 |
| 55 | 20 | 57 | 5 |
| 75 | 15 | 72 | 4 |
| 114 | 10 | 96 | 3 |
| 228 | 5 | 143 | 2 |
| | | 286 | 1 |
+--------------------+------+--------------------+------+
Durch Interpolation kann man leicht den Böschungswinkel für andere
Entfernungen ermitteln. Auf graphischem Wege geschieht dies durch einen
_Böschungsmaßstab_, der die Neigung auch wirklich zur Anschauung bringt
(Fig. 29). Man nimmt die Entfernung der Kurven in den Zirkel und setzt
sie an der Schichtlinie _BD_ des Maßstabes von der Senkrechten ab. Die
andere Zirkelspitze fällt dann entweder auf einen schon gezeichneten
oder leicht zu interpolierenden Gradstrich. Auch die Neigung eines
Weges zwischen zwei Punkten läßt sich auf diese Weise leicht ermitteln.
Im allgemeinen liegt ein Weg _horizontal_, wenn er parallel den Kurven
verläuft; seine Steigung nimmt um so mehr zu, je größer der Winkel ist,
den er mit der tieferen Kurve bildet.
[Illustration: Fig. 29.]
Ein anderes wichtiges Mittel zum Verständnis des Verlaufs der
Erdoberfläche auch hinsichtlich der Neigung bildet die Zeichnung
von _Profilen_.[5] Man legt eine Vertikalebene in der Richtung
des stärksten Gefälles durch das Gelände, dann schneidet diese
die Kartenebene in einer geraden Linie. Errichtet man nun in den
Schnittpunkten dieser Geraden mit den Kurven Senkrechte gleich den
Höhen, die die Kurven angeben, dann erhält man das verlangte Profil
(Fig. 30--32). Zweckmäßig ist es dabei, die Höhen in einem 10fach
so großen Maßstab (10fach überhöht) aufzutragen wie die Längen,
weil erstere gegen letztere sonst zu sehr zurücktreten würden. In
der Technik bezeichnet man derartige Profile als Längsprofile, die
für den Entwurf von Bahn- und Wegebauten usw. äußerst wichtig sind.
Bei der Zeichnung der Höhen geht man selten von der Normalnullfläche
(Meeresniveau) aus, sondern von einem beliebigen Horizont. Für
das Verständnis des Geländes ist dies gleichgültig. Wie beim
Böschungsmaßstab bekommt man auch beim Profil eine _Anschauung_ von der
Größe des Böschungswinkels. -- Die Niveaukurven wurden zum ersten Male
1752 von dem Geographen Buache zur Darstellung der Bodengestalt für
Bauzwecke, 1771 von Ducarla für Landkarten verwendet.
[Illustration: Fig. 30--32.]
2. Die _Bergstriche_. Denkt man sich ein Gelände durch eine Lichtquelle
senkrecht über demselben beleuchtet, dann werden die horizontalen
Flächen ganz hell erscheinen, weil sie die meisten der unter sich
parallelen Lichtstrahlen empfangen. Jede geneigte Fläche wird um so
dunkler werden, je größer der Winkel ist, den sie mit dem Horizont
bildet. Auf dieser Tatsache beruht die Theorie der Bergstrichzeichnung,
welche zuerst der sächsische Major J. G. Lehmann (1765--1811) für
das Kartenzeichnen in Anwendung brachte. Durch eine Strichskala mit
abgestuften Schattierungen wollte er die Steigung des Geländes, also
das Relief desselben, auf der Kartenblattebene zur Darstellung bringen.
Vom militärischen Standpunkte aus werden Flächen von mehr als 45°
Steigung als nicht mehr ersteigbar angesehen, und deshalb werden sie
nach Lehmann schwarz dargestellt. Die Schattierung beginnt erst bei 45°
und wird von 5 zu 5° abgestuft, weil erst bei diesen Unterschieden die
Steigungen militärische Bewegungen beeinflussen. Die Schattierung wird
durch das Verhältnis der Stärke des Striches zum weißen Zwischenraum
oder noch besser der Schraffe zum Zwischenraum ausgedrückt, und zwar
soll das Verhältnis dasselbe sein wie das des Böschungswinkels α zu 45°
– α. Demnach verhält sich Schraffe zu Zwischenraum:
bei 0° Böschung wie 0 : 45 = 0 : 9,
" 5° " " 5 : 40 = 1 : 8,
" 10° " " 10 : 35 = 2 : 7,
" 15° " " 15 : 30 = 3 : 6,
" 20° " " 20 : 25 = 4 : 5,
" 25° " " 25 : 20 = 5 : 4,
" 30° " " 30 : 15 = 6 : 3,
" 35° " " 35 : 10 = 7 : 2,
" 40° " " 40 : 5 = 8 : 1,
" 45° " " 45 : 0 = 9 : 0.
