2015년 11월 26일 목요일

Friedrich Nietzsche in seinen Werken 20

Friedrich Nietzsche in seinen Werken 20


Vergleiche die einführende Vorrede zur Neuen Ausgabe des zweiten
Bandes von Menschliches, Allzumenschliches, wo es IV heisst: »--was ich
gegen die »historische Krankheit« gesagt habe, das sagte ich als Einer,
der von ihr langsam, mühsam genesen lernte-- -- --.
 
[5] Vorwort V: »Auch soll-- --nicht verschwiegen werden,-- -- -- --dass
ich nur, sofern ich Zögling älterer Zeiten, zumal der griechischen
bin, über mich als ein Kind dieser jetzigen Zeit zu so unzeitgemässen
Erfahrungen komme.«
 
[6] Vgl. Schopenhauer als Erzieher 19: »ich ahnte, in ihm jenen
Erzieher und Philosophen gefunden zu haben, den ich so lange suchte.
Zwar nur als Buch: und das war ein grosser Mangel. Um so mehr strengte
ich mich an, durch das Buch hindurch zu sehen und mir den lebendigen
Menschen vorzustellen, dessen grosses Testament ich zu lesen hatte,
und der nur solche zu seinen Erben zu machen verhiess, welche mehr
sein wollten und konnten als nur seine Leser: nämlich seine Söhne und
Zöglinge.
 
[7] Nietzsche lebte damals in einer Bewunderung der englischen
Gelehrten und Philosophen, die später in ihr Gegentheil umschlug; in
Menschliches, Allzumenschliches II 184 nennt er sie noch die »ganzen,
vollen und füllenden Naturen«, und in einem Briefe an Rée nennt er die
englischen Philosophen der Gegenwart, »den einzig gut philosophischen
Umgang, den es jetzt giebt«. Dementsprechend ist das Einzige, was
er in dieser Periode an seinem ehemaligen Meister Schopenhauer noch
hochschätzt: »sein harter Thatsachen-Sinn, sein guter Wille zu
Helligkeit und Vernunft, der ihn oft so englisch--erscheinen lässt.«
(Fröhliche Wissenschaft 99.)
 
[8] Erwähnt wird es von Nietzsche in »Menschliches, Allzumenschliches«
I 37.
 
[9] Vergleiche Menschliches, Allzumenschliches die Aphorismen über
»Cultus des Genius' aus Eitelkeit« (162) und »Gefahr und Gewinn im
Cultus des Genius'.« (164).
 
[10] Dieser Besitz von »Liebe und Güte« als der heilsamsten Kräuter und
Kräfte im Verkehre der Menschen (Menschliches, Allzumenschliches I 48)
ist noch mehr werth als die gepriesene grosse einzelne Aufopferung;
noch »mächtiger an der Cultur gebaut«, hat jenes immerwährende
freundliche Wohlwollen, das des Lebens »_Behagen_« schafft.
(Menschliches, Allzumenschliches I 49)
 
[11] Vergleiche die folgenden Aphorismen, die Nietzsche mir einmal
aufschrieb:
 
_Zur Lehre vom Stil._
 
1.
 
Das Erste, was noth thut, ist Leben: der Stil soll _leben_.
 
2.
 
Der Stil soll _dir_ angemessen sein in Hinsicht auf eine ganz bestimmte
Person, der du dich mittheilen willst. (Gesetz der _doppelten
Relation_.)
 
3.
 
Man muss erst genau wissen: »so und so würde ich das sprechen und
_vortragen_«--bevor man schreiben darf. Schreiben muss eine Nachahmung
sein.
 
4.
 
Weil dem Schreibenden viele _Mittel_ des Vortragenden _fehlen_, so
muss er im Allgemeinen eine _sehr ausdrucksvolle_ Art von Vortrag
zum Vorbild haben: das Abbild davon, das Geschriebene, wird schon
nothwendig viel blässer ausfallen.
 
