2015년 11월 24일 화요일

Pitt und Fox 45

Pitt und Fox 45


Sie lachte höhnisch
auf: das ist ja ein reizender neuer Ton von Ihnen: Lieber Herr Sintrup
-- so mögen Sie zu Ihren Damen reden, die ich nicht kenne noch kennen
lernen möchte, aber mir gegenüber verbitte ich mir das: Ich bin für Sie
Fräulein Heine, Tochter des Kommerzienrat Heine, die sich für Sie als
Mensch interessiert hat und diesem Menschentum nun auf den Grund
gekommen ist. Eines muß ich Ihnen nun aber doch rund heraus sagen:
_Jetzt_ tun Sie den Mund ordentlich auf, wo Sie sich in Ihrer guten
Stellung wissen und sich sicher darin fühlen; jetzt suchen Sie, wie Sie
es geschmackvoll nennen, Klarheit zwischen uns zu schaffen; ich habe nie
etwas Unreines zwischen uns zu sehen vermocht, aber jetzt öffnen Sie mir
die Augen: Sie nannten Ihr Wesen humoristisch derb -- nun, ich bleibe
dabei: es ist plebejisch! -- Was hat meine Stellung, fragte Pitt, ihre
vorletzte Äußerung aufgreifend, mit meinen Beziehungen zu Ihnen zu tun?!
-- Sie sah ihn mit runden, maßlos erstaunten Augen an: Ja, habe _ich_
Sie nicht zu dem gemacht was Sie nun sind? Haben Sie irgendeine andere
Empfehlung gehabt als mich? Aber allerdings, ich vergesse: die Kritiken,
die Kritiken! Aber die sind ja nicht einmal von Ihnen, die sind ja von
Ihrem Bruder, fremde Federn mit denen Sie sich geschmückt haben! -- Die
Kritiken?! fragte Pitt, und verlor für einen Augenblick vollkommen den
Faden. -- Jawohl! Die Kritiken! Ach, das weiß er ja gar nicht! Gut,
einmal sollten Sie's erfahren, und nun hören Sie's! Fräulein Heine erhob
ihre Stimme, erzählte die ganze Geschichte von den untergeschobenen
Arbeiten, und schloß damit, daß Pitt diese Stellung nie bekommen hätte
ohne ihre freundschaftliche und erfinderische Hilfe. -- Er war für
einige Momente verblüfft, dann brach er in ein helles, klares Gelächter
aus. -- Ihr ganzes Triumphgefühl schmolz hin in diesem Lachen, das ihr
fast Angst machte, weil irgend etwas Schreckliches, Kaltes darin lag,
das sie nur dumpf verstand. Sie hatte den Überblick verloren, sie kam
sich plötzlich unsicher, in ihrer Position erschüttert vor. Aber es galt
sie dennoch zu wahren: Ja, sagte sie mit fester Stimme, das habe ich
alles für Sie getan; mag sein, daß es nicht ganz recht von mir war, aber
was tut man nicht für einen Menschen, den man -- für den man ein
menschliches Interesse hat! Es lag mir immer auf der Seele, ich mußte es
einmal herausbeichten, und nun ist es geschehen! Von nun an werden Sie
mich als Ihre wahre Freundin ansehen, die nicht nur in Worten, sondern
auch durch die Tat gezeigt hat, daß sie es wirklich freundschaftlich mit
Ihnen meint! Ich bereue es auch nicht, daß es zu dieser unliebsamen
Aussprache zwischen uns beiden gekommen ist; so ein kleines Gewitter
trägt nur zur Klärung bei, ich sehe jetzt ein neues Fundament für unsere
Freundschaft. Sie nicht auch?
 
Pitt hatte den größten Teil ihrer Rede überhaupt nicht mehr gehört. Ganz
entrückt, glücklich sah er in einen Winkel. Ihm war ein herrlicher
Gedanke gekommen. Weiter in dieser Redaktion zu bleiben, weiter seine
Beziehungen zu Fräulein Heine fortzuführen, daran dachte er nicht mehr,
aber Fox -- Fox -- ließ sich da nicht etwas Wundervolles,
Perspektivenreiches durchführen? Konnte er den nicht aus seiner Klemme
retten, ihn zum Redakteur machen und ihm zu einer reichen -- Frau
verhelfen?!
 