Um das angegebene Verhältnis zu erreichen, wird festgesetzt, wieviel
Striche auf 1 cm nebeneinander zu ziehen sind. Bei 1° kommen 10 Striche
auf 1 cm, bei 2° 13 Striche usw., vgl. auch Fig. 33. Die Bergstriche
werden in der Richtung des stärksten Gefälles gezeichnet, folgen also
dem Lauf einer den Abhang hinabrollenden Kugel oder dem Lauf des
Wassers. Sie stehen demnach senkrecht auf den Niveaukurven, die also
vorhanden sein müssen, wenn sie auch _nach_ der Zeichnung der Striche
überflüssig sind. Die _Bodenformen_ sind aus der Richtung und Lage
der Striche zueinander zu erkennen und erscheinen plastisch (Fig.
34). Bei einer _Kuppe_ (1) gehen die eine weiße Fläche umschließenden
Bergstriche von oben gesehen von dieser auseinander. Bei einem _Kessel_
laufen sie zur weißen Fläche zusammen. Bei einem _Rücken_ (4) laufen
die Bergstriche an den Abhängen von oben gesehen von der Mittellinie
(Geripplinie, Wasserscheide) aus nach zwei Seiten auseinander. Bei
einer _Mulde_ (5) laufen die Striche gegen die Mittellinie abwärts,
d. h. nach dem Gefälle zu, zusammen. Bei einer _Schlucht_ (6) treffen
sie gegen diese Mittellinie unter einem Winkel zusammen; je größer
derselbe ist, desto stärker ist der Einschnitt des Geländes. Bei einem
_Sattel_ (2) umschließen die Striche eine weiße Fläche mit eingebogenen
Seiten. Besonders ist die Darstellung der Dünen und Steilränder zu
beachten, bei der man je nach den Erhebungen Schraffen von bestimmter
Länge verwendet (Fig. 35).[6] Ein Weg ist _horizontal_, wenn er die
Bergstriche rechtwinklig schneidet und um so steiler, je mehr sich
seine Richtung derjenigen der Bergstriche nähert.
[Illustration: Fig. 33.]
General v. Müffling versuchte, die einzelnen Steigungen noch deutlicher
zu machen, indem er zur Unterscheidung des Böschungsgrades punktierte,
geschlängelte und abwechselnd dicke und dünne Striche einführte.
Seine Manier findet bei der Karte des Deutschen Reiches 1 : 100000
Verwendung, und zwar nur bis 10° Steigung, von da ab aufwärts wird nach
Lehmannscher Manier gezeichnet.
[Illustration: Fig. 34.]
[Illustration: Fig. 35.]
Die Bergstriche stellen im Gegensatz zu den Höhenlinien das Gelände
plastisch dar, was für die Anschauung wichtig ist. Andere Mittel,
dies zu erreichen, bestehen in der Verbindung von Höhenlinien und
Flächentönen unter Annahme senkrechter oder schiefer Beleuchtung
(sog. Schummerung) und in der Darstellung von Höhenschichten durch
verschiedene Farben.
§ 15. =Vervielfältigung und Vertrieb der Karten.= Nachdem das
Meßtischblatt vollständig fertig gestellt und geprüft ist, werden
mehrere photographische Kopien von ihm angefertigt. Zwei von ihnen
werden für den Lithographen und Kupferstecher mit topographischen
Farben angelegt und auf Leinwand aufgezogen, auf zwei anderen werden
die politischen Grenzen angelegt. Nach Erledigung dieser Arbeiten sowie
nach Aufstellung verschiedener Verzeichnisse wird die Originalzeichnung
auf Leinwand aufgezogen und im Kartenarchiv niedergelegt.