5.
 
Der Reichthum an Leben verräth sich durch _Reichthum an Gebärden_. Man
muss alles, Länge und Kürze der Sätze, die Interpunctionen, die Wahl
der Worte, die Pausen, die Reihenfolge der Argumente--als Gebärden
empfinden _lernen_.
 
6.
 
Vorsicht vor der Periode! Zur Periode haben nur die Menschen ein Recht,
die einen langen Athem auch im Sprechen haben. Bei den meisten ist die
Periode eine Affectation.
 
7.
 
Der Stil soll beweisen, dass man an seine Gedanken _glaubt_, und sie
nicht nur denkt, sondern _empfindet_.
 
8.
 
Je abstracter die Wahrheit ist, die man lehren will, um so mehr muss
man erst die _Sinne_ zu ihr verführen.
 
9.
 
Der Tact des guten Prosaikers in der Wahl seiner Mittel besteht darin,
dicht an die Poesie heranzutreten, aber _niemals_ zu ihr überzutreten.
 
10.
 
Es ist nicht artig und klug, seinem Leser die leichteren Einwände
vorwegzunehmen. Es ist sehr artig und _sehr klug_, seinem Leser
zu überlassen, die letzte Quintessenz unserer Weisheit _selber
auszusprechen_.
 
[12] Siehe in der »Fröhlichen Wissenschaft« (279) unter der
Ueberschrift »Sternen-Freundschaft« die schönen Worte, mit denen
Nietzsche damals von dieser geistigen Genossenschaft Abschied nahm.
 
 
 
 
III. ABSCHNITT.
 
 
DAS "SYSTEM NIETZSCHE"
 
 
 
MOTTO:
 
»Schaffen wollt ihr noch die Welt,
vor der ihr knien könnt.«
 
(Also sprach Zarathustra II. 47).
 
 
 
 
Geist? Was ist mir Geist! Was ist mir Erkenntniss! Ich
schätze nichts als _Antriebe_,--und ich möchte schwören,
dass wir darin unser Gemeinsames haben. Sehen Sie doch durch
diese Phase _hindurch_, in der ich seit einigen Jahren
gelebt habe,--sehen Sie _dahinter_! Lassen _Sie_ sich nicht
über mich täuschen--glauben doch nicht, dass »der Freigeist«
mein Ideal ist!! _Ich bin_-- -- --Verzeihung! Liebste Lou!
 
F. N.
 
 
In dieser geheimnissvollen Weise bricht der vorstehende Brief
Nietzsches ab, den er in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der
»Fröhlichen Wissenschaft« und derjenigen seiner mystischen Dichtung
»Also sprach Zarathustra« geschrieben hat. In den wenigen Zeilen sind
bereits die wesentlichsten Züge der letzten Philosophie Nietzsches
angedeutet: auf dem Gebiet der Logik die principielle Abkehr von dem
bisherigen reinlogischen Erkenntnissideal, von der theoretischen
Strenge der verstandesmassigen »Freigeisterei«; auf dem Gebiet der
Ethik, anstatt der bisherigen negirenden Kritik, die Verlegung der
Wahrheitsbegründung in die Welt der seelischen Antriebe, als der Quelle
einer neuen Werthung und Abschätzung aller Dinge; ferner eine Art von
_Rückkehr_ zu Nietzsches erster philosophischer Entwicklungsphase,
die vor seinem positivistischen Freigeisterthum liegt,--nämlich zur
Metaphysik der Wagner-Schopenhauerischen _Aesthetik_ und ihrer Lehre
vom übermenschlichen Genie. Und hierauf endlich gründet sich, als
auf den Kempunkt der neuen Zukunftsphilosophie, _das Mysterium einer
ungeheuren Selbst-Apotheose_, das er in dem zögernden Wort »Ich
bin«--sich noch scheut auszusprechen.
 