Unsere Beziehungen, sagte er jetzt freundlich, sind ein für allemal
erledigt. Sie selbst haben mich gebührend in meine Schranken
zurückgewiesen, und ich werde mich darin zu halten wissen. Die
Redaktionsstelle gebe ich auf, denn nicht ich, sondern der Schreiber
jener Artikel wurde engagiert, -- und das ist mein Bruder. Ich werde ihn
kommen lassen, und hoffe, daß Ihr Auge günstiger auf ihm ruhen wird als
auf mir. Die Entscheidung, ob Sie ihn haben wollen oder nicht, hängt
natürlich von Ihnen und Ihrem Herrn Vater ab, aber ich zweifle keinen
Augenblick daran, denn er hat ganz das Zeug für diesen Posten.
 
Pitt ging auf einen Kasten zu und kam mit einer Photographie zurück.
Sehen Sie selbst! sagte er: diese Zielbewußtheit, diese Energie, diese
im besten Sinne Männlichkeit! -- Fräulein Heine, noch halb verdutzt über
die neue Wendung, sah mit bereits erwachtem Interesse auf das Bild hin.
Sie tat aber vorläufig sehr reserviert, und erklärte, das müsse reiflich
überlegt sein. Dann ging sie, nachdem sie gesagt hatte, sie trage ihm
nicht das geringste nach.
 
Pitt begleitete sie mit einem Licht die Treppe hinab. -- Daß ich Sie nun
noch bemühen muß! sagte sie höflich. -- O bitte, das ist
selbstverständlich. -- Dies Haus scheint vor ungefähr zehn Jahren gebaut
zu sein. -- O ja, vielleicht ist es auch noch etwas älter, sogar. --
Also gute Nacht, ich bedaure nochmals -- Gute Nacht, von Bedauern kann
keine Rede sein. --
 
Nach ein paar Tagen traf die Nachricht ein, Fox Sintrup möge sich
vorstellen.
 
 
 
 
Elftes Kapitel.
 
 
Fox kam. Sogleich suchte er Pitt auf. Die Begrüßung der beiden Brüder
war beinah herzlich. Ja ja, sagte Fox, das hast du dir wohl nicht
träumen lassen, daß ich unserm Vater die Krallen gezeigt und mich ohne
ihn durchgebracht habe! Ich habe das Leben kennen gelernt, mich in
seinen untersten und obersten Schichten bewegt, und ich kann wohl sagen:
Nichts Menschliches blieb mir fremd! Aber keusch und rein ist meine
Seele geblieben, ich habe mir eine naive Aufnahmefähigkeit für alle
Eindrücke bewahrt, um die mich mancher Schriftsteller beneiden könnte.
Nun sag mal, worum handelt sich denn die Geschichte jetzt eigentlich, du
hast dich ja darüber in so mystisches Schweigen gehüllt. -- Pitt
erzählte alles, und Fox war etwas enttäuscht, daß er eine Sache
übernehmen sollte, von der Pitt zurücktrat. Als er dann aber die
Geschichte von den Artikeln hörte, und welche Rolle sie früher spielten
in der Frage, ob Pitt die geeignete Kraft sei, ging seine Miene über ein
verblüfftes Erstaunen hinweg in eine Art Zufriedenheit über, und er
sagte: Ich nehme dir das nachträglich absolut nicht übel, obgleich ich
selbst wahrscheinlich anders gehandelt haben würde! Nach kurzem
Nachdenken fügte er dann hinzu: Ach so, und als ich dich vor ein paar
Wochen bat, jene letzten Artikel von mir zu veröffentlichen, da hast du
wohl Angst gekriegt, ich könnte auch nach jenen andern fragen? Hast
gedacht: Am Ende könnte nun alles rauskommen, lieber einen Fehler gut
machen als ihn noch vergrößern? -- Pitt klärte alles auf und fügte
hinzu, jene Artikel seien hinter seinem Rücken als seine eigenen
ausgegeben worden, von Freunden, denen daran gelegen war ihm jene
Stellung zu verschaffen; durch Zufall habe er selber dies erst ganz vor
kurzem erfahren. -- Na na! sagte Fox gemütlich, also -- jedenfalls: was
geschehen ist, ist geschehen. -- Pitt sah mit Freude, daß sein Bruder
noch genau derselbe war wie früher. -- Ja und du, lieber Freund, fragte
Fox jetzt, was willst du denn nun eigentlich anfangen? Pitt zuckte die
Achseln. -- Könntest du nicht als Unterredakteur dort weiter bleiben? --
Hier zog Pitt seinen Mund in die Breite, sah seinen Bruder voll inniger
und tiefer Freude an und sagte: Nein. -- Das wäre aber doch sehr zu
überlegen! Na, über deine Zukunftspläne können wir ja später mal
zusammen reden. Hauptsache, daß ich erst einmal meine eigenen ins Reine
bringe.
 