Zur _Vervielfältigung_ der Meßtischblätter wird der Steindruck,
die Lithographie, benutzt. Der Steindruck ist billiger wie der
Kupferdruck, läßt aber schwerer Korrekturen zu. Auch ist es unbequem,
die zahlreichen schweren Steine und Umdrucksteine aufzubewahren. Man
verwendet ausschließlich Solenhofer Schiefersteine, die 30 M. das
Stück kosten. Die Zeichnung wird mit Gelatinepausen auf den Stein
übertragen; der Lithograph ritzt dann mit einem Stichel das Kartenbild
sauber ein. Um den Originalstein zu schonen, wird von ihm auf sog.
chinesischem Papier ein fetter Druck hergestellt und auf einen anderen
Stein mittels einer Druckpresse aufgedrückt. Durch Ätzen mit einer
Säure wird nun der nicht bedruckte Teil des Steines vertieft, der
bedruckte bleibt dann erhaben. Diese erhabenen Teile nehmen die Farbe
von der Druckwalze leichter an und übertragen sie auf das Papier, das
durch die Walze der Maschine geht. Preußen verwendet Schwarzdruck für
seine Meßtischblätter, deshalb hat der Lithograph nur eine Platte
herzustellen; Farben werden mit der Hand aufgetragen.
Für die Vervielfältigung der Karte des Deutschen Reiches 1 :
100000 wird der Kupferdruck verwendet. Er ist zwar teurer wie der
Steindruck, aber die einzelnen Platten sind leichter, handlicher,
widerstandsfähiger und gestatten leichter Nachträge und Verbesserungen
zu machen. Die Originalzeichnung wird zunächst verkleinert und dann
durch eine Pause auf die Kupferplatte übertragen und auf dieser als
Spiegelbild eingraviert. Von dieser Originalkupferplatte werden
die Abzüge hergestellt. Die Gravierung dauert beim Steindruck und
Kupferdruck mindestens ein Jahr. Bemerkt sei noch, daß die Bodenformen
auf der Karte des Deutschen Reiches durch Bergstriche, auf den
Meßtischblättern durch Höhenkurven dargestellt werden.
Der Vertrieb der Karten erfolgt durch die Plankammer der Landesaufnahme
Berlin NW 40, Moltkestr. 4, oder durch besondere Kartenvertriebsstellen
(der Landesaufnahme oder von Eisenschmidt, Berlin NW 7, Dorotheenstr.
60, oder von Simon Schropp, Dorotheenstr. 53). Bei der Bestellung
sind Namen und Nummer des Blattes anzugeben, die aus besonderen
_Übersichtskarten_ zu entnehmen sind (Verzeichnisse und Übersichten
sämtlicher von der Kgl. Preuß. Landesaufnahme veröffentlichten
Generalstabskarten). Auch diese kann man bei obigen Stellen, und zwar
unentgeltlich beziehen; sie sollten in keiner Schule fehlen.
Ein Meßtischblatt kostet 0,80 M. (0,25 M.), mit Handkolorit 1,40 M.,
Karte des Deutschen Reiches: Ausgabe A (Grenzen, größere Gewässer
farbig) unaufgezogen 2 M. (1 M.); Ausgabe B Buntdruck 2 M. (1 M.);
Ausgabe C Umdruck, farbig, 1 M. (0,50 M.). Die Preise in Klammern
gelten für den Dienstgebrauch bzw. für Lehrzwecke bei Bezug durch
die amtlichen Vertriebsstellen, die nicht eingeklammerten Preise
gelten für den Buchhandel.
Die _Kosten_ einer Landesaufnahme sind nicht unbedeutend. Ein
Meßtischblatt kostet etwa 10000 Mark. Jährlich werden ungefähr 100
Blätter aufgenommen, die zusammen fast eine Million Mark Kosten
verursachen. Ein zahlreiches, gut eingearbeitetes Personal ist nötig.
Die preußische Landesaufnahme zählt nahezu 300 Offiziere und Beamte.
Jedes Jahr sollen rund 10000 qkm aufgenommen werden, mithin würde
die Aufnahme Preußens nahezu 35 Jahre dauern. Im ganzen sind 3699
Meßtischblätter zu bearbeiten.
Zum Vergleich sei angeführt, daß die Spezialvermessung der Stadt
Berlin, ausgeführt von dem städtischen Vermessungsamt, 22½ Jahre
gedauert und etwa 1½ Millionen Mark gekostet hat. Die Fläche der Stadt Berlin beträgt rund 6000 ha.
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