Nietzsches letzte Geistesperiode umfasst fünf Werke: Die vierbändige
Dichtung »_Also sprach Zarathustra_« (I und II 1883; III 1884,
Chemnitz, Ernst Schmeitzner; IV 1891, Leipzig, C. G. Naumann);
_Jenseits von Gut und Böse_, Vorspiel einer Philosophie der Zukunft
(1886, Leipzig, C. G. Naumann; 2. Auflage 1891); _Zur Genealogie
der Moral_, eine Streitschrift (1887, Leipzig, C. G. Naumann); _Der
Fall Wagner_, ein Musikanten-Problem (1888, Leipzig, C. G. Naumann);
endlich die kleine Aphorismen-Sammlung _Götzen-Dämmerung_ oder _Wie
man mit dem Hammer philosophirt_ (1889, Leipzig, C. G. Naumann).
Wir können hier aber nicht dem Gange seines philosophischen Denkens
Schritt für Schritt an der Hand jener Werke folgen, da sie nicht, wie
die der vorhergehenden Periode, ebensoviele Entwicklungsstufen seines
Gedankens darstellen, sondern zum ersten Mal alle dazu bestimmt sind,
der Darlegung eines _Systems_ zu dienen, wenn auch nur eines Systems,
das mehr auf ihrer Gesammtstimmung als auf der klaren Einheitlichkeit
begrifflicher Deduction beruht. Der aphoristische Charakter, den seine
Bücher auch hier bewahren, erscheint daher in diesem Fall als ein
unleugbarer Mangel der Form seiner Darstellung, nicht, wie bisher,
als ein eigenthümlicher Vorzug derselben. Was Nietzsche durch seine
vollendete Meisterschaft in der aphoristischen Form gelang: einen
jeden Gedanken in seiner seelischen Bedeutsamkeit voll auszuschöpfen
und mit allen seinen feinen inneren Nebenbeziehungen wiederzugeben, das
reicht nicht aus für die systematische Begründung eigener Theorien,
sondern löst sie hier und da in ein geistreiches Spiel mit blendenden
Hypothesen auf. Nietzsche wurde sowohl durch sein Augenleiden als
auch durch seine Gewöhnung an sprunghaftes Denken dazu gezwungen, im
Allgemeinen an seiner alten Schreibweise festzuhalten, aber immer
wieder macht er,--sowohl in Jenseits von Gut und Böse, als auch in
der Genealogie der Moral,--den Versuch, über das Rein--Aphoristische
hinauszukommen, seine Gedanken systematisch zu ordnen und vorzutragen,
weil das, was ihm vorschwebt, ein einheitliches Ganzes geworden ist.
 
Daher finden wir auch hier zum ersten Mal bei ihm eine Art
von _Erkenntnisstheorie_, einen Ansatz dazu, sich mit den
erkenntnisstheoretischen Problemen auseinanderzusetzen, nachdem
er ihnen bisher immer aus dem Wege gegangen war, wie er überhaupt
gern jedes Problem mied, dem sich nur auf rein begrifflichem Wege
beikommen lässt. Jetzt erst bleibt er nicht mehr ohne Weiteres bei der
praktischen Philosophie stehen, sondern hält es für nothwendig, auf
die Mittel hinzuweisen, mit denen er sich das erkenntnisstheoretische
Pförtchen aufgebrochen habe, durch das er zu seinen Hypothesen
gelangt. Ziemlich ausführliche Bemerkungen darüber finden sich an den
verschiedensten Stellen seiner Werke zerstreut. Es erscheint aber
höchst charakteristisch, dass sie sich erst jetzt finden, wo er der
Welt des Abstrakt-Logischen principielle Feindschaft erklärt und fest
entschlossen ist, alle schwierigen Begriffsknoten, auf die er stossen
könnte, mit einem Schwerthieb zu zerhauen: er befasst sich mit der
Erkenntnisstheorie eben nur, um sie über den Haufen zu werfen.

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