Pitt hatte in die letzten Nummern der Zeitschrift alles hineingehäuft,
was er an kurzen Aufsätzen von seinem Bruder besaß. Dies kam Fox sehr
zugute, denn Herr Heine wie Herr Wolf wehrten sich zunächst gegen einen
abermaligen Redaktionswechsel. Aber Herr Wolf sagte: Wenn Herr Sintrup
auch das Blatt wirklich schneidig in seinem Teil geleitet hat -- dieser
Bruder scheint doch noch ganz andere Fähigkeiten zu haben: Ich empfinde
seinen Stil direkt als Zeitungsstil, und der andere hat überhaupt nie
selbst die Feder gerührt für unser Blatt. Fox machte Besuche bei beiden
Herren, und der günstige Eindruck verstärkte sich.
 
Fox war voll Lobes über Herrn Heine: Habe diesem Herrn mal tüchtig auf
den Zahn gefühlt, muß sagen: Gediegene Bildung, hier und da hapert es,
das ist nicht anders zu erwarten. Und die Tochter: Also wirklich ganz
reizend. Zu Anfang war sie allerdings auffallend zurückhaltend, beinah
_tragisch_, Gott weiß warum, aber dann -- wirklich ganz reizend. Nur der
Sohn, der hat garnichts gesagt, mit dem scheint nicht viel los zu sein.
-- Auch mit Herrn Wolf war Fox zufrieden; der hatte -- direkt
achtungsvoll! -- genickt, als er ihm auseinandersetzte, es müsse eine
innere Harmonie, eine gleiche Weltanschauung herrschen zwischen dem
Handelsteil und dem literarischen. Solche Einheit lasse sich finden,
müsse sich finden lassen.
 
Mit der Monatswende erfolgte Pitts Austritt aus der Redaktion. Herr
Bertold machte ehrlich betrübte Augen; er wußte, daß nun sein eigenes
Regiment aufhörte, und für Pitt empfand er eine große Anhänglichkeit. Es
begann für ihn ein schlimmes Leben. Fox behandelte ihn durchaus wie
einen Untergebenen, fast wie ein Offizier seinen Burschen. Nach kurzer
Zeit hatte er einen genauen Einblick in den äußern Betrieb der Sache,
der so klar und einfach war, und den Pitt niemals recht begriffen hatte.
Auch die unteren Arbeiten erledigte er die ersten Wochen selber, da es
gegen sein Prinzip verstieß, jemand unter sich arbeiten zu lassen, ohne
einen genauen, scharfen Einblick in dessen Tätigkeit zu haben. Nach ein
paar Wochen verlangte er eine Verlags- und Vorstandssitzung: Er sei
jetzt mit seinem Urteil zur Reife gekommen und habe positive Vorschläge
zu machen. Er entwickelte seine Gedanken über die Zeitschrift und ihren
Inhalt, soweit die Literatur in Betracht kam; er habe vor, reinigend,
beschneidend, ausrodend, neu pflanzend vorzugehen, junge Kräfte
heranzuziehen, alte, abgebrauchte auszuscheiden. Es laufen, so schloß
er, auf deutscher Erde eine Masse junger, unbekannter Genies herum,
lassen Sie mich diese auffinden, durch Zirkulare, Prospekte,
Aufforderungen, und ich garantiere Ihnen: in ein paar Jahren sind wir
die erste literarische Zeitschrift Deutschlands. -- Er zählte eine Reihe
von jungen Namen auf, die ihm noch von früher im Gedächtnis waren, und
fügte noch einige hinzu, die er im Augenblick erfand. Man freute sich
über diese Zielbewußtheit, warnte aber vor allzu hoch gesteckten
Hoffnungen, da ja der literarische Teil -- leider -- vorerst noch
Nebensache war und bleiben mußte. Dies waren allgemeine, prinzipielle
Vorschläge. Fox sprach auch von praktischen, einzelnen: Dies und jenes
sei in anderen Blättern besser arrangiert, besser eingeteilt,
Voranzeigen müßten gemacht werden, einzelne Artikel seien durch
Umschlagzettel hervorzuheben, die lateinische Druckschrift sähe er gern
eingeführt -- wobei er von Augenhygiene redete -- und anderes mehr. Die
Theaterkritiken werde er selbst übernehmen, er habe eine reiche Vorbildung, und der jetzige Kritiker gehöre in die Rumpelkammer.

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